Verwaltungsrecht

Erfolglose Asylklage einer sierra-leonischen Staatsangehörigen

Aktenzeichen  RN 14 K 18.31849

Datum:
19.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 36204
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3 Abs. 1, Abs. 4
AufenthG § 11 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 3, § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

1. Von Genitalverstümmelung bedrohte Frauen können sich dieser auch innerhalb Sierra Leones entziehen, indem sie die Kontakte zur Familie und ihrer Dorfgemeinschaft abbrechen und sich nach Freetown oder in eine andere größere Stadt begeben, in der die Familie und die für das Beschneidungsritual zuständige örtliche Geheimgesellschaft keinen Einfluss haben (Rn. 27). (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei dem Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbots und dessen Befristung handelt es sich um einen einheitlichen Verwaltungsakt, der nicht zwischen der Anordnung des Verbots und dessen Befristung aufgespalten werden kann. Daher kann in einer erlassenen Befristung zugleich auch die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots liegen (Rn. 37). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über die Klage konnte entschieden werden, obwohl die Klägerin persönlich sowie die Beklagte nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen sind. Die Beteiligten waren ordnungsgemäß geladen und im Ladungsschreiben darauf hingewiesen worden, dass bei ihrem Ausbleiben auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)).
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid umfänglich in nicht zu beanstandender Weise begründet, weshalb die Anerkennung als Asylberechtigter, die Zuerkennung internationalen bzw. nationalen Schutzes im Fall des Klägers ausscheidet.
Ergänzend zu den Ausführungen des streitgegenständlichen Bescheids wird Folgendes ausgeführt:
1. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ergibt sich insbesondere nicht aufgrund einer drohenden Female Genital Mutilation (FGM).
Die weibliche Genitalverstümmelung oder FGM ist in weiten Teilen Sierra Leones noch immer eine übliche Praxis. Hierbei ist es ohne Bedeutung, ob die betreffenden Familien dem christlichen oder muslimischen Glauben anhängen, es handelt sich um eine vor die Zeit dieser Religionen zurückreichende traditionelle Praxis, die das Leben der meisten Ethnien in Sierra Leone bestimmt. Man geht davon aus, dass die FGM in allen ethnisch-sprachlich unterscheidbaren Bevölkerungsgruppen mit erheblicher Häufigkeit praktiziert wird. Die einzige Ausnahme bildet die im Großraum Freetown konzentrierte Bevölkerungsgruppe der Krio, deren Kern Nachkommen von im 18. und 19. Jahrhundert freigelassenen Sklaven afrikanischer Abstammung aus der Karibik bildeten. (Den Krio im engeren Sinn gehören nur ein bis zwei Prozent der Bevölkerung Sierra Leones an. Nimmt man indes die Verbreitung von Krio als Muttersprache und kultureller Lebensform, so reichen Schätzungen über den Bevölkerungsanteil bis zu 10 Prozent.) Während Krio aufgrund ihrer anderen soziokulturellen Herkunft und ihrer überwiegend urbanen Lebensweise keine Tradition hinsichtlich der FGM kennen, ist diese Praktik und die dahinterstehende Tradition bei den übrigen Bevölkerungsgruppen – von den größten wie Mende, Temne (je fast ein Drittel der Gesamtbevölkerung), Limba (knapp ein Zehntel) bis zu den kleinsten – sehr ausgeprägt. International zirkulieren weitgehend akzeptierte Schätzungen, denen zufolge 80 bis 90% der Mädchen und Frauen in Sierra Leone von FGM betroffen sind (Institut für Afrikakunde vom 19.10.2004 an VG Minden; AA vom 14.3.2011 an VG Freiburg und vom 10.4.2002 an VG Frankfurt a.M.; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich (BFA), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Sierra Leone, Gesamtaktualisierung vom 04.07.2018).
Die Beschneidung wird in Sierra Leone üblicherweise in einer rituellen Zeremonie an Mädchen kurz vor der Pubertät vollzogen. Die betroffenen Mädchen sind meist im Alter von vier bis acht Jahren. Die Obergrenze des Lebenszeitraumes, in dem die Beschneidung üblicherweise zur Anwendung gelangt, wird von 11 bis 12 Jahren angegeben, da Mädchen in diesem Alter geschlechtsreif werden. In der Vorstellung der traditionellen (ländlichen) Kultur Sierra Leones hat die Beschneidung den Charakter einer Initiation beim Übergang vom Kind zur erwachsenen Frau. In dieser Vorstellung macht erst die Beschneidung das Kind zur „richtigen“ Frau. Einer Frau, die sich keinem solchen Initiationsritus unterzogen hat, wird in dem Wertekanon der traditionellen Kultur der Status der gleichberechtigten erwachsenen Frau nicht zugebilligt. Es gibt in Sierra Leone die sogenannten Frauenorganisationen „Bondo“ und „Sowee-Society“, deren Hauptziel und Entstehungsgrund die Zwangsbeschneidung junger Mädchen und Frauen ist. Sie verfügen über eine schwache Organisation und wenig Strukturen. Sie werden zumeist auf Gemeindeebene als „Geheimbünde“ gegründet, ihre Zusammentreffen finden überwiegend anlässlich von Beschneidungszeremonien statt. „Bondo-“ und „Sowee“-Gesellschaften gibt es schwerpunktmäßig in den ländlichen Provinzen, in der Hauptstadt Freetown sind sie eher in den weniger entwickelten Randgebieten tätig, allerdings auch dort mit zunehmend sinkender Tendenz (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich (BFA), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Sierra Leone, Gesamtaktualisierung vom 04.07.2018; AA vom 30.4.2008 an BAMF sowie vom 2.12.2005 an VG Stuttgart). Problematisch ist dabei insbesondere, dass die Geheimbünde in einem eigenen, außerlegalen System operieren. Sie definieren ihre eigenen Gesetze und folgen ihrer eigenen Rechtsprechung (Informationszentrum Asyl und Migration des Bundesamts, Glossar Islamische Länder – Band 17: Sierra Leone, Mai 2010). Die jungen Mädchen bzw. Frauen werden dabei häufig zu dem Eingriff gezwungen, ohne sich dagegen wehren zu können (Institut für Afrikakunde vom 10.4.2002 an VG Frankfurt a.M.).
Hinsichtlich des „Höchstalters“ der von einer zwangsweisen FGM betroffenen Frauen lassen sich keine gesicherten Erkenntnisse gewinnen. So soll es Fälle geben, in denen an Frauen, die weit über 20 Jahre alt waren, noch eine zwangsweise Genitalverstümmlung vorgenommen wurde (GiZ vom 15.2.2011 an VG Freiburg). Da FGM den Charakter einer Initiation hat, gehen die dem Gericht vorliegenden Erkenntnisquellen überwiegend davon aus, dass die zwangsweise Genitalverstümmelung im Regelfall noch vor dem Eintritt der Pubertät – also spätestens im Alter von 11 bis 12 Jahren – erfolgt (AA vom 14.3.2011 an VG Freiburg; Informationszentrum Asyl und Migration des Bundesamts, Glossar Islamische Länder – Band 17: Sierra Leone, Mai 2010; Institut für Afrikakunde vom 19.10.2004 an VG Minden). Ein späteres Alter ist dann vorstellbar, wenn Mädchen den FGM-Zeremonien – aus welchem Grund auch immer – zunächst entgangen sind, die FGM dann aber doch noch vorgenommen wird. Allerdings führt das Auswärtige Amt aus, dass eine Genitalverstümmelung gegen den Willen der betroffenen Person ab dem Eintritt der Volljährigkeit mit 18 Jahren äußerst unwahrscheinlich ist (AA vom 14.3.2011 an VG Freiburg).
Zwar wird die Genitalverstümmelung nach dem eben Gesagten in allen Landesteilen Sierra Leones praktiziert und damit auch in größeren Städten wie beispielsweise Freetown. Allerdings sind die „Bondo“- und „Sowee“-Gesellschaften, die für FGM verantwortlich sind, eher in den weniger entwickelten Randgebieten tätig, allerdings auch dort mit zunehmend sinkender Tendenz. Ihre Aktivitäten konzentrieren sich nämlich schwerpunktmäßig auf die ländlichen Provinzen (AA vom 2.12.2005 an VG Stuttgart). Die Bondo-Society verfügt über eine schwache Organisation und wenig Strukturen. Diese Geheimgesellschaft wird zumeist auf Gemeindeebene als „Geheimbund“ gegründet. Das Zusammentreffen der Mitglieder findet überwiegend anlässlich von Beschneidungszeremonien statt (AA vom 2.12.2005 an VG Stuttgart). Generell wird man sagen können, dass FGM bzw. die Akzeptanz von FGM umso wahrscheinlicher ist, je ländlicher, je geringer gebildet und je stärker verwurzelt die betreffende Person in der afrikanischen Tradition ist (so HessVGH, U.v. 23.3.2005 – 3 UE 3457/04.A – juris = NVwZ-RR 2006, 504). In der Hauptstadt Freetown gibt es die traditionellen Bindungen und Zwänge der heimischen Ethnien nicht, insbesondere, wenn einzelne Personen dorthin ziehen und für sich leben. Für die betreffenden Personen bedeutet dies jedoch einen weitgehenden Bruch mit ihren Familien. Eine Rückkehr in ihre Dörfer ist nicht mehr möglich, da sie einer sozialen Ächtung anheimfallen. Bei einem Wohnortwechsel nach Freetown fällt jedenfalls die soziale Kontrolle seitens der heimischen Ethnie fort, weshalb eine Genitalverstümmelung dadurch extrem unwahrscheinlich wird. Bestätigt wird dies durch lokale Presseberichte, wonach sich junge Frauen durch Flucht, insbesondere in die Hauptstadt Freetown, dem Ritus der FGM entzogen haben (AA vom 14.3.2011 an VG Freiburg). Hier wird deutlich, dass sich von FGM bedrohte Frauen auch innerhalb Sierra Leones der Genitalverstümmelung entziehen können, indem sie – wie dies auch bei einer Flucht ins Ausland der Fall ist – die Kontakte zur Familie und ihrer Dorfgemeinschaft abbrechen und sich nach Freetown oder in eine andere größere Stadt begeben, in der die Familie und die örtliche Geheimgesellschaft, die für das Beschneidungsritual zuständig ist, keinen Einfluss hat.
Hinzu kommt, dass Sierra Leone zwischenzeitlich die weibliche Genitalverstümmelung verboten hat. In einem Schreiben hat der Minister der Kommunalverwaltung und für ländliche Entwicklung, Anthony Brewah, das Verbot von FGM angekündigt. Die Regierung habe mit sofortiger Wirkung landesweit Beschneidung verboten heißt es in dem Schreiben vom 21.1.2019 (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich (BFA), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Sierra Leone, Gesamtaktualisierung vom 04.07.2018; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 28.1.2019, S. 7). Ob dieses Verbot jedoch dazu führt, dass die Praxis der FGM kurzfristig eingedämmt werden kann, muss bezweifelt werden.
Darüber hinaus kommt im Falle der Klägerin eine drohende FGM schon deshalb nicht in Betracht, weil sich anhand des ärztlichen Attests vom 20.6.2018 des Klinikum der Universität München ergibt, dass bei der Klägerin eine FGM Grad IIIa nach WHO, die invasivste Ausprägung der FGM, vorliegt.
2. Ein nationales Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG ergibt sich auch nicht aufgrund der sich ausbreitenden weltweiten Corona-Pandemie, die auch Sierra Leone erfasst hat; denn es ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass die Klägerin in Sierra Leone gleichsam sehenden Auges dem Tod oder schwerster Gesundheitsschäden ausgeliefert wären.
Sierra Leone ist bisher von COVID-19 weniger betroffen. Die Regierung hat Regeln zur Pandemieprävention bei Ein- und Ausreise erlassen. Flugreisende müssen sich vor Reiseantritt über das Reiseportal von Sierra Leone registrieren. Dafür ist u.a. der Nachweis eines negativen COVID-19-Tests einzureichen, der bei Abflug nicht älter als 72 Stunden sein darf. Negatives Testergebnis sowie Nachweis der Registrierung sind bereits am Ausgangsflughafen bei der Abfertigung durch die Fluggesellschaft vorzulegen. Bei Einreise ist die Durchführung eines weiteren COVID-19-PCR-Tests verpflichtend. Eine Einreise über Land- oder Seegrenzen ist nicht möglich. Der internationale Flughafen in Lungi ist geöffnet. Die Bevölkerung in Sierra Leone bleibt aufgefordert, die grundlegenden Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten, größere Menschenansammlungen zu vermeiden und in der Öffentlichkeit Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Von 23:00 Uhr bis 5:00 Uhr gilt eine nächtliche Ausgangssperre (vgl. dazu die aktuell geltenden Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes, die auf dessen Homepage abrufbar sind: https://www.auswaertiges-amt.de/de/). Die Zahl der Infizierten sowie der an COVID-19 Verstorbenen ist darüber hinaus nach den von der WHO veröffentlichten Zahlen vergleichsweise niedrig (vgl. WHO; Infektionszahl: 2330, Todeszahl: 73 Stand: 19.10.2020, abrufbar unter: https://covid19.who.int/region/afro/country/sl). Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die Infektionszahlen in Sierra Leone wesentlich höher sind, als dies die Zahlen der WHO ausweisen, weil dort nur wenige Corona-Tests durchgeführt werden, ist den Zahlen zu entnehmen, dass das Infektionsrisiko in Sierra Leone kaum größer sein dürfte als in Deutschland.
Im Ergebnis ist jedenfalls festzustellen, dass die Regierung von Sierra Leone Maßnahmen ergriffen hat, um die Ausbreitung des Virus zu unterbinden bzw. zu verlangsamen. Jeder Einzelne hat es darüber hinaus selbst in der Hand, sich und andere vor allem durch die Einhaltung der Abstandsregelungen – insbesondere Meidung von Menschenmassen – zu schützen, sodass nach derzeitigem Stand nicht davon ausgegangen werden muss, dass sich der Kläger in seinem Heimat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit dem Virus infizieren wird.
Selbst bei unterstellter Infektion besteht jedenfalls keine hohe Wahrscheinlichkeit eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs der Erkrankung. Nach den bisherigen Erkenntnissen zu COVID-19 kommt es beim ganz überwiegenden Teil der Erkrankten zu einem milden bis moderaten Verlauf und nur ein geringer Teil entwickelt eine schwere Erkrankung. Das größte Risiko für einen schweren Verlauf besteht bei älteren Personen ab etwa 50 bis 60 Jahren und bei Personen mit Vorerkrankungen. Bei Kindern sind Erkrankungen seltener und verlaufen in aller Regel mild (vgl. Robert Koch Institut [RKI], SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html). Die Klägerin ist zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, der gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, 24 Jahre alt und gehört somit aufgrund ihres Alters nicht zu einer Risikogruppe.
Außerdem fehlen belastbare Anhaltspunkte dafür, dass sich die Wirtschaftund Versorgungslage der Bevölkerung im Zuge der Pandemie in Sierra Leone derart verschlechtert, dass die Familie des Klägers nicht mehr in der Lage wäre, ihren Lebensunterhalt sicherzustellen. Das Gericht geht davon aus, dass gerade der für Viele als Einnahmequelle bedeutende informelle Sektor nach den bereits wieder gelockerten und nur nachts geltenden Ausgangsbeschränkungen auch den Eltern des Kläger zur Verfügung steht. Bei der Nahrungsmittel- und Wasserversorgung kommt es zudem zu keinem Mangel, der über das übliche Maß hinausgehen würde (BFA, Bundesamt für fremden Wesen und Asyl der Republik Österreich, Kurzinformation der Staatendokumentation Afrika, COVID-19 – aktuelle Lage vom 10.6.2020, Seite 13). Das Gericht verkennt nicht – auch unter Berücksichtigung der COVID- 19 – Pandemie die mitunter schwierigen Lebensverhältnisse in Sierra Leone. Diese betreffen jedoch sierra-leonische Staatsangehörige in vergleichbarer Lage in gleicher Weise. Ein Abschiebungsverbot ist deshalb nicht festzustellen.
Die Feststellung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG schied nach alledem aus.
3. Auch Ziffer 6 des angegriffenen Bescheids ausgesprochene Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf 30 Monate ist ebenfalls rechtmäßig. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG – in der zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§§ 77 Abs. 1 Satz 1, 83c AsylG) geltenden Fassung – ist gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG wird über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Ermessen entschieden. Nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG darf sie außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten. Die getroffene Ermessensentscheidung erweist sich als rechtmäßig. Hier wurde die maximale Frist zur Hälfte ausgeschöpft, was nicht zu beanstanden ist. Besondere Umstände, die eine kürzere Frist gebieten würden, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Dem steht auch nicht entgegen, dass das Bundesamt nach dem Wortlaut der Ziffer 6 des streitgegenständlichen Bescheids das Einreise- und Aufenthaltsverbot nur „befristet“ und nicht auch angeordnet hat . § 11 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 3 AufenthG in der seit 21.8.2019 geltenden Fassung regelt, dass das Einreise- und Aufenthaltsverbot nicht mehr von Gesetzes wegen eintritt, sondern von der zuständige Behörde in Form eines Verwaltungsaktes zu erlassen ist. Bei dem Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbots und dessen Befristung handelt es sich um einen einheitlichen Verwaltungsakt, der nicht zwischen der Anordnung des Verbots und dessen Befristung aufgespalten werden kann (BeckOK MigR/Katzer AufenthG § 11 Rn. 1-4). Folglich liegt in der in Ziffer 6 des Bescheids erlassenen Befristung zugleich auch die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots.
Zusammenfassend kann das Gericht nicht erkennen, in welcher Weise der angefochtene Bescheid im Ergebnis rechtswidrig sein könnte, zumal es an einer Klagebegründung fehlt. Das Gericht folgt der Begründung des angefochtenen Bescheids und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab (vgl. § 77 Abs. 2 AsylG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylG.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erging gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff Zivilprozessordnung (ZPO).

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