Aktenzeichen B 1 S 19.696
Leitsatz
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der am … geborene Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrlehrererlaubnis der Klassen A und BE.
Am … erließ das Landratsamt… einen Bußgeldbescheid gegenüber dem Antragsteller, da er trotz Vollzugs eines zweimonatigen Fahrverbotes den Fahrlehrerschein und die Erlaubnisurkunde zum Betreiben der Fahrschule nicht abgeben habe. Grundlage für das Fahrverbot war ein Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle in Viechtach vom …, rechtskräftig seit … auf Grund erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitung (Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 67 km/h). Die zulässige Geschwindigkeit lag bei 60 km/h, die festgestellte Geschwindigkeit bei 127 km/h. Das Fahrverbot wurde bereits seit dem … vollzogen. Hiervon erhielt das Landratsamt durch einen Anruf bei der Bußgeldstelle am 20. März 2017 Kenntnis (Aktenvermerk vom 21. März 2017, Blatt 113 der Behördenakte). Der Antragsteller hatte dies dem Landratsamt nicht mitgeteilt und seinen Fahrlehrerschein nicht abgegeben. Der Antragsteller war zu diesem Zeitpunkt verantwortlicher Leiter der Fahrschule. Auch der Fahrschulbetrieb lief trotz des Fahrverbots und des Ruhens des Fahrlehrerscheins und der Fahrschulerlaubnis normal weiter. Erst am 21. März 2017 wurde ein neuer verantwortlicher Leiter der Fahrschule beim Landratsamt angezeigt. Im Bußgeldbescheid wurde für die Zuwiderhandlungen gegen § 7 Abs. 3 und § 20 Abs. 5 FahrlG i.V.m. § 36 Abs. 1 Nr. 3 FahrlG und § 36 Abs. 1 Nr. 11 FahrlG eine Gesamtgeldbuße in Höhe von 400 EUR festgesetzt.
Das Landratsamt … erhielt im April 2019 Kenntnis davon, dass der Antragsteller mit Urteil des Amtsgerichts …vom …, rechtskräftig seit …, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden ist. Dem lag laut Urteilsbegründung folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Antragsteller hatte zusammen mit einer weiteren Person den Entschluss gefasst, Marihuana in großem Stil anzubauen und das aus der Aufzucht gewonnene Rauschgift gewinnbringend zu verkaufen. Dafür wurde vom Antragsteller zunächst eine Immobilie erworben, in der ab Anfang April 2017, nach Erwerb eines Equipments hierfür, im Keller eine Marihuana-Plantage errichtet wurde. Die Plantage wurde von der Polizei nach Hinweis aus der Bevölkerung entdeckt, als die Pflanzen eine Wuchshöhe von 1,5 m hatten. Zudem wurden in dem Haus getrocknete Pflanzenteile aus dem ersten Anbauzyklus aufbewahrt, welche zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmt waren. Das Marihuana besaß nach Trennung und Trocknung sämtlichen Blattmaterials ein Gesamtgewicht von 17.929 g mit einem Wirkstoffgehalt von 1.833,3 g THC. Das Amtsgericht stellte diesen Sachverhalt auf Grund eines Geständnisses des Antragstellers und des weiteren Tatbeteiligten fest. Im Urteil war angemerkt, dass es für das Handeltreiben nicht darauf ankomme, ob tatsächlich ein Absetzen erfolgt ist. Bei der Strafzumessung berücksichtigte das Amtsgericht, dass der Grenzwert der nicht geringen Menge um das 244-fache überschritten wurde und dass die Pflanzen unter besonderen Wachstumsbedingungen und unter Einsatz besonderer Aufzuchthilfen in einer gewerbsmäßig eingerichteten Marihuana-Plantage aufgezogen wurden, was sich als Ausdruck eines professionellen Anbaus erwiesen habe. Strafmildernd wurde berücksichtigt, dass Cannabisprodukte auf der Schwereskala der Gefährlichkeit von Betäubungsmitteln einen unteren Rang einnehmen.
In der Behördenakte befindet sich ein Sachstandsbericht der Kriminalpolizeiinspektion …vom 24. April 2018. Es ist ausgeführt (Blatt 197 der Behördenakte), dass der Antragsteller erhebliche Schulden und einen Offenbarungseid abgeleistet habe. Aus seiner Tätigkeit als Fahrlehrer habe er einen Monatsverdienst von 1.200 EUR gehabt. Er habe einen Lebensstil geführt, der mit diesem Gehalt nicht vereinbar gewesen sei. So habe er mit seiner Freundin im Januar eine Reise auf die Malediven mit mehrtägigem Aufenthalt in Paris geplant. Zwar gebe es Hinweise, dass der weitere Beschuldigte J. „Blüten eimerweise“ verkauft habe. Dies hätte aber bislang noch nicht konkretisiert werden können.
Dem Protokoll der öffentlichen Sitzung des Schöffengerichts vom … ist zu entnehmen, dass der Antragsteller angegeben habe, dass er eine private Insolvenz in Thüringen habe machen wollen. Er fahre einen Ferrari und habe eine Leidenschaft für Autos. Es ginge nicht nur um Aufzucht, sondern auch um Verkauf, um die Verwendung in Elektrozigaretten und Sticks. Sie hätten aber nichts verkauft und keinen Kontakt zu Dealern.
Laut Prognoseentscheidung der Kriminalpolizeiinspektion vom 9. Mai 2018 (Blatt 236 der Behördenakte) habe der Antragsteller erhebliche kriminelle Energie für den Aufbau und das Betreiben der Anlage aufgewendet. Die Cannabisblüten seien vom Antragsteller selbst geerntet, getrocknet und verpackt worden. Über den Absatz von Cannabis gebe es keine Erkenntnisse. Eigenbedarf sei auszuschließen.
Mit Beschluss vom … setzte die 8. Strafkammer des LG … die Vollstreckung des Strafrestes nach einer Verbüßung von mehr als der Hälfte der Strafe der mit Urteil des AG … vom …, rechtskräftig seit dem …, verhängten Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten ab Rechtskraft des Beschlusses zur Bewährung aus. Als Bewährungsauflage wurde verfügt, die angekündigte Arbeitsstelle bei der Fahrschule … GmbH anzutreten. In den Gründen ist ausgeführt, dass der Antragsteller als Fahrlehrer bei der Fahrschule der Ehefrau arbeiten könne. Man könne unter Gesamtwürdigung der Umstände erproben, ob sich der Antragsteller künftig straffrei verhalten werde. Von der Durchführung von Drogenscreenings werde abgesehen, da nicht ersichtlich sei, dass der Antragsteller selbst Betäubungsmittel konsumiert habe.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2019 hörte das Landratsamt den Antragsteller zum Entzug der Fahrlehrererlaubnis an. Durch die begangene Straftat habe er gegen seine erzieherische Vorbildfunktion verstoßen. Er sei nicht geeignet, Fahrschülern als Vorbild zu dienen. Als Grundstoff der theoretischen Ausbildung (Anlage 1 der Fahrschülerausbildungsordnung) habe der Fahrlehrer auch die persönlichen Voraussetzungen als Kraftfahrer zu lehren. Dabei gehe es darum Einschränkungen der körperlichen Fähigkeit beim Konsum von Drogen darzustellen. Durch den Verkauf werde ein verkehrswidriges Verhalten von Führerscheininhabern gefördert. Der Fahrlehrer müsse Jugendliche über Gefahren des Konsums aufklären. Es gehe am Ziel vorbei, wenn der Fahrlehrer selbst Betäubungsmittel anbaue. Weiter habe er das am 15. November 2016 verhängte Fahrverbot der Fahrerlaubnisbehörde bewusst verschwiegen. Auch dieser Umstand stütze die Annahme der Unzuverlässigkeit. Es handele sich nicht um ein einmaliges Fehlverhalten, sondern um einen Hang zur Missachtung der Rechtsordnung. Der Antragsteller könne sich bis zum 19. Juli 2019 hierzu äußern.
Mit Schreiben vom 19. Juli 2019 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers Akteneinsicht und Verlängerung der Frist zur Stellungnahme um zwei Wochen (Mandatierung laut Vollmacht am 9. Juli 2019). Dieser Antrag wurde mit Schreiben vom 19. Juli 2019 im Hinblick auf die frühe Mandatierung und der Tatsache, dass erst am letzten Tag der Frist Akteneinsicht beantragt wurde, abgelehnt.
Das Landratsamt …widerrief mit Bescheid vom 19. Juli 2019 dem Antragsteller die erteilte Fahrlehrererlaubnis der Klassen 1 und 3, ab 8. November 2002 umgeschrieben in die Klassen A und BE (Ziffer I.). Die Fahrlehrererlaubnis sei unverzüglich, spätestens fünf Tage nach Zustellung des Bescheids abzugeben. Die sofortige Vollziehung werde angeordnet (Ziffer II.). Weiter wurden ein Zwangsgeld in Höhe von 500 EUR angedroht (Ziffer III.) und Kosten in Höhe von 200 EUR festgesetzt.
Zur Begründung ist ausgeführt, dass gemäß § 14 Abs. 2 FahrlG die Fahrlehrererlaubnis zu widerrufen sei, wenn nachträglich eine der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2, 3 und 4 genannten Erteilungsvoraussetzungen wegfielen. Unzuverlässigkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 FahrlG liege vor, wenn wiederholt die Pflichten nach dem Fahrlehrergesetz oder den darauf beruhenden Rechtsverordnungen gröblich verletzt würden. Aus der Formulierung „insbesondere“ werde deutlich, dass es sich nicht um eine abschließende Formulierung handle. Die Unzuverlässigkeit sei auf Grund des Urteils des Amtsgerichts …anzunehmen. Im Anwesen des Antragstellers habe man eine gewerbsmäßig eingerichtete Cannabisaufzuchtanlage gefunden. Es sei vom Antragsteller erhebliche kriminelle Energie für den Aufbau und das Betreiben der Anlage aufgewandt worden. Der Antragsteller könne Fahrschülern nicht als Vorbild dienen und die Gefahren von Rauschmitteln lehren. Der Antragsteller habe in erheblichem Maß das Wohl der Allgemeinheit gefährdet. Der theoretische Teil der Führerscheinausbildung werde ad absurdum geführt, wenn der Fahrlehrer selbst Betäubungsmittel anbaue und durch den Verkauf möglicherweise selbst ein verkehrswidriges Verhalten von Führerscheininhabern fördern könnte. Die Verurteilung stelle eine Zuwiderhandlung von erheblichem Gewicht dar. Die Unzuverlässigkeit stütze sich auch auf den Bußgeldbescheid vom … und die Tatsache, dass der Antragsteller trotz Vollzugs eines zweimonatigen Fahrverbots seinen Fahrlehrerschein nicht abgegeben habe. Bei dem Geschwindigkeitsverstoß habe es sich um ein erhebliches verkehrsrechtliches Vergehen gehandelt, da die Geschwindigkeit um mehr als das Doppelte überschritten worden sei, sodass hier von einem bewussten Handeln auszugehen sei. Vom Vollzug des Fahrverbots habe das Landratsamt bei einem Telefonat mit der Zentr. Bußgeldstelle am 20. März 2017 erfahren. Der Antragsteller habe entgegen § 13 Abs. 1 und Abs. 5 FahrlG den Fahrlehrerschein der Erlaubnisbehörde nicht zurückgegeben; der Fahrschulbetrieb sei entgegen § 33 FahrlG weitergelaufen, obwohl der Antragsteller verantwortlicher Leiter der Fahrschule gewesen sei. Der Antragsteller habe hierbei Auskunft gegeben, dass er Urlaub gehabt und länger keine praktische Fahrausbildung mehr durchgeführt habe. Auf Grund des Bekanntwerdens der strafrechtlichen Verurteilung könne nicht mehr von einem einmaligen Fehlverhalten gesprochen werden. Es sei ein Hang zur Missachtung der Rechtsordnung festzustellen, die Prognose falle zu seinen Ungunsten aus. Ein Ermessen stehe der Behörde gem. § 14 Abs. 2 FahrlG nicht zu. Die Fahrlehrererlaubnis sei unverzüglich kraft Gesetzes abzuliefern (§ 14 Abs. 4 FahrlG). Der Sofortvollzug wird damit begründet, dass der Antragsteller auf Grund seiner Unzuverlässigkeit bei der Ausbildung von Fahrerlaubnisbewerbern ein erhöhtes Sicherheitsrisiko darstelle. Um die weitere Ausbildung zu verhindern, sei die Anordnung der sofortigen Rückgabe des Führerscheins für sofort vollziehbar zu erklären. Die Kostenentscheidung beruhe auf §§ 1 bis 4 GebOSt i.V.m. Tarif Nr. 306 des Gebührentarifs sowie § 55 FahrlG.
Laut Vermerk vom 30. Juli 2019 sprach die Ehefrau des Antragstellers im Landratsamt vor. Es wurde um Fristverlängerung hinsichtlich der Zustellung des Bescheids gebeten, da die Fahrschule … GmbH sonst keinen Fahrlehrer habe. Der verantwortliche Leiter gehe in der 32. KW in Elternzeit, ein Fahrlehrer sei erkrankt, ein anderer im Urlaub. Der Antragsteller sei der einzige Fahrlehrer, der zurzeit ausbilden könne. Der Mitarbeiter des Landratsamts verdeutlichte, dass ein Widerruf dennoch in den nächsten Tagen ergehe. Es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Antragsteller ab der Zustellung des Bescheids keine theoretischen und praktischen Fahrerlaubnisprüfungen und Schulungen durchführen dürfe. Der Bescheid wurde dem Bevollmächtigten sodann am 5. August 2019 zugestellt. Mit Schreiben vom 6. August 2019 (zugesandt mittels Telefax) wurde der Bevollmächtigte vom Landratsamt ebenfalls darauf hingewiesen, dass von der Fahrlehrererlaubnis kein Gebrauch gemacht werden darf.
Die TÜV Süd Auto Service GmbH teilte mit E-Mail vom 6. August 2019 mit, dass vom Antragsteller am …zwei Führerscheinprüfungen vorgestellt worden seien. Man habe ihm mitgeteilt, dass die für den … gemeldeten Fahrerlaubnisprüfungen nicht durchgeführt werden dürfen.
Der Antragsteller ließ mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 6. August 2019 Widerspruch gegen den Bescheid erheben.
Mit weiterem Schreiben vom 6. August 2019, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 8. August 2019, ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten beantragen,
1.die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 30. Juli 2019 wiederherzustellen.
2.Es wird angeregt, den Antragsgegner anzuhalten, bis zur Entscheidung über diesen Antrag keine Zwangsmaßnahmen gegen den Antragsteller zu ergreifen.
In der Begründung des Sofortvollzugs verkenne der Antragsgegner die Anforderungen an die Anordnung der sofortigen Vollziehung. Es bedürfe eines besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung. Inhaltlich sei dieses nicht nur ein gesteigertes Erlassinteresse, sondern von qualitativ anderer Art. Die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung reiche nicht, es müsse noch eine Eilbedürftigkeit hinzukommen. Dem Antragsteller würde vor rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache die Möglichkeit genommen, seinen Beruf als Fahrlehrer weiter auszuüben. Es bedürfe einer Begründung, dass die weitere Berufstätigkeit konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lasse. Dies lasse der Bescheid offen, der die sofortige Vollziehung allein mit der Rechtmäßigkeit der Grundverfügung rechtfertige. Es werde auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Bezug genommen, dass ein Berufsausübungsverbot nur unter strengen Voraussetzungen zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes statthaft sei (B.v. 08.04.2010 – 1 BvR 2709/09 – BVerfGK 17,228). § 14 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 FahrlG stelle auf eine gröbliche Verletzung von Verpflichtungen aus dem FahrlG ab. Ein solcher Verstoß sei der Ordnungswidrigkeit aus dem Jahr 2017 nicht zu entnehmen. Es habe sich nur um sechs Tage gehandelt bis ein neuer verantwortlicher Leiter bestellt worden sei. Der Antragsteller habe noch nie gegen seine Ausbildungsverpflichtungen verstoßen und auch keine Verstöße gegen seine Pflichten als Fahrlehrer begangen. Das LG … habe die Vollstreckung des Strafrestes nach Verbüßung von weniger als 2/3 der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Im Bewährungsbeschluss sei angeordnet worden, dass der Antragsteller bei der Fahrschule als Fahrlehrer arbeite. Das Gericht habe ihm eine positive Sozialprognose ausgestellt. Auf den Beschluss vom … werde verwiesen. Wenn dem Antragsteller die Tätigkeit als Fahrlehrer untersagt werde, könne er seiner Bewährungsauflage nicht nachkommen. Der Verstoß gegen das BtMG weise keinerlei Bezug zur Fahrlehrertätigkeit auf. Ein Konsum von Betäubungsmitteln habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Eine Gefährdung der Fahrschüler könne nicht herbeigeredet werden. Dem Antragsteller werde durch den Sofortvollzug die Existenzgrundlage geraubt.
Mit Schreiben vom 12. August 2019 führte der Antragsgegner aus, dass sich der Sofortvollzug nicht allein auf die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung stütze, sondern auf die mangelnde Eignung des Fahrlehrers und die Gefährdung der Fahrschüler. Der Antragsteller habe seine finanzielle Situation über die durch den geplanten Verkauf von Drogen gefährdeten Rechtsgüter möglicher Abnehmer gestellt. Gerade junge Menschen seien durch Drogen gefährdet. Seine Vorbildfunktion sei nicht gewährleistet. Er zeige, dass er keine Achtung vor der Rechtsordnung besitze. Es bestehe die Befürchtung, dass diese Einstellung auch bei der Ausbildung der Schüler zu Tage trete. Der Antragsteller habe als Kfz-Mechaniker eine andere Alternative. Eine weniger einschneidende Maßnahme sei nicht ersichtlich, da sich der Antragsteller mit seinen Schülern allein im Pkw befinde. Der Bewährungsbeschluss sei während der Anhörungsfrist nicht vorgelegt worden. Dieser wäre zudem nicht geeignet ein Individualinteresse zu begründen. Der Beurteilungsmaßstab bei der Strafaussetzung sei ein anderer. Die Zuverlässigkeit des Fahrlehrers sei im Hinblick auf die spezifischen Erfordernisse des Berufsstands zu beurteilen (VG Düsseldorf, B.v. 25.01.2016 – 6 L 3816/15). In Punkt 4.2. des Bewährungsbeschlusses sei zudem aufgeführt, dass ein Wechsel der Arbeitsstelle vorgenommen werden könne, dies dem Gericht aber schriftlich mitzuteilen sei.
Es wurde beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die übermittelte Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).
II.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Landratsamts … vom 19. Juli 2019, mit dem die dem Antragsteller erteilte Fahrlehrererlaubnis sofort vollziehbar widerrufen wurde.
Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid erscheint nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen.
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Antrag abzulehnen, da eine Klage des Antragstellers nach summarischer Überprüfung keine Aussicht auf Erfolg hätte. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung wiegt insoweit schwerer als das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage.
1. Das Landratsamt… ist für den Widerruf der Fahrlehrererlaubnis zuständig. Nach § 50 Abs. 2 Nr. 1 FahrlG ist in Angelegenheiten der Fahrlehrererlaubnis grundsätzlich die Erlaubnisbehörde des Wohnsitzes des Erlaubnisinhabers zuständig. Nach dem letzten Halbsatz der genannten Vorschrift geht die Zuständigkeit jedoch auf die Erlaubnisbehörde des Beschäftigungsortes über, sobald der Erlaubnisinhaber seine Tätigkeit als Fahrlehrer aufnimmt. Das Landratsamt … ist für die Fahrlehrererlaubnisangelegenheiten des Antragstellers zuständig geworden, da er eine Tätigkeit als Fahrlehrer bei der Fahrschule in … aufnahm (Blatt 96 der Behördenakte).
Gibt ein Fahrlehrer seinen Fahrlehrerberuf auf, so lässt sich dem Wortlaut des § 32 Abs. 2 Nr. 1 FahrlG nicht eindeutig entnehmen, ob die Zuständigkeit wieder auf die Behörde des Wohnsitzes des Fahrlehrers übergeht oder ob die Zuständigkeit der Erlaubnisbehörde des letzten Beschäftigungsortes bestehen bleibt. In der Rechtsprechung wird dies angenommen (VG Regensburg, U.v. 15.05.2014 – RO 5 K 13.332 – juris Rn. 24). Dies war bei dem Antragsteller aber ohnehin nicht der Fall, da er seine Tätigkeit als Fahrlehrer nie offiziell aufgegeben hat. Er war nur während seiner Unterbringung im Gefängnis rein tatsächlich nicht als Fahrlehrer tätig. Dies hat er der Behörde nicht angezeigt. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis war er nach Aktenlage wieder in der Fahrschule in … tätig, sodass das Landratsamt …jedenfalls als Erlaubnisbehörde des Beschäftigungsortes zuständig ist.
2. Rechtsgrundlage für den Widerruf der Fahrlehrererlaubnis ist § 14 Abs. 2 FahrlG. Danach ist die Fahrlehrererlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich eine der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 und 4 FahrlG genannten Voraussetzungen weggefallen ist. Nach letztgenannter Vorschrift dürfen keine Tatsachen vorliegen, die den Antragsteller als für den Fahrlehrerberuf unzuverlässig erscheinen lassen.
Nachdem das Fahrlehrergesetz selbst keine spezialgesetzliche Definition der Unzuverlässigkeit enthält, sind hinsichtlich des Begriffes der Zuverlässigkeit die allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätze anzuwenden. Danach ist ein Gewerbetreibender dann unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Die somit erforderliche Prognose ist ein aus den vorhandenen tatsächlichen Umständen gezogener Schluss auf wahrscheinlich zukünftiges Verhalten des Gewerbetreibenden. Ein einmaliges Fehlverhalten kann die Unzuverlässigkeit dann begründen, wenn es schwer wiegt und ein sicheres Symptom für eine Gesinnung oder Lebenseinstellung ist, die eine ordnungsgemäße Ausübung des angestrebten Berufs nicht erwarten lässt (BayVGH, B.v. 09.02.2011 – 11 CS 10.3056 – juris Rn. 9 unter Berufung auf BVerwG vom 30.10.1996 – NVwZ-RR 1997, 284, BVerwG vom 02.02.1982 – BVerwGE 65, 1 und BVerwG vom 26.2.1997 – GewArch 1997, 242). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (BayVGH, U.v. vom 05.03.2013 – 11 ZB 12.2566 – juris).
Bei der Entscheidung können sogar länger zurückliegende Straftaten berücksichtigt werden, wenn sie nach den Bestimmungen des Bundeszentralregistergesetzes noch verwertet werden dürfen (BVerwG, B.v. 28.10.1996 – 1 B 211/96 – juris). Unzuverlässigkeit ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die begangenen Straftaten erkennen lassen, dass der Fahrlehrer charakterlich unzuverlässig ist. Als unzuverlässig ist ein Betroffener allgemein dann anzusehen, wenn auf Grund der vorliegenden Tatsachen zu erwarten ist, dass er den spezifischen Anforderungen des Fahrlehrerberufs charakterlich nicht gewachsen sein wird und dass er nach dem Gesamtbild seines – bisherigen – Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er den Fahrlehrerberuf ordnungsgemäß ausüben wird. Unzuverlässig ist auch, wer Anlass zu der Befürchtung bietet, dass er sich im Rahmen seiner Tätigkeit als Fahrlehrer über die zum Schutz der Allgemeinheit oder Einzelner vor Schäden oder Gefahren erlassenen Vorschriften hinwegsetzen wird. Hierzu ist auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände des Einzelfalles eine Zukunftsprognose zu erstellen. Dabei ist zu prüfen, ob sich aus dem bisherigen Verhalten des Betroffenen, insbesondere aus Straftaten, nachteilige Folgerungen für die Zukunft ergeben. Auch für denjenigen, der durch wiederholte Straffälligkeit einen Hang zur Missachtung der Rechtsordnung dokumentiert oder durch ein einmaliges Fehlverhalten von entsprechender Schwere einen ausreichend eindeutigen Hinweis auf eine entsprechende Fehlhaltung, die eine ordnungsgemäße Ausübung des zu beurteilenden Berufes nicht erwarten lässt, liefert, ist prognostisch als unzuverlässig zu betrachten (VG Gelsenkirchen, B.v. 08.05.2018 – 7 L 646/18 – juris Rn. 8 – 13).
Für die Unzuverlässigkeit des Antragstellers spricht zum einen, dass er wiederholt gegen Rechtsvorschriften verstoßen hat und somit zu erkennen gibt, dass er sich an die Rechtsordnung nicht hält. Zunächst hat er trotz Fahrverbots wie im Bescheid ausgeführt und trotz Ruhens der Fahrlehrererlaubnis von dieser Gebrauch gemacht (was zum Erlass des Bußgeldbescheids führte). Die im Urteil des Amtsgerichts …ausgeführte Tat zeigt, dass er erhebliche kriminelle Energie aufgewendet hat und somit auch hier die Rechtsordnung als für ihn nicht maßgeblich beurteilt hat. Dass er kein Rauschgift eingenommen hat oder dieses auch nicht (nachgewiesen) veräußert hat, spielt hierbei keine Rolle. Auch ist es unerheblich, dass die Delikte, die dem Urteil zugrunde lagen, nicht in Ausübung der Fahrlehrertätigkeit verübt worden sind, da er durch das Begehen der Delikte die mit seiner Erziehungs- und Vorbildfunktion erforderliche charakterliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Er zeigt einen Hang zur Nichtbeachtung gesetzlicher Vorschriften. Hierbei ist nicht auszuschließen, dass dieser Hang auch zur Nichtbeachtung verkehrsrechtlicher Vorschriften führt. Zumindest bei dem Verstoß, der dem Fahrverbot zu Grunde liegt, und der in diesem Zusammenhang begangenen Ordnungswidrigkeit wurde dies auch offensichtlich. Ohne dass es darauf ankommt, wird angemerkt, dass der Antragsteller trotz zahlreicher Hinweise auch nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheids abermals von seiner Erlaubnis Gebrauch gemacht hat, obwohl der Bescheid bereits an seinen Bevollmächtigten zugestellt war.
3. Die Verpflichtung zur Abgabe der Fahrlehrererlaubnis ergibt sich aus § 14 Abs. 4 FahrlG und war, da die Voraussetzungen für den Widerruf vorliegen, rechtmäßig. Nicht zu beanstanden ist auch die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 dieses Bescheids, da insoweit die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen gegeben sind.
4. Schließlich hat das Landratsamt bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung den formalen Begründungserfordernissen des § 80 Abs. 3 VwGO in ausreichendem Umfang Rechnung getragen. Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Für bestimmte Arten behördlicher Anordnungen ist das Erlassinteresse mit dem Vollzugsinteresse identisch. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verpflichtet die Behörde daher nicht, eine Begründung zu geben, die ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zutrifft. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung vielmehr darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt. Das kommt insbesondere im Bereich des Sicherheitsrechts in Betracht, denn es liegt in der Regel auf der Hand, dass die Gründe für eine Unzuverlässigkeit gleichzeitig die Anordnung des Sofortvollzuges bedingen.
Insgesamt überwiegt auch bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen eigenständigen Interessenabwägung des Gerichts das öffentliche Interesse gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers. Im Hinblick auf das rechtskräftige Urteil ist davon auszugehen, dass dem Antragsteller die Straftaten zur Last liegen, wegen derer er verurteilt wurde. Es besteht weder für die Behörde noch für das Gericht ein Anlass, im Rahmen des vorliegenden Verfahrens die Richtigkeit der erfolgten strafgerichtlichen Feststellungen und Bewertungen einer weitergehenden Überprüfung zu unterziehen oder anzuzweifeln. Denn Gerichte und Behörden dürfen grundsätzlich von der Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen und Bewertungen ausgehen. Nur ausnahmsweise, wenn ohne weiteres erkennbar ist, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht, oder die Behörde bzw. das Gericht den Vorfall besser beurteilen kann als die Strafverfolgungsorgane, gilt anderes (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2008 – 3 B 10.08, vom 27.3.2007 – 6 B 108.06 und vom 22.4.1992 – 1 B 61.92; OVG Münster, B.v. 27.10.2008 – 20 A 867/08 – juris). Derartige Umstände liegen hier nicht vor, insbesondere hat der Antragsteller keine nachprüfbaren Gesichtspunkte vorgetragen, aus denen sich Anhaltspunkte für eine zu Unrecht erfolgte Verurteilung herleiten ließen.
Dem Antragsteller ist darin zu folgen, dass ihn die negativen Auswirkungen des Sofortvollzuges sehr schwer treffen können. Dem Gericht ist bewusst, dass hiermit für den Antragsteller erhebliche wirtschaftliche Nachteile verbunden sind. Dies ist in der gerichtlichen Interessenabwägung zu berücksichtigen. Dennoch überwiegt im Hinblick auf die voraussichtliche Erfolglosigkeit einer Klage das öffentliche Interesse. Letztlich werden auch bei einer Fortführung des Fahrschulunterrichts hochrangige Rechtsgüter möglicherweise gefährdet. In Punkt 4.2 des Bewährungsbeschlusses ist ausgeführt, dass ein Wechsel der Wohnung und/oder Arbeitsstelle innerhalb von zwei Wochen der Strafvollstreckungskammer mitzuteilen ist. Es ist deshalb nicht anzunehmen, dass der Antragsteller durch den Vollzug des Widerrufs der Fahrlehrererlaubnis gegen seine Bewährungsauflage verstoßen wird.
5. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird nach allem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abgelehnt. Die Höhe des Streitwerts richtet sich nach § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 54.2 analog des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57).