Aktenzeichen M 18 S 19.2680
Leitsatz
1. Es erscheint derzeit nach summarischer Prüfung nicht hinreichend gesichert, dass die durch die AVV LmH festgelegten Mindestuntersuchungszeiten von 300 Sekunden je Rind nicht mehr zeitgemäß sind und nicht mehr dem aktuellen Standard entsprechen. (Rn. 47 – 54) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Inanspruchnahme der Gerichte zur Überprüfung von Verwaltungsakten ist verfassungsrechtlich gewährleistet und kann nicht zur Begründung eines Sofortvollzugs herangezogen werden. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Androhung eines Zwangsgeldes “pro Verstoß” muss für den Adressaten erkennbar sein, was die Behörde jeweils als einzelnen Verstoß wertet. (Rn. 64 – 65) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 4. Juni 2019 gegen Nummer 3 des Bescheids der Beklagten vom 8. Mai 2019 wird angeordnet.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Von den Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin 4/5 und die Antragsgegnerin 1/5 zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die sofort vollziehbare Verpflichtung zur Reduzierung der Geschwindigkeit des Schlachtbandes zur Fleischuntersuchung.
Die Antragstellerin betreibt einen gemäß Art. 4 VO (EG) Nr. 853/2004 zugelassenen Schlachtbetrieb in dem Einzugsgebiet der Antragsgegnerin. Gemäß dem (derzeit wohl gültigem) Betriebsspiegel ist pro Werktag eine Schlachtmenge von 600 Rindern zugelassen.
Spätestens seit Januar 2019 kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien hinsichtlich der Geschwindigkeit des Schlachtbandes. Die Antragsgegnerin führte daraufhin am 15. Februar 2019 ausführliche Messungen an den fünf an dem Schlachtband eingerichteten Fleischhygienekontrollpunkten durch. Die Messungen ergaben, dass an den fünf Untersuchungspositionen regelmäßig jeweils nur ein Zeitraum unter 60 Sekunden zur Verfügung stand.
Nach erfolglosen Gesprächen der Parteien über eine Reduzierung der Bandgeschwindigkeit hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Schreiben vom 6. März 2019 zum beabsichtigten Bescheidserlass an.
Mit E-Mail vom 13. März 2019 nahm der Verantwortliche der Antragstellerin hierzu Stellung und führte aus, dass die Anschuldigungen, dass die Schlachtgeschwindigkeit nicht eingehalten werde, zurückgewiesen würden. Aufgrund des bestehenden Personalmangels bei der Antragsgegnerin wäre die Schlachtmenge an einzelnen Schlachttagen bereits reduziert und die Schlachtgeschwindigkeit auf 60 Stück pro Stunde vorübergehend heruntergefahren worden. Diese Reduzierung sei für den Zeitraum von drei Monaten vereinbart gewesen. Des Weiteren sei vereinbart gewesen, einen zusätzlichen Beschauplatz einzurichten, sodass die Schlachtmenge wieder pro Stunde auf 70 bis 80 Tiere erhöht und damit die Tagesschlachtmenge von 600 Rindern wieder möglich werde.
Mit streitgegenständlichen Bescheid vom 8. Mai 2019, zugestellt am 11. Mai 2019, ordnete die Antragsgegnerin an, dass die maximale Bandgeschwindigkeit in der Rinderschlachtung ab sofort so einzustellen sei, dass die Mindestuntersuchungszeit von 300 Sekunden bei jedem Rind (über sechs Wochen alt) eingehalten ist. Das bedeutet, dass die Bandgeschwindigkeit ab sofort bei fünf Untersuchungspositionen (besetzt mit jeweils einem amtlichen Fachassistenten) so eingestellt sein muss, dass an jeder Position mindestens 60 Sekunden zur Untersuchung zur Verfügung stehen (Ziffer 1 des Bescheids). Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheides wurde angeordnet (Ziffer 2 des Bescheids). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Ziffer 1 des Bescheids (in dem die Bandgeschwindigkeit so eingestellt ist, dass die Mindestuntersuchungszeit von 300 Sekunden nicht bei jedem Rind eingehalten wird), wurde pro Verstoß ein Zwangsgeld in Höhe von 100 EUR zur Zahlung fällig gestellt (Ziffer 3 des Bescheids) und die Kosten des Verfahrens wurden der Antragstellerin in Höhe von 106,49 EUR auferlegt (Ziffern 4 und 5 des Bescheids).
Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass sich die Anordnung auf § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB stütze. Gemäß Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Abschnitt I Kapitel IV Nr. 12 der VO (EG) Nr. 853/2004 müsse sich der Schlachthofbetreiber an die Weisungen der zuständigen Behörden halten, um sicherzustellen, dass die Fleischuntersuchung bei allen geschlachteten Tieren gemäß der VO (EG) Nr. 854/2004 unter angemessenen Bedingungen erfolge. Ein Aspekt der angemessenen Bedingungen sei die zur Verfügung stehende Zeit für die Fleischuntersuchung. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift Lebensmittelhygiene (im Folgenden: AVV LmH) gebe in § 9 Abs. 1 für die Fleischuntersuchung von Rindern (über sechs Wochen alt) vor, dass von einer Mindestuntersuchungszeit von 300 Sekunden pro Tier auszugehen sei. Derzeit sei die Fleischuntersuchung durch die amtlichen Tierärztinnen und Tierärzte in dem Betrieb so organisiert, dass die Untersuchung eines Rindes auf fünf Untersuchungspositionen verteilt sei. Daraus folge, dass die Summe der Untersuchungszeit an diesen fünf Positionen zusammen die geforderten 300 Sekunden ergeben müsse. Das wiederum bedeute, dass an jeder Position ca. 60 Sekunden benötigt würden. Insgesamt ergebe sich somit bei fünf Untersuchungspositionen eine maximal zulässige Bandgeschwindigkeit von bis zu 60 Rindern pro Stunde.
Die Fleischuntersuchung sei eine elementare Säule der Lebensmittelsicherheit. Stehe dem amtlichen Überwachungspersonal zu wenig Zeit zur Verfügung, bestehe das Risiko, das Beanstandungen gegebenenfalls übersehen würden. Daher sei die Einhaltung der Mindestuntersuchungszeit essenziell. Zum Schutz der Verbraucher vor Gefahren für die Gesundheit sei erforderlich, den Sofortvollzug anzuordnen. Eine aufschiebende Wirkung der Klage könne nicht hingenommen werden, da in der Zeit bis zur endgültigen Entscheidung mögliche Gefahren für die Gesundheit der Verbraucher und andere Tiere abgewendet werden müsse. Die seitens der Verantwortlichen der Antragstellerin gezeigte Uneinsichtigkeit hinsichtlich der dauerhaften Reduzierung der Schlachtgeschwindigkeit lasse befürchten, dass die Verantwortlichen weiterhin keine Besserung zeigen würden und die Bandgeschwindigkeit weiterhin zu hoch einstellen würden.
Die Anordnung des Zwangsgeldes sei nach Abwägung aller Möglichkeiten und Umstände als das geeignete und erforderliche Mittel, um die Verantwortlichen der Antragstellerin zur Einhaltung der Vorgaben bezüglich der Bandgeschwindigkeit anzuhalten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.
Die Bevollmächtigten der Antragstellerin erhoben gegen diesen Bescheid am 4. Juni 2019 Klage zum Verwaltungsgericht München (Aktenzeichen M 18 K 19.2679) und beantragten den Bescheid aufzuheben.
Ebenfalls am 4. Juni 2019 beantragten sie,
die aufschiebende Wirkung der am 4. Juni 2019 erhobenen Anfechtungsklage gegen die lebensmittelrechtliche Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 8. Mai 2019 wiederherzustellen,
hilfsweise festzustellen, dass die Anfechtungsklage der Antragstellerin vom 4. Juni 2019 gegen die lebensmittelrechtliche Ordnungsverfügung vom 8. Mai 2019 aufschiebende Wirkung hat.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die von der Antragsgegnerin angeführten Aspekte den Erlass der lebensmittelrechtlichen Ordnungsverfügung nicht rechtfertigen würden. Der Gesetzeswortlaut der VO (EG) Nr. 854/2004 bringe unmissverständlich zum Ausdruck, dass keine pauschalen Vorgaben für Mindestuntersuchungszeiten oder aber eine Geschwindigkeit des Schlachtbandes existieren würden. Daher sei stets im Einzelfall und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände zu prüfen, ob es eine Reglementierung der Schlachtbandgeschwindigkeit oder aber eine Anordnung bestimmter Mindestuntersuchungszeiten bedürfe. Eine solche Einzelfallbewertung sei von der Zulassungsbehörde im Rahmen der Zulassung der Antragstellerin getroffen worden. Die Zulassung sehe vor, dass pro Stunde 70 bis 80 Tiere bzw. pro Schlachttag 600 Tiere geschlachtet werden dürften. Diese Vorgaben würden bereits eine konkrete Schlachtgeschwindigkeit pro Tag bzw. Stunde berücksichtigen. An den Kontrolltagen habe die Menge der geschlachteten Tiere deutlich unter der zugelassenen Tagesmenge gelegen. Hieraus folge, dass die im Rahmen der Zulassung zugrunde gelegte Schlachtgeschwindigkeit eingehalten worden sei. Die Ausführungen der Antragsgegnerin ließen darüber hinaus nicht erkennen, dass eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Umstände eingetreten sei, die eine erhebliche Reduzierung der zugelassenen Schlachtmenge/Geschwindigkeit rechtfertigen würde. Zu keinem Zeitpunkt habe eine Gesundheitsgefahr bestanden, da die Fleischuntersuchungen stets ordnungsgemäß durchgeführt worden seien. Auch in der Vergangenheit sei es trotz identischer Bedingungen im Betrieb der Antragstellerin zu keinen Beanstandungen der Schlachtgeschwindigkeit durch die Antragsgegnerin gekommen. Schließlich werde auf Art. 12 ff. der Durchführungsverordnung (EU) 2019/627 verwiesen. Diese Verordnung sei die Nachfolgeverordnung der Verordnung (EG) Nr. 854/2004. Auch diese Durchführungsverordnung enthalte keine konkreten Mindestuntersuchungszeit oder konkreten Vorgaben für die Schlachtbandgeschwindigkeit.
Selbst wenn man unterstelle, dass die AVV LmH die EU-Vorgaben konkretisieren, scheidet die Annahme eines Verstoßes aus. Denn bei den dort genannten Mindestuntersuchungszeiten handelt es sich lediglich um Orientierungswerte. Dies folge zum einen aus dem Umstand, dass es sich um eine nichtrechtsverbindliche Vorgabe aus einer Verwaltungsvorschrift handle und zum anderen daraus, dass die AVV LmH gerade nicht vorsehe, dass die angegebene Mindestuntersuchungszeit die absolute Untergrenze darstelle, was auch das OVG Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 2. Juli 2014 (Az.: 17 A 1263/13) bestätigt habe.
Weiterhin sei den Bevollmächtigten bekannt, dass das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft der Auffassung sei, dass die in § 9 Abs. 1 AVV LmH genannten Mindestuntersuchungszeit nicht mehr zeitgemäß seien. Aus diesem Grund werde beabsichtigt, die Mindestuntersuchungszeit im Rahmen der nächsten Anpassung zu streichen.
Selbst wenn man unterstelle, dass die Mindestuntersuchungszeit in § 9 AVV LmH verbindlich wären, würden die Ausführungen der Antragsgegnerin in der Ordnungsverfügung nicht die Annahme rechtfertigen, dass die Mindestuntersuchungszeit nicht eingehalten werden würden. Die gemessenen Daten würden keinen Rückschluss darauf zulassen, dass auch nur in einem einzigen Fall die Mindestuntersuchungszeiten gemäß § 9 AVV LmH unterschritten würde. Keiner der Messwerte sei einem konkreten Tier zuordenbar. Im Übrigen würden die gemessenen Werte belegen, dass die Kontrollen ordnungsgemäß erfolgt seien.
Selbst wenn man abschließend unterstelle, dass ein Verstoß gegen die vorgenannten Vorschriften vorliege, sei die Anordnung unverhältnismäßig. Als wesentlich milderes Mittel hätte die Antragsgegnerin auf das Angebot der Antragstellerin eingehen können, weitere Beschauplätze einzurichten.
Abschließend werde darauf hingewiesen, dass auch die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges unzureichend sei.
Die Antragstellerin stellte aufgrund mehrerer Messungen der Bandgeschwindigkeit an verschiedenen Tagen im Mai 2019 das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 100 EUR fällig und drohte mit Bescheid vom 5. Juni 2019 ein weiteres Zwangsgeld pro Verstoß in Höhe von 500 EUR an. Die Bevollmächtigten der Antragstellerin erhoben mit Schreiben vom 2. Juli 2019 gegen diesen Bescheid ebenfalls Klage (M 18 K 19.3146).
Mit Schreiben vom 18. Juni 2019 beantragte die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei der AVV LmH um eine Vorgabe handle, die ein einheitliches behördliches Handeln sicherstellen solle, indem es den unbestimmten Rechtsbegriff des Anhangs der EU-Verordnung konkretisiere; es handelt sich um eine rechtsverdichtende Angabe. Ein Einzelfall, der eine Unterschreitung der Mindestuntersuchungszeit rechtfertige, liege nicht vor. Vielmehr habe „die Praxis gezeigt, dass die Geschwindigkeit der Schlachtlinie, die unter der Mindestuntersuchungszeit“ laufe, dazu führe, dass das Band des Öfteren manuell gestoppt werden müsse oder dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Antragsgegnerin unter Zeitdruck geraten würden, der sich negativ auf die Qualität der Fleischuntersuchung auswirken könne. Der Betriebsspiegel der Antragstellerin, der das Schlachten von 600 Rindern pro Tag erlaube, lasse keine Rückschlüsse darauf zu, wie schnell die Schlachtbänder einzustellen seien. Die Tatsache, dass sich die amtlichen Fachassistenten bisher damit beholfen hätten, das Band manuell zu stoppen oder die Untersuchungen unter Zeitdruck durchzuführen, würde es nicht rechtfertigen, dass das Band dauerhaft zu schnell eingestellt sei. Der vom Gesetzgeber geforderte Verbraucherschutz könne nur gewährleistet werden, wenn dem Untersuchungspersonal dauerhaft ausreichend Zeit zur Verfügung stehe. Zudem stehe nicht an jeder Fleischuntersuchungsposition ein Ausschalterknopf zur Verfügung.
Unbeachtlich sei in diesem Zusammenhang der Vortrag der Bevollmächtigten der Antragstellerin, wonach bekannt sei, dass die zeitlichen Vorgaben in den AVV LmH künftig gestrichen werden sollten. Auch die Argumentation, dass die Messungen nicht zuordenbar seien, gehe fehl. Die Messungen hätten ergeben, dass an keiner der Untersuchungspositionen mindestens 60 Sekunden erreicht worden seien, wenn das Band kontinuierlich lief. Dies zeige, dass die Grundbandgeschwindigkeit zu hoch eingestellt sei. Denn es sei rechnerisch nicht möglich, dass für die komplette Untersuchung eines Rindes an den fünf Positionen bei kontinuierlich mit konstanter Geschwindigkeit laufendem Band in Summe mindestens 300 Sekunden zur Verfügung stehen würden, wenn für alle Teile des Tieres jeweils weniger als 60 Sekunden zur Verfügung stehen würden. Derzeit können die 300 Sekunden für die Rinder nur eingehalten werden, wenn zusätzliche Bandstopps das ermöglichen.
Vor dem Hintergrund der Gefahrenabwehr für die Verbraucherinnen und Verbraucher habe sich die Begründung für den Sofortvollzug auf die Begründung des Bescheides stützen können.
Die Bevollmächtigten der Antragstellerin erwiderten hierauf mit Schreiben vom 2. Juli 2019 insbesondere ergänzend, dass es lediglich eine Behauptung der Antragsgegnerin sei, dass die Stopps des Schlachtbandes erfolgt seien, weil die zur Verfügung stehende Untersuchungszeit vermeintlich zu gering sei. Wäre der Vortrag der Antragsgegnerin zutreffend, hätte es bei jedem Messwert einer Stichprobe zu einem Stopp mit der zusätzlichen Erläuterung auf die fehlende Möglichkeit einer ordnungsgemäßen Durchführung der Untersuchung aufgrund zu hoher Bandgeschwindigkeit kommen müssen.
Wie sich aus der zukünftigen Änderung des Europarechts ergebe, werde der Umfang der durchzuführenden Untersuchungen im Rahmen der Rinderschlachtung erheblich reduziert. Die Rechtsauffassung, die der Festlegung der Mindestuntersuchungszeiten in § 9 Abs. 1 AVV LmH zugrunde gelegt worden seien, seien daher obsolet geworden.
Entgegen den Ausführungen der Antragsgegnerin liege der Zulassung als EG-Betrieb auch eine umfassende Zulassungsprüfung inklusiv Begehung vor Ort und Besichtigung der Schlachtprozesse zugrunde. Sollte in diesem Zusammenhang festgestellt werden, dass eine bestimmte Schlachtgeschwindigkeit einzuhalten sei, werde dies üblicherweise in Form von Nebenbestimmungen im Zulassungsbescheid zum Ausdruck gebracht. Dies sei vorliegend jedoch nicht geschehen.
Sofern die Antragsgegnerin weiterhin ausführe, dass auch mit einer sechsten Position vermeintlich den gesetzlichen Vorgaben nicht Genüge getan werde, werde darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin ohne weiteres die Möglichkeit besitze, über sechs Untersuchungspositionen hinaus weitere Untersuchungspositionen einzurichten. Im vorliegenden Fall bestehe jedoch die Besonderheit, dass die Antragsgegnerin derzeit kein zusätzliches Personal für die Besetzung zusätzlicher Untersuchungspositionen zur Verfügung stellen könne, obwohl sie hierzu gesetzlich verpflichtet sei. Das Zurverfügungstellen entsprechenden Personals stelle jedoch ein wesentlich geeigneteres und milderes Mittel dar.
Die Antragsgegnerin legte Aktenauszüge vor, beantragte mit Schreiben vom 23. Juli 2019 eine Fristverlängerung zur weiteren Stellungnahme und bestätigte, dass während des Eilverfahrens nicht vollstreckt werde.
Mit Schreiben vom 8. August 2019 führte die Antragsgegnerin aus, dass entsprechend europarechtlicher Vorgaben die zu untersuchenden Teile eines Schlachtkörpers bis zum Abschluss der Fleischuntersuchung identifizierbar und dem zugehörigen Schlachttierkörper zuzuordnen sein müssten. Dies bedeute, dass bei Einsatz mehrerer Schlachtbänder, wie vorliegend, diese kongruent laufen müssten. Auch dies untermauerte, dass die Bandgeschwindigkeit stets kontinuierlich an beiden Bändern sein müsse. Die einzelnen gemessenen Untersuchungszeiten könnten insofern auch jeweils einem Tierkörper bzw. Rind zugeordnet werden.
Der Schluss der Gegenseite, dass die Fleischuntersuchung ordnungsgemäß liefe, da in der Mehrzahl der Fälle ohne zusätzliche Stopps gearbeitet worden sei, führe nicht dazu, dass die Überwachungsbehörde den Betrieb nicht rechtmäßig zum Einhalten der Mindestuntersuchungszeiten nach § 9 Abs. 1 AVV LmH auffordern bzw. Entsprechendes verbescheiden dürfe. Im Herbst/Winter 2018/2019 seien die Schlachtzahlen bei der Antragstellerin deutlich gestiegen. Nachdem danach der vorerst subjektive Eindruck bei den Mitarbeitern der Fleischhygienekontrolle entstand, dass die Geschwindigkeit des Bandes erhöht worden sei, wurden sodann mit verifizierbaren Messungen begonnen und im Folgenden die Verantwortlichen der Antragstellerin mehrfach auf die erforderliche Einhaltung der Mindestuntersuchungszeiten hingewiesen.
Den Ausführungen, dass üblicherweise die Schlachtgeschwindigkeit in Form von Nebenbestimmungen im Zulassungsbescheid geregelt werde, werde entgegengetreten. Vielmehr sei das Einhalten der Mindestuntersuchungszeiten eine Forderung der amtlichen Überwachung im Rahmen der Fleischuntersuchung; das Überprüfen der Mindestuntersuchungszeiten und die Durchsetzung der gesetzlichen Anforderungen diesbezüglich gegenüber dem Lebensmittelbetrieb falle nicht in den Zuständigkeitsbereich der Zulassungsbehörde.
Schließlich handele es sich bei § 9 Abs. 1 der AVV LmH um eine Mindestuntersuchungszeit, die nicht unterschritten werden dürfe. Zudem sei die Antragsgegnerin der Ansicht, dass mindestens 300 Sekunden pro Rind auch fachlich notwendig seien, um den Anforderungen der Fleischuntersuchung gerecht zu werden. Der Antragsgegnerin sei insofern bislang nicht bekannt, dass seitens des zuständigen Bundesministeriums eine Aufhebung der Regelungen der AVV LmH hinsichtlich der Mindestuntersuchungszeiten geplant sei. Da die ergangene Anordnung ein sogenannter Dauerverwaltungsakt sei, werde selbstverständlich die jeweils geltende Rechtslage zugrunde gelegt. Im Fall einer Rechtsänderung würde eine Überprüfung stattfinden.
Hinsichtlich der Erhöhung des Untersuchungspersonals wurde darauf hingewiesen, dass dem Einsatz Grenzen gesetzt seien. Die Positionsanzahl müsse organisatorisch am konkreten Schlachtband zu realisieren sein. Die Einrichtung einer sechsten Position sei geplant und umgesetzt. Weitere konkrete Vorschläge durch die Antragstellerin seien der Antragsgegnerin nicht bekannt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte in den Klageverfahren M 18 K 19.3146 und M 18 K 19.2679 sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der (insoweit nach § 88 VwGO sachdienlich auszulegende) zulässige Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. Mai 2019 hat lediglich im tenorierten Umfang hinsichtlich des angedrohten Zwangsmittels Erfolg.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen sowie im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der Bescheid bei dieser Prüfung dagegen als rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessensabwägung.
Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen gegen den angefochtenen Bescheid keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Klage wird daher aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben. Das besondere öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung überwiegt somit das private Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Der Hauptantrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist sachdienlich als zulässiger Antrag auf Wiederherstellung bzw. (erstmalige) Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 88 VwGO auszulegen.
Der Klage gegen Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides kommt aufgrund der in Ziffer 2 des Bescheides erfolgten Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffer 1 keine aufschiebende Wirkung zu, § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO. Hingegen ist § 39 Abs. 7 LFGB, der die aufschiebende Wirkung durch Bundesgesetz anordnet, vorliegend nicht einschlägig.
Der Klage gegen Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheides kommt nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 VwGO i.V.m. Art. 21a VwZVG keine aufschiebende Wirkung zu.
Entsprechend der Auslegung des Hauptantrags kommt dem Hilfsantrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage, keine eigenständige Bedeutung mehr zu. Da die Klage hinsichtlich keiner Regelung des Bescheides eine aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO entfaltet, kann eine solche auch nicht festgestellt werden.
Der Antrag ist nur insoweit begründet, als er sich gegen die Androhung des Zwangsgeldes richtet; der Bescheid erscheint im Übrigen nach der im Eilverfahren lediglich vorzunehmenden summarischen Prüfung als rechtmäßig.
Die Anordnung, die maximale Bandgeschwindigkeit so einzustellen, dass die Mindestuntersuchungszeiten von 300 Sekunden bei jedem Rind eingehalten wird, stützt sich rechtmäßig auf § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Abschnitt I Kapitel IV Nr. 12 der VO (EG) Nr. 853/2004 in Verbindung mit Anhang I Abschnitt I Kapitel II Buchst. D der VO (EG) 854/2004.
Entsprechend § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB hat die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen zu treffen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder Vortäuschung erforderlich sind. Der zuständigen Behörde kommt insoweit kein Entschließungsermessen, sondern lediglich ein Auswahlermessen hinsichtlich der zu ergreifenden Maßnahmen zu.
Die Antragsgegnerin ist die für die Fleischhygieneuntersuchung zuständige Behörde, die dementsprechend auch die hierfür erforderlichen Maßnahmen anzuordnen hat. Der Zulassungsbescheid für den Betrieb der Antragstellerin enthält insoweit – entgegen der Ansicht der Antragstellerin – keine Ausführungen. Lediglich die Festsetzung einer zulässigen Schlachtmenge pro Tag führt nicht dazu, dass hierdurch konkrete Vorgaben für die Durchführung der Fleischuntersuchung getroffen werden. Dies ist vielmehr ausschließlich Sache der Antragsgegnerin als hierfür zuständige Behörde.
Entsprechend Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Abschnitt I Kapitel IV Nr. 12 VO (EG) Nr. 853/2004 müssen Schlachthofbetreiber sich an die Weisungen der zuständigen Behörde halten, um sicherzustellen, dass die Fleischuntersuchung bei allen geschlachteten Tieren gemäß der Verordnung (EG) Nr. 854/2004 unter angemessenen Bedingungen erfolgt. Nr. 1 Satz 5 des Anhang I Abschnitt I Kapitel II Buchst. D der VO (EG) 854/2004 legt fest, dass die Geschwindigkeit der Schlachtlinie und die Zahl des anwesenden Inspektionspersonals eine ordnungsgemäße Untersuchung erlauben müssen. Eine gesetzliche Regelung hinsichtlich der Mindestuntersuchungszeiten für Rinder im Rahmen der Fleischuntersuchung existiert weder europarechtlich noch national.
Die Antragsgegnerin hat jedoch zu Recht die in § 9 Abs. 1 Satz 1 AVV LmH festgesetzte Mindestuntersuchungszeiten zugrunde gelegt.
Bei der AVV LmH handelt es sich zwar lediglich um eine Verwaltungsvorschrift, der regelmäßig keine Bindungswirkung gegenüber den Gerichten zukommt (Stelkens/Bonk/Sachs/Schmitz, 9. Aufl. 2018, VwVfG, § 1 Rn. 212). Im vorliegenden Fall liegen jedoch nach summarischer Prüfung keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die in der öffentlich bekannt gemachten allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums in § 9 Abs. 1 Nr. 1 AVV LmH festgelegte Mindestuntersuchungszeit von 300 Sekunden je Rind nicht den allgemeinen Standards entspricht bzw. im besonderen Fall besondere Umstände vorliegen, die zu einer anderen Mindestuntersuchungszeit führen könnten.
Es kann daher im Ergebnis offenbleiben, ob die AVV LmH eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift darstellt, der auch in gerichtlichen Verfahren eine zu beachtende Bindungswirkung zukommt (BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8/11 – juris Rn. 18). Solche normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften werden (unterschiedlich) als technische Regelwerke, antizipierte Sachverständigungsgutachten, allgemeiner Erfahrungssatz und/oder als widerlegliche Beweisregel angesehen. Sie beziehen sich regelmäßig nur auf materiellrechtliche Fragen und können, weil die gerichtliche Überprüfung beschränkt ist, insoweit quasi normersetzende materiellrechtliche Bedeutung haben und in Gesetzen oder Rechtsverordnungen fehlende Festlegungen ersetzen und damit der Sache nach gesetzesvertretende Verordnungen sein (Stelkens/Bonk/Sachs/Schmitz, 9. Aufl. 2018, VwVfG, § 1 Rn. 214; VGH BW, U.v. 17.12.2012 – 10 S 1340/12 – juris Rn. 39 ff.).
Selbst unter Annahme einer solchen fehlenden Bindungswirkung setzt eine Unterschreitung der dort vorgesehenen Mindestuntersuchungszeiten jedoch voraus, dass im Einzelfall aufgrund einer Optimierung der Organisation und der örtlichen Verhältnisse die vollständige Durchführung des vorgesehenen Untersuchungsganges innerhalb eines kürzeren Zeitraums möglich ist (vgl. OVG NW, U.v. 2.6.2014 – 17 A 1265/13 – juris Rn. 49).
Derzeit scheint es nach summarischer Prüfung nicht hinreichend gesichert, dass die durch die AVV LmH festgelegten Mindestuntersuchungszeiten nicht mehr zeitgemäß sind und nicht mehr dem aktuellen Standard entsprechen. Zwar wird dies von Antragstellerseite behauptet, die Antragsgegnerin hat dem Vortrag jedoch widersprochen und ausgeführt, dass sie weiterhin der Ansicht sei, dass mindestens 300 Sekunden je Rind fachlich notwendig seien, um den Anforderungen der Fleischuntersuchung gerecht zu werden. Es wäre damit Sache der Antragstellerin gewesen, ihre Behauptung weitergehend zu belegen. Hierbei weist das Gericht auch darauf hin, dass der gerichtlichen Entscheidung der aktuelle Zeitpunkt zugrunde zu legen ist, sodass zukünftigen Rechtsänderungen, wenn überhaupt, nur eine geringe Bedeutung beigemessen werden kann.
Auch bietet die derzeitige konkrete Untersuchungssituation bei der Antragstellerin keine Anhaltspunkte dafür, dass eine ordnungsgemäße Untersuchung auch in einem geringeren Zeitraum regelmäßig erfolgen könnte. Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, dass durch die Einrichtung weiterer Untersuchungspositionen eine Beschleunigung erreicht werden könnte, kann auch dies zumindest derzeit eine Unterschreitung der Mindestuntersuchungszeiten nicht rechtfertigen. Denn lediglich sofern solche weiteren Untersuchungspositionen tatsächlich eingerichtet sind, wäre dies zu berücksichtigen.
Aufgrund der vorliegenden Messergebnisse folgt das Gericht auch der Beurteilung der Antragsgegnerin, dass aufgrund dieser Messungen hinreichend sicher dargelegt ist, dass die während der Messung festgestellte Bandgeschwindigkeit an den fünf Untersuchungspositionen keine Gesamtmindestuntersuchungszeiten von 300 Sekunden gewährleistet. Entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten der Antragstellerin kann die Untersuchungszeit für ein Rind nicht anhand der Durchschnittsmenge der geschlachteten Tiere pro Tag ermittelt werden. Vielmehr muss jedes Tier für sich alleine betrachtet werden und bei jedem Tier eine ausreichende Untersuchungszeit zur Verfügung stehen. Aufgrund der festgestellten Messergebnisse an den einzelnen Untersuchungspositionen und dem tatsächlichen Ablauf des Fließbandprozesses mit parallel kontinuierlich mit gleicher Geschwindigkeit laufenden Bändern ergibt sich, dass für die Untersuchung eines Rindes derzeit keine 300 Sekunden zur Verfügung stehen, da an den fünf Positionen regelmäßig (und ohne Berücksichtigung von zusätzlichen Stopps) jeweils eine Zeit unter 60 Sekunden gemessen wurde. Die Möglichkeit der Fachassistenten, im konkreten Einzelfall einen zusätzlichen Stopp des Bandes herbeizuführen, muss hierbei außer Betracht bleiben. Dieser „Notstopp“ ist nicht dazu geeignet, regelmäßig und für jedes zu untersuchende Rind die Mindestuntersuchungszeiten sicherzustellen, sondern dient vielmehr dazu, in besonderen Einzelfällen im Bedarfsfall eine zusätzliche Untersuchung zu ermöglichen.
Das Gericht folgt daher nach summarischer Prüfung der Beurteilung der Antragsgegnerin, dass ein Verstoß vorliegt, der die Antragsgegnerin dazu verpflichtet, entsprechend § 39 Abs. 2 LFGB die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen zu treffen, wobei ihr insoweit ein Auswahlermessen zukommt.
Die von der Antragsgegnerin getroffene Maßnahme erscheint ermessensgerecht. Wie aus den Gründen des angefochtenen Bescheids erkennbar ist, wurde gesehen, dass es sich bei der zu treffenden Entscheidung um eine Ermessensentscheidung handelt und es erfolgte eine Verhältnismäßigkeitsprüfung der Maßnahme. Zwar wird durch die Anordnung einer geringeren Bandgeschwindigkeit tatsächlich die mögliche Schlachtmenge pro Tag für die Antragstellerin reduziert. Dennoch erscheint dieser Eingriff nicht als unverhältnismäßig, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen. Von der Antragsgegnerin kann auch nicht als milderes Mittel verlangt werden, weitere Untersuchungspositionen einzurichten. Die Durchführung der Fleischhygienekontrolle ist Aufgabe der Antragsgegnerin. Sie hat die ordnungsgemäße Kontrolle sicherzustellen, entsprechend – in Abstimmung mit der Antragstellerin – zu organisieren sowie den Personaleinsatz zu planen (vgl. OVG NW, U.v. 2.6.2014 – 17 A 1265/13 – juris Rn. 38 f.). Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin vorliegend ihrer Aufgabe nicht hinreichend nachkommt und damit die Antragstellerin unbillig belastet liegen nicht vor. Vielmehr zeigen die Verhandlungen zwischen den Parteien, dass die Antragsgegnerin bemüht ist, ausreichend Personal zur Verfügung zu stellen.
Die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung in dem angefochtenen Bescheid genügt noch den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Verwaltungsakte grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Der vorliegende Verwaltungsakt wird nicht von der Regelung nach § 39 Abs. 7 LFGB erfasst, die aufschiebende Wirkung entfällt daher auch nicht ausnahmsweise kraft Gesetzes. Im Fall der Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO hat gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO die Begründung schriftlich zu erfolgen. Erforderlich ist eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen zurücktreten muss, zunächst von dem von ihm bekämpften Verwaltungsakt nicht betroffen zu werden (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 85).
Die rechtsstaatlich gebotene Begründungspflicht soll zum einen den Betroffenen in die Lage versetzen, durch Kenntnis der Gründe, die die Behörde zu der Anordnung des Sofortvollzugs bewogen haben, seine Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO abzuschätzen. Zum anderen dient sie dem Zweck, der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollziehbarkeitsanordnung vor Augen zu führen und sie zu veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein vorrangiges öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung fordert. Diese sog. Warnfunktion der Begründungspflicht beruht auf dem – auch verfassungsrechtlichen – hohen Stellenwert, der nach § 80 Abs. 1 VwGO und aufgrund von Art. 19 Abs. 4 GG der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage zuzumessen ist (Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 84). Nicht zuletzt soll die Begründungspflicht nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO dem Gericht die Prüfung der Überlegungen der Behörde ermöglichen. Aus dem Zweck der Begründungspflicht folgt, dass die Behörde die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen darlegen muss, die im konkreten Einzelfall zur Bejahung eines besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO geführt haben (BayVGH, B.v. 29.9.2003 – 9 CS 03.1815 – juris, Rn. 26; B.v. 15.1.2004 – 13 AS 03.2997 – juris, Rn. 15 f.).
Allerdings kann sich die Behörde in bestimmten Fällen auch auf die den Verwaltungsakt selbst tragenden Erwägungen stützen, wenn die den Erlass des Verwaltungsakts rechtfertigenden Gründe zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung belegen (st. Rspr, vgl. OVG SH, B.v. 23.1.2017 – 4 MB 2/17 – juris Rn. 5). Insbesondere bei Vorschriften, bei denen zur Abwehr von Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter das besondere öffentliche Vollzugsinteresse im Regelfall mit dem Interesse am Erlass des Verwaltungsaktes zusammenfällt, kann sich die Behörde bei der Abwägung der beteiligten Interessen im Wesentlichen auf die Prüfung beschränken, ob nicht ausnahmsweise in Ansehung der besonderen Umstände des Falles die sofortige Vollziehung weniger dringlich als im Normalfall ist (st. Rspr; vgl. BayVGH, B.v. 17.7.2002 – 11 CS 02.1320; B.v. 27.10.2016 – 11 CS 16.1388 – jeweils juris.).
Die Antragsgegnerin hat vorliegend erkannt, dass es einer solchen besonderen Interessensabwägung bedarf. Insbesondere aufgrund der bestehenden Gefahren für die Gesundheit für die Verbraucher und andere Tiere entschied sich die Antragsgegnerin für die Anordnung des Sofortvollzugs. Diese Begründung kann noch als ausreichend gesehen werden. Denn selbst mit der derzeit weiterhin bestehenden Möglichkeit, im Einzelfall einen Band-Stopp herbeizuführen, dürfte tatsächlich eine hinreichende Sicherheit für die Gesundheit der Verbraucher nicht gegeben sein. Das Gericht hält insoweit die Begründung der Antragsgegnerin, dass durch eine Untersuchung unter Zeitdruck und lediglich mit der Möglichkeit eines mitarbeiterabhängigen Band-Stopps keine hinreichende Sicherheit für die Gesundheit der Verbraucher gegeben ist, für noch ausreichend.
Entgegen den Ausführungen der Antragsgegnerin kann die Anordnung des Sofortvollzugs jedoch nicht mit der angeblichen „Uneinsichtigkeit“ der Verantwortlichen der Antragstellerin begründet werden. Die Antragsgegnerin verkennt hierbei die den Adressaten von belastenden Verwaltungsakten zustehenden Rechtsschutzmöglichkeiten. Die Inanspruchnahme der Gerichte zur Überprüfung von Verwaltungsakten ist verfassungsrechtlich gewährleistet und kann nicht zur Begründung eines Sofortvollzugs herangezogen werden.
Die Androhung des Zwangsgeldes erscheint nach summarischer Prüfung jedoch nicht hinreichend bestimmt, sodass insoweit die aufschiebende Wirkung anzuordnen war.
Soweit in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheides das Zwangsgeld bereits zur Zahlung fällig gestellt wird, dürfte dies lediglich ein Formulierungsfehler sein. Entsprechend den Ausführungen in der Begründung des Bescheides (Seite 11 f.) wollte die Antragsgegnerin ein Zwangsgeld androhen.
Gemäß Art. 36 Abs. 5 VwZVG ist der Betrag des Zwangsgeldes in bestimmter Höhe anzudrohen. Der Adressat und mögliche Vollstreckungsschuldner muss danach wissen, für welche Handlung oder welches Unterlassen ihm ein Zwangsgeld in welcher Höhe droht (PdK Bay A-19, VwZVG, beck-online Art. 36 Punkt 8.4). Unklarheiten gehen zulasten der Behörde (VG Würzburg, B.v. 17.10.2016 – W 6 S 16.993 – juris Rn. 19).
Die Antragsgegnerin hat für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 des Bescheides pro Verstoß ein Zwangsgeld in Höhe von 100 EUR angedroht. Unklar bleibt insoweit, was die Antragsgegnerin jeweils als einzelnen Verstoß hierbei wertet. Denkbar wäre sowohl, dass jede festgestellte Unterschreitung der durch Ziffer 1 festgelegten maximalen Bandgeschwindigkeit zu einem Verstoß führt, als auch, dass hinsichtlich jedes bei einer solchen Bandgeschwindigkeit kontrollierten Rindes das Zwangsgeld angedroht wird. Auch aus der Gesamtschau mit dem ebenfalls angegriffenen Bescheid vom 5. Juni 2019, mit dem die Antragsgegnerin ein erhöhtes Zwangsgeld androht, ist eine hinreichende Klärung insoweit nicht möglich. Vielmehr scheint die Antragsgegnerin im Folgenden auf Grund von an verschiedenen Tagen gemessenen Verstößen gegen Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids insgesamt nur ein Zwangsgeld von 100 EUR festgesetzt zu haben, was wiederum der Formulierung in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids widerspricht, wonach „pro Verstoß“ ein Zwangsgeld angedroht wird. Für die Antragstellerin ist vorliegend aus der Zwangsgeldandrohung nicht erkennbar, wann und in welcher Höhe ein solches tatsächlich fällig wird.
Der Antrag war folglich lediglich hinsichtlich der Androhung des Zwangsgeldes erfolgreich und im Übrigen abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs.