Aktenzeichen 7 ZB 16.949
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
Leitsatz
Die Entziehung des akademischen Grades „Dr. med. dent.“ wegen Täuschung über die Eigenständigkeit der wissenschaftlichen Promotionsleistung ist rechtmäßig, wenn die Dissertation nicht selbständig, sondern in Zusammenarbeit mit dem Doktorvater verfasst wurde. (Rn. 2 und 8) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
W 2 K 15.763 2016-03-09 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung des durch die Universität Würzburg (Beklagte) im Jahr 1999 verliehenen akademischen Grades „Dr. med. dent.“.
Die Beklagte hatte dem Kläger mit Bescheid vom 17. Juli 2014 den akademischen Grad „Dr. med. dent.“ rückwirkend entzogen (Art. 48 BayVwVfG), weil der Kläger über die Eigenständigkeit der wissenschaftlichen Promotionsleistung getäuscht habe. Die Dissertation sei entgegen der vom Kläger abgegebenen Erklärung nicht selbständig, sondern in Zusammenarbeit mit Prof. K. (Mitautor), dem Doktorvater des Klägers, verfasst worden. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2015 zurück. Auf die Gründe der Bescheide wird Bezug genommen.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg hat die gegen die genannten Bescheide gerichtete Klage mit Urteil vom 9. März 2016 abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger geltend, an der Richtigkeit des Urteils bestünden ernstliche Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Rechtssache weise außerdem besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf und habe grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO). Das Verwaltungsgericht habe u.a. nicht berücksichtigt, dass der Umstand, dass in den Unterlagen des Doktorvaters des Klägers eine handschriftliche Abfassung mit dem Inhalt der Dissertation des Klägers aufgefunden worden ist, noch nicht zwingend besage, dass ersterer damit auch die Doktorarbeit verfasst habe und nicht der Kläger. So sei auch denkbar, dass Prof. Dr. Dr. K. „die handschriftlichen Aufzeichnungen als Protokoll und zur Dokumentation der Fortschritte der Dissertation gefertigt“ habe. Im Übrigen stütze die Beklagte die Rücknahme des Verwaltungsakts, der Verleihung des akademischen Grades, allein auf Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit, was indes nicht ausreichend sei. Grundsätzlich klärungsbedürftig sei ferner die Frage, ob „bloße Zweifel und Vermutungen ausreichend sind, die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts zu rechtfertigen, insbesondere dann, wenn hinsichtlich des tatsächlichen Sachverhalts mehrere Versionen denkbar sind“. Das verwaltungsgerichtliche Urteil weiche schließlich von obergerichtlichen Entscheidungen ab (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) und beruhe auf einem Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Beklagte hat dem Kläger zu Recht den verliehenen akademischen Grad „Dr. med. dent.“ rückwirkend entzogen. Der Senat folgt den ausführlichen Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das klägerische Vorbringen im Zulassungsverfahren ist lediglich ergänzend zu bemerken:
Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Prüfung der streitgegenständlichen Bescheide entgegen der Ansicht des Klägers alle Umstände seines Einzelfalls berücksichtigt. Dabei ist es zutreffend davon ausgegangen, dass – anders als der Kläger behauptet – die Rücknahme der Verleihung des akademischen Grades nicht allein auf Zweifel an der Rechtmäßigkeit von dessen Verleihung gestützt wurde. Es ist vielmehr mit ausführlicher Begründung zu dem Ergebnis gekommen, dass die klägerische Dissertation gemeinsam durch den Kläger und Prof. K. erarbeitet worden ist. Das Verwaltungsgericht hat ebenso festgestellt, dass der Kläger die Verleihung des akademischen Grades durch eine bewusste Täuschung der Beklagten über die selbständige Erstellung der Dissertation erwirkt hat und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Zusammenarbeit des Klägers mit Prof. K. bei der Erarbeitung der Dissertation seinerzeit allen am Promotionsverfahren beteiligten Stellen bekannt gewesen ist.
Angesichts dessen ist das Vorbringen des Klägers, das – ausformulierte und mit Anmerkungen versehene – handschriftliche Exemplar von Prof. K., das mit der Dissertation des Klägers im Wesentlichen übereinstimmt, stelle unter Umständen lediglich ein Protokoll und eine Dokumentation der Fortschritte seiner Dissertation dar, abwegig.
Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass sowohl das Verwaltungsgericht, als auch der erkennende Senat bereits über mehrere ähnliche Rechtsstreitigkeiten (Entziehung verliehener akademischer Grade durch die Beklagte), in denen jeweils Prof. K. als Doktorvater im Promotionsverfahren beteiligt gewesen ist, entschieden haben, so dass die maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände bekannt sind (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 5.2.2016 – 7 ZB 15.1073 – juris; BayVGH, B.v. 4.2.2016 – 7 ZB 15.1072 – juris). Tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO weist die Rechtssache entgegen der Ansicht des Klägers deshalb auch nicht auf (vgl. BayVGH, B.v. 17.3.2017 – 7 ZB 16.1531 – juris). Grundsätzlich klärungsbedürftig (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist in diesem Zusammenhang auch nicht die Frage, „sind bloße Zweifel und Vermutungen ausreichend, die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts zu rechtfertigen? Insbesondere dann, wenn hinsichtlich des tatsächlichen Sachverhalts mehrere Versionen denkbar sind?“, weil sich diese Fragen in einem Berufungsverfahren nicht stellen würden. Denn nach den obigen Ausführungen ist weder der rückwirkende Entzug des akademischen Grades – wie der Kläger behauptet – auf bloße Zweifel und Vermutungen gestützt, noch sind die vom Kläger angeführten „mehreren Versionen des tatsächlichen Sachverhalts“ denkbar.
Soweit schließlich ein Abweichen des Urteils von obergerichtlichen Entscheidungen (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) und das Vorliegen eines Verfahrensmangels geltend gemacht werden, deutet auf das Vorliegen dieser Zulassungsgründe nichts hin, zumal es in dieser Hinsicht an jeglichen Ausführungen im Antrag auf Zulassung der Berufung fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 18.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).