Aktenzeichen B 1 K 16.31660
Leitsatz
Die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara begründet nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung in Afghanistan. Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung durch die Taliban oder andere (nicht-)staatliche Akteure wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara sind nicht zu erkennen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klage ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21.11.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dieser hat keinen Anspruch auf Zuerkennung internationalen Schutzes. Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Verneinung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Auch die weiteren Entscheidungen im angefochtenen Bescheid erweisen sich als rechtmäßig.
In der Sache selbst schließt sich das Gericht zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen zunächst den Gründen des angefochtenen Bescheides an und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist zur Sache sowie zur Klage das Folgende auszuführen:
Für die Frage, ob der Kläger die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG oder die Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) in Anspruch nehmen kann, ist auf die Verhältnisse und eine etwaige Gefährdungslage im Herkunftsland abzustellen. Herkunftsland im Sinne dieser Vorschriften ist das Land, dessen Staatsangehörigkeit der Ausländer besitzt, so dass für die Frage, ob dem Kläger ein Anspruch auf Zuerkennung internationalen Schutzes zusteht, auf Afghanistan abzustellen ist.
Das Bundesamt hat rechtlich nicht zu beanstandend angenommen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes nicht gegeben sind.
1. Dem Kläger droht wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara in Afghanistan keine Gruppenverfolgung im Rechtssinne, wobei es nach § 77 Abs. 1 AsylG auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankommt. Grundsätzlich kann sich die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer zwar nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmales verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden Gruppen gerichteten Verfolgung setzt dabei voraus, dass eine bestimmte Verfolgungsdichte vorliegt, die die Vermutung eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne Weiteres die aktuelle Gefahr einer Betroffenheit besteht. Zudem gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, wenn also auch keine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar ist (vgl. VG Augsburg, U.v. 7.11.2016 – Au 5 K 16.31853 – juris m.w.N.).
Dies zugrunde gelegt, droht dem Kläger wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. In Afghanistan sind keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung durch die Taliban oder andere (nicht-)staatliche Akteure wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara zu erkennen (vgl. BayVGH, U.v. 3.7.2012 – 13a B 11.30064; VG Augsburg, U.v. 7.11.2016 – Au 5 K 16.31853 – juris). Die Verfolgungshandlungen, denen die Hazara partiell ausgesetzt sind, verfügen nicht über die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische Verfolgungsdichte. Hazara sind zwar in Afghanistan weiterhin einer gewissen Diskriminierung ausgesetzt (vgl. Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19. Oktober 2016 – Lagebericht – S. 9). Es wird im Lagebericht des Auswärtigen Amtes aber eine grundsätzliche Verbesserung für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara festgestellt. Überdies ist jedenfalls keine landesweite Bedrohung von Volkszugehörigen der Hazara festzustellen. Für diese bildet insbesondere die Region Bamiyan westlich von Kabul einen sicheren Rückzugsort, der weitgehend von Volkszugehörigen der Hazara besiedelt ist (vgl. VG Augsburg, U.v. 7.11.2016 – Au 5 K 16.31853 – juris m.w.N.; s.a. auch Wikipedia – Stichwort „Hazara“). Auch unter Berücksichtigung ganz aktueller Erkenntnisse fehlt es offensichtlich an einer für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen kritischen Verfolgungsdichte (vgl. VG Augsburg, U.v. 19.1.2017 – Au 5 K 16.32053 – juris m.w.N.). Das erkennende Gericht stimmt in diesem Punkt nicht zuletzt mit der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs überein, der die Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung von Hazara in Afghanistan klar verneint (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2017 – 13a ZB 16.30996 – juris). Soweit der Kläger geltend gemacht hat, er gehöre der Untergruppe der Sadat Hazara an, gilt nichts anderes. Es gibt keine Hinweise, die darauf hindeuten, dass für diese Untergruppierung die (Verfolgungs-)Situation anders, d.h. derart gravierender einzuschätzen wäre als für die Gruppe der Hazara insgesamt, dass eine rechtliche relevante Gruppenverfolgung in Betracht kommen könnte.
2. Auch der Umstand, dass es sich bei dem Kläger um einen schiitischen Religionszugehörigen handelt, führt nicht auf das Vorliegen einer Gruppenverfolgung. Nach der Erkenntnislage sind ca. 15 bis 20 Prozent der afghanischen Bevölkerung Schiiten. Auch wenn es durchaus in der Vergangenheit und auch aktuell immer wieder zu Anschlägen auf Schiiten gekommen ist, rechtfertigen diese Vorfälle nicht für jeden Schiiten in Afghanistan die Vermutung, dass er mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aufgrund seiner Religion erleidet. Vielmehr ist vor allem angesichts der Vielzahl von Schiiten in Afghanistan die für eine Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte offensichtlich nicht gegeben.
3. Vor dem Hintergrund der aktuellen (Sicherheits-)Lage kann der Kläger nicht beanspruchen, dass ihm die Beklagte den subsidiären Schutzstatus zuerkennt. Dem Kläger droht nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden. Hier ist von Bedeutung, ob der Kläger bei Rückkehr in das Land seiner Staatsangehörigkeit einer erheblichen individuellen Bedrohung für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Diese Gefahr müsste sich in der Person des Klägers so verdichtet haben, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr bedeutet. Auch wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers fehlen, kann eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr eintreten, wenn praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit im betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Beim Fehlen individueller gefahrerhöhender persönlicher Umstände ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt notwendig (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10; U.v. 13.02.2014 – 10 C 6.13 – juris). Zur Ermittlung der Gefahrendichte bzw. ob die Schwelle der erheblichen individuellen Gefahr erreicht wird, ist zunächst aufgrund aktueller Quellen die Bevölkerungszahl zur Häufigkeit von Akten willkürlicher Gewalt sowie der Zahl der hierbei verletzten und getöteten Personen in Relation zu setzen (vgl. BayVGH, B.v. 17.01.2017 – 13a ZB 16.30182 – juris m.w.N.). Ferner bedarf es über die rein quantitativen Ermittlung hinaus auch einer wertenden Gesamtbetrachtung (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2017 – 10 C 13.10 – juris). Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang klargestellt, dass die Wahrscheinlichkeit eines drohenden Schadens von 1:800 (= 0,125%) weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt ist.
Legt man diese Maßstäbe an, droht dem Kläger angesichts der allgemeinen Sicherheitslage beispielsweise in der Region Kabul (oder auch in Herat bzw. Mazar-e Sharif) nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden. Zwar hat sich die Sicherheitslage im 2. Halbjahr 2016 insgesamt eher verschlechtert. Gleichwohl ergibt sich bei einer Auswertung der insgesamt zur Verfügung stehenden aktuellen Auskunftsmittel, dass die Wahrscheinlichkeit, einen ernsthaften Schaden i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG zu erleiden, nach wie vor so gering ist, dass der Grad willkürlicher Gewalt gemessen an den Grundsätzen, die die obergerichtliche Rechtsprechung hierzu entwickelt hat und denen das erkennende Gericht folgt, nicht zu einer für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes notwendigen Gefahrendichte führt (ebenso VG Augsburg, U.v. 20.01.2017 – Au 5 K 16.31721 – juris). Auch im bisherigen Verlauf des Jahres 2017 ist keine rechtlich relevante Veränderung der Sicherheitslage festzustellen.
Selbst wenn es zutreffen sollte, dass die Taliban seinerzeit in den Besitz des Handys und von Unterlagen des Onkels des Klägers gekommen sein sollten, so führt dies nicht auf einen gefahrerhöhenden Umstand, der einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (oder eines Abschiebungsverbots) rechtfertigt. Zum einen bieten größere Städte in Afghanistan aufgrund ihrer Anonymität bereits eher Schutz als kleinere Städte oder Dorfgemeinschaften (vgl. Lagebericht, S.18). Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger z.B. bei einer Niederlassung in Kabul einer erhöhten Gefahr ausgesetzt sei, kann nicht festgestellt werden. Es ist allgemeinkundig, dass es in Afghanistan ein funktionierendes Meldewesen nicht gibt (vgl. auch Lagebericht, S. 25). Vor allem aber ist ein besonderes Verfolgungsinteresse der Taliban bezogen auf den Kläger überhaupt nicht ersichtlich. Er ist weder mit (führenden) Repräsentanten in Konflikt geraten noch hat er sonst Anlass gegeben, dass die Taliban auch nach der inzwischen verstrichenen Zeit ein ernsthaftes Interesse haben sollten, gerade seiner Person habhaft zu werden oder gerade ihm Schaden zuzufügen. Auch wenn der Kläger auf Fotos abgebildet sein sollte, die sich auf dem Handy seines Onkels, der selbst Polizeiangehöriger gewesen sein mag, befinden, so hebt dies die Person des Klägers nicht in rechtserheblicher Weise von anderen Hazara oder Schiiten ab. Ein besonderes, auf den Kläger bezogenes Verfolgungsinteresse der Taliban ist nicht anzunehmen.
4. Zu Recht hat das Bundesamt schließlich das Vorliegen von Abschiebungsverboten verneint. Nach aktueller Erkenntnislage sind erwerbsfähige junge Männer in Kabul (oder in einer anderen größeren Stadt wie beispielsweise Herat bzw. Mazar-e Sharif) in der Lage, sich jedenfalls durch Gelegenheitsarbeiten ein Existenzminimum zu sichern (vgl. nur BayVGH, B.v. 04.01.2017 – 13a ZB 16.30600 – juris). Der Kläger gehört zu dieser Gruppe von jüngeren afghanischen Staatsangehörigen; er ist auch der Landessprache Dari bzw. Farsi mächtig. Es ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich, dass es ihm nicht möglich sein sollte, sich bei Niederlassung in Kabul oder in einer anderen größeren Stadt eine existenzsichernde Grundlage zu erwirtschaften, zumal er auf berufliche Erfahrungen (vgl. S. 3 der Anhörungsniederschrift, S. 2 der Niederschrift) zurückblicken kann.
Es trifft zwar durchaus zu, dass gerade Kabul massiv vom starken Anstieg der Zahl der Rückkehrer aus Pakistan und anderen Ländern betroffen sowie Zufluchtsort zahlreicher Binnenvertriebener ist und dass die Wohnraumsituation extrem angespannt ist. Von Seiten des UNHCR wird jedoch in diesem Zusammenhang stets klargestellt, dass für die Frage, ob in Kabul (oder einer anderen Stadt) eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, stets die Umstände des konkreten Einzelfalls zu würdigen sind. Nach den Anmerkungen des UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern von Dezember 2016 bleiben die Erwägungen aus den UNHCR-Richtlinien vom April 2016 ausdrücklich bestehen (vgl. S. 7/8). Nimmt man die individuellen Umstände des Klägers in den Blick (volljähriger erwerbsfähiger junger Mann ohne Unterhaltslasten, Berufserfahrung, einer der Landessprachen mächtig), so liegen in seiner Person die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nicht vor.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger die meiste Zeit seines Lebens im Iran verbracht hat. Eine Rückkehr nach Afghanistan bzw. dortige Ansiedlung und Integration scheitert vielmehr grundsätzlich nicht am fehlenden vorherigen Aufenthalt im Heimatland. Maßgeblich ist stattdessen, ob der Betroffene den größten Teil seines Lebens in einer islamisch geprägten Umgebung verbracht hat und eine der beiden Landessprachen spricht. Dies ist im Falle des Klägers zu bejahen. Ein spezielles „Vertrautsein“ mit den afghanischen Verhältnissen ist nicht erforderlich; auch aus dem Umstand, dass der Antragsteller Volkszugehöriger der Hazara ist, ergibt sich nichts anderes (vgl. BayVGH, B.v. 4.1.2017 – 13a ZB 16.30600 – juris). Im Falle des Klägers ist ergänzend zu berücksichtigen, dass es sich bei ihm nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck des Gerichts keineswegs etwa um eine unbeholfene, ängstlich wirkende oder verschüchtert auftretende Person handelt, sondern um einen selbstbewussten jungen Mann, der in der Lage ist, seine Anliegen und Interessen angemessen zu vertreten.
Ein Abschiebungsverbot ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass der Kläger im Iran einen Motorradunfall erlitten hatte. Eine alsbald eintretende erhebliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers ist im Falle seiner Rückkehr bzw. Rückführung nach Afghanistan in keiner Weise anzunehmen. Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll dem Ausländer nicht eine Heilung von Krankheit unter Einsatz des sozialen Netzes der Bundesrepublik Deutschland sichern, sondern vor gravierender Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter Leib und Leben bewahren. Daher ist eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands auch nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustands anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden und/oder existenzbedrohenden Zuständen, kurz: bei existentiellen Gesundheitsgefahren, was insbesondere aus dem der Vorschrift immanenten Zumutbarkeitsgedanken folgt (vgl. OVG NRW, B.v. 30.12.2004 – 13 A 1250/04.A mit zahlreichen weiteren Nachweisen; siehe ferner BayVGH, B.v. 12.8.2015 – 11 ZB 15.30054 – juris).
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben, die Wunde sei zwischenzeitlich verheilt und er benötige wegen seines Beins keine Medikamente. Er hat zwar weiter ausgeführt, er könne aktuell ohne Schuhe nicht richtig laufen, spiele aber Fußball (S. 3 der Niederschrift). Eine fortbestehende gesundheitliche Beeinträchtigung dahin, dass der Kläger nicht in der Lage wäre, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, liegt nach alledem nicht vor.
Schließlich ist nicht wahrscheinlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan einer Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor dem Hintergrund ausgesetzt ist, dass N* …, der Noch-Ehemann der Zeugin, d.h. seiner Schwester M* …, Drohungen gegenüber M* … ausgesprochen habe und davon auch der Kläger betroffen bzw. erfasst sei. Nach den Angaben der Zeugin in der mündlichen Verhandlung hätten sich die konkret ausgesprochenen Bedrohungen allein gegen die Zeugin selbst gerichtet. Selbst wenn man aber annehmen möchte, dass auch der Kläger als männlicher Angehörige von den ausgesprochenen Bedrohungen tangiert sei, so ist festzustellen, dass ein Aufeinandertreffen des Klägers und N* … bzw. dessen Verwandten angesichts der Größe von Afghanistan, der Vielzahl von Einwohnern und der Anonymität, die größere Städte bieten, sehr unwahrscheinlich ist, zumal N* … und/oder seine Verwandten auch überhaupt keinen Anlass haben, in Afghanistan nach dem Kläger zu suchen, denn der Kontakt zwischen der Zeugin und N* … sei nach den Angaben der Zeugin schon im April 2016 abgerissen (S. 7 der Niederschrift). Dabei ist auch zu berücksichtigten, dass es – wie schon erwähnt – ein funktionierendes Meldewesen in Afghanistan nicht gibt.
Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer etwaigen Gefährdung des Klägers ergibt sich ferner nicht daraus, dass er seit nunmehr ca. 1,5 Jahren in Deutschland lebt und sich damit in einem nicht-islamisch bzw. „westlich“ geprägten Land aufgehalten hat. Aus den eingeführten Erkenntnismitteln ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer alleine wegen eines solchen kurzzeitigen Aufenthalts beispielsweise in Deutschland im Falle ihrer Rückkehr einer besonderen Gefahrenlage ausgesetzt wären, wenn sie in der Lage sind, sich (wieder) in die dortige Gesellschaft zu integrieren. Dies ist jedoch im Fall des Klägers, der prägende Lebensjahre im islamisch geprägten Iran verbracht hat, ohne Weiteres anzunehmen.
Ein anderes Ergebnis ergibt auch nicht unter Einbeziehung der weiteren in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel bzw. Unterlagen, so dass die Klage insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG abzuweisen ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m.§§ 708 ff. ZPO.