Aktenzeichen M 6 E 17.4829
VwZVG Art. 27 Abs. 1
VwGO § 40 Abs. 1 S. 2
GVG § 17 a Abs. 2 S. 1
AGStV Art. 7 S. 1
VwZVG Art. 26 Abs. 7 S. 2
Leitsatz
Zur Entscheidung über Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung von Rundfunkbeiträgen als solche sind nicht die Verwaltungsgerichte, sondern die ordentlichen Gerichte berufen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Für die vorliegende Streitsache ist der Verwaltungsrechtsweg unzulässig.
II. Der Rechtsstreit wird an das Amtsgericht Rosenheim verwiesen.
III. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen durch den Bayerischen Rundfunk.
Dieser ersuchte das Amtsgericht … mit Ausstandsverzeichnis vom … September 2017 um die zwangsweise Beitreibung rückständiger Rundfunkbeiträge für eine Wohnung. Die Gerichtsvollzieherin leitete daraufhin Vollstreckungsmaßnahmen ein und forderte den Antragsteller mit Schreiben vom 28. September 2017 zur Zahlung auf. Die hiergegen gerichtete Erinnerung wies das Amtsgericht Rosenheim mit Beschluss vom 16. Oktober 2017 zurück (Az. …). Weil er den angesetzten Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt versäumte, wurde der Antragsteller inzwischen in das Schuldnerverzeichnis eingetragen.
Mit Schreiben vom … Oktober 2017, eingegangen am 12. Oktober 2017, wandte sich der Antragsteller an das Bayerische Verwaltungsgericht München mit einem „Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung“, gab die Gerichtsvollzieherin persönlich als Antragsgegnerin an und beantragte,
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Vollstreckungsmaßnahmen aufgrund des Vollstreckungsersuchens des Bayerischen Rundfunks zu unterlassen und das Vollstreckungsverfahren ganz einzustellen.
Zunächst ging das Gericht davon aus, der Antrag solle sich entgegen der anderslautenden Angabe gegen den Bayerischen Rundfunk richten und führte diesen als Antragsgegner. Zusammen mit der Erstzustellung hörte es die Beteiligten unter Fristsetzung zu einer Verweisung an das aus seiner Sicht zuständige Amtsgericht Rosenheim an.
Der Antragsteller erklärte mit Schreiben vom … Oktober 2017 sinngemäß, sein Antrag solle sich gegen die Gerichtsvollzieherin richten und die Legitimation deren Vollstreckung in Frage stellen. Der Bayerische Rundfunk ließ durch seine Bevollmächtigten auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts mit Schreiben vom 1. Dezember 2017 mitteilen, er sehe sich nicht in der Rolle des Antragsgegners, da dem der ausdrückliche Wortlaut des Vorbringens seitens des Antragstellers entgegenstehe. Daraufhin wurde der Bayerische Rundfunk als Antragsgegner gelöscht und das Verfahren als gegen die Gerichtsvollzieherin beim Amtsgericht Rosenheim gerichtet fortgeführt.
Zur beabsichtigten Verweisung an das Amtsgericht Rosenheim äußerte sich nur die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 11. Dezember 2017 und erteilte ihre Zustimmung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend auf die Gerichtsakte und auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Für den vorliegenden Rechtsstreit ist der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet, weshalb er nach Anhörung an das sachlich und örtlich zuständige Amtsgericht Rosenheim zu verweisen war (§ 40 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –, § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG).
Soweit der Antragsteller begehrt, der Antragsgegnerin aufzugeben, die Vollstreckungsmaßnahmen aufgrund des Vollstreckungsersuchens des Bayerischen Rundfunks zu unterlassen und das Vollstreckungsverfahren ganz einzustellen, ist sein Antrag gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass er nicht Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch, sondern (nur) gegen die Zwangsvollstreckung als solche erhebt. Dafür spricht auch seine Klarstellung diesbezüglich im Schreiben vom … Oktober 2017 (dort 1. Absatz).
Vorliegend ließe sich der Antrag für sich genommen zwar auch dahingehend verstehen, dass der Antragsteller gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines in der Hauptsache eingelegten bzw. noch einzulegenden Rechtsbehelfs begehrt, hier seines Widerspruchs vom 26. März 2017, über den nach Aktenlage noch nicht entschieden ist. Er hat beim Bayerischen Rundfunk auch die Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO beantragt und damit eine der Voraussetzungen des § 80 Abs. 6 VwGO erfüllt. Ihm droht auch die Vollstreckung, sodass dem Antrag auch im Übrigen § 80 Abs. 6 VwGO nicht entgegensteht. Allerdings hat der Antragsteller zweimal klar zum Ausdruck gebracht, er wende sich gerade nicht gegen den Rundfunkbeitrag als solchem, sondern gegen die Legitimität der Vollstreckung an sich und er hat sich dabei vor allem auf Entscheidungen des Landgerichts Tübingen bezogen (B.v. 19.5.2014, Az. 5 T 81/14; B.v. 9.9.2015, 5 T 162/15), die sich (nur) mit den – angeblich fehlenden – Vollstreckungsvoraussetzungen befassen. Demgemäß sieht sich auch der Bayerische Rundfunk im vorliegenden Fall nicht in der Rolle des Antragsgegners. Im Übrigen wären in der Tat Einwendungen gegen die Vollstreckung als solcher im Rahmen einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung des Sachverhalts nicht streitgegenständlich und daher nicht zu prüfen. Selbst wenn also ein Hauptsacherechtsbehelf und / oder ein Eilantrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO hier anhängig wäre, müsste das Verfahren, soweit damit Einwände gegen die Vollstreckung an sich aus einem Rundfunkbeitragsbescheid erhoben werden, abgetrennt und an das hierfür örtlich und sachlich zuständige Zivilgericht verwiesen werden.
Wollte man den Antrag dahingehend verstehen, dass der Antragsteller im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, die Vollstreckung gemäß Art. 21, Art. 22 VwZVG einzustellen, wäre der Antrag unzulässig. Denn der Antragsteller macht keine Einwendungen geltend, die erst nach Erlass des zu vollstreckenden Bescheids entstanden sind und mit förmlichen Rechtsbehelfen nicht mehr geltend gemacht werden können (Art. 21 Satz 2 VwZVG).
Zur Entscheidung über Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung als solche sind – anders als zur Entscheidung über – auch nachträglich entstandene – (materiell-rechtliche) Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch, die schon gegenüber dem Bayerischen Rundfunk geltend gemacht wurden (oder hätten geltend gemacht werden können) – nicht die Verwaltungsgerichte, sondern gemäß § 10 Abs. 6 RBStV, Art. 7 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Rundfunkstaatsvertrags, des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags und des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags – AGStV Rundf, Jumedsch, Rundfbeitr – i.V.m. Art. 26 Abs. 7 Satz 2, Art. 27 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz – VwZVG die ordentlichen Gerichte berufen (vgl. Käß in: Giehl, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand: Dezember 2015, Art. 26 Nr. XII).
Dem zuständigen Gericht bleibt auch die Kostenentscheidung vorbehalten (§ 17b Abs. 2 GVG).