Aktenzeichen 3 ZB 16.2327
BGB § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2
VwGO § 57, § 60 Abs. 1, § 67 Abs. 4, § 124a Abs. 4 S. 1
Leitsatz
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung ist nicht zu gewähren, wenn der Antrag nicht durch einen hierfür befähigten Prozessbevollmächtigten gestellt worden ist. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
AN 1 k 15.751 2016-10-18 Urt VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 3.402,23 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen. Er ist unzulässig, weil er nicht innerhalb der Monatsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO durch einen vertretungsbefugten Prozessbevollmächtigten gestellt wurde (I.). Dem Kläger ist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren. Der Kläger war weder ohne Verschulden verhindert, die gesetzliche Frist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO einzuhalten, noch hat er den Antrag auf Wiedereinsetzung fristgerecht gestellt oder die versäumte Rechtshandlung nachgeholt (II.).
I. Der am 8. November 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen Antrag, mit dem der Kläger sinngemäß die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 18. Oktober 2016 begehrt, ist verfristet, da er nicht durch einen hierfür befähigten Prozessbevollmächtigten gestellt worden ist (§ 67 Abs. 4 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 VwGO).
Das mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Urteil des Verwaltungsgerichts (vgl. § 58 Abs. 1 VwGO) wurde dem Kläger auf eigenen Wunsch am 21. Oktober 2016 persönlich per Postzustellungsurkunde und seinem Prozessvertreter am 24. Oktober 2016 gemäß § 56 Abs. 2 VwGO, § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Die Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO, § 57 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 BGB endete damit spätestens am 24. November 2016. Der Antrag des Klägers ging zwar innerhalb der Zulassungsfrist beim Verwaltungsgericht ein, es fehlte jedoch an der erforderlichen Prozessvertretung gemäß § 67 Abs. 4 Sätze 1, 2 und 7 VwGO, da sich der Kläger nicht anwaltlich vertreten ließ.
II. Dem Kläger kann auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO gewährt werden, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen.
1. Nach § 60 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Verschulden im Sinne von § 60 Abs. 1 VwGO liegt dann vor, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und die ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falls zuzumuten war (st. Rspr, vgl. BVerwG, B.v. 1.9.2014 – 2 B 93/13 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 25.4.2016 – 3 ZB 16.412 – juris Rn. 6). Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 60 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz VwGO). Dabei sind die Tatsachen zur Begründung des Antrags glaubhaft zu machen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO) und die versäumte Rechtshandlung innerhalb der Antragsfrist nachzuholen (§ 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
2. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Kläger war weder ohne sein Verschulden verhindert, die Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO fristgerecht zu beantragen, noch hat er fristgerecht einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt bzw. die versäumte Rechtshandlung binnen Monatsfrist nachgeholt.
2.1 Soweit der Kläger vorbringt, nach seinem Kenntnisstand habe er im Rahmen der Einlegung eines Rechtsmittels beim Verwaltungsgericht auf eine anwaltliche Vertretung verzichten können, kann er nicht durchdringen. Aus der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils lässt sich ohne weiteres entnehmen, dass sich die Beteiligten vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen müssen. Es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dies auch für Prozesshandlungen gilt, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird, also vorliegend auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung, der beim Verwaltungsgericht zu stellen ist (§§ 124a Abs. 4 Satz 2, 67 Abs. 4 Sätze 1 und 2 VwGO). Zusätzlich wurde der Kläger mit Schreiben des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. November 2016 und nochmals telefonisch durch die Geschäftsstelle des Senats am 23. November 2016 (ein Tag vor Fristablauf) auf den Vertretungszwang und die Folgen der nicht ordnungsgemäßen Vertretung hingewiesen. Eine Reaktion von Seiten des Klägers erfolgte nicht. Ein fristgemäßer Antrag durch einen hierfür befähigten Prozessbevollmächtigten (§ 67 Abs. 4 Sätze 1,2 und 7, Abs. 2 Satz 1 VwGO) wurde nicht gestellt. Der Senat geht deshalb davon aus, dass der Kläger nicht ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Frist einzuhalten.
2.2 Soweit der Kläger vorträgt, er sei zum Zeitpunkt des Telefonats mit der Geschäftsstelle am 23. November 2016 an einem grippalen Infekt mit Fieber erkrankt und habe sich deshalb nicht in der Lage gesehen, einen Rechtsanwalt fristgemäß mit dem Vorgang zu betrauen, so kann dies – unabhängig von der Frage, ob dieser Vortrag an sich geeignet ist, ein Verschulden des Klägers an der Fristversäumung auszuschließen – nicht zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO führen. Die versäumte Rechtshandlung wurde bis zum heutigen Zeitpunkt nicht nachgeholt, zu einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat der Kläger erst am 3. Januar 2017, nachdem er mit Schreiben des Senats vom 15. Dezember 2016 zur beabsichtigten Antragsablehnung angehört worden war, Stellung genommen. In diesem Zusammenhang hat er weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass es ihm ohne Verschulden nicht möglich gewesen sei, die versäumte Rechtshandlung innerhalb der Monatsfrist nach Wegfall des Hindernisses gemäß § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO nachzuholen.
3. Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 3 GKG (wie Vorinstanz).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).