Aktenzeichen M 16 S 16.30210
GG GG Art. 16a Abs. 3 S. 1
Leitsatz
Zur Ausräumung der gesetzlichen Vermutung, dass in einem sicheren Herkunftsstaat keine allgemeine politische Verfolgung droht (§ 29a Abs. 1 AsylG, Art. 16a Abs. 3 S. 1 GG) ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal stützt. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die in dem Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 28. Januar 2016 enthaltene Abschiebungsandrohung wird angeordnet.
II.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Der am … 1979 geborene Antragsteller ist Staatsangehöriger der Republik Senegal. Am 8. August 2014 stellte er bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag.
Bei seiner Anhörung gemäß § 25 AsylG vor dem Bundesamt am 1. Dezember 2015 gab der Antragsteller im Wesentlichen an, im Jahr 2000 habe ihn die Demokratische Partei Senegal zu einem Repräsentanten der „Jungen Partei“ gekürt. Dies sei in seinem Viertel „…“ gewesen. Ihn hätten nicht die Parteispitze, sondern die Repräsentanten des Viertels auf kommunaler Ebene ernannt. Im Jahr 2000 habe die Partei Wahlen gewonnen, 2007 wieder. Im Vorfeld vor den Wahlen vor 2012 seien diese Wahlen vorbereitet worden. Währenddessen im Jahr 2011, jeder habe den Antragsteller aufgrund seiner politischen Aktivitäten gekannt, sei er zu einem befreundeten Schneider gegangen, um mit ihm über Politik zu sprechen. Als er dort gesessen sei, sei jemand von hinten gekommen und habe ihn mit vier Messerstichen am Kopf verletzt. Er sei zu Boden gefallen. Als er das Bewusstsein wiedererlangt habe, habe ihm jemand den Namen des Mannes und seine Adresse genannt, der ihn so verletzt habe. Er habe den Mann angezeigt. Er wisse nicht, ob er das aus politischen Gründen oder aus persönlichem Hass gemacht habe. Er habe den Mann von früher gekannt. Der Schneider habe den Mann nicht gesehen, er sei gerade bei der Arbeit gewesen. Bevor der Antragsteller den Mann angezeigt habe, sei er drei Monate im Hauptkrankenhaus in … gewesen. Als er aus dem Krankenhaus gekommen sei, habe man ihm gesagt, dass seine Frau und seine Kinder das Haus verlassen hätten. Sie seien nach … gegangen. Die Familie der Ehefrau wohne dort. Seine Ehefrau habe in … gearbeitet und sei am Wochenende bei ihm gewesen. Sie habe nicht gewusst, ob sie noch sicher in dem Haus lebe, weil man ihren Ehemann so verletzt habe. Nachdem der Antragsteller Anzeige erstattet hätte, sei es zu einer Vorladung des Täters gekommen und dieser habe sogar vor der Polizei gesagt, wenn er den Antragsteller finde, sei es sein Tod. Bei der Polizei habe man dem Antragsteller gesagt, dass so ein Täter normalerweise fünf Jahre bekäme. Es sei zu einer Gerichtsverhandlung gekommen, dort sei der Täter mit seinen Eltern erschienen und sei nur zu drei Monaten verurteilt worden. Der Täter sei anwaltlich vertreten gewesen, der Antragsteller nicht. Zu den Gründen der Tat habe er sich immer wieder nur auf Hass berufen. Nachdem der Antragsteller wieder zu Hause gewesen sei und der Täter aus dem Gefängnis gekommen sei, sei er zu ihm gekommen und habe ihn erneut mit dem Tod bedroht. Der Antragsteller hätte ihm nichts angetan gehabt. Er sei wieder zur Polizei gegangen und habe dies angezeigt. Die Polizei habe nichts darauf gesagt und auch nichts gemacht. Die Partei PDS habe die Wahlen verloren und die Partei APR habe gewonnen. Der Antragsteller habe daraufhin Bedrohungen bekommen und habe nicht im Land bleiben können. Der Täter bedrohe ihn weiter und seine Ehefrau. Diese habe die Telefonnummer gewechselt. Der Antragsteller sei dann direkt geflohen. Er sei nach dem Krankenhaus direkt nach … gegangen, weil dort seine Ehefrau gewesen sei. Dadurch habe er seine Arbeit verloren. Seine Ehefrau habe, seitdem er den Senegal verlassen habe, Angst und sei nicht mehr nach … zurückgekehrt. Der Antragsteller habe im Senegal vier Kinder und er habe Sorge, ob alles gut gehe. Auf die Frage, ob er immer nur von dieser einen Person bedroht worden sei, gab der Antragsteller an, der Schneider habe gesagt, es wären vier oder fünf Personen dagestanden. Aber er habe sie nicht erkennen können. Der Täter hätte immerhin gestanden, als er ihn angezeigt habe. Von den anderen Personen sei nicht mehr die Rede gewesen. Die Bedrohungen seien immer nur von der einen Person ausgegangen. Die nächsten Wahlen würden 2019 sein. Der Antragsteller wisse, dass er da nicht zurückkehren könne, das wäre sein Tod. Er denke, dass die Tat politisch motiviert gewesen sei. Der Täter habe zwar immer wieder nur von Hass gesprochen, aber der Antragsteller sei im Senegal wegen seines politischen Engagements bekannt gewesen.
Mit Bescheid vom 28. Januar 2016, zugestellt am 4. Februar 2016, lehnte das Bundesamt sowohl den Antrag auf die Anerkennung als Asylberechtigter (Nr. 2 des Bescheids) als auch den Antrag auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1 des Bescheids) als offensichtlich unbegründet ab. Ebenso wurde der Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes abgelehnt (Nr. 3 des Bescheids). Das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG wurde verneint (Nr. 4 des Bescheids). Der Antragsteller wurde zur Ausreise aufgefordert, die Abschiebung wurde bei nicht fristgerechter Ausreise angedroht (Nr. 5 des Bescheids). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 7 AufenthG wurde auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Nr. 6 des Bescheids), das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet ab dem Tag der Abschiebung auf 30 Monate (Nr. 7 des Bescheids).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller stamme aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne von § 29a Abs. 2 AsylG. Er habe nichts glaubhaft vorgetragen oder vorgelegt, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat in seinem Fall die Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ernsthaften Schadens erfüllt seien. Aus seinem Vorbringen sei weder eine flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlung noch ein flüchtlingsrelevantes Anknüpfungsmerkmal ersichtlich. Im Übrigen liege der vorgetragene Sachverhalt schon mehrere Jahre zurück. Zudem hätte sich der Antragsteller nach der Bedrohung erneut an mögliche innerstaatliche Schutzakteure wenden können. Soweit er sich darauf berufe, er sei von einer Person aufgrund seiner politischen Tätigkeit bedroht und angegriffen worden, lasse sich aus seinen Angaben die Gefahr eines ernsthaften Schadens i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG nicht ableiten. Der Antragsteller habe sein Herkunftsland 2014 verlassen. Die von ihm geschilderten Bedrohungen datierten aus dem Jahr 2011. Somit lägen drei Jahre zwischen dem vermeintlichen Fluchtgrund und der Ausreise. Wenig glaubhaft sei also schon, dass ihm eine konkrete Gefahr drohe. Unabhängig davon könne er sich bei wiederholten Bedrohungen an die zuständigen polizeilichen Behörden wenden, um dort Schutz zu suchen. Ggf. könne er den Bedrohungen, wenn diese wirklich als existenziell wahrgenommen würden, auch durch Wechsel des Wohnorts entgehen. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Es drohe dem Antragsteller im Senegal keine, durch einen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteur verursachte, Folter oder relevante unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. In Bezug auf Gefahren einer Verletzung des Art. 3 EMRK, die individuell durch einen konkret handelnden Täter drohten, sei daher keine andere Bewertung als bei der Prüfung subsidiären Schutzes denkbar. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Senegal führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Auf die Begründung des Bescheids wird im Einzelnen verwiesen.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers am 9. Februar 2016 Klage mit dem Antrag, den Bescheid der Antragsgegnerin aufzuheben. Zudem beantragten sie gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Januar 2016 anzuordnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, der Antragsteller habe unmittelbar nach seinem Anhörungstermin weitere Beweismittel an die Antragsgegnerin geschickt, die sich nicht in der Akte befänden. Der Antragsteller sei Mitglied der Partei PDS gewesen. Es habe massive Auseinandersetzungen mit einem jetzigen Mitglied der oppositionellen Partei APR gegeben. Dieses hab den Antragsteller mit einem Messer attackiert und ihm erhebliche Kopfverletzungen zugefügt. Der Antragsteller sei daraufhin in die Türkei geflohen und dort für zwei Jahre geblieben. Da er gedacht habe, dass sich die Lage wieder entspannt habe, sei er in den Senegal zurückgekehrt. Bereits zwei Tage nach seiner Rückkehr sei er von dem Angreifer angerufen und mit den Worten bedroht worden, wenn er den Antragsteller sehe, bringe er ihn um. Der Antragsteller sei daher erneut geflohen. Der Antragsteller habe zwischenzeitlich erfahren, dass der damalige Angreifer bei der Regierung arbeite und Mitglied der regierenden Partei sei. Der Antragsteller sei im Senegal politisch verfolgt worden. Er sei von einem Mitglied der Regierung körperlich angegriffen, massiv am Kopf verletzt und immer wieder bedroht worden. Hintergrund hierfür sei die politische Betätigung des Antragstellers gewesen. Es drohe ihm immer noch eine konkrete Gefahr. Die Polizeibehörden hätten ihm nicht geholfen. Er könne den Bedrohungen und der konkreten Lebensgefährdung nicht durch einen Wechsel des Wohnorts entgehen. Da der Angreifer bei der Regierung arbeite, wäre es für diesen leicht, den Aufenthaltsort des Antragstellers im Senegal herauszufinden. Die Abschiebungsverbote seien ebenfalls zu Unrecht abgelehnt worden. Der Antragsteller habe eine individuelle Lebensgefährdung geltend gemacht und hierfür auch Nachweise (Bilder, Name des Angreifers) vorgelegt. Sein Leben wäre bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit konkret bedroht. Der Bescheid sei daher aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Klageverfahren M 16 K 16.30209 sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag, die kraft Gesetzes (§ 75 Abs. 1 AsylG) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamts nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen, ist zulässig, insbesondere wurde die Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG gewahrt.
Der Antrag ist auch begründet, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen (vgl. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG).
Gemäß Art. 16a GG, § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz auch zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG offensichtlich nicht besteht – wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht – und ob diese Ablehnung weiterhin Bestand haben kann (BVerfG, B. v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – BVerfGE 67, 43 ff.). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a GG) und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S. v. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.). Dies ist nach ständiger Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen, und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung sich die Abweisung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B. v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – InfAuslR 1993, 196).
An der Rechtmäßigkeit der im vorliegenden Fall vom Bundesamt getroffenen Entscheidungen bestehen hier im maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) derartige ernstliche Zweifel.
Nach § 29a Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG – ein sogenannter sicherer Herkunftsstaat – als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegeben Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Gelingt dem Antragsteller ein solcher Vortrag, greift in seinem Einzelfall die Vermutung des Art. 16a Abs. 3 Satz 2, Halbs. 1 GG nicht; über seinen Asylantrag ist nach den allgemeinen Vorschriften zu befinden. Gelingt ihm dies nicht, verbleibt es bei der verfahrensrechtlichen Folgerung gemäß Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG in Verbindung mit § 29a Abs. 1 AsylG; der Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Zur Ausräumung der Vermutung ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Antragstellers gründet. Dabei kann er freilich seine Furcht vor politischer Verfolgung auch dann auf ein persönliches Verfolgungsschicksal stützen, wenn dieses seine Wurzel in allgemeinen Verhältnissen hat. Die Vermutung ist erst ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muss vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im Allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit des Antragstellers glaubhaft sein. Zur Substantiierung trägt insoweit bei, wenn der Asylbewerber die Beweismittel vorlegt oder benennt, die nach den Umständen von ihm erwartet werden können. Diesen Voraussetzungen wird ein Antragsteller umso schwerer genügen können, je mehr er seine individuelle Verfolgungsfurcht auf allgemeine Verhältnisse gründet, die schon der gesetzlichen Kennzeichnung des Staates als sicherer Herkunftsstaat oder der Aufrechterhaltung dieser Qualifizierung entgegenstehen. Da Inhalt und Reichweite der Vermutung dahin gehen, dass dem Antragsteller in dem gesetzlich als sicher eingestuften Herkunftsstaat keine politische Verfolgung droht, kann sie nur durch einen Vortrag zu individuell drohender politischer Verfolgung ausgeräumt werden (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 – juris Rn. 96 ff.).
Der Antragsteller stammt aus einem sicheren Herkunftsstaat. Senegal ist als solcher im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG in der Anlage II zum AsylG gelistet. Der Vortrag des Antragstellers erfüllt jedoch die Anforderungen zur Erschütterung der Regelvermutung gemäß § 29a Abs. 1 AsylG, Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG. Er hat seine Furcht vor (politischer) Verfolgung mit der Darlegung eines individuellen Verfolgungsschicksals begründet.
Sein Vortrag ist auch in den wesentlichen Punkten substantiiert und schlüssig erfolgt. So hat er auch vorgetragen, sich nach den erfolgten Bedrohungen erneut an die Polizei gewandt zu haben, jedoch ohne Erfolg. Zwar lag der erfolgte Messerangriff bereits einige Jahre zurück, bezüglich der weiteren Bedrohungen erfolgten durch den Antragsteller jedoch keine näheren zeitlichen Angaben und diese wurden bei der Anhörung auch nicht nachgefragt, ebenfalls nicht, wo der Antragsteller sich in der Zwischenzeit aufgehalten hatte. Im Folgenden hat der Antragsteller auch nähere Angaben zur Person des Angreifers gemacht. Das Schreiben des Antragstellers vom 3. Dezember 2015 befindet sich jedoch nicht in der Behördenakte und wurde auch in dem Bescheid nicht erwähnt. Vor dem Hintergrund des konkreten Vortrags des Antragstellers, insbesondere auch in Bezug auf die „Regierungnähe“ des Angreifers ist es auch nicht offensichtlich, dass er ohne weiteres auf internen Schutz im Sinne von § 3e AsylG verwiesen werden könnte. Auch dies bedürfte noch näherer Prüfung.
Wie im aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts ausgeführt wird, sei die Gewaltenteilung in Senegal rechtlich garantiert, in der Praxis könne eine Einflussnahme durch die Exekutive nicht ausgeschlossen werden. Auch die im Verhältnis zum gesellschaftlichen Status niedrigen Gehälter, schlechte Arbeitsbedingungen sowie familiäre Verpflichtungen würden vermuten lassen, dass Richter nicht immer frei von Beeinflussung durch staatliche Stellen oder Privatpersonen seien. Obwohl Richter und Anwälte gut ausgebildet seien und nach strengen Kriterien ausgewählt würden, seien die Justizbehörden personell und materiell so schlecht ausgestattet, dass sie ihre Aufgaben nicht immer angemessen und umfassend erfüllen könnten. Die fehlende bzw. unzureichende Ahndung krimineller Delikte werde von vielen internationalen Beobachtern kritisiert (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylVfG vom 21. November 2015, Stand: August 2015, S. 6). Auch diese amtlichen Erkenntnisse stehen daher einer Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Antragstellers nicht grundsätzlich entgegen.
Die nähere Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
…