Aktenzeichen M 11 E 16.30611
AsylG AsylG § 71 Abs. 5
Leitsatz
Lehnt das Bundesamt die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab und erlässt keine neue Abschiebungsandrohung, so kann der Asylsuchende Rechtsschutz nur im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO erlangen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller stammt aus dem Kosovo und ist albanischer Volkszugehörigkeit. Er stellte am 13. Februar 2015 Asylantrag.
Das Bundesamt … (im Folgenden: Bundesamt) lehnte mit Bescheid vom 5. März 2015 (5912900-150) u. a. den Asylantrag des Antragstellers als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Subsidiärer Schutz wurde nicht zuerkannt. Zudem verneinte das Bundesamt Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG. Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Kosovo oder in einen anderen Staat angedroht, in den der Antragsteller einreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist.
Am 15. März 2016 stellte der Antragsteller zur Niederschrift des Bundesamtes Asylfolgeantrag. Als Begründung gab er an, er wolle in Deutschland arbeiten. Seine Eltern hätten das Haus verkauft. Er habe kein Einkommen.
Mit Bescheid vom 17. März 2016, zugestellt am 23. März 2016, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens sowie den Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 5.3.2015 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG lägen nicht vor. Eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage sei nicht ersichtlich, da der Antragsteller seinen Folgeantrag nicht ausreichend begründet habe.
Seine Gründe habe er im Erstverfahren nennen können.
Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen zu § 60 Abs. 5 bis 7 AufenthG seien im vorliegenden Fall ebenfalls nicht gegeben.
Zur Niederschrift erhob der Antragsteller am 23. März 2016 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München (M 11 K 16.30610) und beantragte gleichzeitig sinngemäß,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Mitteilung gemäß § 71 Abs. 5 AsylG gegenüber der Ausländerbehörde zu unterlassen.
Die Familie habe noch viele Schulden. Er wisse nicht, wohin er zurückkehren könne.
Am 31. März 2016 legte die Antragsgegnerin die Akten vor, ohne einen Antrag zu stellen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Asylakten verwiesen, insbesondere auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides.
II.
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Der vorläufige Rechtsschutz richtet sich hier nach § 123 VwGO. Grundlage für eine Abschiebung des Antragstellers wäre, da der mit der Hauptsacheklage angegriffene Bescheid keine Abschiebungsandrohung enthält (siehe dazu § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG), die fortgeltende bestandskräftige Abschiebungsandrohung aus dem Bescheid vom 5. März 2015 in Verbindung mit der Mitteilung an die für die Antragsteller zuständige Ausländerbehörde nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG.
Bei der vorliegenden Fallgestaltung kann vorläufiger Rechtsschutz mithin nur im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO gewährt werden (vgl. VGH BW, B. v. 2.12.1997 – A 14 S 3104/97 – InfAuslR 1998,193; Funke/Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum AsylVfG, Stand Januar 2014, § 71 Rn. 315 ff. m. w. N.).
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Der zu sichernde Anspruch (Anordnungsanspruch) und dessen Gefährdung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.
Unabhängig vom Bestehen eines Anordnungsgrundes hat der Antragsteller jedenfalls keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Stellt ein Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag, so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Der vorliegende Eilantrag könnte deshalb nur dann Erfolg haben, wenn der Antragsteller glaubhaft gemacht hätte, dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Verfahrens, das zur Anerkennung des Antragstellers als Asylberechtigter bzw. zur Feststellung des Vorliegens der Flüchtlingseigenschaft oder eines Abschiebungsverbots nach § 4 AsylG, § 60 AufenthG führen wird, überwiegend wahrscheinlich gegeben sind. Dabei legt das Gericht den eingeschränkten Prüfungsmaßstab zugrunde, der im Fall einer nach § 71 Abs. 4 AsylG grundsätzlich zu erlassenden, hier aber wegen § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG nicht erforderlichen neuen Abschiebungsandrohung anzuwenden wäre. Gemäß § 71 Abs. 4 i. V. m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Abschiebung nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme ausgesetzt werden.
Derartige ernstliche Zweifel bestehen hier nicht. Die Antragsgegnerin hat zu Recht die erneute Durchführung eines Asylverfahrens abgelehnt, da der Antragsteller die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens i. S. v. § 71 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG bzw. auf Wiederaufgreifen des Verfahrens bezüglich der Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 4 AsylG, § 60 AufenthG nicht glaubhaft machen konnte.
Insoweit wird vollumfänglich auf die im Bescheid der Antragsgegnerin getätigten Ausführungen verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Es wurden gegenüber dem früheren Verfahren keine neuen Tatsachen oder Beweismittel vorgetragen, die zu einem Wiederaufgreifen führen würden.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).