Aktenzeichen 20 ZB 18.31049
VwGO § 86 Abs. 1 S. 1, § 108 Abs. 2, § 138 Nr. 3
Leitsatz
Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs erfordert, dass substantiiert dargelegt wird, was vorgetragen worden wäre, wenn das Gericht ausreichendes Gehör gewährt hätte, und inwiefern dieser Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
Au 1 K 17.31248 2018-04-16 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird verworfen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 16. April 2018, Az. Au 1 K 17.31248, ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG entsprechenden Weise dargelegt sind.
1. Der Kläger macht zum einen das Vorliegen eines Verfahrensmangels im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG in Verbindung mit § 138 Nr. 3 VwGO geltend. Das Verwaltungsgericht habe gegen grundlegende Grundsätze der Beweiserhebung und Beweiswürdigung verstoßen, weil es den Vortrag des Klägers zu seinem Verfolgungsschicksal als unglaubhaft, weil nur vage und oberflächlich vorgetragen gewertet hat. Damit ist jedoch kein Zulassungsgrund gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt.
Die Rüge, das rechtliche Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) sei verletzt, erfordert regelmäßig, dass substantiiert dargelegt wird, welches entscheidungserhebliche Vorbringen das Verwaltungsgericht nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen haben soll oder zu welchen entscheidungserheblichen Tatsachen oder Beweisergebnissen der Kläger sich nicht hat äußern können. Sie erfordert außerdem, dass substantiiert dargelegt wird, was der Kläger vorgetragen hätte, wenn ihm ausreichendes Gehör gewährt worden wäre, und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (BVerwG, B. v.19.8.1997 – 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328). Zwar kann eine Versagung des rechtlichen Gehörs im Sinne von § 138 Nr. 3 VwGO auch in der Verletzung von Verfahrensvorschriften liegen, die der Wahrung des rechtlichen Gehörs dienen. Hierzu gehören allerdings regelmäßig nicht Verstöße gegen die Sachaufklärungspflicht des Gerichts (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) oder gegen das Gebot der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dazu zählt grundsätzlich auch die Frage, ob das Gericht auf hinreichend breiter Tatsachengrundlage entschieden hat. Der Anspruch auf rechtliches Gehör kann bei solchen Mängeln im Einzelfall allenfalls bei gravierenden Verstößen verletzt sein (BVerfG, B.v. 8.4.2004 – 2 BvR 743/03 – NJW-RR 2004, 1150), oder wenn es sich um gewichtige Verstöße gegen Beweiswürdigungsgrundsätze handelt, beispielsweise weil die Beteiligten mit der vom Gericht vorgenommenen Würdigung ohne ausdrücklichen Hinweis nicht rechnen mussten (vgl. BVerfG, B.v. 12.6.2003 -1 BvR 2285/02 – NJW 2003, 2524) oder weil die Würdigung willkürlich erscheint oder gegen die Denkgesetze verstößt (vgl. BVerwG, B.v. 2.11.1995 – 9 B 710.94 – NVwZ-RR 1996, 359). Derartige gravierende Mängel sind hier nicht dargelegt. Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe die notwendige Neutralität vermissen lassen, weil es in seinen Entscheidungsgründen zunächst auf die Würdigung des klägerischen Vortrags in dem angegriffenen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge als unglaubwürdig Bezug genommen hat, geht fehl. Diese Möglichkeit der Abkürzung der Entscheidungsgründe ist in § 77 Abs. 2 AsylG vorgesehen. Das Verwaltungsgericht hat deutlich gemacht, dass es den Erwägungen im Bescheid insoweit aufgrund eigener Überzeugungsbildung folgt. In den nachfolgenden Ausführungen hat das Verwaltungsgericht auch dargelegt, weshalb es die von dem Kläger vorgetragenen Umstände seiner Flucht nicht glaubt. Der Kläger hat auch sonst keine gravierenden Verstöße gegen Grundsätze der Beweiswürdigung dargelegt. Der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe nicht in Betracht gezogen, dass er möglicherweise traumatisiert und deshalb nicht zu einem glaubhaften Vortrag in der Lage sei, ist nicht durch entsprechende fachärztliche Atteste untermauert worden. Im Ergebnis hält der Kläger die von dem Verwaltungsgericht vorgenommene Sachverhalts- und Beweiswürdigung in mehrfacher Hinsicht für falsch. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind nach § 78 Abs. 3 AsylG jedoch kein Grund für die Zulassung der Berufung.
2. Zum anderen macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) geltend. Auch dieser Zulassungsgrund ist jedoch nicht ausreichend dargelegt.
Der Kläger wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
„ob im Falle der offensichtlichen Beweisnot eines asylsuchenden Flüchtlings, die Anforderungen an die Aufklärung des Gerichtes im Rahmen der vom Kläger geschuldeten Glaubhaftmachung, welcher in hoher Not sein Land verlässt und hierbei nachvollziehbar nicht wissen kann, welche Dokumente dieser später in einem ihm, zur Zeit der Flucht vollkommen unbekannten Land und hinsichtlich der Modalitäten auch völlig unbekannten Asylverfahren benötigt, dazu führt, dass ein diesbezüglicher Vortrag ohne entsprechende Aufklärung des Gerichtes als völlig unzulänglich bzw. unzureichend gewertet wird.“
Es fehlt jedoch an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit dieser Frage. Die Anforderungen, welche an den Vortrag eines Asylbewerbers zur Feststellung der Glaubhaftigkeit unter Berücksichtigung des sachtypischen Beweisnotstandes im Asylverfahren zu stellen sind, sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris; U.v. 30.10.1990 – 9 C 72.89 – juris; B.v. 21.7.1989 – 9 B 239.89 – juris; BVerfG, B.v. 19.7.1990 – 2 BvR 2005/89 – juris). Unter Anwendung dieser Kriterien hängt die Beurteilung der Glaubhaftigkeit maßgeblich von der Einschätzung des erkennenden Gerichts und auch dem – in der Regel durch die informatorische Anhörung des Asylantragstellers in der mündlichen Verhandlung vermittelten – Eindruck von der Überzeugungskraft des Vortrags und der Glaubwürdigkeit der Person des Asylbewerbers ab. Das Verwaltungsgericht ist unter (sinngemäßer) Anwendung dieser Kriterien zu dem Schluss gekommen, dass es dem Sachvortrag des Klägers keinen Glauben schenken kann (UA Rn. 18 ff.). Unter diesen Umständen bedurfte es keiner weiteren Sachverhaltsermittlung von Amts wegen. Die Kritik des Klägers zielt letztlich wiederum auf die im Asylprozess unbeachtliche Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Sachverhaltsermittlung der Vorinstanz ab.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).