Verwaltungsrecht

Einstellung des Asylverfahrens

Aktenzeichen  21 ZB 16.30724

Datum:
18.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 119305
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 161 Abs. 2 S. 1
AsylG § 3, § 26

 

Leitsatz

1 Einer Ausländerin kann die begehrte Flüchtlingseigenschaft auf der Grundlage des § 26 Abs. 1 iVm Abs. 5 AsylG ohne Prüfung eigener Vor- oder Nachfluchtgründe zugesprochen werden, wenn das ihrem Ehemann die Flüchtlingseigenschaft zuerkennende Verpflichtungsurteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig geworden ist. Eine Flüchtlingsanerkennung speziell aufgrund von § 3 Abs. 1 iVm Abs. 4 AsylG kann die Ausländerin nicht beanspruchen. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 26 Abs. 1 iVm Abs. 5 AsylG gewährt dem begünstigten Familienangehörigen dieselbe Rechtsstellung wie die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 iVm Abs. 4 AsylG. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 11 K 16.32457 2016-10-18 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 18. Oktober 2016 ist wirkungslos.
III. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen hat die Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Die Klägerin ist eine Staatsangehörige der Arabischen Republik Syrien kurdischer Volkszugehörigkeit muslimischen Glaubens (Sunnitin). Sie reiste am 16. Dezember 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) erkannte die Klägerin mit Bescheid vom 14. September 2016 als subsidiär Schutzberechtigte an und lehnte den Asylantrag im Übrigen ab.
Mit Urteil vom 18. Oktober 2016 verpflichtete das Verwaltungsgericht Regensburg die Beklagte, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen. Die Beklagte beantragte am 16. November 2016 die Zulassung der Berufung.
Die Beklagte unterrichtete den Senat mit Schreiben vom 2. Juni 2017 davon, dass nach Ablehnung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung im Verfahren des Ehemannes der Klägerin (21 ZB 16.30725) für diese die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 26 Abs. 5 AsylG erfüllt seien; dem Klagebegehren sei deshalb mit Bescheid vom 2. Juni 2016 abgeholfen worden.
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat dem zugestimmt.
II.
Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO analog). Das angegriffene Urteil ist wirkungslos geworden (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO).
Über die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Billigem Ermessen entspricht es, die Kosten der Beklagten aufzuerlegen. Bei der gebotenen summarischen Prüfung wäre deren Antrag auf Zulassung der Berufung ohne das erledigende Ereignis (Erlass des Bescheids vom 2. Juni 2017) erfolglos geblieben.
Die Beklagte hat zur Begründung des Zulassungsantrags allein eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) geltend gemacht. Der Sache nach hat sie dazu die Grundsatzfrage formuliert, ob für syrische Asylbewerber im Fall ihrer Rückkehr in die Arabische Republik Syrien allein wegen der (illegalen) Ausreise und/oder der Asylantragstellung sowie des Aufenthalts im westlichen Ausland die begründete Furcht vor Verfolgung wegen einer (unterstellten) regimefeindlichen Gesinnung besteht. Diese Frage hätte sich mangels Entscheidungserheblichkeit in einem Berufungsverfahren ersichtlich nicht gestellt. Der Klägerin wäre die begehrte Flüchtlingseigenschaft auf der Grundlage des § 26 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 AsylG ohne Prüfung eigener Vor- oder Nachfluchtgründe zuzusprechen gewesen, weil das ihrem Ehemann die Flüchtlingseigenschaft zuerkennende Verpflichtungsurteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig geworden ist. Eine Flüchtlingsanerkennung speziell aufgrund von § 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 AsylG hätte die Klägerin nicht beanspruchen können. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 26 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 AsylG gewährt dem begünstigten Familienangehörigen dieselbe Rechtsstellung wie die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 AsylG (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand Juni 2014, § 26 AsylG Rn. 9, 15) mit der Folge, dass die Rechtsgrundlage ausgewechselt werden darf (vgl. Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 26 AsylG Rn. 24).
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1, § 158 Abs. 2 VwGO unanfechtbar.

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