Aktenzeichen 12 C 16.65
SGB I SGB I § 60 Abs. 1 S. 1, § 66
BGB BGB § 528, § 534
ZPO ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
1 Aus anrechnungsfreiem Einkommen gebildetes Vermögen ist als Vermögen iSd § 25f Abs. 1 S. 1, S. 2 BVG zu berücksichtigen, wenn es sich nicht um anrechnungsfreien Schonvermögen handelt. (redaktioneller Leitsatz)
2 Schenkungsrückforderungsansprüche nach § 538 BGB gehören zum für die Aufbringung von Heimkosten zu berücksichtigenden Vermögen (ebenso VG Aachen BeckRS 2011, 56582). (redaktioneller Leitsatz)
3 Zur Prüfung eines solchen Rückforderungsanspruchs besteht gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I die Pflicht zur Auskunftserteilung über die Verwendung des Vermögens sowie etwaige Umstände einer Schenkung. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
18 S 15.4646 2015-11-25 Bes VGMUENCHEN VG München
Tenor
Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung wird zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung ist unbegründet. Denn auch gemessen am spezifisch prozesskostenhilferechtlichen Erfolgsmaßstab fehlen dem Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Bescheide des Antragsgegners vom 18. Juni 2015 und 12. August 2015 die nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten.
Entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten der Antragstellerin erweist sich der Widerruf der der Antragstellerin im Wege der Übernahme ungedeckter Heimkosten gewährten Hilfe zur Pflege nach § 26c des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz – BVG) voraussichtlich als rechtmäßig.
Leistungen nach § 26c BVG werden nicht unabhängig von Einkommen und Vermögen des Versorgungsempfängers gewährt. Vielmehr sind nach § 25a Abs. 1 BVG auf derartige Kriegsopferfürsorgeleistungen eigenes Einkommen und Vermögen anzurechnen. Während sowohl die Grundrente der Antragstellerin wie auch die ihr gewährten Kindererziehungsleistungen nach § 299 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) als Einkommen anrechnungsfrei bleiben, gilt dies nach § 25f Abs. 1 Satz 1, 2 BVG für aus anrechnungsfreiem Einkommen gebildetes Vermögen – vorbehaltlich eines ebenfalls anrechnungsfreien Schonvermögens – ausdrücklich nicht (vgl. hierzu ausführlich SG Braunschweig, U. v. 19.9.2014 – S 32 SO 198/12 – juris Rn. 34 ff.). Verschenkt etwa ein Versorgungsempfänger Teile seiner Grundrente an Dritte, rechnen – wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat – hieraus möglicherweise resultierende Schenkungsrückforderungsansprüche nach § 528 BGB zum für die Aufbringung von Heimkosten zu berücksichtigenden Vermögen (vgl. VG Aachen, U. v. 15.11.2011 – 2 K 748/10 – juris Rn. 18 ff.). Weiterhin unterfällt der Schenkungsrückforderungsanspruch auch nicht dem anrechnungsfreien Schonvermögen nach § 25f BVG (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 13.12.2007 – 16 A 3391/06 – FEVS 59, 50 3ff. Leitsatz 2; VG Aachen a. a. O. Rn. 25). Die pauschale Einlassung der Bevollmächtigten der Antragstellerin in der Antragsbegründung vom 16. Oktober 2015, Schenkungsrückforderungen könne es im laufenden Leistungsbezug nicht geben, ist daher unzutreffend.
Ob ein dem Vermögen zuzurechnender Schenkungsrückforderungsanspruch tatsächlich besteht oder möglicherweise eine nach § 534 BGB nicht rückforderbare Anstandsschenkung vorliegt, setzt indes die Kenntnis der näheren Umstände der Schenkung voraus. Mithin besteht seitens des Antraggegners bereits zur Prüfung, ob Schenkungsrückforderungsansprüche als einsetzbares Vermögen bestehen, die Notwendigkeit der Auskunftserteilung über die Verwendung der als anrechnungsfreies Einkommen bezogenen Beschädigtengrundrente und der Kindererziehungsleistungen der Antragstellerin. Es handelt sich dabei offensichtlich um Tatsachen, die für die Leistung erheblich sind und über die der Antragsgegner daher nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) von der Antragstellerin Auskunft verlangen darf. Der Einwand der Bevollmächtigten der Antragstellerin in der Beschwerdeschrift, möglicherweise seien von der Antragstellerin aus den genannten Einkünften nicht rückforderbare Anstandsschenkungen getätigt worden, tangiert den Auskunftsanspruch über die Mittelverwendung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I daher bereits deshalb nicht, weil die Auskunftserteilung erst die Prüfung des Vorliegens eines Anstandsschenkung ermöglicht. Im Übrigen entbehrt die Beschwerdebegründung jeglicher Hinweise auf das Vorliegen von Anstandsschenkungen auf Seiten der Antragstellerin (zu den Voraussetzungen der Annahme einer Anstandsschenkung vgl. Staudinger/Tiziana J. Chiusi (2013) § 534 BGB Rn. 15 ff.).
Kommt dem Antragsgegner ein Auskunftsanspruch zu, den die auskunftsverpflichtete Antragstellerin nicht erfüllt hat, kann er nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen, wenn die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner das ihm insoweit eingeräumte Ermessen fehlerhaft gebraucht hätte sind nicht ersichtlich und von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen.
Angesichts des vorstehend Ausgeführten besitzt der vorläufige Rechtsschutzantrag der Antragstellerin keine hinreichenden Erfolgsaussichten, so dass das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung zutreffend versagt hat. Die Beschwerde war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Einer Kostenentscheidung bedurfte es vorliegend nicht, da nach § 188 Satz 2, 1 VwGO Gerichtskosten in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge nicht erhoben und Kosten im Beschwerdeverfahren über einen Prozesskostenhilfeantrag nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet werden. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.