Verwaltungsrecht

Erfolglose Asylklage eines afghanischen Staatsangehörigen

Aktenzeichen  M 6 K 17.38920

Datum:
29.9.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 u. Abs. 3 S. 1
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5 u. 7 S. 1

 

Leitsatz

1 Wer sich auf Seiten der rechtmäßigen Regierung gegen Aufständische stellt und diese mit Waffen bekämpft, ist kein von den Gegnern Verfolgter, sondern Teil einer bewaffneten Auseinandersetzung im Sinne eines innerstaatlichen Konflikts.  (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2 Arbeitsfähige, junge und gesunde Afghanen können auf innerstaatliche Fluchtalternativen verwiesen werden, in Betracht kommen neben Kabul auch andere größere Städte wie Mazar-e-Sharif. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 13. April 2017 ist, soweit er noch angegriffen wird, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO analog). Zur Begründung nimmt das Gericht voll umfänglich Bezug auf den Inhalt des Bescheids und macht sich diesen zur Begründung der vorliegenden Entscheidung zu eigen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend wird ausgeführt:
Die Richtigkeit der Schilderungen des Klägers, wie sie nicht zuletzt durch die im Gerichtsverfahren vorgelegte Bestätigung seines Vaters glaubhaft gemacht worden sind, kann unterstellt werden, ohne dass er deshalb einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) oder subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) hätte. Wer sich auf Seiten der rechtmäßigen Regierung gegen Aufständische stellt und diese, wie der Kläger von sich behauptet, mit Waffen bekämpft, ist nicht von den Gegnern Verfolgter, sondern Teil einer bewaffneten Auseinandersetzung im Sinne eines innerstaatlichen Konflikts, wie sie in großen Teilen Afghanistans seit vielen Jahren stattfindet. Eine andere Sicht würde dazu führen, dass sämtliche Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte, so sie den Weg in die Bundesrepublik finden würden, hier als Flüchtlinge oder zumindest subsidiär Schutzberechtigte anzuerkennen wären, was offenkundig nicht richtig sein kann. So ist auch der Kläger nicht etwa wegen eines der in § 3 AsylG genannten Merkmale Verfolgter, sondern nur insoweit in das Visier der Taliban geraten, als er ihr bewaffneter Gegner war. Als ehemaligem aktiven Unterstützer der Regierung droht dem Kläger in Afghanistan auch keine der im § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 aufgeführten Maßnahmen oder Behandlungen. Auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG liegen in der Person des Klägers nicht vor. Im Gegenteil ist das Gericht im Falle des Klägers davon überzeugt, dass seine Familie über sehr gute Kontakte in die Sicherheitsbehörden seines Heimatlandes hinein verfügt und durchaus in der Lage wäre, den Kläger an einem sicheren Ort in Afghanistan unterzubringen, so er denn nach wie vor befürchten müsste, im Falle seiner Rückkehr zu seiner Familie dort gezielt Opfer von Nachstellungen der Taliban zu werden. Laut dem aktuellen Bericht von UMAMA (Juli 2017) hat die Zahl der zivilen Opfer in der Provinz Kunduz im ersten Halbjahr 2017 sogar um 7% abgenommen. Der arbeitsfähige, junge und gesunde Kläger kann im Übrigen gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG auf eine innerstaatliche Fluchtalternative verwiesen werden, wobei neben Kabul auch andere größere Städte wie Mazar-e-Sharif in Betracht kommen. Das vom Kläger vorgelegte Attest und die sonstigen Angaben zu Erkrankungen stehen dem ebenso wenig entgegen wie sie die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AsylG zu begründen vermögen. Die Beschwerden des Klägers sind nicht von gravierender Art und es fehlt schon an jedweder Aussage dazu, weshalb und inwieweit sie sich verschlimmern würden, falls der Kläger in seine Heimat zurückkehrt.
An dieser Einschätzung hat der Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 28. Juli 2017 nichts geändert. Er beruht zum einen nach eigenen Angaben ausschließlich auf sekundären Quellen, zum anderen benennt er keine Faktoren, die einerseits die Lage in der Herkunftsprovinz des Klägers (Kunduz) und andererseits in den als Fluchtalternative in Betracht kommende Städte wie Mazar-e Sharif als grundlegend verändert erscheinen lassen. Selbst die Anlass gebenden Anschläge in Kabul verändern, gemessen an den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierfür entwickelten Maßstäben, die Einschätzung der Sicherheitslage dort insgesamt nicht dermaßen, dass Kabul keine zumutbare Fluchtalternative mehr sein könnte.
Sollte die Rückkehr des Klägers in sein Heimatland konkret anstehen, wird unter Heranziehung der dann zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel zu prüfen sein, ob für ihn dann tatsächlich noch eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht. Sofern eine solche außerhalb Kabul gegeben ist, müsste durch geeignete Maßnahmen wie einen innerstaatlichen Anschlussflug gewährleistet sein, dass der Kläger die von ihm gewählte Fluchtalternative auch sicheren Fußes erreichen kann. Dies zu überprüfen ist Sache der dann zuständigen Behörde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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