Aktenzeichen 9 ZB 19.33175
Leitsatz
Stützt sich das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung auf bestimmte eingeführte Erkenntnismittel, ist erforderlich, dass das Zulassungsvorbringen zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen enthält, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RN 14 K 18.30289 2019-07-11 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 26.2.2019 – 9 ZB 19.30057 – juris Rn. 2 m.w.N.). Dem genügen die aufgeworfene Frage, „ob bekannte homosexuelle Personen (Spitzensportler, enge Mitarbeiter des früheren Präsidenten) bei einer Rückkehr nach Sierra Leone Verfolgungshandlungen ausgesetzt sind“, und das diesbezügliche Zulassungsvorbringen nicht. Es fehlt an der ausreichenden Darlegung der Entscheidungserheblichkeit, aber auch der grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit der Frage.
Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass Homosexualität in Sierra Leone von vielen Teilen der Bevölkerung zwar abgelehnt werde. Es gebe auch ein Gesetz aus der britischen Kolonialzeit aus dem Jahr 1861, das formal nicht außer Kraft gesetzt worden sei und Homosexualität verbiete sowie unter Strafe stelle. Dies genüge jedoch nicht für die Annahme einer Verfolgung, da das Gesetz in der Praxis nicht angewendet werde. Es lägen auch keine Erkenntnisse vor, dass der sierra-leonische Staat gegen kriminelle Handlungen gegenüber Homosexuellen durch Privatpersonen keinen Schutz gewähren würde. Dem Kläger sei zuzumuten, sich bei krimineller Verfolgung an die sierra-leonische Polizei zu wenden. Das Verwaltungsgericht hält die vom Kläger behaupteten Ereignisse nach seiner Ausreise aus Sierra Leone, die Steinigung seines damaligen Lebenspartners und die darauffolgende Bedrohung seiner Familie darüber hinaus für unwahr und der Kläger könne außerdem auf internen Schutz nach § 3e AsylG in anderen Großstädten Sierra Leones verwiesen werden. Letzteres gelte auch, wenn man berücksichtige, dass der Kläger als Tischtennisspieler bereits an Weltmeisterschaften teilgenommen habe und im Laufe seines Lebens für den damaligen Präsidenten von Sierra Leone gearbeitet habe. Daraus sei nicht ein derartiger Bekanntheitsgrad abzuleiten, dass der Kläger überall erkannt und ein Bezug zu seiner Homosexualität hergestellt würde.
Mit alldem setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht näher auseinander und legt auch keine allgemeine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung dar. Soweit im Zulassungsvorbringen ausdrücklich auf Erkenntnisquellen hingewiesen wird, denen das Verwaltungsgericht entnommen habe, dass das formal noch wirksame Strafgesetz aus dem Jahr 1861 nicht angewandt werde, beschränkt sich der Kläger auf den Hinweis, dass die zitierten Erkenntnisquellen dem vorliegenden Sachverhalt wegen der herausgehobenen Stellung des Klägers nicht gerecht würden. Stützt sich das Verwaltungsgericht jedoch – wie hier – bei seiner Entscheidung auf bestimmte eingeführte Erkenntnismittel, ist erforderlich, dass das Zulassungsvorbringen zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen (z. B. Auskünfte, Stellungnahmen, Gutachten, Presseberichte) enthält, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 4.4.2019 – 9 ZB 17.31736 – juris Rn. 7). Letztlich wendet sich der Kläger im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung und Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht. Ein solches Vorbringen ist jedoch kein im Asylverfahrensrecht vorgesehener Zulassungsgrund (vgl. BayVGH, B.v. 17.4.2019 – 9 ZB 19.30847 – juris Rn. 4).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit der nach § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).