Aktenzeichen 21 CS 16.30179
Leitsatz
Eine asylrechtliche Rechtstreitigkeit liegt vor, wenn die angefochtene Maßnahme ihre rechtliche Grundlage im Asylgesetz hat; das ist bei Entscheidungen des Bundesamts, die es in Wahrnehmung der ihm von diesem Gesetz übertragenen Aufgaben getroffen hat, stets der Fall. (redaktioneller Leitsatz)
Bei einer landesinternen Umverteilung eines abgelehnten Asylbewerbers handelt es sich nicht um eine asylrechtliche Streitigkeit, da sie nicht in das durch die Vorschriften der §§ 44 bis 53 AsylG geregelte System der Unterbringung und Verteilung der asylbegehrenden Ausländer eingebettet ist, sondern losgelöst davon allein auf der Grundlage des Aufnahmegesetzes in Verbindung mit der Asyldurchführungsverordnung oder des Aufenthaltsgesetzes (§§ 46, 61 AufenthG) ergeht. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
Au 1 S 16.880 2016-07-12 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg
Tenor
I.
Die Beschwerde wird verworfen.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
IV.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I. Der Antragsteller, ein afghanischer Staatsangehöriger, wendet sich dagegen, dass sein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage abgelehnt wurde, mit der er eine landesinterne Umverteilung angefochten hat.
Nach dem Inhalt der vorgelegten Behördenakte begehrte der Antragsteller am 4. Juni 2013 Asyl. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2013 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Österreich an. Das Verwaltungsgericht Augsburg hat die Klage mit rechtskräftigem Urteil vom 12. Februar 2014 (Au 6 K 13.30522) abgewiesen.
Im Juni 2014 ließ der Antragsteller durch seine Bevollmächtigten die ausdrücklich auf § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG beschränkte Feststellung von Abschiebungshindernissen beantragen. Über diesen Antrag wurde soweit ersichtlich noch nicht entschieden.
Die Regierung von Schwaben bestimmte mit Bescheid vom 30. Mai 2016, dass der Antragsteller, der einer dezentralen Unterkunft in Marktoberdorf zugewiesen war, seinen Wohnsitz ab dem 7. Juni 2016 in der Gemeinschaftsunterkunft Memmingerberg, Landkreis Unterallgäu, zu nehmen hat.
Das Verwaltungsgericht Augsburg hat es mit Beschluss vom 12. Juli 2016 abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der gegen den Zuweisungsbescheid erhobenen Klage anzuordnen.
Der Antragsteller hat gegen den ihm am 18. Juli 2016 zugestellten Beschluss am 1. August Beschwerde eingelegt und Prozesskostenhilfe sowie Anwaltsbeiordnung für das Beschwerdeverfahren beantragt. Die angekündigte Beschwerdebegründung blieb aus.
II. 1. Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb nach § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO zu verwerfen. Sie ist zwar statthaft (1.1), der Antragsteller hat sie jedoch nicht innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO begründet (1.2).
1.1 Die Beschwerde ist nicht nach § 80 AsylG ausgeschlossen. Danach können Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylgesetz vorbehaltlich des hier nicht einschlägigen § 133 Abs. 1 VwGO (Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision) nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts betrifft keine Rechtsstreitigkeit nach dem Asylgesetz.
Eine solche Rechtstreitigkeit liegt vor, wenn die angefochtene Maßnahme ihre rechtliche Grundlage im Asylgesetz hat. Das ist bei Entscheidungen des Bundesamts, die es in Wahrnehmung der ihm von diesem Gesetz übertragenen Aufgaben getroffen hat, stets der Fall. Ob Maßnahmen oder Entscheidungen anderer Behörden ihre rechtliche Grundlage im Asylgesetz haben, ist nach dem Gefüge und dem Sinnzusammenhang der einzelnen Regelungen zu bestimmen (vgl. BVerwG, B. v. 25.9.1997 – 1 C 6.97 – NVwZ 1998, 299/300).
Nach diesem Maßstab ist zwar eine Zuweisungsentscheidung gegenüber einem Ausländer, über dessen Asylantrag noch nicht bestandskräftig entschieden wurde, dem Asylgesetz zuzurechnen ist (vgl. unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung Beschluss des Senats vom 17.10.2016 – 21 C 16.30043). Im Fall des Klägers liegt der Sachverhalt allerdings anders. Eine landesinterne Umverteilung ist hier nicht in das durch die Vorschriften der §§ 44 bis 53 AsylG geregelte System der Unterbringung und Verteilung der asylbegehrenden Ausländer eingebettet. Sie ergeht vielmehr losgelöst davon allein auf der Grundlage des Aufnahmegesetzes in Verbindung mit der Asyldurchführungsverordnung (Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 2 Satz 2, Art. 10 Abs. 1 AufnG, § 9 DVAsyl) oder des Aufenthaltsgesetzes (§§ 46, 61 AufenthG). Denn das Asylverfahren des Klägers ist mit Ablehnung des Asylantrags als unzulässig und der Anordnung der Abschiebung nach Österreich bestandskräftig abgeschlossen und der Kläger unbeschadet seines ausschließlich auf die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG gerichteten bloßen „Folgeschutzgesuchs“ vollziehbar ausreisepflichtig im Sinn des § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG.
1.2 Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie entgegen § 146 Abs. 4 Satz 1 nicht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Beschlusses vom 12. Juli 2017 begründet wurde.
Die Begründungsfrist endete am 18. August 2016, denn der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluss wurde dem Kläger am 18. Juli 2016 zugestellt (§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB). Der Antragsteller hat die Beschwerde weder innerhalb der Frist noch danach begründet.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 VwGO) sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG, wobei der sich so ergebende (Regel-)Streitwert von 5.000,00 Euro in Anlehnung an Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i. d. F. vom 18. Juli 2013 (abgedr. in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, Anhang zu § 164 Rn. 24) halbiert wurde.
4. Nach allem hat der Antragsteller mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Beschwerdeverfahren (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).