Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf Gewähr vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine sog. Anlaufbescheinigung

Aktenzeichen  B 3 S 17.31768

Datum:
8.6.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 123 Abs. 5
AsylG AsylG § 19 Abs. 1, § 22 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 1, § 26 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, § 45, § 46 Abs. 1 S. 2, S. 3, Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 2, § 50, § 51, § 75, § 77 Abs. 1 S. 1
AufenthG AufenthG § 15a Abs. 1 S. 6

 

Leitsatz

1 Erstrebt ein Asylbewerber unter Aufhebung einer sog. Anlaufbescheinigung die Aufnahme in eine bestimmte Erstaufnahmeeinrichtung, kann dieses Begehren nur im Wege der Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage verfolgt werden. Der vorläufige Rechtsschutz richtet sich in diesem Fall nach § 123 VwGO. (Rn. 18) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Nach § 46 Abs. 1 S. 2 AsylG ist die Aufnahmeeinrichtung, bei der sich der Ausländer gemeldet hat, nur dann für die Unterbringung zuständig, wenn sie über einen freien Platz verfügt und die ihr zugeordnete Außenstelle des Bundesamts Asylanträge aus dem Herkunftsland des Ausländers bearbeitet. Andernfalls ist die nach § 46 Abs. 2 S. 1 AsylG von der zentralen Verteilungsstelle benannte Aufnahmeeinrichtung für die Aufnahme des Asylbewerbers zuständig.  (Rn. 25) (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Da § 45 und § 46 AsylG in erster Linie eine gerechte Lastenverteilung zwischen den Bundesländern bei der Aufnahme von Asylsuchenden gewährleisten sollen und organisatorische Belange im Blick haben, besitzt ein Asylbewerber grundsätzlich keinen Anspruch, einem bestimmten Land oder bestimmten Ort zugewiesen zu werden oder von einer Umverteilung verschont zu bleiben (vgl. VG Ansbach BeckRS 2015, 48472). (Rn. 26) (red. LS Clemens Kurzidem)
4 Befindet sich ein in § 26 Abs. 1 – 3 AsylG genannter Familienangehöriger bereits erlaubt im Bundesgebiet, ist § 46 Abs. 3 S. 2 AsylG so zu verstehen, dass dieser Umstand bei der Bestimmung der zuständigen Aufnahmeeinrichtung nicht berücksichtigt wird. Ihm ist allenfalls im Rahmen des nachträglichen Verteilungsverfahrens nach § 50 und § 51 AsylG Rechnung zu tragen. (Rn. 28) (red. LS Clemens Kurzidem)
5 Da § 22 Abs. 1 S. 2 AsylG kein explizites Prüfprogramm mit Blick auf die Interessen des Asylbewerbers im Zusammenhang mit der Weiterleitung festlegt, kann unter Annahme einer planwidrigen Regelungslücke § 15a Abs. 1 S. 6 AufenthG analog herangezogen werden (wie VG Ansbach BeckRS 2015, 48472). (Rn. 30) (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 08.02.2017 gegen die Anlaufbescheinigungen der Landesdirektion Sachsen vom 01.02.2017 wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens als Gesamtschuldner.
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt … wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Antragstellerinnen, Mutter und minderjährige Tochter, sind georgische Staatsangehörige. Sie reisten am 12.01.2017 illegal in das Bundesgebiet ein und ersuchten am 31.01.2017 bei der Landesdirektion Sachsen – Abt. Asyl und Ausländerrecht – in Dresden um Asyl.
Mit Anlaufbescheinigungen der Landesdirektion Sachsen vom 01.02.2017 wurden die Antragstellerinnen gebeten, sich unverzüglich bei der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken, E. Weg in 9. B. zu melden, da für das Herkunftsland der Antragstellerinnen die Aufnahmeeinrichtung Oberfranken und die dortige Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ausschließlich zuständig sei.
Mit Schriftsatz vom 08.02.2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Dresden am selben Tag, erhob der Bevollmächtigte der Antragstellerinnen Klage und beantragte gleichzeitig,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anlaufbescheinigungen der Landesdirektion Sachsen – Erstaufnahmeeinrichtung Dresden – jeweils vom 01.02.2017, anzuordnen.
Zugleich wurde beantragt,
den Antragstellerinnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt … zu bewilligen.
Zur Begründung führte der Bevollmächtigte der Antragstellerinnen im Wesentlichen aus, die Antragstellerin zu 1 sei seit dem 31.12.2016 mit dem georgischen Staatsangehörigen … verlobt. Es sei Wunsch der Antragstellerinnen und des Verlobten der Antragstellerin zu 1, dass die Antragsteller ebenfalls Dresden zugewiesen werden, um eine Haushaltsgemeinschaft herzustellen. Die Antragstellerinnen hätten einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Berücksichtigung ihrer individuellen Interessen.
Die Anlaufbescheinigung des Antragsgegners stelle eine Verletzung der Eheschließungsfreiheit aus Art. 6 Abs. 1 GG dar, wonach jeder frei in der Wahl seines Ehepartners und in der Wahl des Zeitpunkts der Eheschließung sei. Durch die Weiterleitung der Antragstellerinnen nach Bamberg werde der Antragstellerin zu 1 die Eheschließung mit ihrem Verlobten faktisch verwehrt. Der Haushaltsgemeinschaft von Verlobten, die beabsichtigen zu heiraten, insbesondere wenn ein minderjähriges Kind zur Haushaltsgemeinschaft gehöre, sei bei der Weiterleitung Rechnung zu tragen. Für die Frage, ob im konkreten Fall eine Weiterleitung zu erfolgen oder zu unterbleiben hat, müssten die familiären Bindungen angemessen berücksichtigt werden. Dabei entfalte sich der Schutz aus Art. 6 GG nicht schon aufgrund bloßer formalrechtlicher familiärer Bindungen. Es sei vielmehr nur erforderlich, dass eine tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern bestehe oder – wie vorliegend – in einem überschaubaren Zeitraum hergestellt werden soll. Der Erziehungsbeitrag des zukünftigen Stiefvaters der Antragstellerin zu 2 werde nicht durch denjenigen der Antragstellerin zu 1 entbehrlich. Diesem komme eigenständige Bedeutung zu, da auch der künftige Stiefvater wesentliche elterliche Betreuungsleistungen erbringen könne. Dies gelte umso mehr, da der Verlobte der Antragstellerin zu 1 hinreichend der deutschen Sprache mächtig sei und den Antragstellerinnen eine unentbehrliche Hilfe bei der Zurechtfindung in der Bundesrepublik Deutschland sein werde.
Der für die Antragstellerinnen und den Verlobten der Antragstellerin zu 1 aus Art. 6 GG abzuleitende Schutz führe zu einer Ermessensreduzierung auf Null. Die Weiterleitung der Antragstellerinnen an die Erstaufnahmeeinrichtung Dresden stelle demnach die einzige verbleibende rechtmäßige Verwaltungsentscheidung dar.
Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessensabwägung habe daher zugunsten der Antragstellerinnen auszufallen.
Im Übrigen wird auf den Antragschriftsatz vom 08.02.2017 verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 09.02.2017 beantragte der Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führte der Antragsgegner im Wesentlichen aus, bei Erstellung einer Anlaufbescheinigung handele es sich um gebundenes Verwaltungshandeln, da die zuständige Aufnahmeeinrichtung durch das bundeseinheitliche zentrale Verteilsystem bestimmt werde. Ein wesentliches Kriterium für die Verteilentscheidung sei das Herkunftsland des Ausländers. Um das Asylverfahren ordnungsgemäß und rasch durchzuführen, habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Bearbeitung von Asylanträgen entsprechend dem Herkunftsland bestimmten Aufnahmeeinrichtungen zugeordnet. Für das Herkunftsland der Antragstellerinnen sei die Aufnahmeeinrichtung in Bamberg und die dortige Außenstelle des Bundesamtes ausschließlich zuständig.
Ein an der Aussetzung dieser Verteilentscheidung überwiegendes Interesse der Antragstellerinnen sei nicht erkennbar. Die Antragstellerinnen seien am 12.01.2017 in die Bundesrepublik eingereist. Es könne daher – unabhängig von der vorgetragenen Verlobung – von keiner Verwurzelung in Dresden ausgegangen werden. Mit der Verteilentscheidung werde die Eheschließungsfreiheit der Antragstellerin zu 1 nicht beschränkt. Es werde ihr nur gem. § 47 AsylG für einen bestimmten Zeitraum eine Wohnsitzverpflichtung auferlegt. Damit erfolge aber keine Beschränkung hinsichtlich der Entscheidung für eine Ehe und Auswahl eines möglichen Ehepartners oder der Einleitung der für eine Eheschließung notwendigen Schritte. Im Übrigen hätten die Antragstellerinnen nicht vorgetragen, dass sie neben der Abgabe des Heiratsversprechens (Verlobung) weitere Schritte hin bis zur Eheschließung unternommen worden seien. Es sei daher fraglich, ob sich die Antragstellerinnen in diesem frühen Stadium der Eheanbahnung auf den Schutz durch Art. 6 GG berufen können.
Mit Beschluss vom 09.05.2017 hat das Verwaltungsgericht Dresden die Streitsache mangels eigener örtlicher Zuständigkeit an das Verwaltungsgericht Bayreuth verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie auf die Gerichtsakten in den Verfahren B 3 E 17.32078 und B 3 K 17.31769 bzw. auf die Behördenakte des Antragsgegners und die gerichtliche Entscheidung im Parallelverfahren B 3 E 17.32078 vom heutigen Tag verwiesen.
II.
Die Antragstellerinnen begehren im hiesigen Eilverfahren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Anlaufbescheinigungen des Antragsgegners vom 01.02.2017.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Es bestehen bereits erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO ist gemäß § 123 Abs. 5 VwGO u.a. nur dann statthaft, wenn im Hauptsacheverfahren die Anfechtungsklage die statthafte Klageart ist. Anderenfalls ist einstweiliger Rechtsschutz über § 123 VwGO zu suchen. Zwar sind Weiterleitungsentscheidungen des Antragsgegners vom 01.02.2017 als Verwaltungsakte zu qualifizieren (VG Ansbach, B.v. 25.6.2015 – AN 3 S. 15.30853 – juris; VG München, B.v. 12.11.2012 – M 24 S. 12.4981 – juris). Ausweislich der Klage- und Antragsbegründung vom 08.02.2017 hegen die Antragstellerinnen aber den Wunsch, der Erstaufnahmeeinrichtung Dresden zugewiesen zu werden, um ihr Asylverfahren von Dresden aus führen zu können. Dementsprechend wurde in der Hauptsache auch (nur) beantragt, den Antragsgegner – unter Aufhebung der Anlaufbescheinigungen – zu verpflichten, die Antragstellerinnen an die Erstaufnahme Dresden weiterzuleiten (vgl. Ziffer 1 der Anträge vom 08.02.2017). Gestützt wird dieses Begehren auch durch den Vortrag auf Seite 8 der Klage- und Antragsschrift, wonach der Bevollmächtigte der Antragstellerinnen ausführt, dass allein die Anfechtungsklage gegen die Anlaufbescheinigungen vom 01.02.2017 den Antragstellerinnen nicht weiterhelfe, sondern erst durch die Weiterleitung an die bzw. – da die Anlaufbescheinigungen für Bamberg offensichtlich von der Erstaufnahmeaufnahmeeinrichtung Dresden ausgestellt wurden (vgl. Bi. 6 u. 7 der Behördenakte) – durch die Aufnahme in der Erstaufnahmeeinrichtung Dresden, das Klageziel erreicht sei. Dementsprechend kann das klägerische Begehren in der Hauptsache nur mit einer einheitlichen Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage erreicht werden, da durch die Aufhebung der Anlaufbescheinigungen die Antragstellerinnen nicht ohne weiteres einen Anspruch auf Unterbringung in der Erstaufnahmeeinrichtung in Dresden haben. Nach Aufhebung der Anlaufbescheinigungen für Bamberg durch das Gericht wäre es der Antragsgegnerin nämlich unbenommen, die Antragstellerinnen ggf. auch an eine andere Erstaufnahmeeinrichtung weiterzuleiten.
Eine Umdeutung oder anderweitige Auslegung des vom Bevollmächtigten der Antragstellerinnen gestellten Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist weder möglich noch geboten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 88 Rz. 3), zumal zugleich auch Anträge nach § 123 VwGO gestellt wurden (vgl. Ziffern 3 u. 4 der Anträge vom 08.02.2017), über die das Gericht mit gesondertem Beschluss vom heutigen Tage entschieden hat.
Im Übrigen hat der Bevollmächtigte der Antragstellerinnen in der Hauptsache keine Anfechtungsklage erhoben, so dass insoweit schon das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO fraglich ist (vgl. hierzu ausführlich Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rz. 65).
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Anlaufbescheinigungen vom 01.02.2017 ist jedenfalls unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall eines gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung (hier nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 AsylG) ganz oder teilweise anordnen. Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob die Interessen, die für einen gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechen, höher zu bewerten sind, als das Interesse der Antragstellerinnen an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Im Rahmen dieser Interessensabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht als alleiniges Indiz zu berücksichtigen. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden, summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, so wird im Regelfall nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung und der Antrag bleibt voraussichtlich erfolglos. Sind die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen zu beurteilen, findet eine weitergehende, von den Erfolgsaussichten der Hauptsache losgelöste, ergänzende Interessensabwägung des Gerichtes statt.
Vorliegend stellen sich die angegriffenen Anlaufbescheinigungen unter Zugrundelegung der nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung als rechtmäßig dar, so dass das Aussetzungsinteresse der Antragstellerinnen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Weiterleitungsverfügungen zurückzutreten hat.
a) Die streitgegenständlichen Anlaufbescheinigungen vom 01.02.2017 finden ihre Rechtsgrundlage in § 46 Abs. 1 Sätze 2 u. 3, Abs. 2 i.V.m. § 22 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 AsylG.
Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 AsylG ist die Aufnahmeeinrichtung bei der sich der Ausländer gemeldet hat (nur) für die Unterbringung zuständig, wenn diese über einen freien Unterbringungs Platz verfügt und die ihr zugeordnete Außenstelle des Bundesamts Asylanträge aus dem Herkunftsland des Ausländers bearbeitet. Ist die Aufnahmeeinrichtung, bei der sich der Asylsuchende gemeldet hat, nicht nach § 46 Abs. 1 Satz 2 AsylG zuständig, so ist die nach § 46 Abs. 2 Satz 1 AsylG von der zentralen Verteilungsstelle genannte Aufnahmeeinrichtung für die Aufnahme des Asylbewerbers zuständig (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 3 AsylG).
Vorliegend wurden die Antragstellerinnen – nachdem diese bei der Landesdirektion Sachsen, Abt. Asyl und Ausländerrecht, in Dresden Asylanträge stellen wollten – gemäß § 19 Abs. 1 AsylG an die Erstaufnahmeeinrichtung Dresden als nächstgelegene Aufnahmeeinrichtung zwecks Meldung nach § 22 AsylG verwiesen. Auf Veranlassung der Aufnahmeeinrichtung Dresden teilte die zentrale Verteilungsstelle dem Antragsgegner mitgeteilt hat, dass für die Antragstellerinnen Bamberg die zuständige Ausnahmeeinrichtung ist. Daraufhin veranlasste der Antragsgegner mit Anlaufbescheinigungen vom 01.02.2017 die Weiterleitung der Antragstellerinnen nach Bamberg (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 Alt. 2 AsylG). Die Antragstellerin sind verpflichtet, der Weiterleitungsverfügung unverzüglich zu folgen (§ 22 Abs. 3 Satz 1 AsylG). Da die Vorschriften der §§ 45 und 46 AsylG in erster Linie eine gerechte Lastenverteilung zwischen den Bundesländern gewährleisten sollen und organisatorische Belange im Blick haben, hat der Asylbewerber grundsätzlich keinen Anspruch, einem bestimmten Land oder bestimmten Ort zugewiesen zu werden oder von einer Umverteilung verschont zu bleiben (VG Ansbach, B.v. 25.6.2015 – AN 3 S. 15.30853 – juris; VG Saarland, B.v. 23.06.2015 – 3 L 108/15 – juris).
b) Die Weiterleitungsanordnung erweist sich auch im Hinblick auf § 46 Abs. 3 Satz 2 AsylG als rechtmäßig.
Nach § 46 Abs. 3 Satz 2 AsylG sind Ausländer und ihre Familienangehörige i.S.d. § 26 Abs. 1 – 3 AsylG als Gruppe bei der der zentralen Verteilungsstelle zu melden. Befindet sich im Zeitpunkt der Meldung ein in § 46 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 26 Abs. 1 – 3 AsylG genannter Familienangehöriger aber bereits erlaubt im Bundesgebiet, so ist das Gesetz so zu verstehen, dass dies bei der Bestimmung der zuständigen Aufnahmeeinrichtung nicht berücksichtigt wird. Diesem Gesichtspunkt ist allenfalls im Rahmen des nachträglichen Verteilungsverfahrens nach § 50 bzw. 51 AsylG Rechnung zu tragen (vgl. Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 46 Rz. 10 und § 51 Rz. 4).
Im Übrigen handelt es sich bei dem Verlobten der Antragstellerin zu 1 nicht um einen Lebenspartner im Sinne des § 26 Abs. 1 AsylG (vgl. Marx a.a.O., § 26 Rz. 28).
c) Ansonsten hat der Gesetzgeber für Weiterleitungsverfügungen nach § 22 Abs. 1 Satz 2 AsylG kein explizites Prüfprogramm im Hinblick auf die Berücksichtigung der Interessen der Ausländer im Zusammenhang mit der Weiterleitung formuliert. Teilweise wird daher in der Rechtsprechung von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen und § 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG analog herangezogen (vgl. hierzu ausführlich VG Ansbach, B.v. 25.6.2015 – AN 3 S. 15.30853 – juris; VG Bremen, B.v. 13.08.2014 – 4 V 837/14 – juris, jeweils m.w.N. auch zur abweichenden Ansicht).
Nach § 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG ist einer Haushaltsgemeinschaft zwischen Ehegatten oder Eltern und ihren minderjährigen Kindern oder sonstigen zwingenden Gründen, die der Verteilung an einem bestimmten Ort entgegenstehen, Rechnung zu tragen. Selbst bei Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ist die Weiterleitungsverfügung nach Bamberg nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin zu 1 und der in Dresden untergebrachte … sind weder verheiratet noch ist die Antragstellerin zu 2 ein minderjähriges Kind des Verlobten der Antragstellerin zu 1. Sonstige zwingende Gründe im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG sind für das Gericht nicht ersichtlich, zumal nicht annähernd glaubhaft gemacht wurde, dass die Eheschließung unmittelbar bevorsteht und die erforderlichen Dokumente hierfür vorliegen. Für die Vorbereitung einer Hochzeit ist die gemeinsame Unterbringung nicht zwingend erforderlich. Sollte tatsächlich zeitnah eine Eheschließung stattfinden, kann die Wahrung der Familieneinheit unverzüglich im Rahmen einer Umverteilung nach § 51 AsylG hergestellt werden.
Nach alledem ist der Antrag mit der Kostenfolge der §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist gem. § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
3. Aus den gleichen Gründen war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen, da der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage keinen Erfolg hat (§§ 166 VwGO, 114 ff. ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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