Aktenzeichen M 2 K 16.35194
Leitsatz
1 Im Iran können zum Christentum konvertierte Muslime durch die aktive Glaubensausübung im konkreten Einzelfall landesweit einer beachtlichen Gefahr von Verfolgungshandlungen durch den iranischen Staat oder diesem zurechenbaren Akteuren ausgesetzt sein. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2 Allein ein etwaiges öffentliches Bekanntwerden einer äußerlichen Glaubensbetätigung oder sonstiger Aktivitäten des Asylbewerbers in Deutschland führte nicht dazu, dass bei einer Rückkehr in den Iran eine asylerhebliche Verfolgung oder Gefährdung zu befürchten wäre, da den iranischen Stellen bekannt ist, dass eine große Zahl iranischer Asylbewerber aus wirtschaftlichen oder anderen unpolitischen Gründen versucht, im westlichen Ausland dauernden Aufenthalt zu finden und hierzu Asylverfahren betreibt, in deren Verlauf bestimmte Asylgründe geltend gemacht werden und deshalb auch entsprechende Betätigungen stattfinden. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte weder Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG), noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG), noch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG (hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a GG ist der Bescheid vom 7. Dezember 2016 bestandskräftig geworden, nachdem insoweit ausdrücklich kein Verpflichtungsantrag gestellt wurde; ohnehin wäre eine Klage insoweit allein deshalb ohne Erfolg geblieben, weil der Kläger nach eigenem Vortrag u.a. über Griechenland, Kroatien, Slowenien und Österreich und damit über sichere Drittstaaten nach Deutschland gelangt ist, Art. 16 a Abs. 2 GG i.V.m. § 26 a Abs. 1 und 2 AsylG). Die Abschiebungsandrohung in Ziffer 5. des Bescheids vom 7. Dezember 2016 und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 6. dieses Bescheids sind rechtmäßig.
Hinsichtlich der allgemeinen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes sowie die Feststellung von Abschiebungsverboten, ferner hinsichtlich der Abschiebungsandrohung und der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots wird zunächst auf den Bescheid des Bundesamts vom 7. Dezember 2016 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist zur behaupteten Vorverfolgung im Iran (sogleich 1.), zu der vorgetragen Konvertierung zum Christentum (sogleich 2.) sowie zu den vorgebrachten Erkrankungen (sogleich 3.) wie folgt auszuführen:
1. Zur Überzeugung des Gerichts handelt es sich beim Vortrag des Klägers, er sei vorverfolgt aus dem Iran ausgereist, um eine Schutzbehauptung. Das Vorbringen des Klägers beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht hinsichtlich der angeblichen Geschehnisse im Iran, welche eine Vorverfolgung belegen sollen – u.a.: er habe sich schon im Iran dem Christentum zugewandt und an Gottesdiensten in einer Hauskirche teilgenommen, er sei auf dem Weg zur Hauskirche festgenommen und anschließend befragt und schwer gefoltert worden, einige Zeit nach seiner Freilassung habe er wieder an den Gottesdiensten in der Hauskirche teilgenommen, eines Tages sei die Polizei bei der Hauskirche gewesen, er sei wieder zurückgefahren und zu einem Onkel geflüchtet, dieser habe ihm bei der Flucht aus dem Iran geholfen – ist bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände unglaubwürdig. Infolgedessen können dem Kläger wegen dieses Vorbringens schon aus tatsächlichen Gründen weder die Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG), noch subsidiärer Schutz (§ 4 AsylG), noch Abschiebungsverbote (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) zuerkannt werden. Im Einzelnen waren bei der Gesamtwürdigung folgende Umstände zu berücksichtigten:
a) Das Gericht hat den Eindruck gewonnen, dass sich der Kläger die von ihm vorgetragenen Geschehnisse im Wesentlichen ausgedacht hat. Zwar hat er beim Bundesamt und auch gegenüber dem Gericht durchaus einen mit diversen Details versehenen Sachverhalt vorgetragen. Schon die erste Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung, in welcher Straße sich die vom Kläger angeblich aufgesuchte Hauskirche befunden habe, konnte der Kläger indes ganz offensichtlich nicht beantworten: Auf die gerichtliche Frage nach der Straße meinte der Kläger zunächst ausweichend, sie habe sich im Stadtteil … befunden. Auf nochmalige Nachfrage des Gerichts meinte der Kläger dann, man habe ihm die Adresse so nicht gegeben, sein Cousin … habe immer zu ihm gesagt, fahr dorthin, fahr dahin. Bei lebensnaher Betrachtungsweise ist es schlechterdings nicht vorstellbar, dass der Kläger zwar insgesamt etwa acht bis zehn Monate – fünf, sechs Monate vor der angeblichen Verhaftung, SP S. 3, sowie drei, vier Monate vor der Ausreise, SP S. 4 – regelmäßig – nämlich jede Woche, am Wochenende oder auch an anderen Tagen, es ist selten vorgekommen, dass er nicht hingegangen ist, SP S. 5 – an den Gottesdiensten in der Hauskirche teilgenommen haben will und zu dieser Hauskirche selbst mit dem Auto bzw. später dem Motorrad gefahren sein will, er dennoch aber nicht einmal weiß, in welcher Straße sich diese angebliche Hauskirche befunden haben soll. Nicht überzeugen kann seine Einlassung, sein Cousin … habe ihm immer gesagt, wohin er fahren soll. Selbst wenn dies (anfangs) so gewesen sein sollte, so konnte der Kläger doch zweifellos erkennen, in welche Straße ihn sein Cousin gelenkt hatte.
b) Gegen die Glaubwürdigkeit der vom Kläger geschilderten Vorverfolgung spricht auch, dass dieser trotz seiner angeblich zahlreichen Gottesdienstbesuche (siehe dazu eben) den genauen Ablauf eines Gottesdienstes in der Hauskirche trotz mehrerer Anstoßfragen in der mündlichen Verhandlung nicht genauer angeben konnte. Vielmehr hat er von sich aus nur sehr oberflächlich und inhaltsleer davon gesprochen, sie hätten mit Saft und Brot „Gottesdienst veranstaltet“, der Pfarrer habe dort „die Messe gefeiert“, sie hätten „viele Fragen“ gehabt, sie hätten „Gottesdienst gefeiert“, der Pfarrer habe „gesprochen“, man habe „christliche Lieder gesungen“ (SP S. 5 f.). Diese Angaben sind derart vage und unbestimmt, dass das Gericht nicht die Überzeugung zu gewinnen vermochte, der Kläger habe tatsächlich wie von ihm behauptet an zahlreichen Gottesdiensten in der Hauskirche teilgenommen.
c) Unglaubwürdig, weil lebensfremd, unplausibel, widersprüchlich, oberflächlich und unspezifisch ist auch das klägerische Vorbringen dazu, wie es bei ihm zur Hinwendung zum Christentum im Iran und insbesondere zu den Hauskirchenbesuchen gekommen sein soll: Zwar hat der Kläger beim Bundesamt und auch gegenüber dem Gericht dargelegt, wieso er sich als früher frommer Muslim (SP S. 3) vom Islam abgewandt haben will: Er habe mit … viel über die Religion des Islam gesprochen. … habe Fragen gesellt, die er nicht beantworten habe können, weshalb sie zu einem Mullah/Rechtsgelehrten gegangen seien. Der Mullah habe die Fragen …s nicht zu dessen Zufriedenheit beantworten können und sie hinausgeworfen. So sei für den Kläger das Gerüst seiner Religion zusammengebrochen, er sei unter den Ruinen seines Glaubens begraben gewesen, zu dieser Zeit habe er in einem Nichtglauben geschwebt (SP S. 3, vgl. auch Bl. 3 BA). Zunächst ist schon nicht wirklich nachvollziehbar, dass und warum der Umstand, dass der Mullah die Fragen des … nicht zu dessen Zufriedenheit beantworten konnte, beim Kläger zu einem gänzlichen Zusammenbruch seines muslimischen Glaubens geführt haben sollen. Vor allem auch führt eine Abkehr vom Islam keineswegs zwangsläufig zu einer Hinwendung zum Christentum. Selbst wenn man dem Kläger glauben wollte, dass er sich (negativ) vom Islam abgewandt hatte, so fehlt dennoch eine plausible oder wenigstens schlüssige Darlegung, welche Gründe speziell den Kläger (nicht: …*) dazu veranlasst haben könnten, sich aus seinem Nichtglauben heraus (positiv) dem Christentum zuzuwenden: Allein der vom Kläger genannte Umstand, dass er zu den Sitzungen der Hauskirche eingeladen worden sei, kann diese Hinwendung nicht plausibel erklären. Dies gilt zumal Apostaten im Iran wegen des mit einer Hinwendung zum Christentum verbundenen Abfalls vom Islam einer erheblichen Gefahr der staatlichen Verfolgung bis hin zur Todesstrafe ausgesetzt sind (vgl. hierzu: OVG NW, U. v. 7.11.2012 – 13 A 1999/07.A – juris Rn. 48 ff.; HessVGH, U. v. 18.11.2009 – 6 A 2105/08.A – juris Rn. 34 ff.; OVG NW, B. v. 30.7.2009 – 5 A 1999/07.A – juris; SächsOVG, U. v. 3.4.2008 – A 2 B 36/06 – juris Rn. 34 ff.; BayVGH, U. v. 23.10.2007 – 14 B 06.30315 – juris Rn. 20 f.), was dem damals ca. 30 Jahre alten, im Iran aufgewachsenen Kläger sicherlich auch bekannt war. Nachvollziehbare Gründe, warum der Kläger sich trotz dieses erheblichen Risikos dem Christentum zugewandt haben und den Einladungen zu der Hauskirche gefolgt sein will, hat er nicht ansatzweise vorgebracht. Hinzu kommt hinsichtlich dieser angeblichen Einladung zu den Gottesdiensten in der Hauskirche noch der Umstand, dass sich der Kläger hierzu widersprüchlich geäußert hat: Beim Bundesamt meinte er noch, …, der Freund seines Cousins, habe ihn eingeladen (* … habe über die Hauskirche erzählt, er habe gesagt, dass er auch mitkommen solle, Bl. 3 BA). In der mündlichen Verhandlung meinte der Kläger hingegen, … habe ihn eingeladen (* … habe zu ihm gesagt, komm zu den Neuchristen, denn er sei schon konvertiert gewesen, zwei, drei Tage später sei … wieder auf ihn zugekommen, er habe gesagt, er habe mit denen gesprochen und diese seien einverstanden, dass er bei der nächsten Sitzung teilnehme, SP S. 3). Diesen offensichtlichen Widerspruch konnte der Kläger trotz Vorhalts in der mündlichen Verhandlung nicht auflösen (SP S. 5). Gegen die Glaubwürdigkeit des Vorbringens einer ernsthaften Hinwendung zum Christentum im Iran spricht schließlich auch der Umstand, dass der Kläger zur Frage, wie sich sein christlicher Glaube auf sein Leben im Iran ausgewirkt habe bzw. wie er diesen gelebt habe, sowohl beim Bundesamt als auch gegenüber dem Gericht nur oberflächliche Floskeln vorbringen konnte: er habe „innere Ruhe gefunden“, er sei nicht mehr „so spontan“ gewesen, er habe „Freiheit“ gefunden, es habe „sich alles geändert“, sein moralisches Verhalten habe „sich geändert“, z.B. wie man „Menschen behandelt“, es habe sich „einfach alles geändert“ (Bl. 4 BA, SP S. 11). Diese phrasenhaften Wendungen deuten nicht ansatzweise darauf hin, dass der Kläger im Iran eine spezifisch christliche und religiös geprägte Glaubensüberzeugung angenommen hätte.
d) Lebensfremd und damit unglaubwürdig erscheint auch die Darstellung des Klägers (die erklären soll, warum er festgenommen und anschließend für Monate inhaftiert und schwer gefoltert worden sei), … habe auf dem Weg zur Hauskirche in seinem Rucksack nicht nur eine Bibel und Unterlagen bzw. Bücher mitgeführt, sondern auf separaten Zetteln bzw. in den Büchern seien die Namen der Entleiher vermerkt gewesen, weil … der Bibliothekar gewesen sei (SP S. 4, vgl. auch Bl. 3 BA). Es ist angesichts der erheblichen strafrechtlichen Folgen, die im Iran bei einem Abfall vom Islam drohen (siehe oben), schlechterdings nicht vorstellbar, dass und warum jemand bewusst eine solch gefährliche und überaus unvernünftige Vorgehensweise praktizieren sollte. Auf gerichtlichen Vorhalt hin hat der Kläger hierzu keine plausible Erklärung abgeben können. Auch wenn es letztlich nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, weil sich die Unglaubwürdigkeit der klägerischen Angaben zur angeblichen Vorverfolgung auch allein aus den anderen genannten Gründen ergibt, so spricht doch auch diese äußerst lebensfremde Darstellung zusätzlich für die Unglaubwürdigkeit der klägerischen Angaben.
e) Gegen eine asylrelevante und asylerhebliche Vorverfolgung streitet schließlich vor allem auch der Umstand, dass der Kläger gemäß seiner Einlassung zwar inhaftiert und schwer gefoltert worden sein soll, er dennoch aber nach seiner Freilassung nicht aus dem Iran geflüchtet ist, er vielmehr wieder Gottesdienste in der Hauskirche besucht haben will.
Der Kläger hat vorgebracht (Bl. 3 f. BA; SP S. 4, S. 6 ff.), er sei nach seiner Festnahme vier Monate lang inhaftiert gewesen und sei schwer gefoltert worden. Sie hätten Informationen über die Aktivitäten von ihm erlangen wollen. Ihm sei vorgeworfen worden, Christ zu sein. Er sei mit dem Tode bedroht worden. U.a. habe man ihm die Nase gebrochen. Er sei im …-Gefängnis in Trakt … in Einzelhaft gefangen gewesen. Nach seiner Freilassung gegen Kaution sei es ihm sechs Monate gesundheitlich sehr schlecht gegangen. Es wäre bei lebensnaher Betrachtungsweise schon zu erwarten gewesen, dass der Kläger, wenn er tatsächlich so schwer und mit so gravierenden Folgen gefoltert worden war, er sogar in dem gerichtsbekanntermaßen politischen Gefangenen vorbehaltenen, berüchtigten Trakt … des …-Gefängnisses in Einzelhaft gefangen gehalten worden war, und wenn ihm tatsächlich der Übertritt zum Christentum vorgeworfen worden war, er mithin als Apostat mit schweren Strafen bis hin zur Todesstrafe rechnen musste, sofort nach seiner Freilassung oder zumindest sofort nach seiner Genesung zumindest versucht hätte, den Iran zu verlassen. Es ist gerichtsbekannt, dass es vielen Iraner auch relativ kurzfristig möglich ist, auf dem Landweg abseits der regulären Grenzübergänge etwa in die Türkei zu reisen. Auch der Kläger hat den Iran später letztlich auf diesem Wege innerhalb von ein bis zwei Tagen (SP S. 9 f.) problemlos verlassen können.
Gänzlich lebensfremd ist darüber hinaus, dass der Kläger, obwohl schwer gefoltert, der Apostasie beschuldigt und nur auf Kaution freigelassen, erneut ca. drei bis vier Monate lang die Hauskirche besucht haben will. Es liegt auf der Hand, dass der Kläger damit rechnen musste, von den staatlichen Sicherheitsorganen überwacht zu werden. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt, dass er dachte, unter Beobachtung zu stehen (SP S. 10). Nicht ansatzweise nachvollziehbar ist dann aber, dass der Kläger dennoch mehrere Monate lang das erhebliche Risiko eingegangen sein will, bei einem seiner Hauskirchenbesuche von den staatlichen Sicherheitsorganen beobachtet und aufgegriffen, erneut inhaftiert und gefoltert sowie wegen Apostasie strafrechtlich bis hin zur Todesstrafe verfolgt zu werden. Die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, sie seien nicht mehr mit dem Auto gefahren, sie hätten immer etwas Werkzeug, hingegen nie wieder Bücher mitgenommen (SP S. 10), kann nicht ansatzweise überzeugen: Das Risiko bestand ja nicht in erster Linie darin, auf dem Weg zur Hauskirche beobachtet und aufgegriffen zu werden, sondern vor allem in der Hauskirche selbst, z.B. während der Gottesdienste. Bei lebensnaher Betrachtungsweise hätten die staatlichen Sicherheitsorgane den überwachten Kläger auch sicherlich nicht schon auf dem Weg zur Hauskirche gestellt, sondern erst nachdem der Kläger sie zu der Hauskirche (und den weiteren Teilnehmern) geführt hätte und sie den Kläger in der Hauskirche auf frischer Tat bei einem Gottesdienst angetroffen hätten. Hinsichtlich eines Aufgreifens in der Hauskirche selbst konnte die angebliche Verfahrensweise, zur Hauskirche nicht mehr mit dem Auto, sondern mit dem Motorrad zu fahren und keine Bücher mehr mitzunehmen, sondern zur Tarnung Werkzeug mitzuführen, offensichtlich nichts bewirken.
2. Keinen Erfolg hat die Klage auch hinsichtlich des Vorbringens, der Kläger sei (zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG) zum Christentum konvertiert.
Zwar können im Iran gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln (vgl. etwa die Lageberichte des Auswärtigen Amts vom 9. Dezember 2015, S. 15 f., sowie vom 8. Dezember 2016, S. 10) zum Christentum konvertierte Muslime durch die aktive Glaubensausübung im konkreten Einzelfall landesweit einer beachtlichen Gefahr von Verfolgungshandlungen durch den iranischen Staat oder diesem zurechenbaren Akteuren ausgesetzt sein, jedenfalls dann, wenn sie ihren christlichen Glauben öffentlich leben, so dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 ff. AsylG) oder zumindest des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) oder zumindest die Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) in Betracht kommen kann (vgl. hierzu: OVG NW, U. v. 7.11.2012 – 13 A 1999/07.A – juris Rn. 48 ff.; HessVGH, U. v. 18.11.2009 – 6 A 2105/08.A – juris Rn. 34 ff.; OVG NW, B. v. 30.7.2009 – 5 A 1999/07.A – juris; SächsOVG, U. v. 3.4.2008 – A 2 B 36/06 – juris Rn. 34 ff.; BayVGH, U. v. 23.10.2007 – 14 B 06.30315 – juris Rn. 20 f.).
Die Annahme einer solchen Verfolgungsgefährdung setzt im konkreten Einzelfall allerdings voraus, dass die vorgetragene Hinwendung des Asylsuchenden zu der angenommenen Religion zur vollen Überzeugung des Gerichts auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, mithin eine ernsthafte, dauerhafte und nicht lediglich auf Opportunitätserwägungen oder asyltaktischen Gründen beruhende Hinwendung zum Christentum vorliegt und der neue Glaube die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt. Hierzu gehört auch, aber nicht nur, dass dem Konvertiten die wesentlichen Grundelemente seiner neuen Religion vertraut sind, wobei seine Persönlichkeit und seine intellektuellen Fähigkeiten zu berücksichtigten sind. Allein der formale Übertritt zum Christentum durch eine kirchenrechtlich wirksame Taufe genügt nicht. Das Gericht ist auch nicht an die Beurteilung des Amtsträgers einer christlichen Kirche gebunden, der Taufe des Betroffenen liege eine ernsthafte und nachhaltige Glaubensentscheidung zugrunde. Eine beachtliche Verfolgungsgefährdung lässt sich ferner auch nicht allein daraus ableiten, dass sich der Asylsuchende in Deutschland religiös betätigt hat, selbst wenn dies öffentlich (z.B. im Internet) bekannt geworden ist. Das Gericht muss vielmehr die volle Überzeugung gewinnen, dass der Asylsuchende die religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend zur Wahrung seiner religiösen Identität empfindet. Es muss davon ausgehen können, dass der Asylsuchende seinen neuen Glauben in einer Weise verinnerlicht hat, dass es ihm ein tief empfundenes Bedürfnis ist, diesen Glauben auch im Fall der Rückkehr in das Herkunftsland ungehindert leben zu können. Hingegen ist nicht zu erwarten, dass ein Asylsuchender nach der Rückkehr in sein Herkunftsland eine Religion aktiv lebt, die er in seinem Zufluchtsland nur vorgeblich, oberflächlich oder aus asyltaktischen Gründen angenommen hat (zum Ganzen: BVerwG, B. v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – juris Rn. 9 ff. m.w.N.; BayVGH, B. v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 7 ff., 12, B. v. 16.11.2015 – 14 ZB 13.30207 – juris Rn. 5 ff. m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 10.2.2017 – 13 A 2648/16.A – juris Rn. 11 f., B. v. 27.4.2015 – 13 A 440/15.A – juris Rn. 10 ff. m.w.N., B. v. 24.5.2013 – 5 A 1062/12.A – juris Rn. 8 ff. m.w.N.; U. v. 7.11.2012 – 13 A 1999/07.A – juris Rn. 37 ff. m.w.N; OVG Lüneburg, B. v. 16.9.2014 – 13 LA 93/14 – juris Rn. 4 ff. m.w.N.; VGH BW, B. v. 23.4.2014 – A 3 S 269/14 – juris Rn. 6 m.w.N.).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist im Fall des Klägers bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände, insbesondere dessen Einlassung beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass die behauptete Hinwendung des Klägers zum Christentum nicht auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, welche die religiöse Identität des Klägers prägte, vielmehr dass dieser asyltaktische Überlegungen zugrunde liegen. Wie sich bereits aus den Ausführungen oben unter 1. c) ergibt, kann dem Kläger nicht geglaubt werden, er habe sich bereits im Iran dem Christentum aufgrund einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung zugewandt. Zur Überzeugung des Gerichts kann ferner auch nicht davon ausgegangen werden, der Kläger habe sich nach seiner Ankunft in Deutschland mittlerweile aufgrund einer inneren Glaubensüberzeugung, welche seine religiöse Identität prägte, dem Christentum zugewandt. Im Einzelnen:
Der Kläger hat schon nicht deutlich machen können, dass seine Taufe am 29. Mai 2016 Ausdruck einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung war: Auffällig ist schon, dass er zwar nach seiner eigenen Einlassung erst seit Februar 2016 Kontakt zu seiner späteren Taufgemeinde, der Evangelisch-methodistischen Kirche … hatte, und dort an einer Taufvorbereitung teilgenommen hatte (SP S. 12), die Taufe aber bereits am 29. Mai 2016 stattfand, mithin bereits nach höchstens vier Monaten (in der Bestätigung des Pastors K. F. vom 2. Mai 2017 ist gar nur von drei Monaten die Rede). Diese sehr kurze Zeit der Taufvorbereitung spricht dagegen, dass die Taufe auf einer nicht nur oberflächlichen, sondern ernsthaften und dauerhaften Befassung des Klägers mit dem christlichen Glauben beruhte. Vor allem auch konnte das Gericht nicht feststellen, dass der Taufe Beweggründe zugrunde lagen, die als Ausdruck einer eigenen Glaubensüberzeugung des Klägers verstanden werden können: Den klägerischen Einlassungen in der mündlichen Verhandlung lässt sich vielmehr entnehmen, dass die Entscheidung, die Taufe auch tatsächlich zu vollziehen, letztendlich maßgeblich darauf beruhte, dass „der Pastor“ irgendwann „einen Test gemacht und dann gesagt“ hat, er „sei bereit für die Taufe“ (SP S. 12). Hingegen wird aus den Einlassungen des Klägers nicht hinreichend deutlich, dass die Taufe auf einer aktiven und eigenen Willensentscheidung des Klägers aufgrund einer substantiellen Glaubensüberzeugung beruhte. Die oberflächlichen, substanzlosen und phrasenhaften Einlassungen des Klägers, er sei „im Herzen“ schon Christ gewesen, er habe gewusst, dass der Weg zu seiner „Rettung führt“, außer den Christen glaube keiner, dass man „von den Sünden befreit“ werde (SP S. 11), können es schon im Ansatz nicht rechtfertigen anzunehmen, die klägerische Taufe habe auf einer eigenen identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung beruht. Hinzu kommt dann noch, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung seinen (auch auf der Taufurkunde angegebenen) Taufspruch nicht wusste. Auch dies spricht dagegen, dass der Kläger seine Taufe als wichtiges, seine religiöse Identität prägendes Ereignis empfunden hat.
Auch das Wissen des Klägers über die christliche Religion deutet nicht auf eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung hin. Zwar konnte der Kläger sinngemäß das „Vater unser“ aufsagen, das er offensichtlich auswendig gelernt hatte. Hinsichtlich der christlichen Feiertage offenbarte der Kläger indes schon beim Grundwissen gravierende Lücken: So meinte er etwa, das Fest der Auferstehung heiße Weihnachten. Pfingsten verwechselte er offensichtlich mit der Feier des letzten Abendmahls (SP S. 12 f.). Die gerichtliche Frage nach zentralen Glaubensaussagen des Christentums konnte der Kläger nur mit oberflächlichen und floskelhaften Wendungen beantworten: er sei „gerettet worden“ und „frei von Sünden“, außerdem habe Jesus das „ewige Leben“ gegeben (SP S. 13 f.). Diese substanzlosen Antworten in der mündlichen Verhandlung, die immerhin ein Jahr nach der klägerischen Taufe stattfand, zeugen nicht von substantiellem Wissen des Klägers über zentrale Glaubensaussagen des Christentums. Dies gilt gerade auch im Vergleich zu anderen Asylbewerbern aus dem Iran, die sich ebenfalls auf eine Konversion zum Christentum berufen.
Auch aus den Angaben des Klägers zu seiner Glaubensbetätigung lassen sich keine durchgreifenden Anhaltspunkte für eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung ableiten. Zwar nimmt der Kläger nach seinen Angaben regelmäßig an Gottesdiensten und Veranstaltungen in der Evangelisch-methodistischen Kirche … teil (vgl. Bl. 4 BA; vgl. auch die Bestätigungen des dortigen Pastors K. F. vom 4. Oktober 2016 und vom 2. Mai 2017). Dies allein reicht aber nicht aus, weil derartigen Verhaltensweisen auch rein asyltaktische Überlegungen zu Grunde liegen können. Soweit der Kläger durch seine Bevollmächtigte hat vorbringen lassen, er sei sehr an Musik interessiert und habe u.a. an mehreren musikalischen Workshops der Volkhochschule teilgenommen, mag dies auf kulturelle Interessen des Klägers hinweisen. Indes zeugt dies nicht durchgreifendend von einer spezifisch christlichen und religiös geprägten Glaubensbetätigung aufgrund einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung. Der von der Bevollmächtigten angeführte Umstand, dass Musik in streng schiitischen Glaubensgemeinschaften nicht erlaubt sei, der Kläger aber Musik ausübe, belegt keine von einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung getragene (positive) Hinwendung zum Christentum. In diesem Zusammenhang sei noch auf Folgendes hingewiesen: Allein das etwaige öffentliche Bekanntwerden der äußerlichen Glaubensbetätigung oder sonstiger Aktivitäten des Klägers in Deutschland (vgl. dazu auch den Hinweis des Klägers in der mündlichen Verhandlung auf Fotos und Filme, SP S. 14) führte nicht dazu, dass im Falle der Rückkehr des Klägers in den Iran eine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung zu befürchten wäre: Nach ständiger Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass den iranischen Stellen bekannt ist, dass eine große Zahl iranischer Asylbewerber aus wirtschaftlichen oder anderen unpolitischen Gründen versucht, im westlichen Ausland und insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland dauernden Aufenthalt zu finden, und hierzu Asylverfahren betreibt, in deren Verlauf bestimmte Asylgründe geltend gemacht werden und deshalb auch entsprechende Betätigungen stattfinden. Dies betrifft etwa eine oppositionelle Betätigung in Exilgruppen, den Beitritt zu religiösen Exilorganisationen, die häufig, wenn nicht vorwiegend dazu dienen, Nachfluchtgründe zu belegen, oder auch das bei iranischen Asylbewerbern mittlerweile nahezu stereotyp anzutreffende Vorbringen einer Konversion zum Christentum. Es besteht kein Zweifel, dass die iranischen Behörden diese Nachfluchtaktivitäten realistisch einschätzen. Hinsichtlich der Konversion zum Christentum wird dies zusätzlich belegt durch den Umstand, dass der iranische Staat nach den Erkenntnismitteln (insbesondere den Lageberichten des Auswärtigen Amts) nur Konvertiten verfolgt, die ihre neue Religion aktiv im Iran ausüben, und nicht lediglich formal im Ausland Übergetretene (zum Ganzen: BayVGH, B. v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 12 m.w.N.).
Ferner hat der Kläger auch nicht deutlich machen können, dass und warum er im Falle seiner Rückkehr nach Iran dort offen als Christ leben will: Diesbezüglich hat er in der mündlichen Verhandlung auf Frage des Gerichts angegeben, wenn es eine Änderung im Regime oder einen Regimewechsel gebe bzw. es für gläubige Christen möglich werde, in den Iran zurückzukehren, (nur) dann werde er zurück gehen und die Botschaft verbreiten (SP S. 14). Auch diese Einlassung lässt nicht erkennen, dass der Kläger den christlichen Glauben aufgrund einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung derart verinnerlicht hätte und für sich verbindlich ansehen würde, dass er diesen im Iran offen leben wollte.
Eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung des Klägers lässt sich schließlich auch nicht allein aus den vorgelegten Bestätigungen des Pastors K. F. von der Evangelisch-methodistischen Kirche … vom 4. Oktober 2016 und vom 2. Mai 2017 ableiten: Das Gericht ist an die Beurteilung eines kirchlichen Amtsträgers nicht gebunden, vielmehr hat es sich wie geschehen eine eigene Überzeugung zu bilden. Auffällig ist auch, dass diese beiden Bestätigungen offensichtlich weitgehend aus Textbausteinen bestehen.
Nach alldem ist bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass die behauptete Hinwendung zum Christentum im Fall des Klägers nicht auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, welche dessen religiöse Identität prägte, vielmehr dass dieser Behauptung Opportunitätserwägungen und asyltaktische Überlegungen zu Grunde liegen.
3. Schließlich rechtfertigen auch die vom Kläger durch Vorlage ärztlicher Atteste (Arztbrief des …-Klinikums … vom 6. April 2016, Bl. 45 BA; Psychiatrische Atteste des …-Klinikum … vom 18. April 2016 und vom 30. Januar 2017; weitere ärztliche Atteste hat der Kläger auch auf gerichtliche Frage hin in der mündlichen Verhandlung nicht vorgelegt, vgl. SP S. 11) vorgebrachten Erkrankungen weder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG), noch die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG), noch die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Insbesondere liegt auch kein sog. krankheitsbedingtes zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Sätze 1 – 4 AufenthG vor:
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Regelung in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfasst dabei nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können (st. Rspr., BVerwG, U. v. 25.11.1997 – Az. 9 C 58.96 – juris; BVerwG, U. v. 29.10.2002 – 1 C 1/02 – juris; BayVGH, U. v. 8.3.2012 – 13a B 10.30172 – juris; OVG NW, U. v. 27.1.2015 – 13 A 1201/12.A – juris Rn. 45).
Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich dabei auch aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn diese sich im Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Ein zielstaats-bezogenes Abschiebungshindernis kann sich darüber hinaus trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann, etwa weil er nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt (BVerwG, U. v. 29.10.2002, a.a.O.; BayVGH, U. v. 8.3.2012, a.a.O.). Dabei setzt die Annahme einer erheblichen konkreten Gefahr voraus, dass sich der Gesundheitszustand des betroffenen Ausländers alsbald nach der Ankunft im Zielland der Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde (BVerwG, U. v. 25.11.1997, a.a.O.). Durch Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl I S. 390) wurden hinsichtlich des krankheitsbedingten zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses durch § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG zusätzlich folgende Bestimmungen getroffen: Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.
Hinzu kommt hinsichtlich des Vorbringens einer Posttraumatischen Belastungs-störung (PTBS): Die höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung (BVerwG, B. v. 26.7.2012 – 10 B 21/12 – juris Rn. 7 m.w.N.; BVerwG, U. v. 11.9.2007 – 10 C 17/07 – juris Rn. 15; BayVGH, B. v. 11.7.2016 – 11 ZB 16.30101 – juris Rn. 11) stellt an die Substantiierung des Vorbringens einer Erkrankung an einer PTBS besondere Anforderungen. Gefordert wird die Vorlage eines gewisse Mindestanforderungen genügenden, aktuellen fachärztlichen Attests. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren soll das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Ferner muss der Schutzsuchende – da eine PTBS nur zum Entstehen kommt, wenn ein belastendes Ereignis stattgefunden hat, dessen Nachweis bei der fachärztlichen Begutachtung weder zu erbringen noch zu leisten ist – gegenüber dem Tatrichter und nicht gegenüber einem ärztlichen Gutachter nachweisen bzw. wahrscheinlich machen, dass das behauptete traumatisierende Ereignis tatsächlich stattgefunden hat (BayVGH, B. v. 23.5.2017 – 9 ZB 13.30236 – juris Rn. 7 ff. m.w.N.; B. v. 15.2.2017 – 9 ZB 14.30433 – juris Rn. 7 m.w.N.; B. v. 4.11.2016 – 9 ZB 16.30468 – juris Rn. 18 m.w.N.; VG Ansbach, U. v. 24.3.2015 – AN 3 K 14.30132 – juris Rn. 77; VG München, U. v. 14.2.2014 – M 21 K 11.30993 – juris Rn. 36; VG Augsburg, U. v. 21.6.2013 – Au 7 K 13.30077 – juris Rn. 62).
Daran gemessen liegen im Fall des Klägers die Voraussetzungen für ein krankheitsbedingtes zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Sätze 1 – 4 AufenthG nicht vor:
a) Aus dem beim Bundesamt vorgelegten Arztbrief des …-Klinikums … vom 6. April 2016 über kardiologische Untersuchungen (Bl. 45 ff. BA) ergibt sich schon nicht, dass und ggf. an welcher (kardiologischen) Erkrankung der Kläger leiden könnte. Vielmehr bescheinigt dieser Arztbrief als Ergebnis der kardiologischen Untersuchungen im Gegenteil, dass beim Kläger eine koronare Herzerkrankung ausgeschlossen werden kann, bei den verschiedenen Untersuchungen wie Langzeit-EGK, TTE, Ergometrie, Herzkatheteruntersuchungen ergab sich jeweils ein unauffälliger Befund. Bei diesem Ergebnis kommt es dann insoweit nicht mehr darauf an, ob und ggf. inwiefern eine etwaige Erkrankung des Klägers behandlungsbedürftig ist. Gleiches gilt für die Frage der Behandlungsmöglichkeiten im Iran (die gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln jedenfalls grundsätzlich gegeben sind, vgl. dazu den Bescheid vom 7. Dezember 2016, § 77 Abs. 2 AsylG) sowie die etwaigen Folgen einer etwaigen Nichtbehandlung.
b) Auch soweit in den im Gerichtsverfahren vorgelegten psychiatrischen Attesten des …-Klinikum … vom 18. April 2016 und vom 30. Januar 2017 von einer beginnenden PTBS bzw. später dann nur mehr von einem Verdacht auf eine PTBS die Rede ist, kommt die Feststellung eines krankheitsbedingten zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses nicht in Betracht: Zum einen ist schon festzustellen, dass das in dem Attest vom 18. April 2016 genannte traumatisierende Ereignis (Inhaftierung im Herkunftsland wegen Verstoßes gegen den islamischen Glauben) gegenüber dem maßgeblichen Tatrichter gerade nicht nachgewiesen ist. Vielmehr ist zur Überzeugung des Gerichts – wie oben unter 1. bereits näher dargelegt – davon auszugehen, dass es sich insoweit um eine Schutzbehauptung des Klägers handelt. Zum andern genügen die beiden vorgelegten Atteste ganz offensichtlich nicht den o.g. Mindestanforderungen, die an die Substantiierung des Vorbringens einer Erkrankung an einer PTBS zu stellen sind. Bei diesem Ergebnis kommt es damit auch insoweit nicht mehr darauf an, ob und ggf. inwiefern eine etwaige Erkrankung des Klägers behandlungsbedürftig ist. Gleiches gilt für die Frage der Behandlungsmöglichkeiten im Iran (die gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln jedenfalls grundsätzlich gegeben sind, vgl. dazu den Bescheid vom 7. Dezember 2016, § 77 Abs. 2 AsylG) sowie die etwaigen Folgen einer etwaigen Nichtbehandlung.
c) Schließlich kann dem Kläger auch nicht im Hinblick auf die in den vorgelegten psychiatrischen Attesten des …-Klinikum … vom 18. April 2016 und vom 30. Januar 2017 zusätzlich genannte depressive Episode bzw. depressive Störung ein zielstaatsbezogenes krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis zuerkannt werden: Dies gilt selbst dann, wenn man unterstellt, dass der Kläger auch noch zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) an einer Depression erkrankt war (das letzte Attest stammt bereits von Januar 2017, aktuellere Atteste hatte der Kläger nicht vorgelegt) und dass diese Depression unverändert insoweit behandlungsbedürftig ist, als der Kläger Psychopharmaka einzunehmen hat. Zum einen ist gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln (vgl. dazu den Bescheid vom 7. Dezember 2016, § 77 Abs. 2 AsylG) davon auszugehen, dass eine derartige medikamentöse Behandlung zweifellos auch im Iran verfügbar ist. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger, der vor seiner Ausreise aus dem Iran nach seinen eigenen Angaben selbstständiger Schreiner war und für iranische Verhältnisse gut verdient hat sowie über familiären Rückhalt im Iran verfügt (Bl. 2 BA) etwaige finanzielle Eigenleistungen nicht aufbringen können wird. Zum andern ist den vorgelegten Attesten nicht zu entnehmen und gibt es auch sonst keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der etwaigen Depression des Klägers um eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung handelt, die sich im Falle einer etwaigen Nichtbehandlung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechterte.
Abschließend sei nochmals verdeutlicht, dass § 60 Abs. 7 Sätze 1 bis 4 AufenthG keine optimale Gesundheitsversorgung gewährleistet. Möglicherweise könnte der Kläger bei einem weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland eine bessere gesundheitliche Versorgung als im Heimatstaat erlangen. Der Abschiebungsschutz des § 60 Abs. 7 Sätze 1 bis 4 AufenthG gewährleistet indes nicht die Heilung oder bestmögliche Linderung von Krankheiten im Bundesgebiet. Vielmehr besteht Abschiebungsschutz lediglich insoweit, als sich im Fall der Rückkehr in das Heimatland eine vorhandene lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung auf Grund der Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung alsbald und in einer Weise verschlimmern würde, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führen würde. Dies kann im Fall des Klägers nicht festgestellt werden.
Nach alldem war die gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreie Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.