Verwaltungsrecht

Erfolglose Klage eines Lehrers gegen seine periodische dienstliche Beurteilung

Aktenzeichen  M 5 K 15.4727

Datum:
14.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayLlbG BayLlbG Art. 54
BayBG BayBG Art. 66
VwGO VwGO § 113 Abs. 1, Abs. 5

 

Leitsatz

1 Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gegen eine dienstliche Beurteilung entfällt nicht nach der aufgrund Art. 66 BayBG erfolgten Ruhestandsversetzung des Klägers, wenn nicht ersichtlich ist, dass eine dauerhafte Dienstunfähigkeit des Beamten vorliegen könnte und daher eine Reaktivierung auszuschließen wäre.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Es ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, wenn der Beurteiler den Umstand, dass der Lehrer im Beurteilungszeitraum eine Leistungsprämie für seine Tätigkeit als Mittelschulbeauftragter erhalten hat, als nicht besonders ins Gewicht fallend bewertet hat, wenn alle Mittelschulbeauftragten diese erhalten haben.  (redaktioneller Leitsatz)
3 Nicht jeder vom gewohnten Rahmen abweichende Umstand führt dazu, dass er als erschwerend bzw. als ungünstiger Umstand, auf den der Beurteiler beim Ansetzen von Unterrichtsbesuchen Rücksicht zu nehmen hat, zu berücksichtigen ist.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung seiner periodischen Beurteilung vom 2. März 2015 für den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 und Erstellung einer neuen periodischen Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die streitgegenständliche Beurteilung ist rechtlich nicht zu beanstanden und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO analog, da einer dienstlichen Beurteilung keine Verwaltungsaktqualität zukommt). Auch nach der Ruhestandsversetzung des Klägers aufgrund von Art. 66 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG ist das Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Klage nicht entfallen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass eine dauerhafte Dienstunfähigkeit des Beamten vorliegen könnte und daher eine Reaktivierung auszuschließen wäre (vgl. BayVGH. B.v. 3.11.2016 – 6 ZB 15.2243 – Rn. 4 f.; vgl. Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Dezember 2016, Art. 54 LlbG Rn. 19).
1. Dienstliche Beurteilungen sind ihrem Wesen nach persönlichkeitsbedingte Werturteile, die verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar sind (BVerwG, U.v. 13.5.1965 – II C 146.62 – BVerwGE 21, 127/129; U.v. 26.6.1980 – II C 8/78 – BVerwGE 60, 245 ständige Rechtsprechung). Nach dem erkennbaren Sinn der Regelung über die dienstliche Beurteilung soll nur der Dienstherr oder der für ihn handelnde Beurteiler ein persönliches Werturteil darüber abgeben, ob und inwiefern der Beamte den vom Dienstherrn zu bestimmenden, zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes entspricht. Bei einem derartigen, dem Dienstherren vorbehaltenden Akt wertender Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu. Demgegenüber hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob der Beurteiler den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, oder ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie den gesetzlichen Regelungen über die dienstliche Beurteilung und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (BVerwG, U.v. 11.1.1999 – 2 A 6/98 – ZBR 2000, 269). Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche oder persönliche Beurteilung des Beamten durch den Dienstherrn in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (BVerwG, U.v. 26.6.1980, a.a.O.). Innerhalb des durch die Art. 54 ff. des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaubahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz/LlbG) vom 5. August 2010 (GVBl S. 410), zuletzt geändert durch Gesetz zur Anpassung der Bezüge 2012 vom 30. März 2012 (GVBl S. 94) gezogenen Rahmens unterliegt es grundsätzlich dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn, wie er die ihm aufgegebene, für zukünftige Personalentscheidungen verwertbare Aussage zu den einzelnen Beurteilungs-merkmalen gestalten und begründen und worauf er im einzelnen sein Gesamturteil stützen will (BVerwG, U.v. 17.12.1981 – 2 C 69/81 – BayVBl 1982, 348). Tatsächli-che Grundlagen, auf denen Werturteile beruhen, sind nicht notwendig in die dienstliche Beurteilung aufzunehmen (BVerwG, U.v. vom 16.10.1967 – VI C 44.64 – Buchholz 232, § 15 BBG Nr. 1; U.v. 26.6.1980, a.a.O.). Der Dienstherr kann einerseits einzelne Tatsachen oder Vorkommnisse im Beurteilungszeitraum aufgreifen und aus ihnen wertende Schlussfolgerungen ziehen, wenn er sie etwa zur Charakterisierung der Beamtin für besonders typisch hält oder für eine überzeugende Aussage zu einzelnen Beurteilungsmerkmalen für wesentlich erachtet. Er kann sich andererseits aber auch auf die Angabe zusammenfassender Werturteile aufgrund einer unbestimmten Vielzahl nicht benannter Einzeleindrücke beschränken. Schließlich kann er die aufgezeigten verschiedenen Möglichkeiten, über die Eignung und Leistung der Beamtin ein aussagekräftiges, auch für Dritte verständliches Urteil abzugeben, in abgestufter Form miteinander verwenden bzw. miteinander verbinden. Alle diese Gestaltungsformen einer dienstlichen Beurteilung halten sich in dem von den Laufbahnvorschriften vorgezeichneten rechtlichen Rahmen (vgl. BayVGH, U.v. 23.5.1990 – 3 B 89.02832 m.w.N.; vgl. zum Ganzen auch: VG München, U.v. 7.12.1999 – M 5 K 99.2303).
Für die dienstliche Beurteilung des Klägers gelten neben den Art. 54 ff. des Geset-zes über die Leistungslaufbahn und Fachlaufbahn der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz/LlbG) die Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (VV-BeamtR), Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 18. November 2010 (FMBl. S. 264), Abschnitt 3: Dienstliche Beurteilung – allgemeine Beurteilungsrichtlinien -, und die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 7. September 2011 (KWMBL 2011, 306) – Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der staatlichen Lehrkräfte an Schulen in Bayern. Maßgebend ist, welches Beurteilungssystem und welche Regelungen zum Beurteilungsstichtag (hier: 31.12.2014) gegolten haben (vgl. BVerwG, U.v. 2.3.2000 – 2 C 7/99 – NVwZ-RR 2000, 621 unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 14.2.1990 – 1 WB 181/88 – BVerwGE 86, 240).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angegriffene periodische dienstliche Beurteilung vom 2. März 2015 rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sind keine rechtlich relevanten Fehler bei der Ausübung des dem Beurteiler zukommenden Beurteilungsspielraums zu erkennen. Eine Beurteilung ist – wie oben dargestellt – gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar.
Die Zeugen – an deren Glaubhaftigkeit das Gericht keinen Anlass zu Zweifeln sieht – haben in der mündlichen Verhandlung das formale Vorgehen wie auch die maßgeblichen Erwägungen für die Bewertung des Klägers im Vergleich mit den Beamten derselben Besoldungsgruppe (A 12) in der maßgeblichen Laufbahn dargestellt. Danach ist gegen die Beurteilung rechtlich nichts zu erinnern.
Insbesondere der als Zeuge vernommene Beurteiler, Schulrat S., hat geschildert, dass er die Leistungen des Klägers mit dem Schulleiter durchgesprochen habe und so anhand eines Vergleiches der dienstlichen Leistungen der Beamten der selben Besoldungsgruppe der selben Laufbahn zu der Einschätzung des Klägers gelangt sei. Es ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, wenn der Beurteiler den Umstand, dass der Lehrer im Beurteilungszeitraum eine Leistungsprämie für seine Tätigkeit als Mittelschulbeauftragter erhalten hat, als nicht besonders ins Gewicht fallend bewertet hat. Denn diese Prämie hätten alle Mittelschulbeauftragten erhalten. Das Engagement als Mittelschulbeauftragter habe zur Anhebung des Einzelmerkmals „Sonstige dienstliche Tätigkeiten“ auf „UB“ geführt, was aber das Gesamtergebnis „VE“ nicht geändert habe. Da der Beurteiler erst kurz vor Ende des Beurteilungszeitraums aufgrund der Ruhestandsversetzung des zuvor zuständigen Schulrats für die Beurteilung zuständig wude, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beurteiler selbst keinen Unterrichtsbesuch beim Kläger vorgenommen hat. In Nrn. 4.1.2 und 4.1.3 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der staatlichen Lehrkräfte an den Schulen in Bayern (vom 7.9.2011, KWMBl 2011, 306) ist nicht die strikte Pflicht vorgegeben, dass der Beurteiler einen Unterrichtsbesuch durchführen muss.
Es ergaben sich auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beurteiler ge-genüber dem Kläger voreingenommen wäre und so weder Willens oder in der Lage ist, den Beamten sachlich und gerecht zu beurteilen (BVerwG, U.v. 23.4.1998 – 2 C 16.97 – BVerwGE 106, 318, juris Rn. 13 ff.). Die Angaben des Beurteilers zum Zu-standekommen des Leistungsvergleichs haben hierfür nichts ergeben. Die Klagepartei hat hierzu in der mündlichen Verhandlung auch nichts weiter ausgeführt.
Ebenso hat der ebenfalls als Zeuge vernommene seinerzeitige Schulleiter R. angegeben, dass er beim Kläger mehrere Unterrichtsbesuche (Unterrichtsbesuch sowie Kurzbesuch) durchgeführt habe. Die Besprechungen habe der Rektor durchgeführt bzw. nachgeholt. Dabei habe er die Leistung als voll den Anforderungen entsprechend und demgemäß dem Merkmal „VE“ zuzuordnen gesehen. Insgesamt hätte der Lehrer pädagogisch etwas mehr auf die Schüler eingehen können. Es sei aufgefallen, dass die Lehrkraft die Schüler beim Unterrichtsbesuch mit dem Ausfüllen von Arbeitsblättern relativ starr beschäftigt habe. Ebenso habe er das von ihm mit verfasste Buch nicht in der Stunde verwendet. Besondere Erschwernisse des Klägers seien weder für den Schulleiter erkennbar gewesen noch sei darauf vom Beamten hingewiesen worden. Der Umstand, dass gegen den Kläger ein Strafverfahren eingeleitet worden sei, sei ihm durch den Beamten selbst mitgeteilt worden. Das habe für den Rektor aber keine Rolle gespielt. Das wird dadurch unterstrichen, dass eine beamtenrechtliche Ermahnung vom Kläger in seinen Stellungnahmen zur Sache zwar angegeben ist, eine solche Maßnahme sich nach deren Rücknahme nicht in den vorgelegten Akten findet. Es ist zu bemerken, dass nicht jeder vom gewohnten Rahmen abweichende Umstand dazu führt, dass er als erschwerend zu berücksichtigen ist bzw. als ungünstiger Umstand, auf den der Beurteiler beim Ansetzen von Unterrichtsbesuchen Rücksicht zu nehmen hat (Nr.4.1.2 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der staatlichen Lehrkräfte an den Schulen in Bayern vom 7.9.2011, KWMBl 2011, 306). Die notwendige Flexibilität fordert von allen Beamten das Einstellen auf neue Situationen sowie zusätzliche Anforderungen und kann im Rahmen der üblichen Leistung erwartet werden. Entsprechend sind die Aussagen des Zeugen R. so zu verstehen, dass besonders ins Gewicht fallende Erschwernisse beim Kläger nicht ersichtlich gewesen sind. Es sind für das Gericht keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass diese Einschätzung unzutreffend gewesen sein könnte.
3. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung/ZPO.

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