Aktenzeichen 9 ZB 17.703
Leitsatz
1 Für eine § 124a Abs. 4 S. 4 VwGO genügende Darlegung eines oder mehrerer Berufungszulassungsgründe ist es nicht notwendig, eine der in § 124 Abs. 2 VwGO normierten Ziffern oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen zu benennen. Erforderlich ist jedoch eine substantielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes sowie eine erkennbare Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs (Bestätigung von VGH München BeckRS 2015, 54349). (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Berufungsgericht braucht sich aus einem unstruktierten Darlegungsgemenge nicht das herauszusuchen, was bei wohlwollender Auslegung zur Begründung des Antrags geeignet sein könnte. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RN 4 K 16.769 2017-03-08 GeB VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird verworfen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung des Landratsamts Landshut vom 7. April 2016, soweit ihm untersagt wurde, die Tötung von Schweinen selbst vorzunehmen, solange er nicht seine Kenntnisse und Fähigkeiten (Sachkunde) zum Betäuben und Töten von Schweinen erneuert hat.
Die hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Gerichtsbescheid vom 8. März 2017 ab. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung (§ 124, 124a Abs. 4 VwGO) ist unzulässig und deshalb in entsprechender Anwendung von § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu verwerfen.
Die Begründung des Zulassungsantrags genügt nicht den Darlegungserfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.
Für eine diesen Anforderungen genügende Darlegung eines oder mehrerer Berufungszulassungsgründe ist es zwar nicht notwendig, dass der Kläger ausdrücklich eine der in § 124 Abs. 2 VwGO normierten Ziffern oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen benennt. Erforderlich ist jedoch eine substantielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes sowie eine erkennbare Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs durch den Rechtsanwalt (BayVGH, B.v. 22.10.2015 – 9 ZB 15.1280 – juris Rn. 10 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
Das Zulassungsvorbringen erschöpft sich in einer – lückenhaften – Darstellung des Sachverhalts aus Sicht des Klägers, die mit Kritik an der angeordneten Maßnahme und rechtlichen Ausführungen zur Anwendbarkeit der Tierschutz-Schlachtverordnung vermischt wird, so dass ein unstrukturierter Vortrag entsteht. Der Verwaltungsgerichtshof braucht sich jedoch aus einem derartigen „Darlegungsgemenge“ nicht das herauszusuchen, was bei wohlwollender Auslegung zur Begründung des Antrags geeignet sein könnte (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 58). Dem Darlegungserfordernis wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn in Verkennung des rechtssystematischen Unterschieds zwischen Begründung eines Zulassungsantrags und der Begründung der Berufung die Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht angegriffen wird, ohne zwischen den einzelnen Zulassungsgründen zu unterscheiden (vgl. BayVGH, B.v. 22.10.2015 – 9 ZB 15.1280 – juris Rn. 11). Auch einem durchschnittlichen, nicht auf das Verwaltungsprozess-recht spezialisierten Rechtsanwalt ist es zumutbar, durch einen hinreichend strukturierten Vortrag zumindest der Sache nach deutlich zu machen, welcher gesetzlich normierte Zulassungsgrund geltend gemacht wird (vgl. BVerfG, B.v. 24.8.2010 – 1 BvR 2309/09 – juris Rn. 13).
Im vorliegenden Fall lässt sich auch durch Auslegung nicht eindeutig ermitteln, auf welchen Zulassungsgrund der Antrag des Klägers gestützt werden soll. Selbst wenn der Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers dahingehend zu verstehen sein sollte, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend gemacht werden, fehlt es insoweit an jeglicher Auseinandersetzung mit den die angefochtene Entscheidung tragenden Gründen und an einer substanziellen Erörterung. Die vom Verwaltungsgericht für die angegriffene Anordnung herangezogene Rechtsgrundlage aus dem Tierschutzgesetz wird vom Bevollmächtigten des Klägers nicht infrage gestellt. Seine Ausführungen beschränken sich im Wesentlichen auf die Frage der Anwendbarkeit der Verordnung zum Schutz von Tieren im Zusammenhang mit der Schlachtung oder Tötung und zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 des Rates [Tierschutz-Schlachtverordnung], die vom Verwaltungsgericht ausdrücklich offengelassen wurde. Dies reicht als Begründung für einen Zulassungsantrag nicht aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).