Aktenzeichen B 3 K 17.31073
Leitsatz
1. Für die Aufhebung des vom Bundesamt im Asylverfahren nach § 11 Abs. 2 AufenthG befristeten (gesetzlichen) Einreise- und Aufenthaltsverbots ist nach § 11 Abs. 4 AufenthG nicht das Bundesamt sondern die Ausländerbehörde zuständig. (Rn. 54)
2. Eine Abschiebung kann trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden und damit die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG iVm Art. 3 EMRK erfüllen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Vorbringen hinsichtlich psychischer Erkrankungen, das nach der Frist des § 74 Abs. 2 AsylG vorgetragen wird, kann als verspätet zurückgewiesen werden, wenn die Erkrankung nach dem eigenen Vorbringen bereits im Herkunftsland bestand. Dies gilt auch, wenn die fachärztlichen Stellungnahmen erst nach der Monatsfrist erstellt worden sind. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Gegenstand der Klage ist – nachdem diese teilweise zurückgenommen wurde – die Verpflichtung der Beklagten, beim Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen, hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten, das Einreiseverbot gemäß § 75 Nr. 12 i.V.m. § 11 Abs. 2 AufenthG nach § 11 Abs. 4 AufenthG aufzuheben.
Das Gericht konnte im vorliegenden Fall über die Klage entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 22.05.2017 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die Klage bleibt sowohl im Hauptantrag als auch im Hilfsantrag ohne Erfolg.
I.
Der zulässige Hauptantrag ist unbegründet. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keinen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG. Der angefochtene Bescheid ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
1. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).
Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und damit die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen im Irak führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Aufgrund des klägerischen Vortrags ist die Schwelle zu einer Verletzung der Werte des Art. 3 EMRK nicht erreicht. Die schlechten humanitären und wirtschaftlichen Verhältnisse im Umfeld der Kläger gehen nicht über das Maß dessen hinaus, was alle Bewohner in der vergleichbaren Situation hinnehmen müssen. Auch andere Bewohner Bagdads haben unter der wirtschaftlichen Krise zu leiden und leben unter vergleichbaren ärmlichen Verhältnissen.
Der Kläger ist jung und trotz der vorgetragenen gesundheitlichen Einschränkung erwerbsfähig. Er hat vor seiner Ausreise im Irak als Eisenschmied bzw. Schweißer gearbeitet und somit seinen Lebensunterhalt sichern können. Für das Gericht ist nicht ersichtlich, dass dies dem Kläger nach einer Rückkehr in den Irak nicht mehr möglich sein sollte. Im Übrigen ist weiterhin von einer wechselseitigen Unterstützung im Rahmen des Familienverbandes auszugehen. Der Kläger hat bis zu seiner Ausreise bei seinen beiden Schwestern gelebt. Auch zum Vater besteht noch Kontakt, zumal sich dieser offensichtlich auch die notwendigen Unterlagen zur Eheschließung des Klägers in Deutschland kümmert.
2. Es droht auch keine individuelle Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit des Klägers, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde.
a) Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei erfasst diese Regelung nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solche ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn diese sich im Heimatstaat wesentlich verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Darüber hinaus kann sich – trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung – das Abschiebungsverbot aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist. In die Beurteilung mit einzubeziehen und bei der Gefahrenprognose zu berücksichtigen sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer wesentlichen Verschlimmerung der Erkrankung führen können. Für die Annahme einer „konkreten Gefahr“ genügt jedoch nicht die bloße theoretische Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in Leib, Leben oder Freiheit zu werden. Vielmehr entspricht der Begriff der Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dem asylrechtlichen Prognosemaßstab der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“, wobei allerdings das Element der Konkretheit der Gefahr für „diesen Ausländer“ das zusätzliche Erfordernis einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten oder erheblichen Gefährdungssituation statuiert (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 23.11.2012 – 13a B 12.30061 – juris).
Nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind allerdings Gefahren nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt sind, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Diese Vorschrift sieht vor, dass die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen kann, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1 AufenthG.
Die mit Schriftsatz vom 15.05.2017 erstmals vorgetragene posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bzw. die Symptome einer schweren depressiven Episode, stellen jedoch keine allgemeine Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG dar, so dass die Sperrwirkung dieser Vorschrift nicht greift (BayVGH, B.v. 23.11.2012 – 13a B 12.30061 – juris). Nach den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätzen ist die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, in der Regel als individuelle Gefahr einzustufen, die am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfen ist (BVerwG, U.v. 17.8.2011 – 10 B 13.11 – juris).
Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist daher, dass sich die vorhandene schwerwiegende Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Von einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes kann nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes gesprochen werden, sondern nur bei außergewöhnlichen schweren physischen oder psychischen Schäden oder Zuständen. Dies stellt nunmehr auch § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG klar, wonach eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vorliegt. Insbesondere ist es gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Irak mit der der Versorgung in Deutschland vergleichbar ist (vgl. zum Ganzen auch VG Gelsenkirchen, B.v. 08.11.2016 – 6a L 2452/16.A – juris).
Dies zugrunde gelegt besteht für den Kläger keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Es ist nicht ersichtlich, dass eine wesentliche Verschlechterung einer schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankung alsbald nach der Rückkehr in den Irak droht.
aa) Die fachärztlichen Stellungnahmen der Sozialstiftung … vom 10.05.2017 bzw. 17.05.2017 genügen schon nicht den Anforderungen der Rechtsprechung im Hinblick auf die Substantiierung des Vorbringens einer PTBS. Zur Substantiierung des Vorbringens einer Erkrankung an PTBS gehört angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes sowie der vielfältigen Symptomatik regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Desweiteren soll das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit und deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierte Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Klägers fallen (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 11.09.2007 – 10 C-17/07 – juris).
Die vom Bevollmächtigten des Klägers vorgelegte fachärztliche Stellungnahme vom 10.05.2017 genügt diesen Anforderungen nicht. Dem Arztbericht ist nicht einmal zu entnehmen, seit wann und wie häufig sich der Kläger in fachärztlicher Behandlung befunden hat. Auch der bisherige Behandlungsverlauf, insbesondere die Medikation, wird nicht oder nur oberflächlich beschrieben.
Die ergänzte und nachgebesserte Stellungnahme vom 17.05.2017 – die offensichtlich auf Verlangen des Klägerbevollmächtigten zur Erfüllung der Anforderungen der Rechtsprechung an ein ärztliches Attest bei PTBS verfasst worden ist – erfüllt die notwendigen Vorgaben der Rechtsprechung ebenfalls nicht. Im Gegensatz zur ursprünglichen Version vom 10.05.2017 enthält die überarbeitete Version zwar nunmehr Angaben zur Erstvorstellung des Klägers und zur Dauer bzw. zum Ablauf des Erstgesprächs. Weiterhin ergänzte die Ärztin die Stellungnahme dahingehend, dass die Stimmungsschwankungen, Gedankenkreise und Angstzustände bereits im Irak ausgelöst wurden, was der ursprünglichen Stellungnahme nicht zu entnehmen war. Der Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) wird beschrieben (Seite 2 der fachärztlichen Stellungnahme vom 17.05.2017). Im Übrigen wird gegen Ende der überarbeiteten Stellungnahme noch eingehend darauf eingegangen, wie sich die Feststellung, dass die Traumatisierung bereits im Irak stattgefunden hat, auf den Gesundheitszustand des Klägers bei einer Abschiebung auswirkt.
Jedoch ist auch in der Stellungnahme vom 17.05.2017 mit keinem Wort erwähnt, warum der Kläger seine Erkrankung, die auf traumatisierte Erlebnisse im Irak gestützt wird, nicht früher geltend gemacht hat, obwohl offensichtlich die Symptome schon längere Zeit, insbesondere schon im Irak, bestanden haben (vgl. BVerwG, U. v. 11.09.2007 – 10 C-17/07 – juris).
Selbst in der mündlichen Verhandlung konnte der Kläger dem Gericht keine plausible Erklärung liefern, warum erstmalig mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 15.05.2017 – und damit knapp eine Woche vor der mündlichen Verhandlung – eine PTBS vorgetragen wurde, obwohl die Krankheit bereits im Irak ausgelöst wurde und sich dort bereits Symptome gezeigt haben. Insbesondere konnte der Kläger – trotz mehrmaliger Nachfragen des Gerichts – nicht einmal ungefähr zeitlich einordnen, wann die Symptome im Irak aufgetreten sind und wann die Krankheit den gegenwärtigen Zustand erreicht hat. Selbst die Frage des Gerichts, seit wann er nicht mehr richtig schlafen könne, konnte der Kläger nicht beantworten.
Da weder die ärztlichen Atteste auf den zeitlichen Abstand zwischen den behaupteten Erlebnissen im Irak und den erst jetzt geltend gemachten Symptomen eingehen noch der Kläger in der mündlichen Verhandlung plausibel darlegen konnte, warum die Symptome bzw. die Erkrankung erst jetzt geltend gemacht wurde, ist im Ergebnis davon auszugehen, dass die PTBS nicht hinreichend substantiiert vorgebracht wurde.
Gleiches gilt für die darüber hinaus bescheinigten Symptome einer schweren depressiven Episode (ICD 10: F32.2). Selbst wenn man die obige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur auf PTBS und nicht auf andere psychische Erkrankungen anwendet, so ist jedenfalls auch die schwere depressive Episode – die offensichtlich in enger Verbindung mit der posttraumatischen Belastungsstörung steht – nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Die schwere depressive Episode wird lediglich zu Beginn der ärztlichen Stellungnahme erwähnt. Die übrigen Ausführungen der fachärztlichen Stellungnahmen beschäftigten sich nur mit der PTBS. Insbesondere erfolgt auch keine hinreichende Trennung zwischen den beiden Krankheitsbildern. Letztlich konnte der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung – im Hinblick auf die diagnostizierte schwere depressive Episode – keine weiteren Angaben macht, insbesondere fehlen auch diesbezüglich jegliche Details zum zeitlichen Auftreten der Symptome. Im Ergebnis wird daher der – beiläufige – Vortrag einer schwerwiegenden depressiven Episode den Anforderungen an einen substantiierten Vortrag einer psychischen Erkrankung ebenfalls nicht gerecht (vgl. hierzu auch § 60a Abs. 2c AufenthG sowie VG Gelsenkirchen, U.v. 3.2.2017 – 6a K 2802/15.A – juris).
bb) Im Übrigen geht das Gericht davon aus, dass die in den fachärztlichen Stellungnahmen vom 10.05. bzw. 17.05.2017 geschilderten psychischen Erkrankungen des Klägers im Irak hinreichend behandelbar sind. Dabei wird nicht verkannt, dass die medizinische Versorgungslage im Irak nach wie vor angespannt ist. Grundsätzlich kann sich zwar jeder Iraker überall im Land in öffentlichen Krankenhäusern kostenfrei behandeln lassen, wobei Unterschiede zwischen dem Zentralirak und dem kurdisch verwalteten Norden nicht bestehen. De facto existiert aber nach den Angaben verschiedener Erkenntnisquellen eine Zwei-Klassen-Medizin. Die öffentlichen Krankenhäuser sind schlecht ausgestattet und leiden vor allem an einem Mangel an Medikamenten und technischem Gerät. Auch haben qualifizierte Ärzte aus Angst vor Entführungen oder Repressionen das Land verlassen. Medikamente sind meist nur theoretisch kostenfrei und müssen überwiegend privat in Apotheken gekauft werden (vgl. hierzu ausführlich VG Aachen, U. v. 20.01.2017 – 4 K 2040/15.A – juris m. w. N.).
Psychische Krankheiten werden zwar häufig nur medikamentös behandelt, jedoch sind psychische Erkrankungen, insbesondere depressive Störungen auch im Irak grundsätzlich behandelbar. Die Kosten hierfür hängen von Art und Dauer der Behandlung ab und können daher – auch infolge fehlender ärztlicher Gebührenordnung – nicht allgemein und pauschal abgeschätzt werden. Auch sonst gibt es im Irak eine erhebliche Anzahl von Nervenärzten, die an psychischen Erkrankungen leidenden Patienten behandeln können. Psychopharmaka sind vorhanden und in der Regel preisgünstig. Die ärztliche Behandlung kann in staatlichen Krankenhäusern kostenlos erfolgen sowie in privaten Praxen für ca. 10,00 Euro (vgl. VG Aachen, U. v. 20.01.2017 – 4 K 2014/15.A – juris, mit weiteren Hinweisen und Nachweisen zur Auskunftslage).
Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass eine Behandlung des Klägers auch in Bagdad möglich ist. Der Kläger wird bzw. wurde mit Standardmedikamenten (Mirtazapin bzw. Citalopran) in geringfügiger Dosis behandelt. Zwar geht die fachärztliche Stellungnahme vom 17.05.2017 davon aus, dass eine Psychotherapie indiziert ist, in gleichem Atemzug führt die Ärztin aber aus, dass eine Psychotherapie „an sich und für sich nicht so wichtig ist, wie der Umstand, dass eine stattfindet“. Damit soll offensichtlich gemeint sein, dass eine Psychotherapie nicht oberste Priorität hat. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die ärztliche Behandlung für den Kläger im Irak tatsächlich, insbesondere finanziell nicht erreichbar sein könnte. Das Gericht geht davon aus, dass es dem Kläger – wie bereits vor seiner Ausreise – möglich und zumutbar ist, seinen Lebensunterhalt einschließlich der erforderlichen Mittel für eine ärztliche Behandlung durch eigene Erwerbstätigkeit sicherzustellen. Zudem ist davon auszugehen, dass er auch durch seine noch im Irak lebenden Familienangehörigen Unterstützung erhalten wird. Der Kläger hat sich in seiner Heimat nicht einmal um eine ärztliche Behandlung gekümmert, obwohl die Krankheit schon vor seiner Ausreise existent war. Auch in Deutschland hat er sich noch nicht um einen Termin bei Therapeuten gekümmert, obwohl die dortigen die langen Wartezeiten bekannt sind. Sämtliche Initiativen im Hinblick auf die vorgetragene PTBS gingen offensichtlich von der Verlobten des Klägers aus.
Unter diesen Umständen ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger an einer schwerwiegenden oder gar lebensbedrohlichen Erkrankung leidet, die sich im Fall einer Abschiebung wegen er spezifischen Verhältnisse im Zielstaat wesentlich verschlechtern würde (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Der Kläger hat schon bereits geraume Zeit vor der Ausreise mit den psychischen Problemen im Irak gelebt, kann jedoch nicht einmal Mindestangaben zum Krankheitsverlauf machen. Die PTBS kann im Irak (medikamentös) behandelt werden. Auch in Deutschland wird er gegenwärtig nur ambulant medikamentös behandelt. Eine wesentliche Verschlimmerung des Krankheitsbilds aufgrund zielstaatsbezogener Umstände ist daher nicht zu befürchten. Innerstaatliche Abschiebungshindernisse sind hingegen kein Prüfungsbestandteil dieses Verfahrens.
b) Im Übrigen macht das Gericht von seinem Ermessen Gebrauch und weist das Vorbringen hinsichtlich der psychischen Erkrankungen des Klägers gem. § 74 Abs. 2 Satz 2 AsylG i. V. m. § 87b Abs. 3 VwGO als präkludiert zurück.
Nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG hat der Kläger die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung anzugeben. Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der obigen Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde, der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und der Beteiligte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist. Der Kläger wurde sowohl von der Beklagten im Bescheid vom 09.03.2017 als auch vom Gericht in der Klageeingangsmitteilung darauf hingewiesen, dass die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids anzugeben sind. Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde der Bescheid vom 09.03.2017 dem Kläger am 16.03.2017 zugestellt. Die psychischen Erkrankungen des Klägers wurden hingegen erstmals mit Schriftsatz vom 15.05.2017 vorgetragen.
Zwar sind die fachärztlichen Stellungnahmen erst auf 10.05. bzw. 17.05.2017 datiert und konnten daher – denknotwendigerweise – nicht innerhalb Monatsfrist vorgelegt werden, jedoch sind nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG nicht nur Beweismittel, sondern auch die zur Klagebegründung dienenden Tatsachen innerhalb der Monatsfrist vorzubringen. Dem klägerischen Vortrag und den fachärztlichen Stellungnahmen ist jedoch zu entnehmen, dass die psychische Krankheit des Klägers bereits im Irak bestanden hat. Daher ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum die Krankheit des Klägers bei der Anhörung beim Bundesamt mit keinem Wort erwähnt worden ist. Auch im Klageschriftsatz vom 28.03.2017 finden sich keinerlei Hinweise auf den Gesundheitszustand des Klägers, obwohl der Hausarzt des Klägers bereits am 10.03.2017 eine PTBS feststellte und den Kläger an die Psychiatrie überwies. Dort hatte der Kläger am 30.03.2017 einen Untersuchungstermin. Ihm wurde mit Rezept vom gleichen Tag Mirtazapin verordnet. Zugleich wurden weitere Behandlungstermine für den 20.04. und 11.05.2017 vorgemerkt. Es wäre dem anwaltlich vertretenen Kläger daher ohne weiteres zuzumuten gewesen, innerhalb der bis zum 18.04.2017 laufenden Monatsfrist auf die psychische Erkrankung des Klägers bzw. auf die eingeleitete Behandlung hinzuweisen. Die Einlassung des Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung, seinerzeit hätten noch keine qualifizierten fachärztlichen Atteste vorgelegen, sowie, dass der Vortrag einer PTBS ohne fachärztliche Atteste ohnehin nicht berücksichtigungsfähig sei, steht der Präklusion bzw. der Entscheidung des Gerichts das Vorbringen als verspätet zurückzuweisen, nicht entgegen. Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 AsylG sind – wie bereits erwähnt – nicht nur Beweismittel, sondern sämtliche Tatsachen innerhalb der Frist vorzutragen. Daher war es dem Kläger ohne weiteres zumutbar, das Gericht fristgerecht auf diesen Umstand hinzuweisen, zumal spätestens nach der Diagnose vom Hausarzt am 10.03.2017 bzw. nach dem Termin am 30.03.2017 beim Facharzt die Krankheit auch belegbar war. Das Gericht hätte es dann in der Hand gehabt, nach § 86 VwGO den Sachverhalt rechtzeitig weiter von Amts wegen zu ermitteln.
Letztlich würde die Berücksichtigung des verspäteten Vortrags nach Überzeugung des Gerichts zur Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits führen. Die vorgelegten Atteste gehen nicht der Frage nach, warum der Kläger die bereits in der Heimat angelegte Erkrankung erst jetzt geltend gemacht hat. Zur Klärung dieser Frage wären weitere Aufklärungsmaßnamen des Gerichts, gegebenenfalls ein weiteres bzw. ergänzendes Sachverständigengutachten notwendig, was die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde.
Nach alledem konnte der Vortrag des Klägers auch als verspätet zurückgewiesen werden.
c) Insgesamt ist daher festzustellen, dass dem Kläger kein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zusteht.
d) Wie bereits oben erwähnt, sind nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Beruft sich der Ausländer demzufolge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne sind alle Gefahren, die der Bevölkerung des Irak auf Grund der derzeit dort bestehenden Sicherheits- und Versorgungslage allgemein drohen. Dazu zählen neben der Gefahr, Opfer terroristischer Übergriffe zu werden und Gefahren durch die desolate Versorgungslage auch Gefahren krimineller Aktivitäten und Rachebestrebungen von Privatpersonen.
Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat mit Rundschreiben vom 10. August 2012 (Az. …) in der Fassung vom 3. März 2014 bekannt gegeben, dass eine zwangsweise Rückführung zur Ausreise verpflichteter irakischer Staatsangehörigen grundsätzlich (Ausnahme: Straftäter aus den Autonomiegebieten) nach wie vor nicht möglich ist und ihr Aufenthalt wie bisher weiterhin im Bundesgebiet geduldet wird. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Mitteilung eines faktischen Abschiebungsstopps derzeit einen wirksamen Schutz vor Abschiebung hinsichtlich allgemeiner Gefahren vermittelt, so dass es keines zusätzlichen Schutzes in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bedarf (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 – 1 C-2/01 – juris; VG München, U.v. 22.12.2016 – M 4 K 16.33226 – juris).
Entscheidungen nach den vorstehenden Maßgaben ergehen aber nicht durch das Bundesamt im Asylverfahren, sondern allenfalls durch die zuständige Ausländerbehörde.
II.
Der hilfsweise gestellte Antrag, die Beklagte zu verpflichten, das Einreiseverbot nach § 75 Nr. 12 i.V.m. § 11 Abs. 2 AufenthG nach § 11 Abs. 4 AufenthG aufzuheben, bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
1. Die Klage im Hilfsantrag ist bereits unzulässig.
a) Dem Antrag im Klageverfahren fehlt das notwendige Rechtsschutzbedürfnis, da der Kläger nicht vorab bei der Behörde die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 4 AufenthG beantragt hat. Bei der Aufhebung und der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots handelt es sich prozessual um unterschiedliche Streitgegenstände. Nach § 11 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer, der ausgewiesen worden ist, weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten, noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden (Einreise- und Aufenthaltsverbot). Dieses (gesetzliche) Verbot ist nach § 11 Abs. 2 AufenthG von der Beklagten im Fall der – hier vorliegenden – Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG zu befristen (§ 75 Nr. 12 AufenthG) und kann unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 4 AufenthG von der Ausländerbehörde aufgehoben oder nachträglich verkürzt oder verlängert werden. Mit dieser durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung (AufenthBeendBlReNG) vom 27. Juli 2015 (BGBl. I S. 1386) eingeführten Differenzierung zwischen der Befristung und Aufhebung hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BVerwG aufgegriffen, wonach unter engen Voraussetzungen eine vollständige Beseitigung der Wirkungen einer Ausweisung ohne vorherige Ausreise geboten sein kann (vgl. BVerwG, U.v. 6.3. 2014 – 1 C 2.13 – juris.), und hierfür in § 11 Abs. 4 AufenthG eine spezielle Rechtsgrundlage geschaffen (BT-Drs. 18/4097 S. 36 f.). Seit dieser gesetzlichen Neuordnung der Regelungen zur Beseitigung der Wirkungen einer Ausweisung bedarf die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots einer eigenständigen, von der Befristung zu trennenden Entscheidung, die nicht nur nachträglich, sondern zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers auch schon zusammen mit der Ausweisung getroffen werden kann (BVerwG, U.v. 22.2.2017 – 1 C-27/16 – juris).
Im Bescheid vom 09.03.2017 hat die Beklagte jedoch ausschließlich über die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG entschieden, nicht hingegen über die Aufhebung des Verbotes nach § 11 Abs. 4 AufenthG, da eine Entscheidung nach § 11 Abs. 4 AufenthG nicht zum Prüfungsumfang der Beklagten im Asylverfahren gehört. Es ist auch nicht ersichtlich, dass vom Kläger eine Entscheidung nach § 11 Abs. 4 AufenthG bei der Behörde beantragt wurde. Im Übrigen ist für eine Entscheidung nach § 11 Abs. 4 AufenthG die Ausländerbehörde und nicht die Beklagte zuständig (vgl. § 75 Nr. 12 AsylG sowie BVerwG, U. v. 22.2.2017 – 1 C-27/16 – juris).
b) Ein Umdeutung oder anderweitige Auslegung des Hilfsantrags kommt in Anbetracht der eindeutigen und unmissverständlichen Formulierung („Aufhebung nach § 11 Abs. 4 AuenthG“) durch den – anwaltlich vertretenen – Klägers nicht in Betracht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 88 RdNr. 3; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 28.04.2017 – OVG 11 N 163.16 – juris). Selbst wenn man den klägerischen Antrag, das Einreiseverbot nach § 11 Abs. 4 AufenthG aufzuheben, als Verpflichtung der Beklagten, das Einreise- und Aufenthaltsverbot im Rahmen des § 11 Abs. 2 AufenthG „auf Null“ zu befristen, auslegen würde, ändert dies nichts an der Unzulässigkeit des Hilfsantrags. Zum einen wäre ein Antrag auf Verpflichtung der Beklagten, das in Ziffer 5 des angefochtenen Bescheids auf 30 Monate befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 2 AufenthG „auf Null“ zu befristen, schon nicht fristgerecht bei Gericht eingegangen. Ein solcher Antrag wurde erstmals mit Schriftsatz vom 15.05.2017 und damit bereits nach Ablauf der Klagefrist des § 74 Abs. 1 AsylG gestellt. Im Übrigen fehlt einer Klage auf Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots „auf Null“ im Rahmen des § 11 Abs. 2 AufenthG das Rechtsschutzbedürfnis, da ein entsprechendes Ergebnis nur über die Regelung des § 11 Abs. 4 AufenthG – und damit im Rahmen der Klage gegen den Rechtsträger der Ausländerbehörde – möglich ist (OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 28.04.2017 – OVG 11 N 163.16 – juris).
2. Im Übrigen ist der Hilfsantrag auch unbegründet.
a) Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte das im Bescheid auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 4 AufenthG aufhebt.
Der Verpflichtungsantrag richtet sich nämlich schon gegen den falschen Beklagten. Nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist die Klage gegen den Rechtsträger der Behörde zu richten, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat. Zwar wurde die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gem. § 11 Abs. 2 AufenthG zuständigerweise von der Beklagten erlassen, jedoch entscheidet über eine Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 4 AufenthG nicht die Beklagte, sondern die Ausländerbehörde. Dem Bundesamt hat gem. § 75 Nr. 12 AufenthG keine Zuständigkeit zu einer Entscheidung nach § 11 Abs. 4 AufenthG. Die Klage auf Verpflichtung, das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 4 AufenthG aufzuheben, wäre daher gegen den Freistaat Bayern als Rechtsträger der zuständigen Ausländerbehörde zu richten gewesen (vgl. zum Ganzen Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 78 RdNr. 7).
Zum anderen begründet der erstmals mit Schriftsatz vom 15.05.2017 erfolgte Vortrag, der Kläger beabsichtige demnächst Frau … … – seine Lehrerin mit der er im Januar/Februar 2017 zusammengekommen sei – zu heiraten, keinen Anspruch des Klägers auf Aufhebung des Einreiseverbots. Bei der beantragten Aufhebung des Einreiseverbots nach § 11 Abs. 4 AufenthG handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Behörde. Es ist nicht ersichtlich, dass das behördliche Ermessen insoweit auf Null reduziert ist. In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist anerkannt, dass im Hinblick auf eine beabsichtigte Eheschließung die Abschiebung eines Ausländers aus rechtlichen Gründen unmöglich ist, wenn im konkreten Einzelfall die Eheschließung im Bundesgebiet unmittelbar bevorsteht, insbesondere alle erforderlichen Dokumente dem Standesamt vorgelegt wurden (vgl. VGH Baden-Württemberg, B. v. 13.11.2001 – 11 S 1848/01 – juris; VG Freiburg, U: v. 30.03.2017 – A 3 K 2180/16 – juris). Gemessen hieran bestehen auch im Hinblick auf die Dauer des Einreiseverbots keine durchgreifenden Bedenken. Der Kläger hat mit seiner Verlobten am 03.03.2017 lediglich beim Standesamt vorgesprochen und sich nach den notwendigen Dokumenten, die erst aus dem Irak beschafft werden müssen, erkundigt. Aus der eidesstattlichen Versicherung der Verlobten des Klägers vom 15.05.2017 ergibt sich zwar, dass die Dokumente inzwischen aus dem Irak angekommen und übersetzt worden seien und am 23.05.2017 ein weiterer Termin beim Standesamt ansteht. Aus diesem Vortrag kann jedoch nicht entnommen werden, dass die Eheschließung unmittelbar bevorsteht. Insbesondere fehlt es an einer Bestätigung des Standesamts, dass alle erforderlichen Dokumente ordnungsgemäß vorgelegt wurden, so dass die Eheschließung unmittelbar bevorsteht bzw. unmittelbar möglich ist. Im Übrigen kann der Kläger durch eine freiwillige Ausreise dem Wiedereinreiseverbot entgehen (VG München, U.v. 19.05.2016 – M 23 K 14.31121 – juris).
b) Selbst wenn man den (Hilfs-) Antrag im obigen Sinne (Verpflichtung der Beklagten auf Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots „auf Null“) auslegen könnte und würde, bleibt die Klage erfolglos.
Zum einen kann der Kläger einen derartigen Anspruch nicht auf § 11 Abs. 2 AufenthG stützen, da mit § 11 Abs. 4 AufenthG eine Spezialregelung geschaffen wurde, über deren Voraussetzungen jedoch die Ausländerbehörde entscheidet (OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 28.04.2017 – OVG 11 N 163.16 – juris).
Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass das behördliche Ermessen insoweit auf Null reduziert ist, so dass kein diesbezüglicher Anspruch des Klägers vorliegt. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zu § 11 Abs. 4 AufenthG verwiesen.
Im Übrigen weist das Gericht auch in diesem Zusammenhang den Vortrag der beabsichtigten Eheschließung als verspätet zurück. Insoweit wird zunächst auf die vorstehenden Ausführungen zu § 74 Abs. 2 Satz 2 AsylG i. V. m. § 87b Abs. 3 VwGO Bezug genommen. Der Kläger hat offensichtlich spätestens seit der Vorsprache am 03.03.2017 beim Standesamt … die Eheschließung geplant. Es ist kein Grund ersichtlich, warum dies nicht früher ins Verfahren eingeführt wurde. Weitere Ermittlungen des Gerichts im Hinblick auf die Absicht der Eheschließung bzw. deren Ernsthaftigkeit würden die Erledigung des Rechtsstreits verzögern. Das Gericht macht daher auch insoweit von seinem Ermessen Gebrauch und weist das Vorbringen gem. § 74 Abs. 2 AsylG i. V. m. § 87b Abs. 3 VwGO als verspätet zurück.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.