Verwaltungsrecht

Einzelfall einer erfolglosen Asylklage (Afghanistan)

Aktenzeichen  W 1 K 18.30204

Datum:
9.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 9415
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3
EMRK Art. 3
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
VwGO § 87b Abs. 3

 

Leitsatz

Die allgemeine Versorgungslage in Afghanistan stellt keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK dar. Für alleinstehende männliche arbeitsfähige afghanische Staatsangehörige ist die Lage nicht so ernst, dass eine Abschiebung dorthin ohne Weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten würde.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Klage, über die in Abwesenheit eines Vertreters der Beklagten verhan-delt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, je-doch unbegründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Der Bescheid des Bundesamtes vom 23. Dezember 2016 ist – soweit er noch Gegenstand dieses Verfahrens ist – einschließlich der darin enthaltenen Abschiebungsandrohung sowie des Einreise- und Aufenthaltsverbots rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG. Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention – GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Nach § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 (BGBl I S. 2780 ff.) geändert worden ist (AsylG), anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG – wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG – die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) – Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.
1. Dies zugrunde gelegt hat der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der Kläger hat vielmehr nicht glaubhaft und überzeugend darlegen können, dass er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatlandes aufhält. Er hat auch bereits keine Vorverfolgung seiner Person in Afghanistan nachvollziehbar darlegen können. Soweit der Kläger erklärt hat, dass er aufgrund einer Wahlkampftätigkeit für die Partei des Ashraf Ghani sowie der früheren Zusammenarbeit seines Vaters mit den Kommunisten bedroht worden sei, so ist der diesbezügliche Vortrag sowohl vor dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung in jeder Hinsicht ausgesprochen vage und unsubstantiiert geblieben, sodass nicht davon auszugehen ist, dass es sich hierbei um tatsächliche Erlebnisse des Klägers gehandelt hat. Der Kläger hat es an einer lebensnahen plastischen Schilderung der angeblichen Fluchtgründe fehlen lassen.
Was eine Bedrohung des Klägers aufgrund der Mitgliedschaft des Vaters in der kommunistischen Partei angeht, so hält es das Gericht zudem nicht für nachvollziehbar, dass der Vater aufgrund seiner Parteizugehörigkeit umgebracht worden sein soll, nachdem der Kläger erklärt hat, dass die Verfolgung der Kommunisten nach dem Ende von deren Herrschaft eingesetzt habe. Hierbei ist zu bedenken, dass die russische Besatzungsmacht in Afghanistan bereits 1989 beendet war und der von Russland gestützte Präsident Najibullah 1992 gestürzt wurde. Falls der Vater des Klägers tatsächlich aufgrund seiner Parteizugehörigkeit gefährdet war, so erscheint es doch nicht lebensnah erklärbar, dass dieser erst im Jahre 2006 Opfer von Verfolgungsmaßnahmen geworden sein soll. Noch weniger glaubhaft erscheint, dass der Kläger selbst im Jahre 2015, 23 Jahre nach Ende der kommunistischen Herrschaft, einer Bedrohung infolge der ehemaligen Zugehörigkeit des Vaters zur kommunistischen Partei ausgesetzt gewesen sein soll, zumal der Kläger nicht vorgebracht hat, dass der Vater eine herausragende Rolle in der Partei innegehabt hätte. Überdies hat der Kläger für eine Parteimitgliedschaft oder den Tod bzw. die Ermordung des Vaters keinerlei Unterlagen und Nachweise vorgelegt. Schließlich ist bereits unklar, wer konkret die Verfolger des Klägers gewesen sein sollen. Beim Bundesamt hat er hierzu auf die Mudschaheddin verwiesen, während er in der mündlichen Verhandlung pauschal auf die weiterhin stattfindende Verfolgung der „Kinder der Russen“ durch den IS und die Taliban hingewiesen hat.
Soweit der Kläger darüber hinaus einen Vorfall geltend gemacht hat, bei dem er vor seinem Haus von fremden Personen habe ergriffen werden sollen, so ist auch diese Begebenheit nicht glaubhaft und nachvollziehbar geschildert worden. Zunächst fällt bereits auf, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass er seinerzeit wieder ins Haus habe fliehen können, nachdem andere Personen aufgetaucht seien, wodurch er die Möglichkeit gehabt habe, sich in das Haus zurückzuziehen und in Sicherheit zu bringen. Von diesen anderen Personen war beim Bundesamt jedoch nicht die Rede. Auch hat der Kläger nicht überzeugend darlegen können, dass und vor welchem Hintergrund es sich bei den vor dem Haus befindlichen Personen um seine Feinde gehandelt haben soll. Er hat hierzu in der mündlichen Verhandlung lediglich lapidar erklärt, dass er gewusst habe, dass dies seine Feinde seien. Eine wie auch immer geartete Einordnung oder Zuordnung zu einem bestimmten Personenkreis hat der Kläger nicht vorgenommen. Nicht erklärbar erscheint auch, dass diese Personen dem Kläger ihr Begehren bzw. ihre Forderungen nicht mitgeteilt haben sollen, zumal der Kläger diesen Vorfall auf Nachfrage zeitlich zwischen Januar und April 2015 eingeordnet hat und er sich danach noch mehr als drei Monate bis zu seiner Ausreise am Heimatort aufgehalten hat. Warum sich diese Personen während dieses Zeitraums nicht noch einmal bei ihm gemeldet haben sollten, ist nicht nachvollziehbar, wenn sie tatsächlich das Interesse gehabt hätten, seiner habhaft zu werden. Überhaupt erscheint es merkwürdig, dass der Kläger den Vorfall, bei dem er sich offensichtlich in Todesgefahr wähnte und der ihn zum Verlassen Afghanistans veranlasst haben soll, nicht näher zeitlich einordnen kann. Völlig unverständlich erscheint in der Folge auch, dass der Kläger ohne konkret zu wissen, wer diese Leute gewesen sind und was sie von ihm wollten, allein aufgrund seines Eindrucks, dass es sich hierbei um Feinde handele, sein Heimatland verlassen haben will. Soweit der Kläger beim Bundesamt angegeben hat, dass der Unbekannte an der Haustüre sich nicht noch einmal bei ihm habe melden können, da er sich schnell überlegt habe, Afghanistan zu verlassen, so ist diesbezüglich nochmals zu bemerken, dass der Kläger sich nach dem genannten Vorfall noch längere Zeit, nämlich noch mindestens drei Monate, in Afghanistan aufgehalten hat. Wenn der Kläger in diesem Zusammenhang angibt, sich nicht mehr getraut zu haben, das Haus zu verlassen, so erscheint auch dies nicht glaubhaft, da er in der Zwischenzeit für seinen Lebensunterhalt hat sorgen sowie seine Flucht organisieren müssen. Zur Finanzierung der Flucht will der Kläger nach eigenen Angaben viele geerbte Felder und einige Tiere verkauft haben, wozu er bei lebensnaher Betrachtung auch sein Haus hat verlassen müssen. Wäre der Kläger tatsächlich in Afghanistan bedroht worden und in ernsthafter Gefahr gewesen, so erscheint es nicht realistisch, dass er sich nach dem beschriebenen Vorfall noch mehr als drei Monate am Herkunftsort aufgehalten hat.
Überdies hat der Kläger auf eine Wahlkampftätigkeit für die Partei des Ashraf Ghani hingewiesen, was die Anhänger des Abdullah Abdullah auf ihn wütend gemacht habe und er daraufhin von diesen – unter dem Namen der Taliban und des IS – bedroht worden sei. Zum einen ist festzustellen, dass der Kläger von derartigen Bedrohungen – abgesehen von der zuvor erwähnten Begebenheit – vor dem Bundesamt nichts erwähnt hat, sodass der nunmehrige Vortrag in der mündlichen Verhandlung als Steigerung des Sachvortrag zu werten ist, welche mangels anderweitig ersichtlicher Begründung nur den Schluss zulässt, dass der Kläger diese aus asyltaktischen Gründen angeführt hat, nachdem sein Vortrag beim Bundesamt nicht zu dem gewünschten Erfolg der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt hat. Auch ist zu bedenken, dass der Präsidentschaftswahlkampf mit der Wahl des Ashraf Ghani bereits im Juni 2014 beendet war, sodass eine Ausreise im August 2015 – mithin erst 14 Monate nach Beendigung des Wahlkampfs – aufgrund von Bedrohungen im Zusammenhang mit einer Wahlkampftätigkeit des Klägers nicht glaubhaft ist.
Die Angabe des Klägers vor dem Bundesamt, dass er Mitglied beim Roten Kreuz gewesen sei, hat dieser in der mündlichen Verhandlung im Rahmen der Darstellung seiner Fluchtgründe nicht mehr erwähnt, sodass davon auszugehen ist, dass eine Gefährdung des Klägers aus diesem Grunde nicht stattgefunden hat und er auch im Rückkehrfalle nicht von einer solchen ausgeht. Ein diesbezüglicher Nachweis über eine solche Mitgliedschaft ist darüber hinaus auch nicht vorgelegt worden.
Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht vor dem Hintergrund der in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgelegten Lichtbilder, die eine Frau zeigen – nach Aussage des Klägers dessen Schwester –, die offenbar geschlagen wurde und der eine Waffe an den Kopf gehalten wird. Diese Bilder stammten nach klägerischen Angaben aus einem Video, das der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgeführt hat und in dem eine Frau mit einer Waffe bedroht und aufgefordert wird, den Aufenthaltsort des Klägers – unter Nennung von dessen Namen – bekanntzugeben. Darüber hinaus hat der Kläger erklärt, dass ihm im Zusammenhang mit der Übermittlung des Videos über das Smartphone seiner Schwester gesagt worden sei, dass er Geld schicken, schnell nach Afghanistan kommen und mit den Entführern zusammenarbeiten solle. Bei den Entführern handele es sich wiederum um die Gegner seines Vaters, die immer noch gegen die Familie agierten.
Das Gericht misst den vorgelegten Bildern sowie dem vorgeführten Video keine Beweiskraft im Hinblick auf eine Verfolgung des Klägers bei. Denn es erscheint in keiner Weise lebensnah nachvollziehbar, dass der Kläger derartige Beweisstücke, die nach klägerischer Einschätzung mit seiner Verfolgung in Zusammenhang stehen, nicht innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist nach § 87b VwGO vorgelegt hat. Hiernach war der Kläger gehalten, bis spätestens zum 23. März 2018 sämtliche der Klagebegründung dienenden Erklärungen und Beweismittel sowie etwaigen weiteren Tatsachenvortrag und Beweismittel vorzulegen, zumal der Kläger über seinen Bevollmächtigten auch darauf hingewiesen worden ist, dass das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die nach Ablauf der Frist vorgelegt werden, unter den Voraussetzungen des § 87b Abs. 3 VwGO zurückweisen kann. Bezeichnenderweise hat der Kläger im Rahmen der umfassenden Frage des Einzelrichters in der mündlichen Verhandlung zu seinen Fluchtgründen und Befürchtungen im Rückkehrfalle zu einer Entführung der Schwester zunächst keinerlei Angaben gemacht (auch nicht im Rahmen der Befragung zu weiteren Verwandten in Afghanistan, bei der die Schwester aktiv erwähnt wurde), sondern erst auf eine ergänzende Frage seines Bevollmächtigten dazu, wem das Elternhaus gehöre und warum seine Schwester nicht darin wohne. Ein solches Verhalten spricht nach Überzeugung des Gerichts dagegen, dass durch die vorgelegten Dokumente der Nachweis dafür geführt werden kann, dass der Kläger im Rückkehrfalle einer persönlichen Verfolgung unterworfen sein würde, zumal völlig unklar ist, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen die Dokumente entstanden sind. Weitere Aufklärungsmaßnahmen hinsichtlich der Herkunft, dem Inhalt und der Echtheit der Lichtbilder sowie des Videos waren darüber hinaus nicht durchzuführen, da dies die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde, der Kläger die verspätete Vorlage nicht genügend entschuldigt hat (er hat das Video vielmehr bereits im Oktober 2017 erhalten) und er über die Folgen einer Fristversäumung mit Schreiben an seinen Bevollmächtigten vom 26. Februar 2018 hingewiesen wurde, § 87b Abs. 3 VwGO. Ein etwaiges Verschulden des Klägerbevollmächtigten ist dem Kläger hierbei zuzurechnen.
Aber selbst dann, wenn man davon ausginge, dass die Schwester des Klägers tatsächlich entführt und nach dem Aufenthaltsort des Klägers befragt worden ist, so beweist dies nach Überzeugung des Gerichts nicht die vom Kläger vorgetragene Verfolgung seiner Person. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Entführung allein einen kriminellen Hintergrund hat, um von dem aktuell in Europa lebenden (und damit aus Sicht der Entführer mutmaßlich reichen) Kläger Geldmittel zu erpressen. Diesbezüglich hat der Kläger bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung auch selbst angegeben, dass er aufgefordert worden sei, Geld nach Afghanistan zu schicken. Überdies geht auch der Klägerbevollmächtigte von einer Erpressung der Taliban aus, um deren Organisation zu finanzieren. Dies jedoch begründet keine individuelle Verfolgung des Klägers i.S.d. § 3 AsylG. Soweit dieser angegeben hat, dass ihm im Zusammenhang mit der Geldforderung gesagt worden sei, dass er schnell nach Afghanistan kommen und mit den Entführern des Vaters zusammenarbeiten solle, so erscheint dies auch unter Berücksichtigung obiger Ausführungen in der Gesamtschau als konstruiert und nicht glaubhaft. Dies gilt in besonderer Weise vor dem Hintergrund, dass der Kläger im Rahmen seiner abschließenden Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass er wünsche, zehn Jahre in Deutschland bleiben zu dürfen. In dieser Zeit möchte er ein Politik- oder Medizinstudium absolvieren; nach dieser Zeit könne man ihn auch nach Afghanistan abschieben. Eine derartige Aussage weist sehr deutlich darauf hin, dass der Kläger aufgrund der allgemeinen Perspektivlosigkeit aus Afghanistan ausgereist und dort nicht vorverfolgt worden ist.
Es ist schließlich auch keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG gegenüber dem Kläger ersichtlich. Denn eine Handlung, die die Qualität des § 3a AsylG aufweist, liegt nicht allein in der Ergreifung des Klägers vor dessen Wohnhaus und es ist überdies nicht ersichtlich, dass ihm Verfolgungshandlungen nach § 3a AsylG im Falle seiner Ergreifung drohen würden, nachdem der Kläger weder nachvollziehbar angeben konnte, wer die Männer vor seiner Tür waren und was sie von ihm wollten.
Nach alledem ist der Kläger nicht vorverfolgt aus Afghanistan ausgereist und es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass ihm bei einer Rückkehr dorthin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung drohen würde.
2. Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen bestünde jedoch für den Kläger in Afghanistan die Möglichkeit eines internen Schutzes nach § 3e AsylG in Kabul, wenn man – entgegen obiger Ausführungen – davon ausginge, dass der Kläger vorverfolgt aus seinem Heimatland ausgereist ist, indem aufgrund seiner Wahlkampfhilfe für Ashraf Ghani sowie der ehemaligen Parteizugehörigkeit seines Vaters zur kommunistischen Partei eine Verfolgung stattgefunden hat bzw. unmittelbar bevorstand.
Einem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nach § 3e AsylG nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zum Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Hierbei sind die allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsland und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Art. 4 der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen.
Das Gericht geht – auch unter Berücksichtigung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie – davon aus, dass der Kläger in Kabul internen Schutz erlangen kann und dort keine Verfolgungsgefahr zu befürchten hat. Es sprechen nämlich stichhaltige Gründe dagegen, dass der Kläger dort erneut von einer Verfolgung bedroht würde, wie er sie in seinem Asylverfahren vorgetragen hat. Der Kläger ist ersichtlich kein hochrangiges Angriffsziel für die Taliban bzw. den IS. Denn dieser hat niemals selbst mit den Kommunisten zusammengearbeitet und überdies wurde die Zusammenarbeit seines Vaters bereits durch dessen Ermordung gesühnt. Auch im Hinblick auf die Anhänger des Abdullah Abdullah, die den Kläger unter dem Namen der Taliban und des IS bedrohten, ist lebensnah nicht davon auszugehen, dass diese den Kläger aufgrund seiner Wahlkampfhilfe im Präsidentschaftswahlkampf des Jahres 2014 weiterhin auch andernorts in Afghanistan verfolgen. Denn der seinerzeit 16- bzw. knapp 17-jährige Kläger hat ersichtlich keine herausragende Funktion im Rahmen dieses Wahlkampfs ausgeübt und stellt lange Zeit nach Beendigung dieses Wahlkampfs sicherlich kein hochrangiges Angriffsziel dar, sodass nicht davon auszugehen ist, dass diese Personen den Kläger in Kabul würden aufspüren wollen bzw. auch nur die Möglichkeit hierzu hätten. Wie bereits ausgeführt, ist auch das o.g. Video nicht geeignet, von einer anderen Einschätzung auszugehen, da dieses allenfalls einen allgemein-kriminellen Hintergrund hat und die Entführer der Schwester den Aufenthaltsort des Klägers in Erfahrung bringen wollen, um diesen zur Finanzierung ihrer Organisation bzw. der eigenen Bereicherung zu erpressen. Da der Kläger zudem seinen Wohnsitz nicht nur innerhalb seiner Heimatprovinz, sondern auch über Provinzgrenzen hinweg in die Millionenstadt Kabul wechselt, erhöht dies seine Sicherheit weiterhin signifikant. Nach alledem geht das Gericht davon aus, dass stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass der Kläger in Kabul erneut von einer Verfolgung bedroht wäre.
Der Kläger könnte darüber hinaus sicher und legal nach Kabul reisen. Schließlich kann von ihm vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich dort niederlässt. Erforderlich ist hierfür, dass am Ort des internen Schutzes die entsprechende Person durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, oder durch Zuwendungen von dritter Seite nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem angemessenen Lebensunterhalt Erforderliche erlangen kann. Zu den danach zumutbaren Arbeiten gehören auch Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs, beispielsweise in der Landwirtschaft oder im Bausektor ausgeübt werden können. Nicht zumutbar ist hingegen jedenfalls die entgeltliche Erwerbstätigkeit für eine kriminelle Organisation, die in der fortgesetzten Begehung von oder Teilnahme an Verbrechen besteht. Der Zumutbarkeitsmaßstab geht im Rahmen des internen Schutzes über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris; OVG Nordrhein-Westfalen, B.v. 6.6.2016 – 13 A 18182/15.A – juris).
Die diesbezügliche aktuelle Lage in Afghanistan und Kabul stellt sich wie folgt dar:
Das Auswärtige Amt führt in seinem Lagebericht vom 19. Oktober 2016 (a.a.O. S. 21 ff.) aus, dass Afghanistan eines der ärmsten Länder der Welt sei und trotz Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, erheblicher Anstrengungen der Regierung und kontinuierlicher Fortschritte im Jahr 2015 lediglich Rang 171 von 187 im Human Development Index belegt habe. Die afghanische Wirtschaft ringe in der Übergangsphase nach Beendigung des NATO-Kampfeinsatzes zum Jahresende 2014 nicht nur mit der schwierigen Sicherheitslage, sondern auch mit sinkenden internationalen Investitionen und der stark schrumpfenden Nachfrage durch den Rückgang internationaler Truppen um etwa 90%. So seien ausländische Investitionen in der ersten Jahreshälfte 2015 bereits um 30% zurückgegangen, zumal sich die Rahmenbedingungen für Investoren in den vergangenen Jahren kaum verbessert hätten. Die wirtschaftliche Entwicklung bleibe durch die schwache Investitionstätigkeit geprägt. Ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum scheine kurzfristig nicht in Sicht. Rund 36% der Bevölkerung lebe unterhalb der Armutsgrenze. Die Grundversorgung sei für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung, was für Rückkehrer naturgemäß verstärkt gelte. Dabei bestehe ein eklatantes Gefälle zwischen urbanen Zentren wie z.B. Kabul und ländlichen Gebieten Afghanistans. Das rapide Bevölkerungswachstum stelle eine weitere Herausforderung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes dar. Zwischen den Jahren 2012 und 2015 werde das Bevölkerungswachstum auf rund 2,4% pro Jahr geschätzt, was in etwa einer Verdoppelung der Bevölkerung innerhalb einer Generation gleichkomme. Die Schaffung von Arbeitsplätzen bleibe eine zentrale Herausforderung. Nach Angaben des afghanischen Statistikamtes sei die Arbeitslosenquote im Oktober 2015 auf 40% gestiegen. Die internationale Gemeinschaft unterstütze die afghanische Regierung maßgeblich in ihren Bemühungen, die Lebensbedingungen der Menschen in Afghanistan zu verbessern. Aufgrund kultureller Bedingungen seien die Aufnahme und die Chancen außerhalb des eigenen Familien- bzw. Stammesverbandes vor allem in größeren Städten realistisch.
Aus der Lagebeurteilung des Auswärtigen Amtes für Afghanistan vom 28. Juli 2017 ergibt sich insoweit nichts grundlegend Abweichendes: In fast allen Regionen werde von der Bevölkerung die Arbeitslosigkeit als das größte Problem genannt. Die Zahl der neu hinzugekommenen Binnenvertriebenen sei im ersten Halbjahr 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast 25% gesunken. Die afghanische Regierung habe unter Beteiligung der internationalen Geberschaft sowie internationaler Organisationen mit der Schaffung einer Koordinierungseinheit zur Reintegration der Binnenflüchtlinge und Rückkehrer reagiert. Ein Großteil der internationalen Geberschaft habe zu-dem beschlossen, die Finanzmittel für humanitäre Hilfe im Rahmen eines Hilfsappells des UN-Koordinierungsbüros für humanitäre Angelegenheit OCHA aufzustocken. Trotz internationaler Hilfe übersteige der derzeitige Versorgungsbedarf allerdings das vorhandene Maß an Unterstützungsmaßnahmen seitens der Regierung.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Afghanistan: Update – Die aktuelle Sicherheitslage vom 14.09.2017, Seite 27 ff.) führt aus, dass Afghanistan eines der ärmsten Länder der Welt bleibe, wobei der Anteil der notleidenden Bevölkerung im Verlaufe des Jahres 2016 um 13% angestiegen sei; 2017 benötigten 9,3 Millionen Afghanen dringend humanitäre Hilfe. Die Arbeitslosenquote sei seit dem Abzug der internationalen Streitkräfte rasant angestiegen und inzwischen auch in städtischen Gebieten hoch. Gleichzeitig seien die Löhne in Gebieten, welche von Rückkehrströmen betroffen seien, signifikant gesunken. Nach wie vor seien die meisten Menschen in der Land- und Viehwirtschaft oder als Tagelöhner tätig. Die zunehmenden Rückkehrströme hätten zu einem enormen Anstieg an Unterkunftsbedarf geführt, weshalb sich insbesondere in der Hauptstadt Kabul die Wohnraumsituation extrem verschärft habe. Rund 68% der Bevölkerung hätten keinen Zugang zu adäquaten Sanitätsinstallationen und ca. 45% keinen Zugang zu aufbereitetem Trinkwasser. Rund 40% der Bevölkerung sei von Lebensmittelunsicherheit betroffen. Die Zahl der von ernsthafter Lebensmittelunsicherheit betroffenen Menschen steige an und umfasse inzwischen 1,6 Millionen Personen. In Gebieten, die von hohen Rückkehrströmen betroffen waren, seien die Lebensmittelpreise stark angestiegen. Etwa 9 Millionen Menschen, in besonderem Maße Frauen und Kinder, hätten keinen oder nur beschränkten Zugang zu Gesundheitseinrichtungen, welchen es auch an angemessener Ausstattung mangele. Im Jahr 2016 sei der Druck zur Rückkehr auf afghanische Flüchtlinge im Iran und in Pakistan dramatisch angestiegen; Kabul sowie die Provinzen im Norden, Nordosten und Osten des Landes seien in besonderem Maße betroffen gewesen. Rückkehrende fänden oft keine adäquate Unterkunft; sie lebten oft in notdürftigen Behausungen mit schlechten Sanitäranlagen. Der eingeschränkte Zugang zu Land, Nahrungsmitteln und Trinkwasser und die begrenzten Möglichkeiten zur Existenzsicherung stellten eine enorme Herausforderung für diesen Personenkreis dar. Aufgrund der äußerst schwierigen Lebensbedingungen würden Rückkehrende oft zu intern Vertriebenen, deren Zahl Ende 2016 auf etwa 1,4 Millionen Menschen geschätzt worden sei und deren Lage sich in den vergangenen Jahren massiv verschlechtert habe. Auch für Flüchtlinge aus Europa gestalte sich eine Rückkehr schwierig. Die Bevölkerung Kabuls solle sich binnen nur sechs Jahren verdreifacht haben. Dort lebten etwa 75% der Bevölkerung in informellen und behelfsmäßigen Behausungen, die oft weder ans Wasserversorgungsnetz noch an die Kanalisation angeschlossen seien. Der Zugang zu Lebensmitteln habe sich rasant verschlechtert, was unter anderem auf die mangelnden Arbeitsmöglichkeiten zurückzuführen sei. Armut sei weit verbreitet. Beinahe die Hälfte der Bevölkerung Kabuls könne sich keine medizinische Behandlung leisten. Die große Zahl der Rückkehrenden und intern Vertriebenen führe zur Überlastung der bereits äußerst stark beanspruchten Infrastruktur zur Erbringung der Grunddienstleistungen in der Hauptstadt Kabul aber auch andernorts, insbesondere in den wichtigsten Provinzstädten und Bezirken.
Trotz dieser geschilderten schwierigen Bedingungen ist von dem Kläger vernünftigerweise zu erwarten, dass er sich in Kabul niederlässt. Aufgrund seiner in Europa erworbenen Erfahrungen befindet er sich in einer vergleichsweise guten Position. Mit diesen Erfahrungen und Kenntnissen ist davon auszugehen, dass der Kläger auch ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan in der Lage wäre, zumindest durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines ausreichendes Einkommen zu erzielen. Das entspricht auch der Auffassung des UNHCR – auf den die Schweizerische Flüchtlingshilfe hinsichtlich der Situation der Rückkehrenden Bezug nimmt -, wonach bei alleinstehenden leistungsfähigen Männern – wie dem 20-jährigen Kläger – eine Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung in Betracht kommt (vgl. UNHCR-Richtlinien vom 19.4.2016, S. 9). An dieser Einschätzung des Gerichts ändert sich auch durch die Anmerkungen des UNHCR zur Situation in Afghanistan vom Dezember 2016 nichts. Der UNHCR weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass sich die Sicherheitslage seit April 2016 insgesamt nochmals deutlich verschlechtert habe, was damit einher gehe, dass sich der Konflikt in Afghanistan im Laufe des Jahres 2016 weiter ausgebreitet habe und die Zahl der zivilen Opfer im ersten Halbjahr 2016 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um weitere 4% gestiegen sei. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass die Zahl der zivilen Opfer in Afghanistan im Jahre 2017 gegenüber dem Vorjahr um 9% gesunken ist (vgl. UNAMA, Afghanistan Annual Report 2017, Februar 2018, S. 1). Die Zahl der intern Vertriebenen habe im Jahr 2016 auf Rekordniveau gelegen; zudem sei auch aus den Nachbarländern Pakistan und Iran eine große Zahl von Menschen nach Afghanistan zurückgekehrt, was zu einer extremen Belastung der ohnehin bereits überstrapazierten Aufnahmekapazitäten in den wichtigsten Städten der Provinzen und Distrikte in Afghanistan geführt habe. Dies gelte auch für die Stadt Kabul, wo nur begrenzte Möglichkeiten der Existenzsicherung, eine extrem angespannte Wohnraumsituation sowie mangelnder Zugang zu grundlegenden Versorgungsleistungen bestehe, sodass die Verfügbarkeit einer internen Schutzalternative im Umfeld eines dramatisch verschärften Wettbewerbs um den Zugang zu knappen Ressourcen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände jedes einzelnen Antragstellers geprüft werden müsse. Trotz dieser Einschätzung, für die der UNHCR seine eigenen Maßstäbe zugrunde legt, hält dieser auch gleichzeitig ausdrücklich an seinen Richtlinien von April 2016 fest, wonach bei alleinstehenden leistungsfähigen Männern eine Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung in Betracht kommt, wovon das Gericht bei dem hiesigen Kläger ausgeht.
Soweit das Bundesverwaltungsgericht der Schweiz in einer Entscheidung vom 13.10.2017 (Az. D-5800/2016) zu einem anderen Ergebnis kommt und ausführt, ohne besonders begünstigende Faktoren wie das Vorhandensein eines tragfähigen sozialen Netzes in Kabul sei ein Zurückschicken auch bei gesunden jungen Männern unzumutbar, kann sich dem das Gericht auf der Grundlage der oben aufgezeigten Erkenntnislage nicht anschließen. Mit der Rechtsprechung des Bayer. VGH (vgl. zuletzt B.v. 4.1.2018 – 13a ZB 17.31652 – juris), der sich das erkennende Gericht anschließt, sind alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben.
Bei dem Kläger ist darüber hinaus individuell zu berücksichtigen, dass er elf Jahre die Schule besucht hat und damit über einen Bildungsstand verfügt, mit dem er gegenüber den vielen Analphabeten in Afghanistan klar im Vorteil ist und auch ein deutlich größeres Spektrum an Tätigkeiten ausüben kann, was wiederum seine Chancen auf eine Erwerbstätigkeit spürbar erhöht. Auch aufgrund seiner in Europa erworbenen Erfahrungen und Sprachkenntnisse (der Kläger arbeitet aktuell 35 Stunden pro Woche als Gießereimitarbeiter bei der Firma B. R.) befindet sich der Kläger in einer vergleichsweise guten Position. Überdies hat der Kläger beim Bundesamt angegeben, über weitere Sprachkenntnisse zu verfügen; neben Dari und Paschto verstehe und spreche er auch türkisch, usbekisch und etwas Englisch. Positiv ist zudem zu erwähnen, dass der Kläger über berufliche Erfahrungen in der Landwirtschaft verfügt, dem in Afghanistan immer noch wichtigsten Erwerbszweig. Diese beruflichen Erfahrungen wird der Kläger sicherlich auch bei einer Rückkehr in sein Heimatland gewinnbringend einsetzen und dadurch seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen können. Der Kläger hat darüber hinaus rund 18 Jahre in Afghanistan gelebt und damit die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse seines Heimatlandes kennengelernt, sodass er sich auch nach einer Rückkehr dort wird zurechtzufinden können. Ohne dass es rechtlich noch hierauf ankäme, könnte der Kläger im Bedarfsfalle auch auf die Unterstützung des neuen Ehemannes seiner Mutter oder seines Onkels zurückgreifen, die beide berufstätig sind, sodass eine Hilfeleistung – gegebenenfalls mittels Geldtransfer (vgl. hierzu EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan Networks, Januar 2018, S. 30) – auch realistisch erscheint. Denn es ist im Kulturkreis des Klägers absolut üblich, dass in Notsituationen über derartige Kontakte Unterstützung geleistet wird und es ist nichts dafür ersichtlich, dass dies vorliegend nicht geschehen würde.
Auch nach obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. etwa BayVGH, B.v. 4.1.2017 – 13a ZB 16.30600 – juris; VGH Baden-Württemberg, U.v. 17.1.2018 – A 11 S 241/17 – juris; U.v. 5.12.2017 – A 11 S 1144/17 – juris), der sich das Gericht anschließt, scheitert eine Rückkehr nach Afghanistan grundsätzlich nicht an einem langjährigen Aufenthalt in Europa oder Drittländern. Aufgrund seiner in Europa erworbenen Erfahrungen befindet sich der Kläger vielmehr in einer vergleichsweise guten Position. Maßgeblich ist vielmehr, dass der Betroffene den größten Teil seines Lebens in einer islamisch geprägten Umgebung verbracht hat und eine der beiden Landessprachen spricht. Dies ist vorliegend der Fall.
Darüber hinaus kann der Kläger seine finanzielle Situation zusätzlich auch dadurch verbessern, dass er Start- und Reintegrationshilfen in Anspruch nimmt. So können afghanische ausreisewillige Personen seit dem Jahr 2016 Leistungen aus dem REAG-Programm sowie aus dem GARP-Programm erhalten, die Reisebeihilfen im Wert von 200,00 EUR und Starthilfen im Umfang von 500,00 EUR beinhalten. Darüber hinaus besteht seit Juni 2016 das Reintegrationsprogramm ERIN. Die Hilfen aus diesem Programm umfassen z.B. Service bei Ankunft, Beratung und Begleitung zu behördlichen, medizinischen und caritativen Einrichtungen, berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, Arbeitsplatzsuche sowie Unterstützung bei einer Geschäftsgründung. Die Unterstützung wird weitgehend als Sachleistung gewährt. Der Leistungsrahmen für rückgeführte Einzelpersonen beträgt dabei ca. 700 EUR (vgl. Auskunft des Bundesamts vom 12.8.2016 an das VG Ansbach; VG Augsburg, U.v. 18.10.2016 – AU 3 K 16.30949 – juris). Der Kläger könnte sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die genannten Start- und Reintegrationshilfen ganz oder teilweise nur für freiwillige Rückkehrer gewährt werden, also teilweise nicht bei einer zwangsweisen Rückführung. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein Asylbewerber, der durch eigenes zumutbares Verhalten – wie insbesondere durch freiwillige Rückkehr – im Zielstaat drohende Gefahren abwenden kann, nicht vom Bundesamt die Feststellung eines Abschiebungsverbots verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1997 – 9 C 38.96 – juris; VGH BW, U.v. 26.2.2014 – A 11 S 2519/12 – juris). Dementsprechend ist es dem Kläger möglich und zumutbar, gerade zur Überbrückung der ersten Zeit nach einer Rückkehr nach Afghanistan freiwillig Zurückkehrenden gewährte Reisehilfen sowie Reintegrationsleistungen in Anspruch zu nehmen.
Vor diesem Hintergrund folgt das Gericht auch nicht der Einschätzung von Frau F. St. und Amnesty International, wonach die Annahme, dass alleinstehende junge gesunde Männer und kinderlose Paare ihr Überleben aus eigener Kraft sichern könnten, durch die derzeitige humanitäre Lage inzwischen grundlegend infrage gestellt bzw. überholt sei (vgl. Friederike Stahlmann, Überleben in Afghanistan, Asylmagazin 3/2017, S. 73 ff.; Amnesty International, Auskunft an das VG Leipzig vom 8.1.2018). Denn nach Überzeugung des Gerichts bieten die geschilderten persönlichen Verhältnisse und Ressourcen ausreichende und realistische Möglichkeiten dafür, zumindest für den hiesigen Kläger ein Leben Kabul zumutbar erscheinen zu lassen.
Nach alledem kann der Kläger internen Schutz in Kabul in Anspruch neh-men, sodass auch aus diesem Grunde ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausscheidet.
II.
Der Kläger hat weiterhin keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG.
1. Dem Kläger droht nach Überzeugung des Gerichts weder die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG noch droht ihm ein ernsthafter Schaden durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Die Gefahr eines diesbezüglichen ernsthaften Schadens ist bereits nicht glaubhaft gemacht worden, jedenfalls besteht jedoch eine interne Schutzmöglichkeit in Kabul. Diesbezüglich kann vollumfänglich auf die obigen Ausführungen zu § 3 AsylG verwiesen werden.
2. Dem Kläger droht auch keine individuelle und konkrete Gefahr eines ernst-haften Schadens i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG aufgrund der Sicherheitslage in seiner Herkunftsregion, der Provinz Tachar. Dasselbe gilt für die Hauptstadt Kabul als inländischer Fluchtalternative entsprechend obiger Ausführungen. In der Nordostregion, zu der die Provinz Tachar gehört, wurden im Jahre 2017 758 Zivilpersonen getötet oder verletzt und in der Zentralregion, zu der die Provinz Kabul zählt, 2.240 Zivilpersonen (vgl. UNAMA, Annual Report 2017 Afghanistan, Februar 2018, S. 7). Die Anschlagswahrscheinlichkeit sowohl für die Nordostregion als auch für die Zentralregion lag damit im Jahr 2017 bei deutlich unter 1:800 und damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, in dem betreffenden Gebiet verletzt oder getötet zu werden, entfernt (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13/13 – juris). In beiden Regionen hat sich die Zahl der getöteten und verletzten Personen im Vergleich zu 2016 sogar leicht verringert. Damit ist derzeit noch nicht davon auszugehen, dass bei Unterstellung eines bewaffneten Konflikts praktisch jede Zivilperson schon allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betreffenden Gebiet einer ernsthaften Bedrohung für Leib und Leben infolge militärischer Gewalt ausgesetzt wäre. Individuelle gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers sind darüber hinaus nicht erkennbar. Insofern wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht aus der Abhandlung von Frau Friederike Stahlmann (Zur aktuellen Bedrohungslage der afghanischen Zivilbevölkerung im innerstaatlichen Konflikt, in: ZAR 5-6/2017, S. 189 ff.). Soweit diese darauf hinweist, dass in den UNAMA-Berichten eine Untererfassung der zivilen Opfer zu besorgen sei, so ist darauf hinzuweisen, dass anderes geeignetes Zahlenmaterial nicht zur Verfügung steht und zum anderen auf die von Frau Stahlmann alternativ genannte Zahl der kriegsbedingt Binnenvertriebenen angesichts der klaren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) nicht abgestellt werden kann. Insoweit weist Frau Stahlmann eingangs ihrer Abhandlung auch selbst darauf hin, dass ihre Diskussion nicht den Anspruch habe, die Kriterien einer juristischen Prüfung zu erfüllen (vgl. Fußnote 1). Aber selbst unter Einrechnung eines gewissen „Sicherheitszuschlages“ wird die kritische Gefahrendichte noch nicht erreicht.
III.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
1. Ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG kommt nicht in Betracht, da dem Kläger keine gegen Art. 3 EMRK oder ein anderes Grundrecht nach der EMRK verstoßende Behandlung droht. Auch in diesem Zusammenhang wird auf die obigen Ausführungen zu den §§ 3, 4 AsylG vollinhaltlich verwiesen. Die allgemeine Versorgungslage in Afghanistan stellt darüber hinaus ebenfalls keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK dar. Zwar können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat in besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. In Afghanistan ist die Lage für alleinstehende männliche arbeitsfähige afghanische Staatsangehörige jedoch nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – NVwZ 2013, 1167; BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris). Es ist hierbei in Bezug auf den Gefährdungsgrad das Vorliegen eines sehr hohen Niveaus erforderlich, denn nur dann liegt ein außergewöhnlicher Fall vor, in dem die humanitären Gründe gegen eine Ausweisung „zwingend“ sind. Wenn das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) die allgemeine Lage in Afghanistan nicht als so ernsthaft einstuft, dass ohne weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK angenommen werden kann, weist dies ebenfalls auf die Notwendigkeit einer besonderen Ausnahmesituation hin (vgl. BayVGH, U.v. 21.11.2014 – 13a B 14.30285 – juris). Eine solche ist bei dem Kläger vorlie-gend nicht gegeben; besondere Umstände, die hier eine andere Beurteilung gebieten würden, sind nicht ersichtlich.
2. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind die Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde anordnen, dass die Abschiebung für längstens sechs Monate ausgesetzt wird. Eine Abschiebestopp-Anordnung besteht jedoch für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nicht.
Dem Kläger droht auch aufgrund der unzureichenden Versorgungslage in Afghanistan keine extreme Gefahr infolge einer Verdichtung der allgemeinen Gefahrenlage, die zu einem Abschiebungsverbot im Sinne der verfassungskonformen Auslegung des § 60 Abs. 7 AufenthG führen könnte. Wann allgemeine Gefahren von Verfassungswegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den betroffenen Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Das Erfordernis des unmittelbaren – zeitlichen – Zusammenhangs zwischen Abschiebung und drohender Rechtsgutverletzung setzt zudem für die Annahme einer extremen Gefahrensituation wegen der allgemeinen Versorgungslage voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann (BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris Rn. 16; Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. A. 2016, § 60 AufenthG Rn. 54). Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssten. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert würde (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 – BVerwGE 137, 226).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Oberverwaltungsgerichte, der sich das erkennende Gericht anschließt, ergibt sich aus den Erkenntnismitteln zu Afghanistan derzeit nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren (st. Rspr., z.B. BayVGH, B.v. 4.1.2018 – 13a ZB 17.31652 – juris; B.v. 21.8.17 – 13a ZB 17.30529 – juris; B.v. 4.8.2017 – 13a ZB 17.30791 – juris; B.v. 19.6.2017 – 13a ZB 17.30400 – juris; B.v. 6.4.2017 – 13a ZB 17.30254 – juris; BayVGH, B.v. 23.1.2017 pro – 13a ZB 17.30044 – juris; B.v. 27.7.2016 – 13a ZB 16.30051 – juris; B.v. 15.6.2016 – 13a ZB 16.30083 – juris; U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris Rn. 17 m.w.N..; B.v. 30.9.2015 – 13a ZB 15.30063 – juris; OVG Baden-Württemberg, U.v. 5.12.2017 – A 11 S 1144/17 – juris; OVG NW, U.v. 3.3.2016 – 13 A 1828/09.A – juris Rn. 73 m.w.N.; SächsOVG, B.v. 21.10.2015 – 1 A 144/15.A – juris; NdsOVG, U.v. 20.7.2015 – 9 LB 320/14 – juris).
Auch aus den aktuellsten Erkenntnismitteln ergibt sich nichts anderes. Insoweit kann auf die Ausführungen unter I.2. verwiesen werden. Nachdem das Gericht davon ausgeht, dass für den Kläger eine interne Schutzmöglichkeit in Kabul besteht und deren Voraussetzungen über diejenigen im Rahmen des Vorliegens einer extremen Notlage nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinausgehen, ist auch ein Anspruch auf ein Abschiebungsverbot nach dieser Vorschrift abzulehnen.
Gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschließlich der Zielstaatsbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG bestehen ebenfalls keine Bedenken.
IV.
Der Hilfsantrag, das Einreise- und Aufenthaltsverbot zu befristen, ist ebenfalls unbegründet. Die Entscheidung in Ziffer 6 des angegriffenen Bundesamtsbescheides, die Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate festzu-setzen, basiert auf § 11 AufenthG. Nach Abs. 3 der genannten Vorschrift wird über die Länge der Frist nach Ermessen entschieden. Sie darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Diese Frist soll zehn Jahre nicht überschreiten. Vorliegend wurde eine Frist von 30 Monaten festgesetzt. Ermessensfehler nach § 114 Satz 1 VwGO wurden weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich. Insbesondere liegt kein Ermessensausfall vor. Der Kläger wurde im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt zu schutzwürdigen Belangen hinsichtlich des Einreise- und Aufenthaltsverbotes befragt und hat die Frage verneint. Insofern erscheint es nicht ermessensfehlerhaft, die Frist auf 30 Monate und damit auf die Hälfte der Maximalfrist nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG festzusetzen (vgl. BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 11 ZB 16.30463 – juris). Die Formulierung (nach dem Zitat des Gesetzestextes des § 11 Abs. 3 AufenthG), „die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf 30 Monate ist im vorliegenden Fall angemessen… Anhaltspunkte für eine kürzere Fristfestsetzung, aufgrund schutzwürdiger Belange, wurden weder vorgetragen noch liegen sie nach den Erkenntnissen des Bundesamtes vor“, erscheint im vorliegenden Falle ausreichend, um das Ermessen auszuüben. Weitere Erwägungen waren nicht anzustellen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich zwischenzeitlich Änderungen hinsichtlich schutzwürdiger Aspekte ergeben haben.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des §§ 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG.

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