Aktenzeichen W 7 K 17.31548
Leitsatz
1 Der Kläger kann in Georgien zur Sicherung seines Lebensunterhaltes neben der staatlichen Unterstützung und seiner Arbeitskraft auch auf die Absicherung durch einen großen Familienverbund zurückgreifen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2 Erhebliche Gefahren für Leib oder Leben treten bei depressiven Episoden bzw. Störungen und PTBS nicht zwangsläufig ein, wenn die Behandlung nicht fortgeführt wird. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3 Es ist davon auszugehen, dass der Kläger die notwendige medizinische und medikamentöse Behandlung für die attestierte rezidivierende depressive Störung, die schwere depressive Episode und PTBS sowohl in Georgien als auch in der Ukraine erhalten kann. (Rn. 17 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Bundesamts vom 15. März 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger (schon deshalb) nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Denn der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG noch einen solchen auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG. Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich (1.) aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (2.) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, (a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder (b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung ausgehen von (1.) dem Staat, (2.) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder (3.) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, i.S.d. § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Aus § 3a AsylG ergibt sich, welche Handlungen als Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG gelten. Zwischen derartigen Handlungen und den in § 3b AsylG näher definierten Verfolgungsgründen muss eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG).
Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG; vgl. hierzu auch Art. 9 Abs. 1 Buchst. a RL 2011/95/EU – Qualifikationsrichtlinie), oder Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1.) beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG; siehe hierzu auch Art. 9 Abs. 1 Buchst. b Qualifikationsrichtlinie).
Zudem müssen die genannten Folgen und Sanktionen dem Ausländer im Herkunftsland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser in dem Tatbestandsmerkmal „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung“ des Art. 2 Buchst. d Qualifikationsrichtlinie (vgl. jetzt § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“), was dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entspricht (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 32 m.w.N.). Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine qualifizierende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG; vgl. hierzu bereits BVerwG, U.v. 5.11.1991 – 9 C 118.90 – juris; BVerwG, U.v. 1.6.2011 – 10 C 25.10 – juris).
Das Gericht muss dabei die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals und hinsichtlich der zu treffenden Prognose, dass dieses die Gefahr politischer Verfolgung begründet, erlangen. Angesichts des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich Asylsuchende insbesondere hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Verfolgerland befinden, kommt dabei dem persönlichen Vorbringen des Asylsuchenden und dessen Würdigung für die Überzeugungsbildung eine gesteigerte Bedeutung zu (BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109/84 -, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nr. 32). Demgemäß setzt ein Asyl- oder Flüchtlingsanspruch voraus, dass der Schutzsuchende den Sachverhalt, der seine Verfolgungsfurcht begründen soll, schlüssig darlegt. Dabei obliegt es ihm, unter genauer Angabe von Einzelheiten und gegebenenfalls unter Ausräumung von Widersprüchen und Unstimmigkeiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, der geeignet ist, das Asyl- bzw. Flüchtlingsbegehren lückenlos zu tragen (BVerwG, U.v. 8.5.1984 – 9 C 141/83 -, Buchholz, § 108 VwGO Nr. 147).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Insoweit nimmt das Gericht auf die Begründung im Bescheid des Bundesamts Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung im Hinblick darauf ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung keine Anhaltspunkte vorgetragen hat, die eine Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG mit Blick auf das hier maßgebliche Herkunftsland Georgien nahe legen. Er gibt vielmehr selbst an, dass es in Georgien keine entsprechenden Vorkommnisse gegeben habe.
2. Auch die Voraussetzungen des § 4 AsylG liegen nicht vor. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG); ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Kläger auch hierzu in der mündlichen Verhandlung keine Anhaltspunkte vorgetragen hat, die die Gefahr eines ernsthaften Schadens gem. § 4 AsylG mit Blick auf das hierfür maßgebliche Herkunftsland Georgien nahe legen. Er gibt vielmehr selbst an, dass es in Georgien keine entsprechenden Vorkommnisse gegeben habe. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG kommen ebenfalls nicht in Betracht. Das Gericht nimmt auf die Begründung im Bescheid des Bundesamts Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung im Hinblick darauf ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend gilt Folgendes:
2.1. Bei einer Rückkehr nach Georgien oder in die Ukraine ist nicht zu befürchten, dass dem Kläger Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG drohen. Der Kläger kann in Georgien zur Sicherung seines Lebensunterhaltes neben der staatlichen Unterstützung (vgl. Lagebericht des AA vom 10.11.2016, S. 12) und seiner Arbeitskraft auch auf die Absicherung durch den großen Familienverbund (vgl. Bl. 63 d.A.) zurückgreifen. Soweit der Kläger mit Blick auf die Ukraine vorträgt, eine Rückkehr in das Donbassgebiet sei wegen der dortigen bewaffneten Konflikte bzw. seiner georgischen Staatsangehörigkeit nicht möglich, so wird darauf hingewiesen, dass zwar davon auszugehen ist, dass im Osten der Ukraine (Donbass) in den Gebieten Donezk und Luhansk tatsächlich ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt besteht. Es besteht allerdings eine zumutbare inländische Fluchtalternative in andere Landesteile der Ukraine (vgl. auch BayVGH, B.v. 5. April 2017 – 11 ZB 17.30326, BeckRS 107800). Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 7. Februar 2017 ist aufgrund der aktuellen Situation in der Ukraine von einem erhöhten Migrationspotential auszugehen. Die Zahl der registrierten Binnenflüchtlinge ist bis Januar 2017 auf 1,6 Millionen gestiegen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 7. Februar 2017, S. 11). Die Grundversorgung für Rückkehrer ist jedoch, wie für die meisten Menschen in der Ukraine, knapp ausreichend. Auch die medizinische Versorgung ist kostenlos und flächendeckend, auch wenn qualitativ höherwertige Leistungen teilweise von privaten Zuzahlungen abhängig sind (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 7. Februar 2017, S. 15). Wie sich aus dem Lagebericht (Seite 11) weiter ergibt, wurde inzwischen auch eine Rechtsgrundlage für die Registrierung, Versorgung und Unterbringung von Binnenflüchtlingen geschaffen (IDP-Gesetz vom 19.11.2014). Der Kläger hat im Übrigen selbst angegeben, für kurze Zeit in Kiew gewesen zu sein. Soweit der Kläger hierzu angibt, von Polizisten am Bahnhof keine Hilfe bekommen zu haben, ist darauf hinzuweisen, dass er Hilfe bei den für die Unterbringung und Versorgung zuständigen Stellen zu beantragen hat. Darüber hinaus ist der Kläger ein junger und arbeitsfähiger Mensch, der den Lebensunterhalt für sich und seine Familie in der Ukraine durch Erwerbstätigkeit sichern kann. Allein die Tatsache, dass die Ehefrau des Klägers, auf deren Belange es im vorliegenden Verfahren schon nicht ankommt, in anderen Teilen der Ukraine mit feindlichem Misstrauen bzw. Ablehnung begegnet werden könnte, macht die inländische Fluchtalternative im Übrigen nicht unzumutbar (vgl. BayVGH, B.v. 30.5.2017 – 11 ZB 17.30523, BeckRS 2017, 113712).
2.2. Auch ein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot in der Person des Klägers liegt nicht vor. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Für die Frage nach dem Vorliegen einer solchen Gefahr ist unerheblich, von wem diese ausgeht oder wodurch sie hervorgerufen wird, die Regelung stellt vielmehr lediglich auf das Bestehen einer konkreten Gefahr ab, unabhängig davon, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995, BVerwGE 99, 324). Die Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit muss mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn die für den Eintritt der Gefahr sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deswegen gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (BVerwG, U.v. 18.7.2001, Buchholz 402.240, § 53 AuslG Nr. 46). Bei der Prognose, ob dem Ausländer bei einer Rückkehr in den Zielstaat dort eine erhebliche konkrete Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen der Verschlimmerung einer individuellen Erkrankung droht, sind alle zielstaatsbezogenen Umstände zu berücksichtigen, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen (BVerwG, U.v. 17.10.2006, BVerwGE 127, 33). Danach ist der Begriff der Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Entstehungsgrundes nicht einschränkend auszulegen und eine Gefahr für die Rechtsgüter Leib und Leben kann auch dann vorliegen, wenn sie durch die bereits vorhandene Krankheit konstitutionell mitbedingt ist. Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Vorschrift ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d.h. eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Eine Gefahr ist „erheblich“, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das wäre der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Eine wesentliche Verschlechterung ist nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden. Außerdem muss die Gefahr konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach der Rückkehr des Betroffenen in sein Herkunftsland eintreten wird, weil er auf die dort unzureichenden Möglichkeiten zur Behandlung seiner Leiden angewiesen wäre und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (vgl. BVerwG, U.v. 29.7.1999 – 9 C 2/99 – juris Rn. 8). Der Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dient hingegen nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Mit der ab dem 17. März 2016 geltenden gesetzlichen Regelung hat auch der Gesetzgeber klargestellt, dass eine erhebliche konkrete Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vorliegt (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Es wird im Falle einer Erkrankung nicht vorausgesetzt, dass die medizinische Versorgung im Herkunftsland mit der Versorgung in Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG).
Ausweislich der vorgelegten Atteste leidet der Kläger an einer rezidivierenden depressiven Störung, einer schweren depressiven Episode und an PTBS. In den vorgelegten ärztlichen Attesten werden allerdings die (langfristige) Behandlungsbedürftigkeit, die Prognose sowie insbesondere die Folgen eines Ausbleibens weiterer Behandlung nicht hinreichend dargelegt. Die Atteste enthalten darüber hinaus auch keine konkreten Aussagen zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben. Es kann mithin auf Grundlage der ärztlichen Stellungnahme nicht festgestellt werden, dass sich die beim Kläger festgestellte (psychische) Erkrankung im Falle seiner Rückführung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände verschlimmert. Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen zudem nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ist dabei nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Erhebliche Gefahren für Leib oder Leben treten bei depressiven Episoden bzw. Störungen und PTBS nicht zwangsläufig ein, wenn die Behandlung nicht fortgeführt wird. Die vorgelegten ärztlichen Schreiben lassen insbesondere nicht erkennen, dass dem Kläger solche Gefahren drohen, wenn eine medikamentöse oder therapeutische Behandlung nicht fortgeführt wird. Der Kläger hat sich von Suizidalität distanziert, so dass auch der behandelte Arzt zu dem Schluss kommt, eine Selbstgefährdung sei ausgeschlossen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Umfang der ärztlichen Behandlung in Deutschland bislang gering war; der Kläger zeigt sich vielmehr selbst skeptisch gegenüber einer medikamentösen Behandlung (Bl. 89 d.A.).
Nicht zuletzt ist nach der Auskunftslage davon auszugehen, dass der Kläger die notwendige medizinische und medikamentöse Behandlung sowohl in Georgien als auch in der Ukraine erhalten kann.
Hinsichtlich der Behandlungsmöglichkeiten in Georgien folgt das Gericht den Feststellungen und der ausführlichen Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die medizinische Versorgung für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care) kostenlos gewährleistet ist. Anhand privater Krankenversicherungen kann die Leistungsübernahme medizinischer Behandlungen beitragsabhängig erweitert werden. Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus Deutschland. Viele der in Deutschland erhältlichen Medikamente sind daher auch in Georgien verfügbar (Lagebericht des AA vom 10.11.2016, S. 12 f.; D-A-CH, Georgisches Gesundheitswesen, S. 7). Auch psychische Erkrankungen, wie etwa depressive Episoden oder PTBS, sind nach der Auskunftslage in Georgien behandelbar (vgl. IOM, Länderinformationsblatt Georgien; D-A-CH, Georgisches Gesundheitswesen, S. 5). Im Länderinformationsblatt Georgien – Stand Juni 2014 – der Internationalen Organisation für Migration (IOM) wird unter V.2 im Übrigen ausgeführt, dass georgische Staatsbürger und staatenlose Personen mit legalem Status in Georgien Leistungen des staatlichen Programms „Psychische Verfassung“ in Anspruch nehmen können. Dies beinhalte unter anderem psychiatrische ambulante Leistungen sowie psychiatrische Krisenintervention bei Erwachsenen. Ebenso enthalten seien stationäre Leistungen, wobei die Serviceleistungen vollständig abgedeckt seien, ohne eine Zuzahlung seitens des Patienten außer bei Störungen, die durch Alkoholmissbrauch begründet seien. Daher ist davon auszugehen, dass die vom Kläger vorgetragenen psychischen Erkrankungen auch in Georgien behandelbar sind. Soweit entsprechende Zuzahlungen erforderlich sein sollten, so ist davon auszugehen, dass der Kläger zu diesen Leistungen in der Lage sein wird, da eine Einschränkung seiner Arbeitsfähigkeit weder ersichtlich noch vortragen ist und er auf die Unterstützung des großen Familienverbandes zurückgreifen kann (siehe oben). Auch kann für die Übergangszeit die entsprechende Medikation zur Verfügung gestellt werden.
Auch in der Ukraine ist die medizinische Versorgung kostenlos und flächendeckend. Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebenswichtige Maßnahmen durchgeführt und chronische, auch innere und psychische Krankheiten behandelt werden können, existieren sowohl in der Hauptstadt Kiew als auch in vielen Gebietszentren des Landes. Landesweit gibt es ausgebildetes und sachkundiges medizinisches Personal. Dennoch ist gelegentlich der Beginn einer Behandlung korruptionsbedingt davon abhängig, dass der Patient einen Betrag im Voraus bezahlt oder Medikamente und Pflegemittel auf eigene Rechnung beschafft. Neben dem öffentlichen Gesundheitswesen sind in den letzten Jahren auch private Krankenhäuser beziehungsweise erwerbswirtschaftlich geführte Abteilungen staatlicher Krankenhäuser gegründet worden. Die Dienstleistungen der privaten Krankenhäuser sind jedoch für den größten Teil der ukrainischen Bevölkerung nicht bezahlbar. Fast alle gebräuchlichen Medikamente werden im Land selbst hergestellt. Die Apotheken halten teilweise auch importierte Arzneien vor (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 7. Februar 2017, S. 16). Soweit entsprechende Zuzahlungen erforderlich sein sollten, so ist davon auszugehen, dass der Kläger zu diesen Leistungen in der Lage sein wird, da eine Einschränkung seiner Arbeitsfähigkeit weder ersichtlich noch vortragen ist (siehe oben). Auch kann für die Übergangszeit die entsprechende Medikation zur Verfügung gestellt werden.
2.3. Soweit der Kläger schließlich vorbringt, dass eine Abschiebung nach Georgien wegen der ukrainischen Staatsangehörigkeit seiner Ehefrau und seiner Tochter ein Abschiebungshindernis begründe, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Umstand allenfalls ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis darstellt. Bei der Entscheidung über Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG, § 3, 4 AsylG ist die Prüfung nämlich auf sogenannte „zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote“ beschränkt. Hiernach sind regelmäßig nur solche Umstände relevant, die für den betreffenden Ausländer den Aufenthalt im Zielland der angedrohten Abschiebung unzumutbar machen und damit in Gefahren begründet liegen, welche diesem im Zielstaat drohen. Treten die befürchteten negativen Auswirkungen jedoch allein durch die Abschiebung als solche und nicht wegen der spezifischen Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung ein, so handelt es sich um ein sogenanntes inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis. Ein solches ist nicht im Asylverfahren, sondern durch die zuständige Ausländerbehörde zu berücksichtigen (BVerwG, U.v. 21.9.1999 – 9 C 8.99, juris; U.v. 27. 6.2006 – 1 C 14/05, NVwZ 2006, 1418; VGH BW, U.v. 13.12.2012 – A 2 S 1995/12, juris). Zu diesen ausschließlich von der Ausländerbehörde zu prüfenden inlandsbezogenen Hindernissen, die einer Vollstreckung der Ausreisepflicht entgegenstehen, weil andernfalls ein geschütztes Rechtsgut im Bundesgebiet verletzt würde, gehört auch ein etwaiges Verbot, durch die Abschiebung eine mit Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK gegebenenfalls nicht vereinbare Trennung von der Familie des Klägers zu bewirken.
3. Schließlich sind die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung rechtlich nicht zu beanstanden; auf § 43 Abs. 3 AsylG wird hingewiesen. Auch gegen die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung bestehen zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ebenfalls keine Bedenken. Ermessensfehler sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).