Aktenzeichen 20 B 15.30046
Leitsatz
1 Weder das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Asylverfahren noch die Verwaltungsgerichte im Klageverfahren dürfen sich der Verpflichtung entziehen, Feststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewähr subsidiären Schutzes oder ggf. nationalen Abschiebungsschutzes zu treffen (wie BVerwG BeckRS 2014, 49105). Dies schließt eine Sprachanalyse zur Bestimmung des Herkunftslandes eines Asylbewerbers ein. (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in vergleichbaren Fällen somalischer Asylbewerber mittels einer Sprachanalyse die Herkunftsregion ermittelt und erklärt der Asylbewerber sein Einverständnis zur Durchführung einer Sprachanalyse, liegt hierin ein grundsätzlich taugliches und in § 16 I 3, 4 AsylG vorgesehenes Beweismittel. (red. LS Clemens Kurzidem)
Verfahrensgang
AN 2 K 10.30394 2011-08-16 Ent VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
Dem Kläger und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird aufgegeben, zur Bestimmung des Herkunftsstaates und der Herkunftsregion des Klägers eine Sprachanalyse durchzuführen.
Gründe
Das Gericht hat sich um verlässliche Tatsachenfeststellungen zum Herkunftsland des Klägers zu bemühen. Weder Behörde noch das Gericht dürfen sich der Verpflichtung entziehen, Feststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen für subsidiären und erforderlichenfalls von nationalem Abschiebungsschutz zu treffen (vgl. BVerwG, U. v. 13.2.2014 – 10 C 6.13 = NVwZ-RR 2014, 487).
Eine Sprachanalyse bietet sich hier an, da andere Erkenntnismittel nicht ersichtlich sind und die Beklagte die vom Kläger behauptete Herkunft aus Somalia (konkret aus der Ortschaft Qalimow) bestreitet. Denn zur Bestimmung des Herkunftslandes oder der Herkunftsregion des Ausländers kann das gesprochene Wort außerhalb der förmlichen Anhörung des Ausländers auf Ton oder Datenträger aufgezeichnet werden (vgl. § 16 Abs. 1 Satz 3 AsylG). Diese Sprachaufzeichnungen werden beim Bundesamt aufbewahrt (s. § 16 Abs. 1 Satz 5 AsylG).
Eine solche Sprachanalyse ist auch hier das taugliche Mittel, den Herkunftsstaat und die Herkunftsregion des Klägers zu bestimmen. Dem Senat ist aus anderen ihm vorliegenden Verfahren bekannt, dass das Bundesamt bei Schutzsuchenden, welche behaupten, somalische Staatsangehörige zu sein, dergleichen Sprachanalysen durchgeführt hat, welche zu konkreten Ergebnissen geführt haben (vgl. z. B. Berufungsverfahren 20 B 13.30277, BA-Az. 5463722-273, BA-Akte Bl. 72 – 86). Der Kläger hat mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 17. März 2016 seine Bereitschaft erklärt, beim Bundesamt an einer Sprachanalyse mitzuwirken, damit seine Herkunft festgestellt werden kann. Mit diesem ausdrücklichen Einverständnis des Klägers (s. dazu auch § 16 Abs. 1 Satz 4 AsylG) steht der Durchführung der Sprachanalyse durch das dazu berufene Bundesamt (vgl. § 16 Abs. 1 AsylG) nichts mehr entgegen.