Verwaltungsrecht

Berufungszulassungsantrag in asylrechtlicher Streitigkeit – Wahrung der Begründungsfrist

Aktenzeichen  13a ZB 18.30117

Datum:
13.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 25003
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 4 S. 2, S. 4
VwGO § 86 Abs. 1, § 124a Abs. 4 S. 5

 

Leitsatz

Die Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung in einer asylrechtlichen Streitigkeit wird nur gewahrt, wenn die Begründung beim Verwaltungsgericht eingeht. Der Eingang beim Berufungsgericht genügt nicht.  (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 3 K 16.31296 2017-12-19 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das am 22. Dezember 2017 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 19. Dezember 2017 ist bereits unzulässig, weil innerhalb der Antragsfrist beim Verwaltungsgericht keine Zulassungsgründe dargelegt wurden (§ 78 Abs. 4 AsylG).
Der Kläger hat am 9. Januar 2018 beim Verwaltungsgericht unter Ankündigung der Begründung mit gesondertem Schriftsatz die Zulassung der Berufung beantragt. Mit der Antragseingangsmitteilung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Januar 2018 wurde er darauf hingewiesen, dass die Zulassungsgründe innerhalb der Antragsfrist beim Verwaltungsgericht darzulegen sind. Im Schriftsatz vom 22. Januar 2018 an den Verwaltungsgerichtshof, dort per Fax eingegangen am selben Tag, führt der Kläger aus, das rechtliche Gehör sei verletzt worden, weil das Gericht ohne vorherigen Hinweis von seiner Unglaubwürdigkeit ausgehe und deshalb die posttraumatische Belastungsstörung als nicht nachgewiesen ansehe. Ein dahingehender Beweisantrag sei bereits schriftsätzlich angekündigt worden. Hierdurch hätte eine Aufklärung bewirkt werden können.
Nach § 78 Abs. 4 AsylG ist die Zulassung der Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen (Satz 1). Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen (Satz 2). In dem Antrag sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist (Satz 4). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar hat der Kläger innerhalb der Ein-Monats-Frist bei dem Verwaltungsgericht die Zulassung der Berufung beantragt, jedoch in dem Antrag nicht gemäß § 78 Abs. 4 Satz 2 und 4 AsylG die Gründe dargelegt, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Den Zulassungsgrund der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO hat der Kläger nur in seinem Schriftsatz vom 22. Januar 2018 an den Verwaltungsgerichtshof genannt. Das entspricht nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 2 AsylG, der – anders als § 124a Abs. 4 Satz 5 VwGO – den Eingang beim Verwaltungsgericht vorschreibt (BayVGH, B.v. 4.8.2016 – 13a ZB 16.30126 – juris; so auch OVG NW, B.v. 16.11.2017 – 13 A 2517/17.A – juris). Angesichts des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift (anders BayVGH, B.v. 2.1.2018 – 11 ZB 17.31693 – juris) ist die Frist nicht gewahrt, wenn der Antrag beim Berufungsgericht eingeht (so auch Müller in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 78 Rn. 13 AsylG m.w.N.). In der Antragseingangsmitteilung des Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Januar 2018 ist der Kläger explizit – durch Unterstreichung hervorgehoben – darauf hingewiesen worden, dass die Zulassungsgründe bei dem Verwaltungsgericht darzulegen sind.
Ungeachtet dessen liegt eine unzulässige Überraschungsentscheidung nur vor, wenn das Gericht in seiner Entscheidung auf einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt abstellt, der weder im Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erörtert wurde, auch unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen als fernliegend anzusehen war und damit dem Rechtsstreit eine unerwartete Wendung gab (BVerwG, B.v. 27.7.2015 – 9 B 33.15 – NJW 2015, 3386; B.v. 19.7.2010 – 6 B 20.10 – NVwZ 2011, 372). In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht wurde die Erkrankung des Klägers ausführlich erörtert und die von ihm als Zeugin angebotene Ärztin gehört. Insoweit stützt das Verwaltungsgericht seine Einschätzung nur auf Gesichtspunkte, zu denen der Kläger auf ausdrückliche Nachfrage oder von sich aus Angaben gemacht hat. Soweit der Kläger auf den schriftsätzlich angekündigten weiteren Beweisantrag zur Einholung eines Gutachtens verweist, stellt dieses Begehren in der Klagebegründung, wenn es in der mündlichen Verhandlung nicht wahrgemacht wird, eine bloße Anregung dar, in der gewünschten Weise im Rahmen der gerichtlichen Pflicht zur Sachaufklärung nach § 86 Abs. 1 VwGO zu ermitteln. Demgemäß käme eine Verletzung des Rechts aus Art. 103 Abs. 1 GG nur in Betracht, soweit das Gericht die Beweisanregung nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hätte oder ihr nicht gefolgt wäre, obwohl sich dies hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B.v. 4.3.2014 – 3 B 60.13 – juris). Hierfür bestehen keinerlei Anhaltspunkte, zumal sich das Verwaltungsgericht mit dem Vortrag des Klägers zu einer psychischen Erkrankung umfangreich auseinandergesetzt hat. Letztlich rügt der Kläger auch nicht, dass er mit seinem Vorbringen nicht gehört worden wäre, sondern er wendet sich gegen die ausführliche tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung (UA S. 6 ff.). Mit der Kritik daran kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör jedoch grundsätzlich nicht begründet werden (BVerfG, B.v. 19.7.1967 – 2 BvR 639/66 – BVerfGE 22, 267/273; BVerwG, B.v. 30.7.2014 – 5 B 25.14 – juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

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