Aktenzeichen Au 6 K 18.1938
ZPO §§ 114 ff.
AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4, § 31 Abs. 4 S. 2, § 81 Abs. 4 S. 1, § 84 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1
BayVwZVG Art. 21a
AufenthV § 53 Abs. 1
Leitsatz
1 Eine gegen einen ablehnenden Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, gerichtete Klage hat gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG keine aufschiebende Wirkung; dasselbe gilt für die Klage gegen die Abschiebungsandrohung gemäß Art. 21a BayVwZVG. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine gerichtliche Anordnung der Aussetzung der Vollziehung bewirkt nicht ein Wiederaufleben der Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 3 oder Abs. 4 AufenthG. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3 Eine gerichtliche Anordnung der Aussetzung der Vollziehung setzt lediglich die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht aus. Dies entbindet den Betroffenen zwar nicht von seiner Ausreiseverpflichtung, hindert aber, dass die zur Abschiebung berechtigenden und verpflichtenden Wirkungen des § 50 Abs. 2 AufenthG eintreten. Überdies eröffnet sie dem Betroffenen den weiteren Vorteil, dass die Ausreisefrist nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht erneut zu laufen beginnt. Die Wiederherstellung der früheren aufenthaltsrechtlichen Position kann dagegen erst im Hauptsacheverfahren erreicht werden (vgl. § 84 Abs. 2 S. 3 AufenthG). (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
4 Bei der Beurteilung, ob eine Sicherung des Lebensunterhalts vorliegt, hat der Tatrichter sich in jedem Einzelfall die Überzeugungsgewissheit davon zu verschaffen, dass der Ausländer aufgrund realistischer Annahmen und konkreter Dispositionen dauerhaft nicht auf öffentliche Mittel angewiesen sein wird (vgl. BVerwG BeckRS 2013, 51920). (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
IV. Die Anträge auf Prozesskostenhilfe für das Antrags- und für das Klageverfahren werden abgelehnt.
Gründe
I.
Der Kläger und Antragsteller (im Folgenden: Antragsteller) begehrt im Klageverfahren die Verlängerung bzw. Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder einer Niederlassungserlaubnis und im Antragsverfahren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Ablehnung seines Antrags.
Der am … 1971 im Kosovo geborene Antragsteller ist kosovarischer Staatsangehöriger. Am 26. Mai 1992 verließ der Antragsteller nach eigenen Angaben das Kosovo, reiste am 3. Juni 1992 mit einem jugoslawischen Reisepass in die Bundesrepublik ein und beantragte Asyl. Im Rahmen des Asylverfahrens gab der Antragsteller an, er habe zunächst die Volks- und nach einer Unterbrechung anschließend eine private Mittelschule besucht, die er mit der Fachrichtung Handel abgeschlossen habe. Anschließend habe er den Beruf des Verkäufers erlernt. Zu seinen Eltern trug er im Asylverfahren vor, dass diese verstorben seien, während er bei einer Vorsprache bei der Ausländerbehörde im Jahr 2014 angab, er müsse sich noch eine Geburtsurkunde über seine Eltern im Kosovo besorgen. Der Asylantrag des Antragstellers wurde abgelehnt, seit dem 6. April 1995 ist die Ablehnung bestandskräftig (vgl. VG Ansbach, U.v. 24.1.1995 – AN 18 K 94.37596; BayVGH, U.v. 30.3.1995 – 24 AA 95.31588; vgl. Behördenakte Bl. 46 ff., 63, 82 ff., 96 ff., 555). Seiner Ausreisepflicht kam der Antragsteller in der Folgezeit nicht nach.
Am … 1996 wurde die Tochter … M. des Antragstellers geboren, die deutsche Staatsangehörige ist. Ab dem 16. Januar 1997 lebte er mit seiner Tochter und der Kindsmutter zusammen. Am 12. Januar 1998 beschaffte sich der Antragsteller einen bis zum 12. Januar 2008 gültigen jugoslawischen Reisepass und heiratete am 6. Februar 1998 die Kindsmutter (Behördenakte Bl. 153). Daraufhin wurde ihm am 9. März 1998 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AuslG (heute: § 28 AufenthG) erteilt. Am 25. Januar 2001 folgte die Trennung der Ehegatten. Am … 2001 wurde die gemeinsame Tochter … M. geboren. Die Ehe wurde am 18. November 2004, rechtskräftig am 30. Dezember 2004, geschieden (Behördenakte Bl. 217 ff.). Die Töchter des Antragstellers lebten seit der Trennung bei der Kindsmutter.
Am 13. Juli 2007 übertrug das Amtsgericht … die elterliche Sorge für beide Töchter auf die Kindsmutter (Behördenakte Bl. 593). Nach Bedrohungen der Ehefrau und der gemeinsamen Kinder im Sommer 2008 erließ das Amtsgericht … am 17. Oktober 2008 eine einstweilige Verfügung nach dem Gewaltschutzgesetz, nach der sich der Antragsteller für sechs Monate der Wohnung seiner geschiedenen Ehefrau und seiner Töchter nicht nähern durfte und ihm jegliche Kontaktaufnahme zu Kindsmutter und Töchtern während dieser Zeit untersagt wurde (Behördenakte Bl. 287 ff.). Da sich der Antragsteller nicht an die Anordnung hielt und die Kindsmutter mit Schlägen bedrohte, wurde mit seit 1. Januar 2009 rechtskräftigem Strafbefehl gegen den Antragsteller wegen Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz mit Nötigung eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen verhängt (Behördenakte Bl. 304 f.); der Antragsteller verbüßte vom 22. August 2011 bis zum 5. September 2011 die Ersatzfreiheitsstrafe. Am 28. Juni 2011 sprach die Kindsmutter bei der Ausländerbehörde vor und teilte mit, dass der Antragsteller weder Sorgerecht noch Kontakt mit den Kindern habe. Der Antragsteller sei für die Entwicklung der Kinder eher schädlich. Am 21. März 2012 erließ das Amtsgericht … eine einstweilige Anordnung, nach der der Antragsteller den Kontakt zur Kindsmutter zu unterlassen und sich deren Wohnung nicht zu nähern habe (Behördenakte Bl. 571 ff.). Am 9. Mai 2012 schlossen die Kindsmutter und der Antragsteller vor dem Amtsgericht … einen Vergleich, wonach das Kontaktverbot zur Kindsmutter mit unbefristeter Wirkung aufrecht erhalten blieb, jedoch nicht bei der Wahrnehmung von berechtigtem Umgang mit den Töchtern galt. Am 27. Juni 2012 trafen der Antragsteller und die Kindsmutter die Vereinbarung, dass der Antragsteller es bis zur endgültigen Entscheidung im Umgangsverfahren zu unterlassen habe, sich der Wohnung der Kindsmutter sowie der Schule der Kinder einschließlich der Bushaltestellen für den Schulweg zu nähern sowie jeglichen Kontakt, Beleidigungen, Belästigungen oder Körperverletzungen zu unterlassen. Im Rahmen der Anhörung am 27. Juni 2012 gab … M. an, dass sich der Antragsteller zehn Jahre lang nicht um sie gekümmert habe und sie keinen Kontakt wünsche. Der Antragsteller habe ihr während der letzten zehn Jahre wiederholt gedroht, sie alle umzubringen, sie beleidigt und an der Schule abgepasst. Besonders schlimm sei es jetzt, da sie einen Freund habe, aber auch in den vorherigen Jahren seien sie bedroht worden (Behördenakte Bl. 578 ff.). Auch … M. gab an, vom Antragsteller bedroht, beleidigt und an der Schule abgepasst worden zu sein; er habe gedroht, sie alle umzubringen bzw. sie ein Leben lang zu verfolgen. Sie wolle den Antragsteller nicht wiedersehen, habe Angst vor ihm und lehne auch einen begleiteten Umgang durch den Kinderschutzbund ab. Bis Sommer 2015 bestand kein Kontakt des Antragstellers zur Kindsmutter und den Töchtern mehr. Mit Urteil des Amtsgerichts … vom 10. Juli 2012 wurde der Antragsteller wegen Bedrohung in drei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt und die Strafe zur Bewährung ausgesetzt.
Seit etwa Sommer 2015 besteht zur inzwischen 17-jährigen … M. wieder persönlicher Kontakt ungefähr jedes zweite bis dritte Wochenende sowie telefonischer Kontakt. Auch zur seit 2014 volljährigen … M. und deren am … 2016 geborenen Tochter … M. besteht persönlicher Kontakt im gleichem Umfang wie zu … M., allerdings mit häufigeren Telefonaten. Nach Aussagen der Kindsmutter und von … M. bestehe jedoch noch keine enge Vater-Tochter-Beziehung. Bei echten Problemen gehe … M. zur Mutter; ein echter Erziehungsbeitrag des Antragstellers bestehe nicht, aber eine unterstützende Haltung. Ge- und Verbote seien ihre Angelegenheit (der Kindsmutter). … M. gab im Rahmen ihrer Anhörung an, dass sie den Antragsteller gerne persönlich sehen wolle und eine Aufenthaltsbeendigung sich negativ auf ihr zukünftiges Leben auswirke, da ihr Vater ihr auch helfe, z.B. bei beruflichen Entscheidungen (Behördenakte Bl. 677 ff.). Das Jugendamt stellte in einer Stellungnahme vom 27. Juli 2018 (Behördenakte Bl. 689) fest, dass weder ein telefonisches noch ein persönliches Gespräch mit … M. und ihrer Mutter zustande gekommen sei, da die Kindsmutter nicht zum vereinbarten Termin erschienen sei und sich auch sonst nicht melde (Behördenakte Bl. 557). Aus den vorliegenden Unterlagen gehe hervor, dass … M. Kontakt zum Vater wünsche und seit ca. Sommer 2015 in unregelmäßigen Abständen persönlichen und telefonischen Kontakt habe. Durch den vorangegangenen Vertrauensbruch bestehe jedoch keine enge Vater-Kind-Beziehung. Aus Sicht des Jugendamtes könne zwar davon ausgegangen werden, dass eine Ausreise des Antragstellers für … M. zwar sehr traurig sei, jedoch wegen der fehlenden tragfähigen Vater-Kind-Beziehung vermutlich keine negativen Auswirkungen auf das zukünftige Leben der Tochter habe.
Der Antragsteller war seit dem 9. März 1998 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AuslG (heute: § 28 AufenthG), vom 9. Dezember 2002 bis zum 5. Dezember 2004 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19 AuslG (heute: § 31 AufenthG), vom 2. August 2005 bis zum 1. August 2006 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG, vom 31. Juli 2006 bis zum 31. Januar 2007 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG und vom 7. Februar 2007 bis zum 30. Mai 2012 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG. Der Antragsteller beantragte am 3. April 2012 erneut die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis (Behördenakte Bl. 412 f.); seit dem 29. Mai 2012 ist er in Besitz von Fiktionsbescheinigungen.
Der Reisepass des Antragstellers ist seit dem 12. Januar 2008 abgelaufen; dem Antragsteller wurden auf Antrag wiederholt von der Bundesrepublik Reisepässe für Ausländer ausgestellt.
Im Rahmen einer Beschuldigtenvernehmung gab der Antragsteller am 22. Juli 2005 an, derzeit weder eine eigene Wohnung, noch Arbeit oder Krankenversicherungsschutz vorweisen zu können (Behördenakte Bl. 212). Nach Stellungnahme des Jobcenters des Landkreises … vom 30. Oktober 2014 (Behördenakte Bl. 532 f.) bezog der Antragsteller seit mindestens 2001 Leistungen der Arbeitslosenhilfe bzw. der Sozialhilfe. Der letzten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sei der Antragsteller bis zum 15. Februar 2001 nachgegangen. Seit Einführung des SBG II im Jahr 2005 habe der Antragsteller durchgängig Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II bezogen. Seit 2001 habe man sich umfangreich mit diversen arbeitsmarktpolitischen Mitteln um eine Wiedereingliederung bemüht. Es seien alle Förderinstrumente des SBG II in Verbindung mit dem SGB III genutzt worden. Der Antragsteller habe an Aktivierungsmaßnahmen, Fortbildungsmaßnahmen, Arbeitsgelegenheiten, ESF geförderten Maßnahmen usw. teilgenommen. Auch über den sog. Zweiten Arbeitsmarkt (Arbeitsgelegenheiten) sei eine Wiedereingliederung nicht möglich gewesen. Stellen im Helferbereich seien dem Antragsteller erfolglos angeboten worden. Wegen Verstößen gegen Mitwirkungspflichten sei der Antragsteller mehrfach sanktioniert worden, beispielsweise sei er zu Terminen beim Vermittler nicht erschienen und habe auf Stellenangebote nicht reagiert. Auch mit den vorhandenen gesundheitlichen Einschränkungen, die nicht das Ausmaß einer Erwerbsunfähigkeit erreichten, sei der Langzeitleistungsbezug nicht erklärbar. Das letzte medizinische Gutachten bescheinige dem Antragsteller vollständige Leistungsfähigkeit, lediglich schwere Arbeiten seien auszuschließen (Behördenakte Bl. 615). Es sei bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage auch im Helferbereich nicht nachvollziehbar, weshalb der Antragsteller nichts zur Beseitigung der Hilfsbedürftigkeit beitrage und keinen Arbeitsplatz finde.
Eine amtsärztliche Untersuchung am 19. Oktober 2015 bestätigte die Erwerbsfähigkeit des Antragstellers in Vollzeit mit Einschränkung hinsichtlich der Arbeitsschwere und -haltung.
Mit Stellungnahme vom 14. November 2017 (Behördenakte Bl. 662 ff.) teilte das Jobcenter des Landkreises … mit, dass die Feststellungen von 2014 weiterhin gültig seien. Der Antragsteller habe in den Jahren 2016 und 2017 ca. 30 Stellenangeboten erhalten; es sei aber nicht zu einer Arbeitsaufnahme gekommen. Die Bemühungen und Mitwirkung des Antragstellers, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, hielten sich in Grenzen. Der Antragsteller habe sich zum Teil gar nicht auf die Stellen beworben, zum Teil sei er nicht zum vereinbarten Vorstellungstermin erschienen. Trotz regelmäßiger Sanktionen habe der Antragsteller seine Bewerbungsaktivitäten nicht geändert. Der Antragsteller sei durch das Jobcenter engmaschig betreut worden. Regelmäßig habe mindestens ein ausführliches Gespräch im Monat stattgefunden, oft sogar drei bis vier Beratungsgespräche. Es sei der Eindruck entstanden, der Antragsteller sei nicht bereit, auf Vorschläge des Jobcenters auch nur ansatzweise einzugehen. Nach den vorliegenden Gutachten sei der Antragssteller trotz gesundheitlicher Einschränkungen in der Lage, eine Vollzeitbeschäftigung auszuüben (Behördenakte Bl. 664 ff., 673). Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Antragsteller bei der sehr guten Situation des Arbeitsmarktes keinen Arbeitsplatz finde. Das Jobcenter biete dem Antragsteller seit sehr langer Zeit Hilfe an, die er leider nicht nutze. Es könne nicht darauf geschlossen werden, dass es in absehbarer Zeit zu einer Beendigung der Hilfebedürftigkeit komme.
Nach dem Versicherungsverlauf der Deutschen Rentenversicherung vom 23. Oktober 2017 war der Antragsteller seit Mai 2001 arbeitslos und bezog seitdem Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe bzw. war in Überbrückungszeit; ab dem 1. Oktober 2005 erhielt er Leistungen nach dem SGB II. Von 1992 bis 2001 weist der Antragsteller nach Vortrag des Antragsgegners Beschäftigungszeiten von insgesamt ca. 23 Monaten auf.
Unterhalt an die Kindsmutter oder an die Töchter leistete der Antragsteller seit der Trennung im Jahr 2001 nicht, insgesamt bestehen Rückstände an Unterhaltsvorschussleistungen von 8.633,07 EUR für … M. und von 8.682,11 EUR für … M. (Behördenakte Bl. 538).
Am 31. Mai 2011 wies der Antragsgegner auf das Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhalts sowie der Passbeschaffung und eine andernfalls mögliche Aufenthaltsbeendigung hin, ebenso am 28. Dezember 2012, am 27. März 2013, am 17. Januar 2014 und am 29. April 2014. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2014 wurde der Antragsteller zur beabsichtigten Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis angehört. Der Antragsteller teilte mit, dass er sich wegen Geldproblemen die Fahrt zum kosovarischen Konsulat nicht leisten könne und seine Arbeitssuche durch die befristeten Fiktionsbescheinigungen und die noch immer erforderlichen ärztlichen Behandlungen erschwert werde. Er gab später an, am 17. November 2014 einen Reisepass beantragt zu haben, der seit Mai 2015 fertig sei. Er habe ihn jedoch mangels Geld und wegen seiner Krankheit nicht abgeholt. Am 10. November 2017 teilte der anwaltliche Vertreter des Antragstellers mit, dass der Antragsteller bereits seit 1992 in der Bundesrepublik lebe und hier wegen seiner zwei deutschen Kinder auch integriert sei. Der Antragsteller werde in Kürze auch eine Arbeitsstelle nachweisen und seinen Pass bei der kosovarischen Botschaft abholen.
Mit Bescheid vom 18. Oktober 2018, dem Antragsteller zugestellt am 24. Oktober 2018, lehnte der Antragsgegner die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bzw. die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus sonstigen Gründen sowie die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis ab (Ziffer 1), forderte den Antragsteller zur Ausreise bis zum 28. November 2018 bzw. im Falle der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zur Ausreise 30 Tage nach Vollziehbarkeit der Ausreisefrist auf (Ziffer 2), drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung in das Kosovo oder einen anderen aufnahmebereiten Staat an (Ziffer 3) und untersagte ihm für den Fall der Abschiebung die Wiedereinreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet für zwei Jahre (Ziffer 4). Für den Bescheid wurden keine Kosten erhoben (Ziffer 5). Ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG bestehe nicht. Nach dieser Vorschrift könne eine Aufenthaltserlaubnis, die als erstmalige eigenständige Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erteilt worden sei, verlängert werden. Die Verlängerung der erstmaligen Aufenthaltserlaubnis richte sich nach den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen und stehe im Ermessen der Behörden. Im vorliegenden Fall seien indes die Regelerteilungsvoraussetzungen der Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG und der Passpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG nicht erfüllt. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in Zukunft auf Dauer ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel auskomme (vgl. § 2 Abs. 3 AufenthG). Der Antragsteller beziehe seit 2001 Sozialleistungen und sei seitdem arbeitslos. Trotz seiner vorgetragenen Probleme mit Schultern und Knien sei der Antragsteller vollschichtig leistungsfähig und die Ausübung mittelschwerer Arbeiten für ihn möglich. Der Antragsteller sei zudem bereits seit 2001 und damit seit ca. 17 Jahren arbeitslos, habe aber bis 2012 eine Aufenthaltserlaubnis gehabt und erst 2013 von gesundheitlichen Problemen berichtet, sodass auch nicht ersichtlich sei, wieso er zuvor nicht habe arbeiten können. Wegen der fehlenden Beschäftigungszeiten habe der Antragsteller auch keine Rente zu erwarten. Ernsthafte Bemühungen zum Erhalt einer Arbeitsstelle habe der Antragsteller nach den Ausführungen des Jobcenters nicht an den Tag gelegt. Trotz regelmäßiger Sanktionen und engmaschiger Betreuung habe der Antragsteller nicht hinreichend bei der Arbeitsplatzsuche mitgewirkt. Auch die Sondervorschrift des § 31 Abs. 3 sei nicht einschlägig, da seine geschiedene Ehefrau keine Unterhaltsleistungen erbringe. Von der Sicherung des Lebensunterhalts könne auch nicht abgesehen werden. Es lägen keine Atypik und damit kein Ausnahmefall vor. Auch im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK sei an der Regelerteilungsvoraussetzung festzuhalten. Eine familiäre Lebensgemeinschaft mit den Töchtern bestehe nicht. … M. sei zudem bereits volljährig; … M. bereits über 17 ½ Jahre alt. Zu beiden Töchtern bestehe erst seit 2015 wieder Kontakt. Die Betreuung erfolge durch die Kindsmutter. Zudem habe der Antragsteller keine besonderen Integrationsleistungen erbracht. Auch ein Aufenthalt von 26 Jahren rechtfertige mangels weiterer Integrationsleistungen keine andere Bewertung. Der Antragsteller sei weder wirtschaftlich noch sozial integriert. Während seines gesamten Aufenthalts seit 1992 habe er keine zwei Jahre gearbeitet. Demgegenüber sei ihm eine Wiedereingliederung im Kosovo zumutbar, da er dort geboren sei und die ersten, prägenden 21 Lebensjahre dort verbracht habe. Des Weiteren fehle es an der Regelerteilungsvoraussetzung der Erfüllung der Passpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG. Der Reisepass des Antragstellers sei seit 2008 abgelaufen; einen gültigen Pass habe er seitdem nicht mehr vorgelegt. Trotz wiederholter Aufforderungen habe der Antragsteller einen angeblich schon beim Konsulat vorliegenden Reisepass nicht vorgelegt. Der Antragsteller habe in den letzten Jahren genügend Gelegenheit gehabt, einen Reisepass zu beantragen und abzuholen. Auch von dieser Regelerteilungsvoraussetzung könne keine Ausnahme gemacht werden. Der Antragsteller habe die Nichtvorlage des Reisepasses zu vertreten, insbesondere auch eine etwaige fehlende Bezahlung wegen Geldmangels. Mithin lägen bereits die Tatbestandsvoraussetzungen für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht vor. Das nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG eröffnete – hilfsweise – Ermessen falle ebenso zu Lasten des Antragstellers aus. Weder die Ehe noch die Eltern-Kind-Beziehung stünden nach Art. 6 GG der Aufenthaltsbeendigung entgegen. Die Ehe sei bereits aufgelöst und eine familiäre Lebensgemeinschaft bzw. Beistandsgemeinschaft zu den Töchtern bestehe ebenso wenig. Auch nach Art. 8 EMRK sei die Aufenthaltsbeendigung verhältnismäßig. Zwar lebe der Antragsteller inzwischen 26 Jahre in der Bundesrepublik, beherrsche die deutsche Sprache zumindest mündlich und habe eine Familie gegründet. Es liege indes keine so tief gehende Integration vor, dass dem Antragsteller eine Rückkehr in sein Heimatland unzumutbar wäre. Auch insoweit sei die keine zwei Jahre dauernde Beschäftigungszeit und der Sozialleistungsbezug der letzten 17 Jahre zu berücksichtigen. Zudem sei der Antragsteller 47 Jahre alt und leistungsfähig, so dass er sich im Kosovo eine neue Existenz aufbauen könne. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 4 AufenthG komme mangels Passes und mangels familiärer Gemeinschaft mit … M. nicht in Betracht. Es liege weder eine häusliche Gemeinschaft noch eine sonstige Beistandsgemeinschaft vor. So bestehe trotz gelegentlicher Kontakte keine tragfähige Vater-Tochter-Beziehung und der Antragsteller leiste keinen echten Erziehungsbeitrag. Auch komme die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG nicht in Betracht. Weder sei der Antragsteller bisher geduldet, noch habe er einen Anspruch auf Duldung, noch erfülle er die Passpflicht, noch sichere er seinen Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit oder sei dies zu erwarten (§ 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Satz 3, Abs. 3 AufenthG). Die Ausreise des Antragstellers sei auch nicht nach § 25 Abs. 5 AufenthG rechtlich oder tatsächlich unmöglich. Ebenso wenig verfolge der Antragsteller einen vom Aufenthaltsgesetz nicht vorgesehen Aufenthalt nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG. Die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG scheitere ebenfalls an der fehlenden Sicherung des Lebensunterhalts (§ 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG). Ausnahmefälle nach § 9 Abs. 2 Satz 6 und Satz 3 AufenthG lägen nicht vor. Die Ausreisepflicht folge aus § 50 Abs. 1 AufenthG. Die Ausreisefrist bis zum 28. November 2018 sei angesichts der bisherigen Aufenthaltsdauer angemessen. Die Abschiebungsandrohung beruhe auf § 58 Abs. 1, § 59 AufenthG. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG sei im Rahmen einer Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK auf zwei Jahre festzulegen. Dabei seien der langjährige Aufenthalt des Antragstellers seit 1992 im Bundesgebiet und der Besitz der Aufenthaltserlaubnis bis 2012 zu berücksichtigten. Demgegenüber bestehe weder zu den Töchtern noch zur geschiedenen Ehefrau eine tiefergehende Bindung. Eine wirtschaftliche Integration sei nicht gelungen. Wegen des Leistungsbezugs nach dem SGB II sei der Antragsteller von der Gebührenerhebung für den Bescheid nach § 53 Abs. 1 AufenthV befreit.
Hiergegen ließ der Antragsteller am 20. November 2018 Klage erheben und neben Prozesskostenhilfe beantragen, den Bescheid des Landratsamts … vom 18. Oktober 2018, Nr. 32, Az. 1660.3, aufzuheben.
Zudem beantragte er neben Prozesskostenhilfe,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 20. November 2018 gegen den Bescheid vom 18. Oktober 2018, Nr., Az:, anzuordnen.
Der Antragsteller habe einen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis. Er sei immer bemüht gewesen, Arbeit zu finden und habe sich bei verschiedenen Unternehmen beworben. Allein Anfang Juli 2018 habe er sich bei drei Unternehmen als Lagerhelfer beworben. Im September 2018 habe der Antragsteller vier Bewerbungen als Lagermitarbeiter versandt. Seit dem 4. Juli 2018 erscheine der Antragsteller wöchentlich und zuverlässig beim Integrationsfachdienst und zeige sich überaus engagiert, eine Arbeitsstelle zu finden. Die fehlenden Zusagen von Arbeitgebern seien vor allem auf die nur dreimonatigen Fiktionsbescheinigungen zurückzuführen. Der Antragsteller habe auch schon am 10. November 2017 einen Pass beantragt. Es sei ihm allerdings aus finanziellen Gründen noch nicht möglich gewesen, ihn bei der kosovarischen Botschaft in Stuttgart abzuholen. Im Übrigen habe der Antragsgegner das innige Verhältnis zu … M. nicht hinreichend berücksichtigt. … M. habe angegeben, dass eine Ausreise des Vaters negative Auswirkungen auf ihr zukünftiges Leben habe und sie persönlichen Kontakt wünsche. Es stehe außer Frage, dass eine innige Vater-Kind-Beziehung vorliege. Das Jugendamt habe hier lediglich nach Aktenlage entschieden. Der Bescheid sei daher im Hinblick auf Art. 6 GG rechtswidrig. Zudem habe der Antragsteller noch eine weitere Tochter, zu der er ebenso Kontakt halte wie zu seinem Enkelkind. Zu beiden pflege er eine innige Beziehung. Ferner lebe der Antragsteller bereits seit 26 Jahren in der Bundesrepublik, spreche sehr gut Deutsch, sei hier familiär verwurzelt und gut integriert.
Der Antragsteller legte eine Liste vor, nach der er sich Anfang Juli 2018 bei drei Unternehmen beworben habe, und anschließend bis September 2018 bei weiteren sechs Unternehmen.
Der Antragsgegner beantragt Klageabweisung und darüber hinaus,
den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.
Das Vollzugsinteresse überwiege das Aussetzungsinteresse, da der Bescheid rechtmäßig sei. Hierzu werde vollumfänglich auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen und ergänzend ausgeführt: Der Lebensunterhalt des Antragstellers sei weiterhin nicht gesichert. Auch die Fiktionsbescheinigungen seien kein hinreichender Grund für die fehlende Erwerbstätigkeit. Einer Vielzahl von Flüchtlingen, die ebenfalls Fiktionsbescheinigungen ausgestellt bekämen, gelinge trotz Fiktionsbescheinigung eine Integration auf dem Arbeitsmarkt. Der Antragsteller sei auch nicht in der Bundesrepublik integriert. Insbesondere spreche er zwar gut Deutsch, beherrsche damit aber nur eine von vier Sprachfertigkeiten (Hören, Sprechen, Lesen, Schreiben). Zumindest mit dem Schreiben habe der Antragsteller ausweislich seiner selbst ausgefüllten Anträge noch immer Probleme. Das Jugendamt habe zudem mehrfach versucht, mit … M. und ihrer Mutter Kontakt aufzunehmen; dies sei jedoch nicht möglich gewesen, da ein persönlicher Kontakt offensichtlich nicht gewollt gewesen sei.
Nach einer Stellungnahme des Jobcenters des Landkreises … vom 27. November 2018 betrug die Arbeitslosigkeit im Landkreis … im Rechtskreis SGB II aktuell 0,5%; das Arbeitsangebot übersteige die Nachfrage erheblich und dies schon seit mehreren Jahren. Es gebe auch eine Vielfalt an Arbeitsangeboten für einfache Produktionshelfertätigkeiten oder vergleichbare Tätigkeiten im Dienstleistungsbereich. Es sei außerordentlich ungewöhnlich, dass ein alleinstehender, erwerbsfähiger Leistungsberechtigter innerhalb der letzten sechs Jahre nicht eine einzige Arbeitsstelle erhalten habe, selbst dann nicht, wenn – wie im vorliegenden Fall – regelmäßige engmaschige Kontakte und Aktivierungsleistungen des Jobcenters erfolgt seien. Nach Einschätzung des Fallmanagers bestehe kein Grund, der den Antragsteller daran hindern würde, sofort eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aufzunehmen. Der Antragsteller habe sich ihres Erachtens in den letzten Jahren nie wirklich nachhaltig um Arbeit bemüht, seine Bewerbungen seien immer wieder daran gescheitert, dass er wohl nie wirklich Arbeitsinteresse gehabt habe bzw. es auf Arbeitgeber so gewirkt habe, und dass der Antragsteller arbeitsentwöhnt erscheine und ihm offenbar die Kraft fehle, diese Situation nachhaltig ändern zu wollen. Aus den bisherigen Erkenntnissen lasse sich nur der Schluss ziehen, dass es auf absehbare Zeit zu keiner nachhaltigen Arbeitsaufnahme kommen dürfte. Ausländerrechtliche Fiktionsbescheinigungen seien ihres Erachtens kein Arbeitshindernis, sonst würde eine Vielzahl von Flüchtlingen keine Erwerbstätigkeit erhalten, was jedoch zutreffe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und Behördenakte.
II.
Der zulässig erhobene Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist erfolglos, denn die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis unter Wegfall der Fiktionswirkung ist derzeit rechtmäßig, da dem Antragsteller kein Anspruch auf Verlängerung oder Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zukommt. Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis.
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist zulässig.
Gegenstand des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO sind die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage sowohl gegen die Versagung der Aufenthaltserlaubnis und Niederlassungserlaubnis in Ziffer 1 des Bescheids als auch gegen die nach Art. 21a Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (BayVwZVG) als Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung kraft Gesetzes nach Ablauf der Ausreisefrist sofort vollziehbare Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 des Bescheids.
Gemäß § 84 Abs. 2 AufenthG lassen Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit des ablehnenden Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Betroffenen beendet, unberührt. Eine hiergegen gerichtete Klage hat gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG keine aufschiebende Wirkung; dasselbe gilt für die Klage gegen die Abschiebungsandrohung gemäß Art. 21 a BayVwZVG. Diese gesetzliche Konstellation bedeutet im vorliegenden Fall konkret, dass der Aufenthalt des Antragstellers derzeit rechtswidrig und die Ausreisepflicht – nach Ablauf der Ausreisefrist – vollziehbar ist (§ 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht, die ihrerseits Voraussetzung für die Durchsetzung der Abschiebung ist (§ 58 Abs. 1 AufenthG), kann nur durch einen Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ausgesetzt werden. Die gerichtliche Anordnung der Aussetzung der Vollziehung bewirkt aber nicht ein Wiederaufleben der Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 3 oder Abs. 4 AufenthG (vgl. § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG); vielmehr wird durch die behördliche Antragsablehnung die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts unterbrochen (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG), wobei die Ausreiseverpflichtung fortbesteht (§ 50 Abs. 1 AufenthG). Die gerichtliche Anordnung setzt lediglich die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht aus. Dies entbindet den Betroffenen zwar nicht von seiner Ausreiseverpflichtung, hindert indes aber, dass die zur Abschiebung berechtigenden und verpflichtenden Wirkungen des § 50 Abs. 2 AufenthG eintreten. Überdies eröffnet sie dem Betroffenen den weiteren Vorteil, dass die Ausreisefrist nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht erneut zu laufen beginnt. Die Wiederherstellung der früheren aufenthaltsrechtlichen Position kann dagegen erst im Hauptsacheverfahren erreicht werden (vgl. § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG).
Mit seinem noch vor Ablauf der Geltungsdauer seiner Aufenthaltserlaubnis gestellten Antrag vom 3. April 2012 erreichte der Antragsteller zunächst eine Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 AufenthG, da er zu diesem Zeitpunkt noch einen Aufenthaltstitel im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG innehatte. Mit der Ablehnung des Antrags im angefochtenen Bescheid entfiel die Fiktionswirkung. Damit erweist sich der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO als zulässig.
2. Indes ist der Antrag unbegründet.
Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat dabei abzuwägen zwischen dem gesetzlich bestimmten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse eines Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei der Interessenabwägung.
Im vorliegenden Fall ist nach der hier gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung davon auszugehen, dass die Klage des Antragstellers erfolglos bleiben wird. Damit überwiegt das in § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG bzw. Art. 21a VwZVG gesetzlich angeordnete öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ausreisepflicht:
3. Eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis scheitert schon am Vorliegen der auch im Rahmen des § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG nach § 8 Abs. 1 AufenthG anzuwendenden allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG.
Der Lebensunterhalt des Antragstellers ist nicht gesichert und ein atypischer Sachverhalt, auf den der Regelversagungsgrund nicht anzuwenden wäre, liegt nicht vor. Ebenso wenig erfüllt der Antragsteller die Passpflicht, auch insoweit liegt kein atypischer Sachverhalt vor. Auch die Ermessensausübung des Antragsgegners begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Nach § 8 Abs. 1 AufenthG i. V. m. § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann eine dem ausländischen (hier geschiedenen) Ehegatten eines Deutschen zum Zwecke des Familiennachzugs erteilte Aufenthaltserlaubnis auch nach der erstmaligen, auf ein Jahr befristeten eigenständigen Verlängerung (nach § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) erneut und ggf. auch mehrfach verlängert werden, wenn die Verlängerung – wie hier – rechtzeitig vor Ablauf der Gültigkeitsdauer der (vorangegangenen) Verlängerung beantragt worden ist (BVerwG, U. v. 22.6.2011 – 1 C 5.10 – juris Rn. 14) und die sich aus § 5 AufenthG ergebenden allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen vorliegen. Nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann die Aufenthaltserlaubnis – gemeint ist hier die Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 AufenthG – verlängert werden, solange die Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU nicht vorliegen. Die Verlängerung unterliegt regelmäßig – vorbehaltlich atypischer Fälle – den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG. Nur wenn auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen erfüllt sind, kann eine Ermessensentscheidung der Behörde ergehen (vgl. SächsOVG, U.v. 31.5.2018 – OVG 11 B 18.16 – juris Rn. 19). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
a) Der Lebensunterhalt des Antragstellers ist weder gesichert noch liegt ein atypischer Fall vor.
(1) Der Lebensunterhalt des Antragstellers ist nicht gesichert.
Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist nach § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Unerheblich ist, ob „schädliche“ öffentliche Mittel, zu denen insbesondere die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gehören, tatsächlich in Anspruch genommen werden. Nach dem gesetzlichen Regelungsmodell kommt es nur auf das Bestehen eines entsprechenden Anspruchs an, da dann auch eine Inanspruchnahme dieser Mittel zu erwarten oder jedenfalls nicht auszuschließen ist (BVerwG, U.v. 26.8.2008 – 1 C 32.07 – juris Rn. 21). Das in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG zum Ausdruck kommende grundlegende staatliche Interesse an der Vermeidung neuer Belastungen für die öffentlichen Haushalte (BT-Drucks 15/420 S. 70) verlangt zudem die nachhaltige Prognose, dass der Lebensunterhalt des Ausländers in Zukunft auf Dauer ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gesichert ist. Von einer Sicherung des Lebensunterhalts kann nur ausgegangen werden, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel eine gewisse Nachhaltigkeit aufweisen, was nicht allein durch eine punktuelle Betrachtung des jeweils aktuellen Beschäftigungsverhältnisses beurteilt werden kann. Es muss unter Berücksichtigung der Berufschancen und der bisherigen Erwerbsbiografie eine gewisse Verlässlichkeit des Mittelzuflusses gewährleistet sein, die unter dem Gesichtspunkt der Dauerhaftigkeit eine positive Prognose zulässt (BayVGH, B.v. 8.2.2017 – 10 ZB 16.1850 – juris Rn. 13 m.w.N.). Der Tatrichter hat sich in jedem Einzelfall die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) davon zu verschaffen, dass der Ausländer aufgrund realistischer Annahmen und konkreter Dispositionen dauerhaft nicht auf öffentliche Mittel angewiesen sein wird (BVerwG, U.v. 18.4 2013 – 10 C 10.12 – juris Rn 24; vgl. auch SächsOVG, B.v. 3.7.2018 – 3 D 11/18 – juris Rn. 12).
Im vorliegenden Fall ist das Gericht davon überzeugt, dass der Antragsteller auch in Zukunft dauerhaft auf öffentliche Mittel angewiesen sein wird. Hierfür spricht entscheidend der langjährige Bezug von Grundsicherung nach dem SGB II in den letzten 17 Jahren sowie die Tatsache, dass der Antragsteller während seines knapp 26-jährigen Aufenthalts in der Bundesrepublik keine zwei Jahre lang erwerbstätig war. Das zuständige Jobcenter betreute den Antragsteller in den letzten Jahren intensiv mit Einzelgesprächen mindestens einmal, oft jedoch auch drei- bis viermal im Monat, mit zahlreichen Arbeitsplatzangeboten und mit einer Vielzahl an Fördermaßnahmen wie Aktivierungsmaßnahmen, Fortbildungsmaßnahmen, Arbeitsgelegenheiten, ESF geförderten Maßnahmen usw. Gleichzeitig herrscht im betreffenden Landkreis mit einer Arbeitslosenquote von 0,5% Vollbeschäftigung und die Arbeitsangebote übertreffen die Nachfrage seit mehreren Jahren erheblich. Gleichwohl konnte der Antragsteller in den letzten 17 Jahren nicht eine einzige Arbeitsstelle erlangen. Es ist fernliegend, dass dies im Zusammenhang mit den Fiktionsbescheinigungen steht, denn zum einen war der Antragsteller lange vor dem Jahr 2012 schon beschäftigungslos, als er noch im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war, und finden – wie das Jobcenter zutreffend ausführt und auch dem Gericht durch entsprechende Verfahren bekannt ist – auch zahlreiche Ausländer mit unsicherer bzw. schlechter Bleibeperspektive, fehlender Schul- bzw. Berufsbildung und mangelhaften Deutschkenntnissen Arbeitsplätze, so dass nicht ersichtlich ist, weshalb Fiktionsbescheinigungen bzw. eine unsichere Bleibeperspektive einer Arbeitsaufnahme entscheidend entgegenstehen sollten. Auch die gesundheitlichen Einschränkungen des Antragstellers wiegen sowohl nach den ärztlichen Stellungnahmen als auch nach der Einschätzung des Jobcenters nicht derart schwer, dass dem Antragsteller eine Arbeit in Vollzeit nicht zumutbar wäre, lediglich schwere Arbeiten seien nicht möglich. Es ist insoweit nicht ersichtlich, weshalb der Antragsteller bei entsprechendem Willen nicht eine mittelschwere bis leichte Tätigkeit beispielsweise im Dienstleistungsbereich hätte aufnehmen können. Darüber hinaus kam es zu wiederholten Sanktionen des Jobcenters, weil der Antragsteller zu Terminen beim Sachbearbeiter nicht erschien, sich nicht auf die angebotenen Stellen bewarb bzw. nicht zu Vorstellungsgesprächen ging. Angesichts dieser bisherigen jahrzehntelangen Entwicklung besteht für den Antragsteller keine positive Erwerbstätigkeitsprognose. Dem stehen auch nicht die letzten Bewerbungen des Antragstellers entgegen. Nachdem sich der Antragsteller seit 17 Jahren erfolglos bewirbt, ist nicht hinreichend substantiiert dargelegt, weswegen die jetzigen oder künftigen Bewerbungen zu einem dauerhaften Beschäftigungsverhältnis führen sollten.
(2) Ein Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis steht dem Antragsteller schließlich auch nicht deshalb zu, weil sein Fall atypische Umstände aufweist, die ein Absehen von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gebieten würden.
Eine solche Ausnahme – deren Vorliegen der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt – ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (z.B. BVerwG, U.v. 30.4.2009 – 1 C 3.08 – juris Rn 10 ff., 13; U.v. 26.4.2008 – 1 C 32.07 – juris Rn. 27) dann anzunehmen, wenn besondere, atypische Umstände vorliegen, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen, oder wenn die Erteilung des Aufenthaltstitels aufgrund von Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK; zur notwendigen Beachtung der Gewährleistungen der EMRK bei der Auslegung und Anwendung ausländerrechtlicher Vorschriften vgl. auch BVerfG, B.v. 105. 2007 – 2 BvR 304/07 – juris Rn 37) geboten ist.
Von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ist nicht deshalb abzusehen, weil die Sicherung des Lebensunterhalts mit Blick auf die Wertentscheidungen der Art. 6 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK zugunsten der Familie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht zumutbar wäre. Dies käme etwa bei der eine Erwerbstätigkeit nicht zulassenden Betreuungsbedürftigkeit von Kindern, bei in natura wahrgenommenen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber deutschen Staatsangehörigen oder beim Zusammenleben des Ausländers mit einem Familienmitglied, dem das Verlassen des Bundesgebietes nicht zumutbar ist, in Betracht.
In einer derartigen Situation befindet sich der Antragsteller ersichtlich nicht. Seine Arbeitslosigkeit steht in keinem Zusammenhang mit einer etwaigen – hier nicht ersichtlichen – Betreuungsbedürftigkeit seiner Töchter. Mit diesen führt der seit Februar 2001 erwerbslose Antragsteller schon seit Januar 2001 keine Lebensgemeinschaft mehr; sämtliche Betreuungs- und Erziehungsleistungen erbrachte fortan die vom Antragsteller geschiedene Kindsmutter. Seinen Unterhaltsverpflichtungen kam der Antragsteller seit 2001 zu keinem Zeitpunkt nach. 44 Des Weiteren besteht auch keine nach Art. 6 GG geschützte familiäre Lebensgemeinschaft, sofern ihn diese überhaupt von der Pflicht zur Sicherung eigenen Lebensunterhalts entbände. Art. 6 GG gewährt keinen grundrechtlichen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren, die bestehenden familiären Bindungen des Ausländers zu Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Erfüllt die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft, weil ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist, und kann dieser Beistand nur in Deutschland erbracht werden, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen Deutschlands nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Belange zurück (vgl. BVerfG, B.v. 17.5.2011 a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Andernfalls sind dem im Bundesgebiet lebenden Familienmitglied grundsätzlich Anstrengungen zumutbar, die familiäre Lebensgemeinschaft durch Besuche oder nötigenfalls zur Gänze im Ausland herzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 21.2.2013 – 10 CS 12.2679 – juris Rn. 33). Denn Art. 6 GG gewährleistet keinen grenzenlosen Schutz der familiären Lebensgemeinschaft. Vielmehr ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob es dem Ausländer zumutbar ist, seine familiären Bindungen durch Ausreise zu unterbrechen. Dabei ist eine Interessenabwägung durchzuführen. Je intensiver der Schutzbereich der familiären Lebensgemeinschaft betroffen ist, desto stärker müssen die berechtigten öffentlichen Belange für eine Ausreise sein. Geschützt ist damit zunächst die Kernfamilie, d.h. die eheliche Lebensgemeinschaft und die familiäre Gemeinschaft mit minderjährigen Kindern als Beistandsgemeinschaft. Leben die Eltern eines Kindes getrennt, müssen Anhaltspunkte für das Bestehen einer über eine bloße Begegnungsgemeinschaft hinausgehenden, tatsächlichen Verbundenheit vorliegen. Indizien stellen beispielsweise die regelmäßige Betreuung des Kindes, wobei vereinzelte Kontakte nicht genügen, sowie die tatsächliche Ausübung des Sorgerechts dar (BayVGH, B.v. 21.11.2016 – 10 CE 16.2047 – juris Rn. 4 ff.; Marco Bruns in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 60a AufenthG Rn. 16; Bauer/Dollinger in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 60a AufenthG Rn. 24). Ohne Bestehen einer schutzwürdigen echten familiären Bindung entfaltet Art. 6 Abs. 1 GG keine Vorwirkungen (Kluth/Breidenbach, BeckOK Ausländerrecht, Stand 1.5.2018, § 60a AufenthG Rn. 18).
Von seiner Ehefrau ist der Antragsteller geschieden, so dass schon insoweit der Schutzgehalt von Art. 6 GG nicht mehr eröffnet ist. Seine Tochter … M. ist seit 2014 volljährig und damit nicht mehr auf etwaige substantielle Betreuungsleistungen des Antragstellers – die hier noch nicht einmal vorgetragen sind – angewiesen. Auch mit … M. besteht keine familiäre Lebensgemeinschaft und keine Kontakte, die über eine reine Begegnungsgemeinschaft hinausgingen. Der Antragsteller sieht … M. lediglich alle zwei bis drei Wochen am Wochenende im Café oder auf Spaziergängen, bei wichtigen Entscheidungen wendet sie sich an die Mutter, Ge- und Verbote liegen ebenfalls im Zuständigkeitsbereich der Mutter. Wegen des langen Kontaktabbruchs bzw. der Belästigungen des Antragstellers bis 2015 besteht auch nach Vortrag von … M. sowie nach Vortrag ihrer Mutter und nach Einschätzung des Jugendamtes keine tragfähige Vater-Kind-Beziehung. Die Kontakte des Antragstellers zu … M. sind folglich lediglich als reine Begegnungsgemeinschaft einzustufen. Gegenteiliges wurde auch nicht substantiiert geltend gemacht. Im Übrigen wird … M. im März 2019 – und damit in nicht einmal zwei Monaten – volljährig. Es ist dabei zu berücksichtigen, dass fast Volljährige im Allgemeinen weniger auf ihre Eltern angewiesen sind als jüngere Minderjährige. Der Zeitraum unmittelbar vor der Volljährigkeit ist deshalb generell nicht geeignet, eine besondere Schutzbedürftigkeit zu begründen; zur besonderen Schutzbedürftigkeit aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles ist auch sonst nicht hinreichend vorgetragen worden (vgl. auch BVerfG, B.v. 11.10.2017 – 2 BvR 1758/17 – juris Rn. 17).
Ein zugunsten des Antragstellers hier allein in Betracht kommendes Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG und auf Achtung seines Privatlebens aus Art. 8 EMRK gebietet es für sich genommen ebenfalls nicht, vom Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung abzusehen. Der Antragsteller hält sich zwar seit inzwischen beinahe 26 Jahren (und damit mehr als die Hälfte seines Lebens) im Bundesgebiet auf, und zwar die überwiegende Zeit zumindest ab 1998 davon rechtmäßig. Obwohl auch zuvor bereits mehrfach Anlass bestanden hätte, eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers abzulehnen, hat der Antragsgegner von dieser Möglichkeit zuvor keinen Gebrauch gemacht. Der Antragsteller hat es während seines langjährigen Aufenthalts aber weder geschafft, sich nachhaltig wirtschaftlich zu integrieren, noch sind derzeit irgendwelche tiefergehenden persönlichen oder sonstigen Bindungen ans Bundesgebiet dargelegt worden oder sonst ersichtlich. Zu der fehlenden familiären Lebensgemeinschaft mit seiner noch minderjährigen Tochter wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller die ersten 21 Lebensjahre und damit insbesondere die prägende Zeit der Kindheit und Jugend im Kosovo verbrachte und mithin kein faktischer Inländer ist. Im Bundesgebiet hingegen konnte er kein schützenswertes Vertrauen in einen weiteren Aufenthalt entwickeln, da er dessen Voraussetzungen wie ausgeführt seit vielen Jahren bewusst nicht erfüllt.
b) Der Antragsteller erfüllt auch nicht die Passpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG.
Der Antragsteller ist seit 2008 nicht mehr im Besitz eines gültigen Reisepasses. Insoweit liegt auch kein atypischer Fall vor. Der Antragsgegner hat zu Recht darauf verwiesen, dass er den Antragsteller auf die Wichtigkeit der Passpflicht und auf seine diesbezüglichen Mitwirkungspflicht hingewiesen hat. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum es dem Antragsteller in knapp zehn Jahren nicht möglich gewesen sein sollte, sich einen Pass zu beschaffen. Zum einen hat der Antragsteller etwaige finanzielle Probleme selbst zu vertreten, nachdem er sich trotz bester Arbeitsmarktlage ersichtlich nicht hinreichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat. Angesichts der Sanktionen des Jobcenters, insbesondere wegen versäumter Termine und nicht eingereichter Bewerbungen, hat der Antragsteller insoweit nicht alles Erforderliche getan und muss sich daher etwaigen Geldmangel als eigenes Verschulden zurechnen lassen. Zum anderen wäre es dem Antragsteller zumutbar gewesen, über den Regelsatz der Grundsicherung, der auch Ausgaben für Verkehr sowie andere Waren und Dienstleistungen enthält, diese Kosten zu tragen. Für eine Atypik sind keine Anhaltspunkte ersichtlich; insbesondere wird im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK auf die obigen Ausführungen verwiesen.
c) Da schon die Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 AufenthG nicht vorliegen, kommt es auf die Ermessensausübung des Antragsgegners im Rahmen des § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG („kann“) nicht mehr an.
Gleichwohl sind Ermessensfehler nicht ersichtlich. Die Ermessensentscheidung des Antragsgegners ist im gerichtlichen Verfahren nur eingeschränkt überprüfbar. Die gerichtliche Prüfungsdichte bemisst sich nach der Regelung des § 114 VwGO, was im Wesentlichen zur Folge hat, dass die Entscheidung lediglich daraufhin zu überprüfen ist, ob überhaupt eine Ermessensentscheidung getroffen wurde, ob in diese Ermessensentscheidung alle maßgeblichen und keine unzulässigen Erwägungen Eingang gefunden haben und ob einzelne Belange entgegen ihrer objektiven Wertigkeit in die Abwägung eingestellt worden sind.
Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsgegner sämtliche zu Gunsten bzw. zu Lasten sprechende Umstände in seiner Ermessensentscheidung berücksichtigt, insbesondere die Eltern-Kind-Beziehung nach Art. 6 GG sowie den langjährigen Aufenthalt des Antragsgegners in der Bundesrepublik.
4. Auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus anderem Grund oder die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis kommen mangels Vorliegens der Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 AufenthG bzw. der auch nur überwiegenden Lebensunterhaltssicherung durch Erwerbstätigkeit i.S.d. § 25b Abs. 1 Nr. 3 AufenthG bzw. mangels Lebensunterhaltssicherung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nicht in Betracht. Insoweit wird vollumfänglich auf die obigen Ausführungen und auf den streitgegenständlichen Bescheid (§ 117 Abs. 5 VwGO) verwiesen.
5. Die Ausreisefrist und die Abschiebungsandrohung folgen aus § 59 AufenthG. Soweit dem Antragsteller eine längere Ausreisefrist als 30 Tage gesetzt wurde, ist dies für den Antragsteller zum einen nicht belastend, zum anderen im Anbetracht seiner langen Aufenthaltsdauer nach § 59 Abs. 1 Satz 4 AufenthG zulässig. Die Ausreisepflicht ist nach Wegfall der Fiktionswirkung und mangels aufschiebender Wirkung der Klage auch vollziehbar (vgl. oben).
6. Die in Ziffer 4 des angefochtenen Bescheids verfügte Befristung der Wirkungen der Abschiebung auf zwei Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt der nachgewiesenen Ausreise, ist ebenfalls rechtmäßig.
Die Befristungsdauer steht nach der Neufassung des § 11 Abs. 3 AufenthG im Ermessen der Ausländerbehörde (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.2017 – 1 C 3.16 – Rn. 65 f. mit Verweis auf BR-Drs. 642/14 S. 39), so dass diese Ermessensentscheidung keiner uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt, sondern – soweit wie hier keine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt – eine zu lange Frist lediglich aufgehoben und die Ausländerbehörde zu einer neuen Ermessensentscheidung verpflichtet werden kann (vgl. BayVGH, U.v. 25.8.2015 – 10 B 13.715 – Rn. 54 ff.). Die Ermessensentscheidung des Antragsgegners ist mithin im gerichtlichen Verfahren nur eingeschränkt überprüfbar. Die gerichtliche Prüfungsdichte bemisst sich nach der Regelung des § 114 VwGO, was im Wesentlichen zur Folge hat, dass die Entscheidung lediglich daraufhin zu überprüfen ist, ob überhaupt eine Ermessensentscheidung getroffen wurde, ob in diese Ermessensentscheidung alle maßgeblichen und keine unzulässigen Erwägungen Eingang gefunden haben und ob einzelne Belange entgegen ihrer objektiven Wertigkeit in die Abwägung eingestellt worden sind.
Nach diesen Maßstäben ist die mit dem angefochtenen Bescheid des Antragsgegners festgesetzte Frist nicht zu lang und daher rechtmäßig. Insbesondere wurden die lange Aufenthaltsdauer, die vorherigen Aufenthaltserlaubnisse sowie die geringe Intensität seiner Beziehung zur geschiedenen Ehefrau sowie zu seinen Töchtern ermessensfehlerfrei berücksichtigt.
7. Die Kostenentscheidung in Ziffer 6 des Bescheids enthält keine den Antragsteller belastende Regelung.
8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Antragsverfahren folgt aus §§ 52 Abs. 2 und 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Ziffern 1.5 und 8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
III.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Bevollmächtigten für das Klage- und für das Antragsverfahren ist unbegründet, weil die Erfolgsaussichten des Klage- und des Antragsverfahrens nach Vorstehendem nicht gegeben sind.
Gemäß § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist etwa dann gegeben, wenn schwierige Rechtsfragen zu entscheiden sind, die im Hauptsacheverfahren geklärt werden müssen. Auch wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Mittellosen ausgehen wird, ist vorab Prozesskostenhilfe zu gewähren (vgl. BVerfG, B.v. 14.4.2003 – 1 BvR 1998/02 – NJW 2003, 2976). Insgesamt dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Verfahrens nicht überspannt werden, eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolges genügt (Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 166 Rn. 26). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist im Verfahren ohne Vertretungszwang immer geboten, wenn es in einem Rechtsstreit um nicht einfach zu überschauende Tat- und Rechtsfragen geht (Eyermann, a.a.O., Rn. 38).
Ausgehend von obigen Erwägungen ist Prozesskostenhilfe zu versagen, da weder das Antragsverfahren noch das Klageverfahren Aussicht auf Erfolg haben.