Verwaltungsrecht

Asylantrag eines ukrainischen Staatsangehörigen

Aktenzeichen  W 6 S 17.31823

Datum:
2.5.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 36 Abs. 4 S. 1, § 43 Abs. 3 S. 1, § 77 Abs. 2, § 80, § 83b
AufenthG AufenthG § 60a Abs. 2
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 154 Abs. 1
GG GG Art. 6
EMRK EMRK Art. 8

 

Leitsatz

1. Unbegründetheit des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die im streitgegenständlichen Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung wegen offensichtlich fehlender Asyl-, Flüchtlings- oder sonstiger Schutzrelevanz der persönlichen Situation des ukrainischen Antragstellers. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Ausführungen des Antragstellers, sein Vater lebe seit 16 Jahren als Kontingentflüchtling in Deutschland, sei mittlerweile zu 100% pflegebedürftig und auf Unterstützung des Antragstellers angewiesen, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen, weil dieses Vorbringen keine zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse beinhaltet. (Rn. 10 – 12) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist ukrainischer Staatsangehöriger. Sein Asylantrag wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 20. April 2017 als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Ihm wurde die Abschiebung in die Ukraine angedroht. Der Antragsteller erhob am 26. April 2017 gegen den Bescheid im Verfahren W 6 K 17.31822 Klage und beantragte gleichzeitig im vorliegenden Sofortverfahren:
Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte in der Hauptsache W 6 K 17.31822) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Bei verständiger Würdigung des Vorbringens des Antragstellers ist der Antrag dahingehend auszulegen, dass er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Nr. 5 des Bundesamtsbescheids vom 20. April 2017 begehrt, zumal ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO betreffend die übrigen Nummern des streitgegenständlichen Bescheides unzulässig wäre.
Der zulässige Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung gegen die im streitgegenständlichen Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen, hat keinen Erfolg. Der Antrag ist unbegründet, da insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG).
Das Gericht folgt den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Ausführungen im Bescheid decken sich mit der bestehenden Erkenntnislage, insbesondere mit dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 7.2.2017, Stand: Januar 2017).
Das Vorbringen des Antragstellers rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Die angesprochene persönliche Situation ist offensichtlich nicht asyl-, flüchtlings- oder sonst schutzrelevant. Den angeführten Problemen – Kontrolle durch Polizei, wirtschaftliche Bedingungen – fehlt schon nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers die asylrelevante Intensität und Zielrichtung. Die Probleme begründen nach den Umständen des vorliegenden Falles jedenfalls offensichtlich nicht die Voraussetzungen für ein Aufenthalts- oder Bleiberecht in der Bundesrepublik Deutschland. Denn nach der Auskunftslage ist davon auszugehen, dass die Ukraine im Allgemeinen willens und in der Lage ist, ihre Staatsangehörigen vor strafbaren Handlungen zu schützen, wenn auch ein lückenloser Schutz nicht möglich ist. Der Antragsteller ist gehalten, sich bei Bedarf an die örtlichen Behörden bzw. Sicherheitskräfte zu wenden. Dem Antragsteller ist auch eine Übersiedlung in andere Landesteile möglich und zumutbar, um ihm womöglich drohenden Gefahren zu entgehen (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2016 – 11 ZB 16.30679 – juris; B.v. 22.8.2016 – 11 ZB 16.30132 – juris).
Weiter ist anzumerken, dass in der Ukraine zur Sicherung von Rechten und Freiheiten der Binnenflüchtlinge eine gesetzliche Rechtsgrundlage zur Verfügung steht, die die Registrierung, Versorgung und Unterbringung gewährleistet, so dass jedenfalls die Gewährleistung des Existenzminimums und der notwendigen medizinischen Versorgung grundsätzlich gesichert ist. Binnenflüchtlinge können auf die soziale Unterstützung seitens des Staates zurückgreifen. Die sozialen Sicherungssysteme in der Ukraine gewährleisten auch für Rückkehrer eine ausreichende Grundversorgung, einschließlich Unterkunft und medizinischer Versorgung. Zusätzlich werden Binnenflüchtlinge nach der Erkenntnislage auch von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen sowie dem UNHCR und der Unterorganisation OCHA unterstützt (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 11.2.2016, Stand: Januar 2016, S. 5 und 14 sowie BayVGH, B.v. 5.4.2017 – 11 ZB 17.30327 – juris; B.v. 22.8.2016 – 11 ZB 16.30136 – juris). Außerdem erscheint eine gewisse finanzielle Unterstützung des Antragstellers durch seine Eltern wie in der Vergangenheit möglich.
Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Ausländerbehörde zuständig ist, eventuelle inlandsbezogene Abschiebungshindernisse zu prüfen (§ 60a Abs. 2 AufenthG). Gleichermaßen darf die Ausländerbehörde gemäß § 43 Abs. 3 Satz 1 AsylG die Abschiebung vorübergehend aussetzen, um die gemeinsame Ausreise mit anderen Familienangehörigen zu ermöglichen.
Die Vermeidung der Trennung der Familie ist ausländerrechtlich gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde geltend zu machen und nicht im Asylverfahren gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Dabei geht das Gericht davon aus, dass die Ausländerbehörde die Vorgaben von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK beachtet (vgl. auch VG München, B.v. 15.6.2016 – M 16 S. 16.31068 – juris).
Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen des Antragstellers, sein Vater lebe seit 16 Jahren als Kontingentflüchtling in Deutschland, sei mittlerweile zu 100% pflegebedürftig und auf Unterstützung des Antragstellers angewiesen, irrelevant, weil dieses Vorbringen keine zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse beinhaltet und daher im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

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