Verwaltungsrecht

Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen Abschiebungsanordnung nicht statthaft

Aktenzeichen  M 9 E 16.50528

Datum:
26.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 34a Abs. 1, Abs. 2
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 123 Abs. 1, Abs. 5

 

Leitsatz

1 Statthafte Antragsart im Eilverfahren gegen eine Abschiebungsanordnung ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, der innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe gestellt werden muss.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein nachgeschobener Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist unzulässig.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Beklagten, vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen.
Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben am … 1985 geboren und nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste eigenen Angaben zufolge am 15. Juni 2015 aus der Türkei und weiter aus Italien kommend in das Bundesgebiet ein. Am 27. August 2015 stellte er in der Bundesrepublik einen Asylantrag. Am 29. Oktober 2015 richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ein Übernahmeersuchen an Italien mit der Bitte um Übernahme des Asylverfahrens für den Antragsteller, welches ausweislich der Zugangsbestätigung, Bl. 70 des Behördenakts, in Italien eingegangen ist. Das Übernahmegesuch wurde von den italienischen Behörden nicht beantwortet.
Mit Bescheid vom … Januar 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 2). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 3). Der an den Antragsteller adressierte Bescheid ging am 16. Januar 2016 gegen Postzustellungsurkunde unter der Adresse der Stadtverwaltung Rosenheim, Reichenbachstraße 8 in 83022 Rosenheim, ein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Tatbestand im Urteil der Kammer vom 26. Juli 2016, M 9 K 16.50075, Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO.
Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2016 beantragt der Bevollmächtigte des Antragstellers,
im Wege der einstweiligen Anordnung dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aufzugeben, vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen.
Am 15. Juli 2016 hätten Personen der Sozialbehörde Kontakt zu dem abwesenden Antragsteller aufnehmen wollen, was diesem nach seiner Rückkehr berichtet worden sei. Ihm sei ausgerichtet worden, er möge sich zur Verfügung halten. Das Bundesamt gehe von einer Verlängerung der Rücküberstellungsfrist aus, weil sich der Antragsteller der Abschiebung entzogen habe oder untergetaucht sei. Die Abschiebung sei weiterhin beabsichtigt und das Ausländeramt nach wie vor angehalten, diese zu vollziehen. Die Rücküberstellungsfrist sei bereits am 30. Juni 2016 abgelaufen. Für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids hätten zum damaligen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Unzulässigkeit der Abschiebung wegen Ablaufs der Rücküberstellungsfrist nicht vorgelegen. Der Antragsteller wohne nach wie vor in der … Straße …, …
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte, auch im Verfahren M 9 K 15.50075, verwiesen.
II.
Der Antrag ist bereits unzulässig.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist nicht statthaft. Statthafte Antragsart ist im vorliegenden Fall gemäß § 123 Abs. 5 VwGO i. V. m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO.
Die befürchtete Abschiebung des Antragstellers beruht auf der Anordnung der Abschiebung des Antragstellers nach Italien gemäß § 34a Abs. 1 AsylG durch das Bundesamt mit Nr. 2 des Bescheids vom … Januar 2016. Gegen diese Entscheidung muss der Antragsteller im Wege der Anfechtungsklage sowie durch einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO vorgehen, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG. Der Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO muss dabei gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung gestellt werden.
Gerade unter dem Eindruck, dass der Bevollmächtigte selbst davon ausgeht, die Wochenfrist – in der Hauptsache – gewahrt zu haben, da der Bescheid erst am 29. Januar 2016 bekanntgegeben worden sei, hätte er binnen Wochenfrist einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen können und müssen. Ein nachgeschobener Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist demgegenüber unzulässig. Andernfalls würden in Fällen, in denen der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO verfristet ist, die Wochenfrist nach § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG und der damit verbundene Beschleunigungszweck des Asylverfahrens leerlaufen (VG München, B. v. 18.4.2016 – M 12 E 16.1674 – juris Rn. 16; VG Würzburg, B. v. 4.11.2014 – W 1 S 14.30263 – juris Rn. 22).
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Streitwertkatalog.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

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