Verwaltungsrecht

Beschwerde gegen Entscheidung im Auswahlverfahren um einen Dienstposten

Aktenzeichen  6 CE 16.187

Datum:
4.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 46010
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 II GG
BLV 2002 §§ 33, 33a, 33b

 

Leitsatz

Es besteht kein Anspruch auf vorläufige Zulassung auf einen zum Aufstieg vorgesehenen Dienstposten bei noch ausstehender Wiederholung der mündlichen Prüfung im Auswahlverfahren zum Praxisaufstieg wegen fehlerhafter Besetzung der Prüfungskommission. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 11 E 15.2108 2016-01-07 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 7. Januar 2016 – AN 11 E 15.2108 – wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin steht als Zollhauptsekretärin (Besoldungsgruppe A 8) im Dienst der Antragsgegnerin. Sie bewarb sich um den Praxisaufstieg in den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst der Zollverwaltung zum 1. August 2015, der vom Dienstherrn in Anwendung der Übergangsregelung des § 54 Abs. 2 BLV 2009 nach Maßgabe der §§ 33 bis 33b BLV 2002 angeboten wurde (Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 1.12.2012 GZ III A 4 – P 1469/11/10003 DOK 2012/0698855). Nachdem zwar der schriftliche, nicht aber der mündliche Teil als bestanden gewertet worden war, teilte ihr das Hauptzollamt N. mit Schreiben vom 19. Mai 2015 mit, dass sie am Auswahlverfahren ohne Erfolg teilgenommen habe und ihre Bewerbung deshalb nicht berücksichtigt werden könne. Die Antragstellerin legte hiergegen Widerspruch ein. Auf ihren Antrag untersagte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. September 2015 – AN 11 E 15.1157 – der Antragsgegnerin im Weg der einstweiligen Anordnung, eine Stelle in der Laufbahnausbildung zur Übernahme in den gehobenen nichttechnischen Dienst der Bundeszollverwaltung nach dem Auswahlverfahren für die Zulassung zum Praxisaufstieg zum 1. August 2015 bis zur bestands- und rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch mit anderen Bewerbern zu besetzen. Es ging davon aus, dass die Auswahlkommission bei der mündlichen Prüfung fehlerhaft besetzt gewesen sei und die Antragstellerin einen Anspruch auf Wiederholung der mündlichen Prüfung habe. Daraufhin half die Antragsgegnerin dem Widerspruch mit Bescheid der Bundesfinanzdirektion Südost vom 26. Oktober 2015 ab; sie hob den Bescheid vom 19. Mai 2015 auf und räumte der Antragstellerin (und allen von dem Verfahrensfehler betroffenen, nicht zum Aufstieg zugelassenen Bewerbern) die Gelegenheit ein, das mündliche Auswahlverfahren zu wiederholen. Die Antragstellerin hielt dem mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 30. Oktober 2015 entgegen, es handele sich nur um eine Teilabhilfe, weil sie in erster Linie nicht die Wiederholung der Prüfung, sondern die Zulassung zum Praxisaufstieg begehre.
Am 2. November 2015 begehrte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, der Antragsgegnerin aufzugeben, die frei gehaltene Stelle in der Einführung zur Laufbahnausbildung bis zur bestands- und rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch der Antragstellerin mit der Antragstellerin vorläufig zu besetzen. Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 7. Januar 2016 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Antragstellerin habe insofern keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ihr Bewerbungsverfahrensanspruch sei durch den Beschluss vom 15. September 2015 hinreichend gesichert. Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf vorläufige Besetzung habe die Antragstellerin nicht.
Die Antragstellerin hat hiergegen Beschwerde eingelegt, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt und hilfsweise unter Hinweis auf die inzwischen erfolgte anderweitige Besetzung der Stelle beantragt, der Antragsgegnerin weiter aufzugeben, die erfolgte Übertragung der Stelle unverzüglich rückgängig zu machen und die Stelle nicht erneut zu übertragen, bis über die Bewerbung der Antragstellerin für diesen Dienstposten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist. Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet.
Die Gründe, die mit der Beschwerde fristgerecht dargelegt worden sind und auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 i. V. m. Satz 1 und 3 VwGO), rechtfertigen es nicht, dem mit dem Rechtsmittel weiterverfolgten Antrag zu entsprechen. Die Antragstellerin kann nicht beanspruchen, vorläufig zum Praxisaufstieg in den gehobenen Dienst nach dem Auswahlverfahren zum 1. August 2015 auf einer entsprechenden Stelle zugelassen zu werden. Deshalb bleibt das Rechtsschutzbegehren in Haupt- und Hilfsantrag ohne Erfolg.
Allerdings hat die Antragsgegnerin, wie das Verwaltungsgericht im vorangegangenen einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit Beschluss vom 15. September 2015 entschieden hat, durch die Ausgestaltung der mündlichen Prüfung im Auswahlverfahren den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt (vgl. BVerwG, U. v. 26.9.2012 – 2 C 74.10 – BVerwGE 144, 186 zur Geltung des Leistungsgrundsatzes für den Zugang zu einer Ausbildung, deren erfolgreicher Abschluss erst die Voraussetzung für die Zulassung zu einem Laufbahnaufstieg ist). Denn die Auswahlkommission war bei der mündlichen Prüfung der Antragstellerin nicht ordnungsgemäß besetzt. Im Hauptsacheverfahren kann die Antragstellerin daher mit Aussicht auf Erfolg die Neubescheidung ihrer Bewerbung nach den Übergangsvorschriften (§ 54 Abs. 2 BLV 2009 i. V. m. §§ 33 bis 33b BLV 2002) mit der Maßgabe verlangen, dass sie von einer ordnungsgemäß besetzten Prüfungskommission erneut mündlich geprüft wird. Dieser Anspruch wurde durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. September 2015, mit dem der Antragstellerin vorläufig eine Stelle zum Praxisaufstieg freigehalten wurde, ausreichend gesichert. Es kann dahinstehen, ob der Anspruch auf Neubescheidung inzwischen dadurch erloschen ist, dass die Antragstellerin die ihr von der Antragsgegnerin angebotenen Prüfungstermine nicht wahrgenommen hat. Selbst wenn man zu ihren Gunsten unterstellt, der Anspruch auf Neuverbescheidung bestehe fort, scheidet die nunmehr beantragte weitergehende Sicherung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren durch Zulassung zum Aufstieg in den gehobenen Dienst auf einer entsprechenden Stelle auch mit Blick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus.
Eine Verpflichtung des Dienstherrn, einen Aufstiegsbewerber vorläufig auf dem für den Aufstieg ausgeschriebenen Dienstposten zum Aufstieg zuzulassen, ist zwar in § 123 VwGO nicht ausgeschlossen, auch wenn sie über das hinausgeht, was mit dem Hauptsacherechtsbehelf im Regelfall erreicht werden kann. Sie kommt aber grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn der Dienstherr nicht nur überwiegend wahrscheinlich zur Neubescheidung verpflichtet ist, sondern darüber hinaus auch die Auswahl gerade des um Rechtsschutz nachsuchenden Beamten überwiegend wahrscheinlich erscheint (vgl. Leppek in Lemhöfer/Leppek, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten, § 36 BLV 2009 Rn. 23). Letzteres ist bei der Antragstellerin nicht der Fall. Denn sie hat bislang nicht erfolgreich am Auswahlverfahren teilgenommen. Anders als in der von der Beschwerde angeführten Entscheidung (VGH BW, B. v. 27.3 2014 – 4 S 163/14 – juris Rn. 8) geht es nicht um die Auswahl unter mehreren erfolgreichen Prüfungsteilnehmern. Vielmehr ist ohne erneute – fehlerfreie – mündliche Prüfung durch die Auswahlkommission offen, ob die Antragstellerin überhaupt diese „Hürde“ überwindet und in die engere Auswahl um die begrenzten Stellen für den Praxisaufstieg kommt. In dieser Situation scheidet die vorläufige Zulassung zum Praxisaufstieg aus.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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