Verwaltungsrecht

Einziehung eines Jagdscheines wegen fehlender persönlicher Eignung aufgrund einer Alkoholabhängigkeit

Aktenzeichen  21 CS 16.169

Datum:
29.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BJagdG BJagdG §§ 17 I 2, 18 S. 1
WaffG WaffG § 6 I 1 Nr. 2
AWaffV AWaffV § 4 VI 1

 

Leitsatz

Eine waffenrechtliche Eignung fehlt Personen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie abhängig von Alkohol sind (§ 6 I 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG). Bestehen insoweit Zweifel und legt der Betroffene ein von der zuständigen Behörde gefordertes Gutachten aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht fristgerecht vor, darf die Behörde auf dessen Nichteignung schließen (§ 4 VI 1 AWaffV). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

5 S 15.1426 2016-01-12 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Dem Antragsteller geht es darum, dass die aufschiebende Wirkung einer Klage wiederhergestellt wird, mit der er sich gegen die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins wendet.
Die Kriminalpolizeiinspektion Schweinfurt gab dem Landratsamt Schweinfurt mit Schreiben vom 7. Juli 2015 folgendes zur Kenntnis: Der Antragsteller wurde am 25. Mai 2015 gegen 00:35 Uhr mit seinem Fahrrad einer allgemeinen Verkehrskontrolle unterzogen. Die ihm um 01:35 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine mittlere Blutalkoholkonzentration von 1,99 Promille.
Das Landratsamt wies den Antragsteller zuletzt mit Schreiben vom 7. September 2015 darauf hin, dass aufgrund der bei ihm festgestellten Blutalkoholkonzentration aus jagdrechtlicher Sicht erhebliche Bedenken gegen seine persönliche Eignung bestünden. Es bat um Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über die geistige und körperliche Eignung bis 9. Oktober 2015, das eine Aussage darüber zu treffen habe, ob der Antragsteller zum Führen eines Jagdscheins sowie zum Besitz und Umgang mit Waffen persönlich geeignet sei. Insbesondere sei in dem Gutachten zu klären, ob eine Alkoholabhängigkeit bestehe. Darüber hinaus enthält das Schreiben den Hinweis, dass der Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen sei, wenn das Gutachten nicht fristgerecht vorgelegt werde. Der Antragsteller ließ durch seinen Bevollmächtigten unter dem 23. Oktober 2015 mitteilen, dass eine Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr nicht erfolgt sei und für die Vorlage eines Gutachtens kein Raum bestehe.
Das Landratsamt erklärte mit Bescheid vom 16. November 2015 den dem Antragsteller erteilten Jagdschein für ungültig und zog ihn ein.
Das Verwaltungsgericht Würzburg hat den Eilantrag des Antragstellers mit Beschluss vom 12. Januar 2016 abgelehnt.
Dagegen richtet sich die Beschwerde.
II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Grundsatz beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben.
1. Der Antragsteller lässt einwenden, mangels Alkoholstraftat lägen triftige Gründe für die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins nicht vor. Das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft unberücksichtigt gelassen, dass der Antragsteller kein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt habe. Dieser habe sich mit dem Fahrrad nicht rollend fortbewegt. Vielmehr sei er auf der Oberstange gesessen, was aufgrund des niedrigen Sitzbereichs ein Treten der Pedale und ein Lösen beider Füße während des Schiebens nicht möglich erscheinen lasse.
Das rechtfertigt es nicht, von der im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung getroffenen Feststellung des Verwaltungsgerichts abzuweichen, die Klage werde voraussichtlich erfolglos bleiben. Für die jagdrechtlichen Maßnahmen des Landratsamts kam es nicht darauf an, ob der Antragsteller durch sein Verhalten am 25. Februar 2015 eine Straftat begangen hat und deshalb verurteilt wurde.
Maßgebend war vielmehr, dass sich der Antragsteller trotz der am 25. Februar 2015 bei ihm festgestellten mittleren Blutalkoholkonzentration von 1,99 Promille geweigert hat, das vom Landratsamt geforderte Gutachten (Zeugnis) vorzulegen. Damit war der Jagdschein des Antragstellers für ungültig zu erklären und einzuziehen. Denn nach § 18 Satz 1 BJagdG ist diese Rechtsfolge zwingend auszusprechen, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins begründen, erst nach dessen Erteilung eintreten. Fehlt die persönliche Eignung im Sinn des § 6 WaffG, darf gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (Falknerschein) erteilt werden oder anders gewendet: Ein Jagdschein im Sinn des § 15 Abs. 1 Satz 1 BJagdG ist bei fehlender waffenrechtlicher Eignung zu versagen. Eine solche Eignung fehlt Personen unter anderem dann, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie abhängig von Alkohol sind (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG). Bestehen insoweit Zweifel und legt der Betroffene ein von der zuständigen Behörde gefordertes Gutachten aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht fristgerecht vor, darf die Behörde – wie hier geschehen – auf dessen Nichteignung schließen (§ 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV).
Vor diesem Hintergrund führt auch das Beschwerdevorbringen nicht weiter, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Antragsteller weder vor noch nach dem Vorfall vom 25. Februar 2015 polizeilich in Erscheinung getreten sei.
2. Ebenso wenig greift die Rüge durch, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von einer Alkoholgewöhnung des Antragstellers ausgegangen. Es habe außer Acht gelassen, dass der Antragsteller nach Aussage des Zeugen … einen stark angetrunkenen Eindruck gemacht habe.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf verwiesen, dass nach dem aktuellen Stand der Alkoholforschung eine Blutalkoholkonzentration ab 1,6 Promille auf deutlich normabweichende Trinkgewohnheiten und eine ungewöhnliche Giftfestigkeit hindeutet (vgl. BVerwG, U. v. 21.5.2008 – 3 C 32.07 – juris). Dem entspricht es, dass Nr. 6.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz die amtliche Feststellung einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,6 Promille als Beispiel für solche Tatsachen anführt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung begründen und damit die Anordnung rechtfertigen, ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis vorzulegen. Demgegenüber rechtfertigt die subjektive Einschätzung des Zeugen …, der die Verkehrskontrolle am 25. Februar 2015 durchgeführt hat, keine andere Einschätzung. Denn der Antragsteller war trotz seiner erheblichen Alkoholisierung in der Lage, sich mit dem Fahrrad auf der Straße fortzubewegen. Darin fügt sich der über die Blutentnahme erstellte ärztliche Bericht vom 25. Mai 2015 ein, dem zufolge beim Antragsteller der äußerliche Anschein des Einflusses von Alkohol (nur) leicht bemerkbar war.
3. Wird die Klage nach allem auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens voraussichtlich ohne Erfolg bleiben, hat das öffentliche Interesse daran erhebliches Gewicht, die Allgemeinheit vor den Gefahren zu schützen, die von einem persönlich ungeeigneten Waffenbesitzer und Jäger ausgehen. Dieses Gewicht wird nicht durch den Umstand gemindert, dass der angefochtene Bescheid, wie der Antragsteller rügt, „erst“ sechs Monate nach dem Vorfall vom 25. Mai 2015 erlassen wurde. Das umso weniger, als die konkrete Verfahrensdauer gemessen am Charakter dieses Verwaltungsverfahrens und dessen konkreter Umstände ohne Weiteres als angemessen erscheint. Das gegenläufige Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung in der Hauptsache vom Sofortvollzug der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins verschont zu bleiben, hat demgegenüber zurückzutreten.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nr. 20.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i. d. F. vom 18. Juli 2013 (abgedr. in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, Anhang zu § 164 Rn. 14).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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