Aktenzeichen RO 1 K 16.995
VwGO § 154 Abs. 1
Leitsatz
1 Bei einer ämtergleichen Ver-/Umsetzungskonkurrenz fehlt dem nicht berücksichtigten Beamten regelmäßig die Klagebefugnis, da seine Rechtssphäre nicht betroffen ist (stRspr BVerwG BeckRS 2016, 41838). (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2 Auch aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn kann eine dahingehende subjektive Rechtsposition nicht abgeleitet werden; ausnahmsweise kann sich aus der Fürsorgepflicht aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen des Beamten „im Falle der Ermessensreduzierung auf Null“ allenfalls ein Anspruch auf eine „Weg-Ver-/Umsetzung“ ergeben, sie ist nach ihrem Inhalt und ihrer Struktur aber regelmäßig nicht geeignet, einen auf die Vergabe eines konkreten Dienstpostens gerichteten Anspruch zu vermitteln. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Auswahlentscheidung unter den Bewerbern um eine ämtergleiche Um-/Versetzung unterfällt grundsätzlich nicht dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG, da bei ihr nicht die Vergabe eines höherwertigen Statusamtes oder eine diese vorwegnehmende Entscheidung in Rede steht; der Dienstherr kann bei der Auswahl auf die konkreten Anforderungen des Dienstpostens abstellen und den hiernach nach seinem Dafürhalten am besten geeigneten oder aus anderen dienstlichen Belangen auszuwählenden Beamten auf dem Dienstposten verwenden. (Rn. 24 und 29) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Das Urteil ist in Ziffer II vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klage war abzuweisen, weil sie unzulässig ist. Sie wäre zudem unbegründet.
Die Klage ist unzulässig, da dem Kläger bereits die Klagebefugnis fehlt. Der Kläger begehrt mit seiner Klage eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung auf einen anderen Dienstposten, der in seiner Wertigkeit dem Statusamt entspricht, welches der Kläger innehat. Im Rahmen einer solchen Ver-/Umsetzungskonkurrenz fehlt dem Kläger regelmäßig bereits die Klagebefugnis. Denn ein Beamter hat keinen Anspruch auf Übertragung eines bestimmten Dienstpostens. Aus diesem Grund hat der Kläger auch keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung. Ein solcher (allgemeiner) Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung besteht nicht losgelöst von einer subjektiven Rechtsposition quasi für sich selbst. Vielmehr setzt er eine derartige subjektive Rechtsposition voraus. Über eine solche Rechtsposition verfügt der Kläger im Falle einer bloßen Ver-/Umsetzungskonkurrenz aber gerade nicht. Denn die Rechtssphäre des nicht berücksichtigten Beamten ist von der Auswahlentscheidung über eine ämtergleiche Umsetzung nicht betroffen. Der nicht berücksichtigte Bewerber hat keinen Anspruch darauf, die behördliche Entscheidung auf Rechtsfehler zu überprüfen. Das wäre selbst dann der Fall, wenn diese auf Willkür beruhen würde (BVerwG, U.v. 19.11.2015 ‒ 2 A 6/13 ‒ juris Rn. 27) ‒ wofür im Streitfall nichts ersichtlich ist.
Eine Klagebefugnis des Klägers ergibt sich auch nicht aus seinem Vorbringen, dass Umsetzungen nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften des Beklagten bei Vorliegen zwingender persönlicher Gründe zu erfolgen hätten. Ein derartig konkretisierter Leistungsanspruch entspricht nicht der Struktur der Fürsorgepflicht. Diese ist auf die Beseitigung eines bestehenden Missstands oder Mangels bezogen. Eine Verdichtung der aus der Fürsorgepflicht folgenden Berücksichtigung privater Belange des Beamten dahingehend, dass sie auf die Vergabe eines konkreten Dienstpostens gerichtet sein könnte, ist allenfalls ausnahmsweise denkbar, etwa wenn der in Rede stehende Dienstposten der einzig gesundheitlich unbedenkliche für den Beamten wäre. Aus der Fürsorgepflicht kann sich daher gegebenenfalls „im Falle der Ermessensreduzierung auf Null“ allenfalls ein Anspruch auf eine „Weg-Ver-/Umsetzung“ ergeben. Sie ist nach ihrem Inhalt und ihrer Struktur aber regelmäßig nicht geeignet, einen auf die Vergabe eines konkreten Dienstpostens gerichteten Anspruchs (auf eine „Hin-Ver-/Umsetzung“) zu vermitteln. Dass dem Kläger eine dahingehende subjektive Rechtsposition zustehen könnte, ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt denkbar. Dies gilt auch unter Beachtung der Verwaltungsvorschriften des Beklagten. Diese sehen lediglich vor, dass bei Vorliegen zwingender persönlicher oder besonderer dienstlicher Gründe Umsetzungen unabhängig von dem ansonsten vorrangig zu beachtenden Prinzip vorgenommen werden können, dass Dienstposten mit den jeweils für diesen Dienstposten am besten geeigneten Beamten besetzt werden sollen. Außerdem wird in diesen Richtlinien klargestellt, dass das Vorliegen persönlicher Gründe nicht alleinige Grundlage für eine Personalentscheidung sein oder die Auswahlentscheidung uneingeschränkt binden kann.
Die verwaltungsinterne Vorgabe, Dienstpostenbesetzungen gemäß dem dienstlichen Belang, den Dienstposten mit dem hierfür am besten geeigneten Beamten zu besetzen, führt nicht dazu, dass die Auswahlentscheidung entsprechend Art. 33 Abs. 2 GG anhand eines Leistungsvergleichs erfolgen muss, der den betroffenen Beamten einen Bewerbungsverfahrenanspruch vermitteln würde. Denn eine Auswahlentscheidung unter den Bewerbern um eine ämtergleiche Um-/Versetzung unterfällt grundsätzlich nicht dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG, da bei ihr nicht die Vergabe eines höherwertigen Statusamtes oder eine diese vorwegnehmende Entscheidung in Rede steht. Die Behörde ist daher grundsätzlich nicht an die hierzu in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe gebunden (BVerwG, U.v. 19.11.2015 a.a.O. Rn. 20). Der Beklagte hat sich mit seinen Verwaltungsrichtlinien auch nicht freiwillig den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe des Dienstpostens unterworfen. Der Beklagte hat in seiner Ausschreibung vielmehr kenntlich gemacht, dass alle Bewerberinnen und Bewerber, die bereits einen Dienstposten A 9/11 innehaben, unabhängig der jeweiligen Besoldungsgruppe auf Dienstposten der Wertigkeit A 11/00 als Umsetzungsbewerber behandelt werden, weil bei den Dienstposten der Wertigkeit A 9/11 und A 11/00 die Beförderungszeiten gleich lang sind. Sinn und Zweck jeder Ausschreibung sei zwar die Ermittlung des/der unter Berücksichtigung aller dienstlichen Interessen am besten für die Aufgabe geeigneten Bewerbers/Bewerberin, wobei bei Umsetzungen der Leistungsgedanke aber nicht zwingend oder alleinig ausschlaggebend sei.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Klage ‒ ihre Zulässigkeit unterstellt ‒ unbegründet wäre. Selbst wenn der Kläger einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hätte, wäre dieser Anspruch durch die streitgegenständliche Auswahlentscheidung bereits erfüllt worden. Diese Entscheidung war nach den zugrunde zu legenden Maßstäben nicht ermessensfehlerhaft.
Ein Beamter hat grundsätzlich keinen Anspruch, auf einem bestimmten Dienstposten verwendet zu werden. Es obliegt allein dem Dienstherrn, in Ausübung des ihm zustehenden Organisationsrechts zu entscheiden, welche Maßnahmen erforderlich sind, um eine funktionsfähige Verwaltung und damit eine ordnungsgemäße Erledigung der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben zu gewährleisten. Hierzu gehört im besonderen Maße die Gefahrenabwehr durch die Vollzugspolizei. In Ausübung seines personalwirtschaftlichen Organisationsermessens hat der Dienstherr nicht nur Zahl und Art der für eine effektive Erfüllung dieses Schutzauftrags erforderlichen Stellen zu bestimmen, sondern zugleich die Sicherheit und Ordnung flächendeckend im gesamten Staatsgebiet zu gewährleisten. Maßstab der im Rahmen dieser Stellenbewirtschaftung zu treffenden Entscheidungen ist allein das öffentliche Interesse an bestmöglicher Erfüllung dieser Aufgaben. Erst nachfolgend ist im Rahmen der Ermessenserwägungen bei Versetzungen den berechtigten persönlichen wie beruflichen Belangen der Beamten Rechnung zu tragen, wobei ein Polizeibeamter grundsätzlich davon ausgehen muss, im gesamten Staatsgebiet eingesetzt zu werden (BayVGH, U.v. 26.1.2015 ‒ 3 B 12.943 ‒ juris Rn. 19 m.w.N.).
Der Kläger kann deshalb nicht beanspruchen, ausschließlich auf dem Dienstposten eines Sachbearbeiters 3. Qualifikationsebene, zugleich Leiter ZEG, bei den operativen Einsatzdiensten W. i.d. Opf. (A11/00) eingesetzt zu werden. Der Beklagte hat durch Vorlage des Personalkonzepts des Polizeipräsidiums Oberpfalz zum Personaleinsatz bei den zivilen Einsatzgruppen vom 10.2.2015 (Bl. 79 f. der Gerichtsakte) und seinen ergänzenden Ausführungen hierzu in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass bei dieser Verwendung eine entsprechende Altersstruktur der Beamten erforderlich ist. Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass diese Beamtinnen und Beamten von ihrer Persönlichkeit, optisch und altersgemäß in die Szene passen müssen, um nicht sofort als Polizeibeamte erkannt zu werden. Dies hängt damit zusammen, dass die in der entsprechenden Szene lebenden Personen i.d.R. jüngeren Alters sind und es auffallen würde, wenn lebensältere Personen zu diesen regelmäßigen Kontakt suchen würden. Hierdurch hat der Beklagte seine Auswahlerwägung, dass der Kläger nicht in die gesuchte Altersstruktur passt, belegt. Der Beklagte hat zugleich hinreichend erklärt, weshalb bei einer anderen Auswahlentscheidung (in …*) ein lebensälterer Beamter für einen vergleichbaren Dienstposten ausgewählt worden ist. Diese Ausnahme war nach dem Vortrag des Beklagten auf den äußerst kleinen Bewerberkreis zurückzuführen, zu dem kein anderer geeigneter Bewerber gehörte. Im Auswahlvermerk wurde dementsprechend vermerkt, dass bei der Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens aufgrund des großen Bewerberkreises eine solche Ausnahme gerade nicht erforderlich gewesen ist. Da der Kläger schon insoweit die Voraussetzungen für die nach dem Personaleinsatzkonzept des Beklagten vorgesehenen Voraussetzungen nicht erfüllt, konnte der Beklagte seine ablehnende Entscheidung bereits auf diesen Aspekt stützen. Insoweit war es dem Beklagten auch möglich, seine Ermessenserwägungen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu ergänzen (§ 114 Satz 2 VwGO). Des Weiteren steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der streitgegenständliche Dienstposten nicht der einzige für den Kläger gesundheitlich geeignete, ideale Dienstposten ist. In dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten polizeiärztlichen Gutachten hat die den Kläger untersuchende Polizeiärztin lediglich festgestellt, dass es medizinisch noch vertretbar sei, ihn gelegentlich und anlassbezogen Nachtdienst machen zu lassen. Dabei schränkt die Polizeiärztin bereits durch ihre Formulierung „medizinisch noch vertretbar“ ihre Einschätzung, dass dies für die Gesundheit des Klägers förderlich wäre, ein. Zugleich betont sie, dass aus ihrer Sicht eine regelmäßige Tagdiensttätigkeit unter gesundheitlichem Aspekt präferiert würde. Hieraus ergibt sich, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Dienstposten mitnichten um den idealen Dienstposten für den Kläger handelt. Zugleich hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung hinreichend dargelegt, dass ein lediglich gelegentlicher und anlassbezogener Nachtdienst nicht im Sinne der bestmöglichen Aufgabenerledigung liegt. Soweit der bisherige Dienstposteninhaber dies anders handhabte, entsprach dessen Tätigkeit nicht den Erwartungen des Dienstherrn. Auch insoweit ist der Kläger deshalb nicht für eine Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens hinreichend geeignet. Es ist außerdem davon auszugehen, dass auch andere Dienstposten für den Kläger in gesundheitlicher Hinsicht in Betracht kommen, z.B. der Dienstposten auf den Kläger derzeit abgeordnet ist. Sollte die räumliche Trennung vom Wohnsitz in gesundheitlicher Hinsicht problematisch sein, wird der Kläger in letzter Konsequenz einen Wohnungswechsel in Betracht ziehen müssen (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.2006 ‒ 3 CE 05.3369 ‒ juris Rn. 56). Da eine Versetzung stets einzuplanen ist, steht weder Wohneigentum noch die Ortsgebundenheit des Ehegatten oder von anderen Familienangehörigen entgegen.
Da der Kläger bereits aus den beiden zuvor genannten Punkten von der Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens ausgeschlossen werden durfte, kommt es auf den zunächst in der Auswahlentscheidung genannten dritten Aspekt, dass dem Kläger in der letzten dienstlichen Beurteilung die Führungseignung nicht zuerkannt worden ist, nicht mehr an.
Auf dienstliche Beurteilungen musste bei der streitgegenständlichen Auswahlentscheidung nicht abgestellt werden, da sich die Auswahlentscheidung weder unmittelbar noch mittelbar auf die Vergabe eines Statusamtes bezogen hat. Nur bezüglich solcher Auswahlentscheidungen ist grundsätzlich auf aktuelle dienstliche Beurteilungen abzustellen, da diese auf das Statusamt bezogen sind und eine Aussage dazu treffen, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes und dessen Laufbahn gewachsen ist. Bezugspunkt bei solchen Auswahlentscheidungen nach Art. 33 Abs. 2 GG ist gerade nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern das angestrebte Statusamt. Bei ämtergleichen Um-/Versetzungen kann der Dienstherr hingegen auf die konkreten Anforderungen des Dienstpostens abstellen und den hiernach nach seinem Dafürhalten am besten geeigneten oder aus anderen dienstlichen Belangen auszuwählenden Beamten auf dem Dienstposten verwenden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt und somit kein Kostenrisiko auf sich genommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), trägt er seine außergerichtlichen Kosten selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.