Verwaltungsrecht

Anspruch auf Unterlassung und Widerruf von Behauptungen im Zusammenhang mit tierschutzrechtlichen Haltungsbedingungen

Aktenzeichen  9 ZB 18.909

Datum:
5.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 32492
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
TierSchG § 2
BGB § 1004
GG Art. 103 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil anzusehen ist, richtet sich entscheidend nach dem Gesamtkontext der fraglichen Äußerung. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gewährleistet nicht, dass die angefochtene Entscheidung frei von einfach-rechtlichen materiellen Rechtsfehlern oder sonstigen Verfahrensfehlern ist. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 8 K 17.540 2017-12-11 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger fordert die Unterlassung und den Widerruf von Behauptungen von Mitarbeitern des Landratsamts M* …- … über seine Tierhaltung. Seine Klage hat das Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 11. Dezember 2017 abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung des Klägers.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Es kann dahingestellt bleiben, ob das aus einer Mischung von Sachverhalt, persönlichen Eindrücken und unstrukturierter, rechtlicher Kritik bestehende Vorbringen des Klägers im Zulassungsantrag dem Darlegungsgebot vollumfänglich entspricht (vgl. BayVGH, B.v. 22.7.2015 – 9 ZB 13.2581 – juris Rn. 7). Denn ein die Zulassung der Berufung rechtfertigender Grund ist dem sinngemäß pauschal auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 5 VwGO gestützten Zulassungsvorbringen jedenfalls auch bei Annahme einer hinreichenden Darlegung der Sache nach nicht gegeben.
1. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, beurteilt sich im Wesentlichen anhand dessen, was der Kläger innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.
Das Zulassungsvorbringen hält die Entscheidung für fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht die Äußerung „Der Kläger hätte den von ihm gehaltenen Tieren durch Verstöße gegen das Tierschutzgesetz erhebliche Leiden und Schmerzen zugefügt“ zu Unrecht als Tatsachenbehauptung eingestuft habe. Während Tatsachenbehauptungen durch die objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit geprägt werden und der Überprüfung mit Mitteln des Beweises zugänglich sind, handelt es sich bei einer Meinung um eine Äußerung, die durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägt ist. Bei der Frage, ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil anzusehen ist, kommt es entscheidend auf den Gesamtkontext der fraglichen Äußerung an (vgl. BVerfG, B.v. 16.3.2017 – 1 BvR 3085/15 – juris Rn. 13).
Hier hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass das Landratsamt objektive Tatsachenfeststellungen ohne subjektive Wertungselemente wiedergegeben habe, die auf den Feststellungen tierschutzrechtlicher Verstöße durch die Amtstierärzte beruhten und dem gesetzlichen Tatbestand des § 16a i.V.m. § 2 TierSchG entsprächen. Hiermit setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht substantiiert auseinander. Auch wenn das Äußern einer Rechtsmeinung als Werturteil zu verstehen sein sollte, zeigt das Zulassungsvorbringen jedenfalls keinen gegenüber dem Kläger beleidigenden oder schmähenden Charakter der amtlichen Äußerungen der Mitarbeiter des Landratsamts auf; sachfremde Erwägungen lassen sich dem Zulassungsvorbringen ebenfalls nicht entnehmen (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.2010 – 7 B 54.10 – juris Rn. 14). Vielmehr hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht ausgeführt, dass die Äußerung auf Basis der vom Landratsamt getroffenen Feststellungen erfolgt ist. Diesen tritt das Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegen, zumal den Feststellungen des Amtstierarztes hinsichtlich der Beurteilung, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG eingehalten sind bzw. ob grobe und wiederholte Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen vorliegen, von Gesetzes wegen eine vorrangige Beurteilungskompetenz zu kommt (vgl. BayVGH, B.v. 9.7.2018 – 9 ZB 16.2434 – juris Rn. 10).
2. Eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt nicht in Betracht.
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung setzt voraus, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen wird. Erforderlich ist die Formulierung einer konkreten Tatsachen- oder Rechtsfrage und das Aufzeigen, weshalb dieser Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich und klärungsbedürftig ist, sowie weshalb diese Frage eine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 4.9.2018 – 9 ZB 16.1261 – juris Rn. 12). Das Zulassungsvorbringen, das außer der Benennung des Zulassungsgrundes insoweit nichts ausführt, wird dem nicht gerecht.
3. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) ergibt sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht.
Der durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, das tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, soweit es aus verfahrens- oder materiellrechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann. Ein unerhebliches oder offensichtlich unsubstantiiertes Vorbringen darf außer Betracht gelassen werden (vgl. BVerwG, U.v. 20.11.1995 – 4 C 10.95 – NVwZ 1996, 378 = juris Rn. 13 m.w.N.). Diese Verfahrensgarantie gewährleistet aber nicht, dass die angefochtene Entscheidung frei von einfach-rechtlichen materiellen Rechtsfehlern oder sonstigen Verfahrensfehlern ist, sondern sie soll nur sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Rechtsfehlern ergeht, die ihren Grund gerade in der unterlassenen Kenntnisnahme oder in der Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben (vgl. BayVGH, B.v. 19.10.2018 – 9 ZB 16.30023 – juris Rn. 10; B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.397 – juris Rn. 74 m.w.N.). Danach liegt hier keine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers vor. Das Verwaltungsgericht hat das klägerische „Gegengutachten“ des Fachtierarztes Dr. S* … vom 10. März 2011 zur Kenntnis genommen und ist in den Urteilsgründen darauf eingegangen. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Maßstäbe zu einer anderen Bewertung kommt als der Kläger, führt zu keinem Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (vgl. BVerwG, B.v. 10.9.2018 – 5 B 20.18 D – juris Rn. 18).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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