Verwaltungsrecht

Ausweisung – Keine ausreichende Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe

Aktenzeichen  10 ZB 15.1369

Datum:
11.1.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 100318
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4, § 124a Abs. 4 S. 4
EMRK Art. 8

 

Leitsatz

1. Beim Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils muss der Rechtsmittelführer darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht unrichtig ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln begegnen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Erforderlich für eine Divergenzrüge ist die Darlegung, mit welchem Rechtssatz das Verwaltungsgericht von einem in der Rechtsprechung der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte aufgestellten Rechtssatz abgewichen sein soll. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

12 K 14.5422 2015-02-26 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,– Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz überwiegend erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 21. November 2014 weiter. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte den Kläger aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und eine Wiedereinreisesperre von neun Jahren verhängt. Das Verwaltungsgericht reduzierte die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf sieben Jahre.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; 1.) und der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO; 2.) sind bereits nicht hinreichend dargelegt und liegen zudem nicht vor.
1. Beim Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils muss der Rechtsmittelführer darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht unrichtig ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln begegnen (Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 124a Rn. 206). Diesem Erfordernis wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
Der Kläger verweist lediglich auf die beabsichtigte Eheschließung mit seiner Verlobten und darauf, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts seiner Stellung als faktischer Inländer nach Art. 8 EMRK nicht gerecht werde. Das Erstgericht hat demgegenüber in den Entscheidungsgründen ausdrücklich ausgeführt, dass dem Verlöbnis mit Frau S. keine Schutzwirkung zukomme, da kaum Besuchs- oder Telefonkontakte bestünden. Hierzu verhält sich die Begründung des Zulassungsantrags nicht.
In Bezug auf Art. 8 EMRK hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass dem Kläger trotz seiner Stellung als faktischer Inländer ein Leben in der Türkei zumutbar sei, weil er in ausreichendem Maße türkisch spreche und seine Mutter und seine Schwester in der Türkei lebten. Auch sei die Ausweisung wegen der von ihm ausgehenden immensen Wiederholungsgefahr, seiner kriminellen Vorgeschichte und der zuletzt begangenen schwerwiegenden Delikte verhältnismäßig. Der Hinweis des Klägers darauf, dass seine Straftaten nicht im Bereich der Schwerstkriminalität anzusiedeln seien und er seit 40 Jahren in Deutschland lebe, stellt insoweit kein schlüssiges Gegenargument dar, das den Darlegungsanforderungen für die Begründung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils genügt. Auf die unstreitig wegen seiner kriminellen Vergangenheit und der nicht therapierten Drogensucht bestehende Wiederholungsgefahr ist der Kläger in seinem Zulassungsvorbringen nicht eingegangen.
2. Erforderlich für eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Divergenzrüge ist die Darlegung, mit welchem Rechtssatz das Verwaltungsgericht von einem in der Rechtsprechung der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte aufgestellten Rechtssatz abgewichen sein soll (vgl. Seibert, a. a. O., § 124a Rn. 215). Diesem Erfordernis wird das Zulassungsvorbringen ebenfalls nicht gerecht. Der Kläger verweist lediglich auf jeweils eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (dieser stellt bereits kein Divergenzgericht dar), ohne jedoch den entsprechenden Rechtssatz herauszuarbeiten. Keinesfalls ausreichend ist die pauschale Behauptung, dass die Ausweisung des Klägers mit den genannten Entscheidungen kollidiere (Seibert, a. a. O., Rn. 216).
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 2 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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