Verwaltungsrecht

Erfolglose Grundsatzrüge im Asylstreitverfahren

Aktenzeichen  9 ZB 19.30287

Datum:
12.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 2318
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Wendet sich der Kläger im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die tatrichterliche Würdigung im Einzelfall oder gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, wird damit kein in § 78 Abs. 3 AsylG genannter Zulassungsgrund dargetan. (Rn. 5 – 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ist kein Grund, aus dem nach § 78 Abs. 3 AsylG die Berufung in asylrechtlichen Streitigkeiten zugelassen werden kann. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gilt in Asylstreitigkeiten gerade nicht. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 14 K 17.34335 2018-11-28 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Kläger ist Staatsangehöriger Sierra Leones. Er begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung subsidiären Schutzes sowie die Feststellung von Abschiebungshindernissen. Mit Urteil vom 28. November 2018 wies das Verwaltungsgericht seine Klage ab. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung, der sich zudem fehlerhaft gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 5. Dezember 2018 wendet, hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (BayVGH, B.v. 22.1.2019 – 9 ZB 18.31719 – juris Rn. 2 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
a) Die Frage, ob für den Kläger mittelbare Staatsverfolgung anzunehmen ist, da ihn die Behörden in Sierra Leone nicht vor seinem Onkel und dem Geheimbund schützen wollen, zeigt keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtsache auf. Soweit die Frage speziell auf den Kläger bezogen ist, wird schon keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung aufgezeigt. Soweit die Frage allgemein darauf abzielt, ob dem Kläger entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts überall in Sierra Leone Verfolgung durch Mitglieder der Poro Society drohe, weil es keine inländische Fluchtalternative gebe, ist dieses Vorbringen weder entscheidungserheblich, noch verallgemeinerungsfähig, weil das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der von ihm vorgenommenen Sachverhaltsaufklärung und Beweiswürdigung den gesamten Vortrag des Klägers zu seinem Verfolgungsschicksal als unglaubhaft angesehen hat. Nur entscheidungserhebliche Fragen können aber eine grundsätzliche Bedeutung begründen (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2018 – 9 ZB 18.32071 – juris Rn. 8). Zudem setzt sich das Zulassungsvorbringen insoweit weder mit den vom Verwaltungsgericht eingeführten Erkenntnismitteln auseinander noch zeigt es konkrete Anhaltspunkte auf, etwa entsprechende Auskünfte, Stellungnahmen, Gutachten, Presseberichte oder andere Gerichtsentscheidungen oder Erkenntnisse, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 – 9 ZB 18.32733 – juris Rn. 13 m.w.N.). Der Kläger wendet sich hier vielmehr im Gewand der Grundsatzrüge gegen die tatrichterliche Würdigung im Einzelfall. Damit wird kein in § 78 Abs. 3 AsylG genannter Zulassungsgrund dargetan (BayVGH, B.v. 22.1.2019 – 9 ZB 18.31719 – juris Rn. 5).
b) Das Zulassungsvorbringen hält weiter für grundsätzlich bedeutsam, ob der Kläger, der in Sierra Leone heute keine verwandtschaftlichen oder sonstigen sozialen Kontakte oder Beziehungen hat, bei einer Rückführung dorthin überleben kann oder ob ihm dort eine Verlendung droht. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass der Kläger trotz der allgemein schlechten Wirtschaftslage aufgrund seiner elfjährigen Schulbildung und seiner Berufserfahrung im Baustoffhandel als junger und gesunder Mann seinen Lebensunterhalt in Sierra Leone sicherstellen könne. Abgesehen davon, dass das Zulassungsvorbringen dem nicht substantiiert entgegentritt, legt es keine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung dar. Der Kläger wendet sich hier vielmehr im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Damit wird kein in § 78 Abs. 3 genannter Zulassungsgrund dargetan (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 – 9 ZB 32733 – juris Rn. 14).
2. Der vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ist kein Grund, aus dem nach § 78 Abs. 3 AsylG die Berufung in asylrechtlichen Streitigkeiten zugelassen werden kann (BayVGH, B.v. 31.8.2018 – 9 ZB 18.32200 – juris Rn. 3). Soweit sich der Kläger hierbei auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juni 2000 (1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163) bezieht und meint, er habe die Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt, übersieht er, dass diese zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ergangen ist, der aber in Asylstreitigkeiten gerade nicht gilt (vgl. BayVGH, B.v. 21.12.2018 – 9 ZB 16.30193 – juris Rn. 5).
3. Der Zulassungsgrund einer Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 GG) wird nicht weiter dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG). Dem Zulassungsvorbringen lässt sich insoweit nichts über die oben behandelte Geltendmachung einer grundsätzlichen Bedeutung hinaus entnehmen, auf das dieser Zulassungsgrund insoweit gestützt werden könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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