Aktenzeichen 12 ZB 18.175
SGB IX § 4 Abs. 2, § 14 Abs. 1 S. 1, S. 2, Abs. 4 S. 3, § 56 Abs. 2
SGB XII § 53
SGB X § 102 Abs. 2, § 104 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
1. § 14 Abs. 4 SGB IX schließt die §§ 102 ff. SGB X nicht umfassend aus, sondern passt deren Ausgleichssystem den speziellen Anforderungen des § 14 SGB X an. Der irrtümlich seine Zuständigkeit bejahende erstangegangene Träger muss zu einer nachträglichen Korrektur berechtigt sein und einen Anspruch aus § 104 SGB X geltend machen können. (Rn. 4 – 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mit dem Irrtum über die Zugehörigkeit einer schulvorbereitenden Einrichtung zur Schule liegt eine Fallkonstellation vor, die es ausnahmsweise rechtfertigt, den erstangegangenen Rehabilitationsträger trotz des ihm eingeräumten Prüfungs- und Ablehnungsrechts gleichwohl einen privilegierten Erstattungsanspruch zuzubilligen, dessen Umfang sich nach den für ihn geltenden Vorschriften richtet. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
AN 6 K 15.2382 2017-11-09 Urt VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 24.617,42 € festgesetzt.
Gründe
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 9. November 2017, mit dem der Beklagte verurteilt wurde, dem Kläger die Kosten für die dem Hilfeempfänger D. im Zeitraum vom 18. August 2013 bis 19. August 2014 erbrachten Leistungen für Schulbegleitung und Besuch der Heilpädagogischen Tagesstätte in Höhe von 24.617,42 € zu erstatten, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die vom Beklagten geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sowie der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO), liegen – soweit überhaupt hinreichend dargelegt – nicht vor.
1. Für das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen im Ergebnis keine hinreichenden Anhaltspunkte.
1.1 Zu Recht hat das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Kostenerstattungsanspruchs des Klägers als nachrangig verpflichtetem Leistungsträger gegenüber dem Beklagten auf der Grundlage des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X für den allein geltend gemachten Zeitraum vom 18. August 2013 bis 19. August 2014 bejaht. Denn nach § 10 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII gehen die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII den Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII grundsätzlich vor (vgl. Adolph in: Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 55. UPD 1/218, § 53 Leistungsberechtigte und Aufgabe Rn. 19). Es hat weiter unter Zugrundelegung der vom Senat in seiner Entscheidung vom 17. Oktober 2013 – 12 B 11.1886 – aufgestellten Maßstäbe zu Recht entschieden, dass die Geltendmachung dieses Kostenerstattungsanspruchs nicht durch § 14 Abs. 4 Satz 3 SGB IX ausgeschlossen ist, da der Kläger nicht das Weiterleitungsgebot des § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX – bewusst – missachtet und trotz Verneinung seiner Zuständigkeit geleistet hat, obwohl nach dem Ergebnis der Prüfung ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist.
1.2 § 14 Abs. 4 SGB IX schließt die §§ 102 ff. SGB X nicht umfassend aus, sondern passt deren Ausgleichssystem den speziellen Anforderungen des § 14 SGB IX an. Dabei steht dem erstangegangenen Rehabilitationsträger ein privilegierter Erstattungsanspruch aus § 14 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB IX – entsprechend § 102 Abs. 2 SGB X – grundsätzlich nicht zu, da er nicht in gleicher Weise wie der zweitangegangene Träger schutzwürdig ist. Ausnahmsweise sind jedoch Fallkonstellationen denkbar, in denen sich auch der erstangegangene Rehabilitationsträger trotz des ihm eingeräumten Prüfungs- und Ablehnungsrechts einem Leistungszwang ausgesetzt sieht, der demjenigen des zweitangegangenen Trägers vergleichbar ist, sodass es in solchen Ausnahmefällen gerechtfertigt ist, dem erstangegangenen Träger, anknüpfend an die Gründe der Nichtweiterleitung, einen privilegierten Erstattungsanspruch zuzubilligen, (vgl. zu alledem BayVGH, Urteil v. 7.10.2013 – 12 B 11.1886 – juris m.w.N.). Jedenfalls der irrtümlich seine Zuständigkeit bejahende erstangegangene Träger muss zu einer „nachträglichen Korrektur“ berechtigt sein und einen Anspruch wegen nachrangiger Verpflichtung aus § 104 SGB X geltend machen können. Der Kläger, der irrtümlich seine Zuständigkeit bejaht, wird damit nicht – dem Primärziel des § 14 SGB IX zuwiderlaufend – dauerhaft mit den Kosten der Rehabilitationsmaßnahme belastet (BayVGH Urteil v. 7.10.2013, a.a.O.; BSG Urteil v. 26.6.2007 – B 1 KR 34/06R – FEVS 59, 298 ff.).
1.3 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist jedoch bei der das Erfordernis der Zuständigkeitsüberprüfung unter Beachtung der Weiterleistungsfrist des § 14 Abs. 1 SGB IX auslösenden Antragstellung nicht auf den Mai 2013 abzustellen. Denn hierbei handelt es sich vielmehr lediglich um einen bloßen Verlängerungsantrag, der bei dem unverändert fortbestehenden Rehabilitationsbedarf nicht erneut die Frist des § 14 Abs. 1 SGB IX in Gang gesetzt hat. Die Fristbestimmung des § 14 Abs. 1 SGB IX könnte sonst ihren vom Gesetzgeber verfolgten Zweck, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch eine rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems des Rechts der Teilhabe behinderter Menschen entgegenzuwirken, nicht hinreichend erfüllen. Ziel der Vorschrift ist es, durch ein auf Beschleunigung gerichtetes Zuständigkeitsklärungsverfahren die möglichst schnelle Leistungserbringung zu sichern (BT-Drs. 14/5074, S. 85 u. S. 102; VG Würzburg, Urteil v. 21.2.2011 – W 3 K 10.736 –, juris).
1.5 Deshalb liegen ein die Prüfungspflicht des angegangenen Trägers und eine die Frist des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX auslösende Antragstellung nicht bereits in jedem eingehenden Antrag. Insbesondere ein „Verlängerungsantrag“ ist nicht wie ein Erstantrag zu behandeln mit der Folge, dass etwa das Zuständigkeitsklärungsverfahren von neuem beginnt. Es handelt sich vielmehr um einen einheitlichen Leistungsfall, der nach dem Rechtsgedanken des § 4 Abs. 2 SGB IX und dem Grundsatz der Leistungserbringung „aus einer Hand“ von dem zunächst leistenden Träger zu Ende zu führen ist (Knittel, a.a.O., § 14 SGB IX Rn. 30 und Rn. 50 zu Verlängerungsentscheidungen in der medizinischen Rehabilitation). Wenn bei jedem gestellten Folgeantrag des Hilfeempfängers trotz unveränderter Sachlage, insbesondere dem fortbestehenden Rehabilitationsbedarf, jeweils wieder erneut die Frist des § 14 Abs. 1 SGB IX in Gang gesetzt würde, so müsste die Fristbestimmung im Ergebnis leer laufen und könnte ihren vom Gesetzgeber verfolgten Zweck nicht hinreichend erfüllen (Knittel, SGB IX, 8. Aufl., § 14 SGB IV Rn. 29). Die einmal begründete sachliche und örtliche Zuständigkeit eines Trägers wegen Versäumung der Frist gemäß § 14 Abs. 1 SGB IX bleibt daher, wenn sich keine wesentlichen Änderungen des Hilfebedarfs ergeben, bestehen (Knittel, a.a.O., § 14 SGB IX Rn. 29).
1.6 Gemessen an diesem Maßstab ist demnach der für die Zuständigkeitsüberprüfung nach § 14 SGB IX maßgebliche Antrag entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht erst im Mai 2013 gestellt worden, sondern vielmehr bereits im Mai 2012 bzw. am 3. Juli 2012, als erstmals Schulbegleitung für das Schuljahr 2012/2013 und Besuch der Heilpädagogischen Tagesstätte beantragt wurde. Aus dem Grundsatz der Leistungskontinuität folgt, dass bei jeder weiteren Antragstellung danach zu differenzieren ist, ob eine ganz neue Teilhabeleistung beantragt wird oder ob im Rahmen des Erstantrags lediglich eine Modifizierung oder Ergänzung angestrebt wird (BayLSG, Beschluss v. 21.1.2015 – L 8 SO 316/14B ER – juris). Nur ein solcher Erstantrag löst die Zuständigkeitsüberprüfungs- und Weiterleitungspflicht innerhalb der 2-Wochenfrist des § 14 SGB IX aus.
Im Gegensatz zur ursprünglich durch den Kläger gewähren Frühförderung handelte es sich bei den ab dem Schuljahr 2012/2013 begehrten Maßnahmen um Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, für deren Gewährung im Falle des Hilfeempfängers als eines von einer seelischen Behinderung bedrohten Kindes gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1, § 35a Abs. 2, § 85 Abs. 1 SGB VIII grundsätzlich der örtliche Jugendhilfeträger zuständig ist. Diese nunmehr beantragte Leistung ist als die maßgebliche, eine Zuständigkeitsüberprüfung auslösende Maßnahme zu betrachten, da der Hilfeempfänger mit der Aufnahme in die schulvorbereitende Einrichtung in „die Schule“ eingetreten ist, womit die Frühförderung endete (vgl. OVG d. Saarlandes, Urteil v. 28.10.2011 – 3 A 301/11 – juris). Entgegen der Auffassung des Beklagten und auch des Verwaltungsgerichts wird als Endpunkt der Frühförderung nicht auf ein bestimmtes Lebensalter, insbesondere nicht auf den Eintritt der gesetzlichen Schulpflicht, sondern regelmäßig auf den Termin der individuellen Einschulung abgestellt (OVG Saarland, a.a.O., unter Hinweis auf GK-SGB IX, § 56 SGB IX Rn. 22). Schon der Besuch einer heilpädagogischen Tagesstätte schließt in der Regel eine Frühförderung aus (BayLSG, Beschluss v. 21.1.2015 – L 8 SO 316/14 B ER –, juris unter Hinweis auf § 5 des Rahmenvertrags zur Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder in Interdisziplinären Frühförderstellen in Bayern vom 19. Mai 2006 in der Fassung vom 1. Juli 2011). Auch § 56 Abs. 2 SGB IX unterscheidet bei der Beschreibung der heilpädagogischen Leistungen zwischen solchen der Früherkennung und Frühförderung (§ 30) und schulvorbereitenden Maßnahmen der Schulträger. Schulvorbereitende Einrichtungen zählen auch im förmlichen Sinne zu den (Förder-)Schulen, da nach Art. 19 Abs. 2 Nr. 2 des Bayer. Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) die vorschulische Förderung durch die schulvorbereitenden Einrichtungen zu den Aufgaben der Förderschulen gehört. Beim Besuch einer schulvorbereitenden Einrichtung und einer daran angeschlossenen Tagesstätte handelt es sich deshalb nicht um Maßnahmen der Frühförderung im Sinne von Art. 64 AGSG (BayLSG vom 21.1.2015, a.a.O.). Auch im konkreten Fall ist die schulvorbereitende Einrichtung Teil der A. N. Schule in Bad Windsheim als Angebotsschule für Kinder im Vorschul- und Grundschulalter, die einen besonderen Förderbedarf haben.
1.7 Da es sich bei den späteren, ebenfalls auf Schulbegleitung und Eingliederungshilfe in der Heilpädagogischen Tagesstätte gerichteten Anträgen demzufolge lediglich um weitere, eine Zuständigkeitsüberprüfung nicht auslösende Folgeanträge handelt, kommt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts dem Aktenvermerk vom 22. Mai 2012 gerade maßgebliche Bedeutung insoweit zu, als hierin die aufgrund des beim Kläger am 11. Mai 2012 eingegangenen Antrags maßgebliche Zuständigkeitsüberprüfung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX zu sehen ist. Darin hat der Kläger aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen mit der Diagnose frühkindlicher Autismus völlig zu Recht festgestellt, dass der Hilfeempfänger wegen einer wesentlichen seelischen Behinderung zum Personenkreis des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zugehörig ist und dass keine weitere wesentliche Behinderung besteht, so dass grundsätzlich die Zuständigkeit des Jugendamtes gegeben ist. Er hat hierbei jedoch verkannt, dass dessen Zuständigkeit nicht erst mit der „Einschulung“ im September 2013 beginnt, sondern, wie ausgeführt, bereits mit Aufnahme in die schulvorbreitende Einrichtung ab dem Schuljahr 2012/13 gegeben ist. Der Kläger hat deshalb – seiner Auffassung nach folgerichtig – den Antrag auch nicht weitergeleitet. Infolgedessen spielen weder Grund und Anlass für die Hospitation vom 29. April 2014 eine Rolle, noch die – worauf auch der Beklagte hinweist, im Übrigen unzutreffende – Einschätzung des Verwaltungsgerichts, es gebe weitere Unterlagen und Hinweise auf eine über eine seelische Behinderung hinausgehende Ursache des Hilfebedarfs. Der Rückschluss des Verwaltungsgerichts allein von der Vielzahl der im Hilfeverfahren angefallenen Vorgänge seit dem Aktenvermerk vom 22. Mai 2012 auf geänderte Ursachen des Hilfebedarfs ist nicht nachzuvollziehen, zumal das Gericht selbst erkannt hat, dass die Unterlagen frühere Zeiten betreffen. Der Beklagte weist mit Recht darauf hin, dass der Kläger selbst mit Schreiben vom 1. März 2013 festgestellt hat, dass es sich um die gleichen Diagnosen und Verhaltensbeschreibungen handle.
1.8 Soweit das Verwaltungsgericht meint, dass der Kläger die zutreffende Erkenntnis vom Mai 2012 bei den Entscheidungen über die Anträge vom Mai 2013 und Januar 2014 mangels genügend sorgfältiger Prüfung irrtümlich – fehlerhaft – übersehen/übergangen habe, übersieht es, dass bei den Folgeanträgen von Mai 2013 und Januar 2014, wie ausgeführt, eine Überprüfung der Zuständigkeit nicht mehr erforderlich war. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus der ein Jahr zuvor im Aktenvermerk vom 22. Mai 2012 niedergelegten Erkenntnis, jedenfalls ab Einschulung nicht mehr zuständig zu sein, da, wie ausgeführt, diese Verpflichtung nur bei einem Erstantrag besteht. Daraus folgt zugleich, dass im Ergebnis der Erstattungsanspruch des Klägers nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht durch § 14 SGB IX ausgeschlossen ist. Denn mit dem Irrtum über die Zugehörigkeit einer schulvorbereitenden Einrichtung zur Schule, der offenbar auch der Beklagte unterliegt, liegt gerade eine der Fallkonstellationen vor, die es ausnahmsweise rechtfertigt, den erstangegangenen Rehabilitationsträger trotz des ihm eingeräumten Prüfungs- und Ablehnungsrechts gleichwohl einen privilegierten Erstattungsanspruch zuzubilligen, dessen Umfang sich nach den für ihn geltenden Vorschriften richtet (vgl. BayVGH, Urteil v. 7.10.2013 – 12 B 11.1886 – juris, unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 20.10.2009 – B 5 R 44/08 R –, BSGE 104, 294). Der Kläger hat nach Eingang des Erstantrags auf Bewilligung eines Schulbegleiters und Besuch der Heilpädagogischen Tagesstätte seine Zuständigkeit fristgerecht geprüft und jedenfalls bis zum Beginn der Schulpflicht irrtümlich im darauf folgenden Schuljahr auch bejaht, so dass er im Nachhinein zu einer Korrektur im Rahmen der Erstattung befugt sein muss. Andernfalls wäre er gehalten, schon bei geringstem Verdacht einen Rehabilitationsantrag weiterzuleiten, um die Zuständigkeitsproblematik gegebenenfalls im Erstattungsstreit austragen zu können und nicht automatisch von jeglicher Erstattungsmöglichkeit ausgeschlossen zu sein (vgl. BayVGH v. 7.10.2013 a.a.O.). Von einem zielgerichteten Eingriff in eine fremde Zuständigkeit und Missachtung des Weiterleitungsgebots des § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX kann deshalb nicht die Rede sein. Der Kläger sah sich vielmehr irrtümlich bis zur Einschulung des Hilfeempfängers zur Leistung verpflichtet und war bei den darauffolgenden Weitergewährungsanträgen nicht gehalten, in eine (erneute) Zuständigkeitsüberprüfung nach §§ 14 SGB IX einzutreten.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen der vom Beklagten geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die vom Beklagten als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtete Frage nach der Bewertung des Sachverhalts, wenn ein Träger trotz Kenntnis seiner Unzuständigkeit ab einem gewissen Zeitpunkt diese „übersieht“ bzw. ein Träger seiner Prüfungspflicht über ein Jahr nicht nachkommt, besitzt vorliegend mangels Klärungsfähigkeit keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
Auch soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang allgemeine Ausführungen zu den unterschiedlichen Systemen von Jugendhilfe und Sozialhilfe macht und darüber hinaus auf den Interessenwahrungsgrundsatz hinweist, vermag er eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht aufzuzeigen. Wie bereits ausgeführt, richtet sich der Umfang des Erstattungsanspruchs nach den für den erstangegangenen Träger maßgeblichen Vorschriften.
3. Die vorliegende Rechtssache weist gemessen an der Darlegung des Beklagten auch keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf, die sich nicht bereits im Zulassungsverfahren hätten klären lassen und daher die Zulassung der Berufung erfordern würden. Die hier aufgeworfenen Fragen beantworten sich ohne Weiteres aus dem Gesetz selbst oder sind durch die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bereits abschließend geklärt (vgl. hierzu das Urteil des BayVGH v. 7.10.2013, a.a.O.; vgl. zu alledem Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124 Rn. 27 ff., 32).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
5. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
6. Gegen diesen Beschluss gibt es kein Rechtsmittel (§ 152 Abs. 1, § 158 Abs. 1 VwGO). Mit dieser Entscheidung wird das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 9. November 2017 rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).