Verwaltungsrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis – Begründung der Anordnung sofortiger Vollziehung

Aktenzeichen  M 6 S 16.1332

Datum:
12.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 3 S. 1, Abs. 5

 

Leitsatz

Tenor

I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 18. März 2016 (M 6 K 16.1331) gegen den Bescheid des Landratsamts M. vom 15. Februar 2016 wird hinsichtlich dessen Nrn. 1 und 2 wiederhergestellt.
II.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf EUR 2.500,– festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofort vollziehbare Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L.
Das Landratsamt M. als Fahrerlaubnisbehörde des Antragsgegners entzog dem Antragsteller mit am … Februar 2016 zugestelltem Bescheid vom 15. Februar 2016 die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen AM, B und L (Nr. 1 des Bescheids), forderte ihn zur Ablieferung des Führerscheins innerhalb von drei Tagen nach Zustellung des Bescheids auf (Nr. 2) und drohte für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe ein Zwangsgeld in Höhe von a… EUR an (Nr. 3).
In Nr. 4 des Bescheids ordnete die Fahrerlaubnisbehörde die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheids an. Diese Anordnung begründete sie auf den Seiten 4 und 5 des Bescheids mit allgemeinen Ausführungen zu Gefahren für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer durch einen Konsum von Betäubungsmitteln durch Kraftfahrzeugführer. Im Übrigen rechtfertige im Bereich des Sicherheitsrechts im Rahmen der Gefahrenabwehr regelmäßig die Begründung der dem Sofortvollzug zugrunde liegenden Anordnung bereits die Anordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO.
Mit Schriftsatz vom … März 2016, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München per Telefax eingegangen am selben Tag, erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers für diesen Klage gegen den Bescheid (M 6 K 16.1331) mit dem Ziel, diesen aufzuheben, und beantragte außerdem,
die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Nummern 1 und 2 des Bescheids vom 15. Februar 2016 wiederherzustellen.
Der Antragsgegner legte mit Schriftsatz vom … April 2016 seine Behördenakte vor und beantragte, die Klage abzuweisen und
den Antrag abzulehnen.
Mit Beschluss vom 11. April 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren M 6 K 161331 sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – ist begründet und hat daher Erfolg.
1. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 4 des Bescheids vom 15. Februar 2016 genügt nicht den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
1.1 Nach dieser Vorschrift ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dabei hat die Behörde unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die Widerspruch und Klage grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes angeordnet hat. An den Inhalt der Begründung sind dabei allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in: Eyermann, VwGO – Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43).
1.2 Diesen Grundsätzen wird die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung auf den Seiten 4 und 5 des Bescheids nicht mehr gerecht.
1.2.1 Die Begründung enthält keinen erkennbaren Bezug auf den Einzelfall des Antragstellers. Sie ist so abgefasst, dass sie auf jeden beliebigen Fall einer Entziehung der Fahrerlaubnis unter Bezug auf Betäubungsmittel passen würde, ohne dass aus ihr erkennbar wäre, um welche konkreten Vorfälle es im entschiedenen Fall gehen könnte.
1.2.2 Die Annahme der Fahrerlaubnisbehörde, im Bereich des Sicherheitsrechts im Rahmen der Gefahrenabwehr rechtfertige regelmäßig die Begründung der dem Sofortvollzug zugrunde liegenden Anordnung bereits die Anordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, trifft so nicht zu.
Vielmehr ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass sich das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung im Bereich des Sicherheitsrechts regelmäßig gerade aus den Gesichtspunkten ergibt, die für den Erlass des Verwaltungsakts selbst maßgebend waren. Das entbindet die Fahrerlaubnisbehörde nicht davon, nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO dieses besondere öffentliche Interesse gesondert, d. h. eigens, zu begründen. Lediglich die in dieser gesonderten Begründung herangezogenen Gesichtspunkte können dieselben sein, die im konkret zu entscheidenden Einzelfall auch bereits für die Entziehung der Fahrerlaubnis maßgebend waren.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG – i. V. m. den Empfehlungen in den Nrn.1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, Anh. § 164 Rn. 14).

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