Aktenzeichen Au 1 E 20.1435
Leitsatz
Der gesetzliche Ausschlussgrund des § 60c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG greift ein, wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung konkrete Vorbereitungsmaßnahmen zur Abschiebung des Antragstellers eingeleitet worden sind, bei denen auch nicht von vornherein absehbar war, dass diese nicht zum Erfolg führen. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Antragsteller, ein afghanischer Staatsangehöriger, begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners, ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG zu erteilen, hilfsweise, ihm eine Beschäftigungserlaubnis für die Aufnahme einer Ausbildung zu erteilen.
Er reiste im Oktober 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 13. Oktober 2017 vollumfänglich ablehnte. Die hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 28. Mai 2019 ab (Au 8 K 17.35070). Das Urteil ist seit dem 18. Juli 2019 rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 14. August 2019 übersandte die Zentrale Ausländerbehörde … der Regierung von … (ZAB …) dem Landesamt für Asyl und Rückführungen den Antrag auf „Transit Pass for Returning to Afghanistan“. Der Antragsteller beantragte zudem am 15. August 2019 beim Afghanischen Generalkonsulat die Ausstellung eines Reisepasses.
Seit dem 13. August 2019 erhielt der Antragsteller jeweils befristete Duldungen, zunächst bis zum 10. Februar 2020. Die zuletzt erteilte Duldung wurde mit dem Stempel „erloschen“ versehen.
Am 23. August 2019 beantragte der Antragsteller bei der ZAB … die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG.
Mit Bescheid der ZAB … vom 13. Dezember 2019 verpflichtete der Antragsgegner den Antragsteller, beim Afghanischen Generalkonsulat am 8. Januar 2020 zum Zwecke der Herkunfts- und Identitätsfeststellung vorzusprechen und dort die erforderlichen Angaben für die Ausstellung eines Reisedokumentes zu machen. Das Landesamt für Asyl und Rückführungen teilte mit E-Mail vom 10. Januar 2020 mit, dass der Antragsteller im Rahmen der Vorsprache beim Afghanischen Generalkonsulat als afghanischer Staatsangehöriger hätte identifiziert werden können und die Ausstellung eines Heimreisescheins jederzeit beantragt werden könne.
Der Antragsteller legte der ZAB … am 16. März 2020 seinen Reisepass vor, der von der ZAB … einbehalten wurde.
Dem Antragsteller wurde ab dem 8. April 2020 wieder eine bis zum 7. Juni 2020 befristete Duldung ausgestellt. Mit Schreiben vom 17. April 2020 teilte die ZAB … dem Bevollmächtigten des Antragstellers mit, dass die Erteilung der Duldung ausschließlich aufgrund der Einschränkungen der Rückkehr- und Rückführungsmöglichkeiten durch die Corona-Krise erfolgt sei. Die eingeleiteten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen blieben ausdrücklich bestehen.
Den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 11. Mai 2020 ab, weil der Lebensunterhalt des Antragstellers nicht gesichert sei. Da der Antragsteller sich weder in einer schulischen, noch in einer beruflichen Ausbildung befinde, könne von der Sicherung des Lebensunterhalts auch nicht abgesehen werden.
Am 2. Juni 2020 ließ der Antragsteller Klage erheben, mit der er u.a. die Aufhebung des Bescheids vom 11. Mai 2020 sowie die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG begehrt.
Am 23. Juni 2020 ließ der Antragsteller beim Antragsgegner einen Ausbildungsvertrag für eine Ausbildung als Verkäufer vorlegen. Dem Ausbildungsvertrag ist zu entnehmen, dass die Ausbildung zum 1. August 2020 beginnen sollte.
Mit Schreiben vom 17. Juli 2020 übersandte der Antragsgegner dem Antragsteller eine bis zum 30. September 2020 gültige Duldung und wies in seinem Schreiben abermals darauf hin, dass die Erteilung der Duldung ausschließlich aufgrund der Einschränkungen der Rückkehr- und Rückführungsmöglichkeiten durch die Corona-Krise (Einreisesperren, fehlende Flugverbindungen) erfolge. Anderweitige Duldungsgründe seien nicht ersichtlich. Die eingeleiteten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen blieben ausdrücklich bestehen.
Mit Schriftsatz vom 3. August 2020 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers für diesen beim Antragsgegner die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis.
Mit Bescheid vom 12. August 2020 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Ausübung einer Beschäftigung im Rahmen einer Ausbildung als Verkäufer im … ab. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nicht in Betracht komme, weil kein Duldungsgrund gegeben sei.
Mit Schriftsatz vom 18. August 2020 ließ der Antragsteller einen Eilantrag erheben. Die besonderen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis lägen vor. Ein Anordnungsgrund sei gegeben. Der Antragsteller habe die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis zum Zwecke der Aufnahme einer Ausbildung als Verkäufer mit nochmaligem Antrag vom 3. August 2020 beim Antragsgegner beantragt. Dieser Antrag sei am 17. August 2020 abgelehnt worden. Die oben genannte Ausbildung hätte laut Arbeitsvertrag grundsätzlich am 1. August 2020 beginnen sollen. Aufgrund der bis dahin fehlenden Beschäftigungserlaubnis habe der Beginn der Ausbildung nach Rücksprache mit dem potentiellen Arbeitgeber auf den 1. September 2020 verschoben werden können. Sollte die Aufenthaltserlaubnis oder zumindest die entsprechende Beschäftigungserlaubnis nicht erteilt werden, drohe dem Antragsteller ein nicht mehr änderbarer Zustand. Es drohe der Arbeitsplatzverlust.
Einem dem Eilantrag beigefügten Schreiben des Arbeitgebers ist zu entnehmen, dass dieser den Ausbildungsplatz anderweitig vergeben wolle, wenn der Antragsteller seine Ausbildung nicht zum 1. September 2020 beginnen könne.
Der Antragsteller beantragt,
I. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller die Aufenthaltserlaubnis gem. § 25a AufenthG zu erteilen.
II. Der Antragsgegner wird hilfsweise verpflichtet, dem Antragsteller die Beschäftigungserlaubnis für die Ausbildung als Verkäufer im … zu erteilen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antrag auf Verpflichtung zur Erteilung eines Aufenthaltstitels im Wege des Eilrechtsschutzverfahrens sei bereits unzulässig, weil eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gegeben sei. Das Gericht könne im Rahmen eines Eilrechtsschutzverfahrens grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht in vollem Umfang das gewähren, was er in der Hauptsache geltend mache. Der Antrag auf vorübergehende Erteilung der Beschäftigungserlaubnis im Rahmen einer Berufsausbildung zum Verkäufer sei unbegründet. Der Antragsteller könne keinen Anordnungsanspruch glaubhaft machen. Er habe keinen Anspruch auf die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis auf Grundlage der Erteilung einer Ausbildungsduldung. Es liege der gesetzliche Ausschlussgrund des § 60c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG vor. Zum Zeitpunkt der Antragstellung hätten konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorgestanden. Beim Antragsteller sei ein Verfahren zur Beschaffung eines Passersatzpapiers eingeleitet worden. Nach der Vorführung des Antragstellers beim Afghanischen Generalkonsulat am 10. Januar 2020 sei mitgeteilt worden, dass der Antragsteller als afghanischer Staatsangehöriger identifiziert worden sei und jederzeit ein Heimreiseschein für ihn beantragt werden könne. Die Erteilung einer Ausbildungsduldung sei erst unter Vorlage eines Berufsausbildungsvertrages im Juni 2020 beantragt worden, mithin erst nach Einleitung des Verfahrens über die Ausstellung eines Passersatzpapiers. Die konkreten Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung stünden auch in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer Abschiebung. Zwar seien die Sammelrückführungen nach Afghanistan aufgrund der anhaltenden Reisebeschränkungen durch die Corona-Pandemie noch für die Monate August und September 2020 ausgesetzt. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat habe jedoch mitgeteilt, dass die Aufnahme der Sammelabschiebungsmaßnahmen noch für Herbst 2020 geplant sei. Mangels Ausbildungsduldung könne auch auf dieser Grundlage keine Beschäftigungserlaubnis erteilt werden.
Auf das Vorbringen des Antragsgegners erwiderte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Telefax vom 25. August 2020. Der Antragsgegner verkenne die Ausnahmemöglichkeit vom Grundsatz des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache. Vorliegend sei aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes eine solche Ausnahme gegeben. Aufgrund des von dem Ausbildungsbetrieb ausnahmsweise verschobenen Beginns der Ausbildung würde ein Abwarten bis zu der Hauptsacheentscheidung im Verfahren auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis schwere und nicht wieder rückgängig machbare Nachteile für den Antragsteller bedeuten. Er würde nach Afghanistan abgeschoben werden, wo er ohne Eltern und Angehörige keine Perspektive auf ein sicheres Leben mehr hätte. Die bereits festgestellte Suizidalität würde sich aufgrund der Ausweglosigkeit realisieren. Ohne Beschäftigungserlaubnis könne e die ihm zugesagte Ausbildung nicht beginnen, womit die Grundlage für seinen Aufenthalt in de Bundesrepublik gänzlich vereitelt wäre. Vergleichbar konkrete Vorbereitungsmaßnahmen zu Abschiebung des Antragstellers seien nicht eingeleitet worden. Ein Passersatzpapier sei ausweislich de eigenen Bekundungen nicht beantragt worden. De Antragsgegner habe selbst ausgeführt, dass bloß die Möglichkeit bestanden habe, einen solchen Antrag zu stellen. Auch sei es unzutreffend, dass ein zeitliche Zusammenhang zu Aufenthaltsbeendigung bestehe. Es sei weder ersichtlich noch absehbar gewesen, ob und wann angesichts des fehlenden Passersatzantrags eine Abschiebung stattfinden sollte. De Hinweis auf etwaige Abschiebeflüge nach Afghanistan im Herbst 2020 sei derart pauschal, dass er mitnichten den gesetzlichen Anforderungen und der Rechtsprechung genüge. Ob und wann eine Abschiebung nach Afghanistan stattfinden werde und ob der Antragsteller dazugehöre, könne an dieser Stelle mit Sicherheit noch nicht vorhergesagt werden, weil das Bundesministerium ausweislich der Ausführungen des Antragsgegners gerade nicht konkrete Abschiebetermine benannt habe. De Antragstelle habe zudem einen Anspruch auf Beschäftigungserlaubnis aus § 4 Abs. 3 Satz 3 AufenthG i.V.m. § 32 BeschV. Das Ermessen sei vom Antragsgegner schlichtweg in nicht rechtmäßiger Weise ausgeübt worden. Das Ermessen der Behörde sei vorliegend auf Null reduziert, sodass dem Antragstelle die Beschäftigungserlaubnis zu erteilen sei.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die Anträge haben keinen Erfolg. Der Hauptantrag ist schon unzulässig, der Hilfsantrag ist unbegründet.
1. Gegenstand des Eilverfahrens ist die vom Antragsteller im Hauptantrag begehrte Verpflichtung des Antragsgegners, ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG zu erteilen. Mit seinem Hilfsantrag begehrt der Antragsteller die Verpflichtung des Antragsgegners, ihm eine Beschäftigungserlaubnis zu erteilen. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Eilantrags wird darüber hinaus nicht auch die Erteilung einer Ausbildungsduldung begehrt. Eine dem Wortlaut widersprechende Auslegung des Antrags ist angesichts der anwaltschaftlichen Vertretung des Antragstellers nicht möglich.
2. Soweit der Antragsteller mit seinem Hauptantrag die Verpflichtung des Antragsgegners, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, begehrt, ist der Eilantrag bereits unzulässig. Zum einen zielt der Antrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, weil der Kläger mit seinem Eilantrag letztlich den gleichen Gegenstand wie mit der von ihm erhobenen Klage begehrt. Zum anderen wurde auch kein Anordnungsgrund im Sinne einer Eilbedürftigkeit geltend gemacht. Die Eilbedürftigkeit ergibt sich schließlich nicht aus dem drohenden Verlust des Ausbildungsplatzes, weil hierfür die begehrte einstweilige Anordnung nicht erforderlich ist. Denn mit dem zugleich erhobenen Hilfsantrag des Antragstellers lässt sich der drohende Verlust des Ausbildungsplatzes in gleicher Weise abwenden.
3. Der Hilfsantrag ist zulässig, insbesondere steht der begehrten Verpflichtung des Antragsgegners im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht ebenfalls entgegen, dass möglicherweise die Hauptsache (zum Teil) vorweggenommen wird.
Eine solche Vorwegnahme der Hauptsache liegt vor, wenn die Entscheidung und ihre Folgen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen auch nach der Hauptsacheentscheidung nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gilt das Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsache nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes notwendig ist, d.h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären.
So liegt der Fall hier. Ein weiteres Zuwarten hätte zur Folge, dass der Antragsteller seine Ausbildung nicht beginnen könnte. Er würde unter Zugrundelegung der Angaben des Arbeitgebers seinen Berufsausbildungsplatz aller Voraussicht nach verlieren (siehe hierzu VGH Hessen, B.v. 15.2.2018 – 3 B 2137/17). Hinzu kommt, dass dann, sollte der Antragsteller in der Hauptsache erfolglos bleiben, die möglicherweise begonnene Ausbildung alsbald wieder beendet werden könnte.
4. Der Hilfsantrag ist jedoch unbegründet.
Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist dann begründet, wenn aufgrund einer summarischen Prüfung der in § 123 Abs. 1 VwGO genannten Voraussetzungen grundsätzlich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds spricht (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, Rn. 23 zu § 123 VwGO).
a) Ein Anordnungsgrund ist hinsichtlich des Antrags auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung einer (zumindest vorläufigen) Beschäftigungserlaubnis gegeben. Der Antragsteller hat (noch) die Möglichkeit, eine Ausbildung zum Verkäufer zu beginnen. Diese Möglichkeit besteht nach den Angaben des Arbeitgebers aber nur noch bis zum 1. September 2020. Es ist daher davon auszugehen, dass sie, sollte der Antragsteller das Hauptsacheverfahren abwarten müssen, dann nicht mehr zur Verfügung stünde.
b) Dem Antragsteller steht aber kein Anordnungsanspruch zur Seite. Er hat nach der hier nur möglichen summarischen Prüfung keinen Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis.
Ein Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis in Verbindung mit einem Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG besteht aller Voraussicht nach nicht. Im Fall des Antragstellers steht der Ausschlussgrund des § 60c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG einer Erteilung entgegen.
aa) Zwar ist gemäß § 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Nr. 1a AufenthG eine Ausbildungsduldung zu erteilen, wenn der Ausländer in Deutschland im Besitz einer Duldung nach § 60a AufenthG ist und er eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf aufnimmt. Dies ist beim Antragsteller der Fall. Aus dem der ZAB … im Juni 2020 vorgelegten Berufsausbildungsvertrag ergibt sich die Absicht des Antragstellers, eine qualifizierte Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf aufzunehmen. Darüber hinaus ist er derzeit noch im Besitz einer Duldung.
bb) Allerdings liegt aller Voraussicht nach der gesetzliche Ausschlussgrund des § 60c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG vor. Nach dieser Vorschrift wird die Ausbildungsduldung nicht erteilt, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung, die in einem hinreichenden sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zur Aufenthaltsbeendigung stehen, bevorstehen. Diese Maßnahmen stehen nach lit. d) auch bevor, wenn den lit. a) bis c) sowie e) vergleichbar konkrete Vorbereitungsmaßnahmen zur Abschiebung des Ausländers eingeleitet wurden, es sei denn, es ist von vornherein absehbar, dass diese nicht zum Erfolg führen. Es kann dahingestellt bleiben, ob nach Inkrafttreten des § 60c AufenthG zum 1. Januar 2020 die bisherige Rechtsprechung zur alten Rechtslage, wonach eine konkrete Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung bereits bei der Stellung eines Antrags auf Beschaffung eines Passersatzpapieres vorliegt, uneingeschränkt aufrechterhalten bleiben kann (vgl. hierzu zweifelnd BayVGH, B.v. 28.2.2020 – 10 C 20.32 – juris Rn. 17). Denn im vorliegenden Einzelfall sind unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung konkrete Vorbereitungsmaßnahmen zur Abschiebung des Antragstellers eingeleitet worden, bei denen auch nicht von vornherein absehbar war, dass diese nicht zum Erfolg führen. So hat der Antragsgegner nicht nur einen Antrag auf Ausstellung eines Passersatzpapiers gestellt, sondern den Antragsteller auch dazu veranlasst, beim Afghanischen Generalkonsulat vorzusprechen und dort einen Reisepass zu beantragen. Zudem hat der Antragsgegner sich im Anschluss den ausgestellten Reisepass vorlegen lassen und ihn zur Durchführung der beabsichtigten Abschiebung in Verwahrung genommen. Zugleich hat er den Antragsteller mehrmals darauf hingewiesen, dass die in der Folge erteilten Duldungen allein auf dem Umstand beruhten, dass wegen der Corona-Pandemie aufgrund der Einschränkungen der Rückkehr- und Rückführungsmöglichkeiten eine Abschiebung nicht durchgeführt werden könne. Die eingeleiteten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen blieben ausdrücklich bestehen. Der nach dem Gesetz erforderliche sachliche und zeitliche Zusammenhang zwischen den zum Zeitpunkt der Antragstellung erfolgten konkreten Maßnahmen und der beabsichtigten Aufenthaltsbeendigung ist unabhängig von der Frage, ob der Antrag bereits im Juni 2020 mit der Vorlage des Ausbildungsvertrags als gestellt anzusehen ist oder erst durch den ausdrücklichen Antrag seines Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 3. August 2020 erfolgt ist, ebenfalls gegeben. Denn sowohl im Juni 2020 als auch im August 2020 waren die oben dargestellten konkreten Vorbereitungsmaßnahmen zur Abschiebung des Antragstellers eingeleitet worden, die in einem hinreichenden sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zur Aufenthaltsbeendigung stehen. Denn dass der Antragsgegner die beabsichtigte Abschiebung noch nicht vollzogen hat, liegt – wie der Antragsgegner mehrfach betonte – allein an den besonderen Umständen der Corona-Pandemie. Die inzwischen verstrichene Zeit hat den zeitlichen Zusammenhang der konkreten Vorbereitungsmaßnahmen zur Abschiebung jedenfalls noch nicht durchbrochen. Zwar sind zwischen den erfolgten Maßnahmen bereits wenige Monate vergangen. Allerdings beabsichtigt der Antragsgegner, die Abschiebung zeitnah durchzuführen. Dass dies auch nicht unrealistisch ist, hat der Antragsgegner nachvollziehbar ausgeführt. Unter Bezugnahme auf eine Mitteilung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat zur aktuellen Lagefortschreibung führte der Antragsgegner aus, dass die Aufnahme der Sammelabschiebungsmaßnahmen noch für Herbst 2020 geplant sei.
c) Dem Antragsteller steht ebenfalls kein Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis aus § 4a AufenthG i.V.m. § 32 BeschV zu. Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null bestehen – auch angesichts der Ausführungen unter 4. b) – nicht.
5. Die Kostenentscheidung für das gerichtliche Verfahren folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterlegender Teil hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen.
6. Die Festsetzung des Streitwerts folgt hinsichtlich der begehrten Aufenthaltserlaubnis den Vorgaben des § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. den Ziffern 1.5 und 8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Im Hinblick auf die mit dem Hilfsantrag begehrte Beschäftigungserlaubnis folgt die Festsetzung des Streitwerts den Vorgaben der §§ 52 Abs. 2 und 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Die Kammer hat sich dabei ebenfalls an den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert und ist angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung einer Beschäftigungserlaubnis für das Hauptsacheverfahren vom vollen Auffangwert ausgegangen. Diesen hat sie unter Berücksichtigung der Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs auf die Hälfte reduziert, da der Eilantrag der Sache nach nur auf eine vorläufige Erteilung der Beschäftigungserlaubnis bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren über die begehrte Aufenthaltserlaubnis und nicht für den gesamten Zeitraum der Ausbildung gerichtet ist. Die für den Haupt- sowie den Hilfsantrag ermittelten Werte wurden addiert (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.1.4 des Streitwertkatalogs).
7. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen.
Nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat – wie bereits unter Ziffern 1 – 4 dargestellt – keine hinreichenden Erfolgsaussichten.