Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf Verlängerung der Ausreisefrist zur Aufnahme eines Studiums

Aktenzeichen  M 9 E 16.1748

Datum:
7.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123 Abs. 1 S. 1
AufenthG AufenthG § 16 Abs. 1, § 60a Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Die bloße Behauptung, möglicherweise einen Studienplatz zu erhalten und das Fehlen von Unterlagen bezüglich der Aufnahme eines Studiums, welches in angemessener Frist beendet werden könnte, kann keinen Anspruch aus § 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG begründen, wonach die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen ist, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 1.250,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Verlängerung ihrer Ausreisefrist im Wege einer einstweiligen Anordnung.
Die am … … 1997 geborene Antragstellerin ist ukrainische Staatsangehörige. Sie reiste erstmals am 12. Oktober 2014 in das Bundesgebiet ein und erhielt eine zunächst bis 12. Juli 2015 gültige Aufenthaltserlaubnis gemäß § 16 Abs. 1 AufenthG zum Zweck der Aufnahme eines Deutsch-Intensivsprachkurses zur Studienvorbereitung. Nachdem die Aufenthaltserlaubnis zunächst bis zum 12. Oktober 2015 verlängert worden war, beantragte die Antragstellerin am 21. September 2015 die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zur Studienvorbereitung. Ein entsprechender Antrag wurde am 16. Februar 2016 gegenüber der Antragsgegnerin wiederholt.
Mit Bescheid vom … März 2016 wurden die Anträge der Antragstellerin auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 21. September 2015 und vom 16. Februar 2016 abgelehnt (Nr. 1. des Bescheids). In Nr. 2. des Bescheids wurde die Antragstellerin aufgefordert, das Bundesgebiet zu verlassen. Es wurde hierzu eine Frist bis zum 22. April 2016 gesetzt. Für den Fall der Nichtbeachtung der Ausreisepflicht wurde die Abschiebung in die Ukraine oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht (Nr. 4. des Bescheids). Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Studiums nur verlängert werden könne, wenn der Aufenthaltszweck in einem angemessenen Zeitraum noch zu erreichen sei. Für den studienvorbereitenden Deutschkurs habe die Antragstellerin bereits 17 Monate benötigt, ohne das zum Studienzugang erforderliche Studienkolleg zu beginnen. Sie könne frühestens zum Wintersemester 2016/2017 das Studienkolleg besuchen und die Aufnahmeprüfung im Juli 2016 antreten. Die Aufnahme eines Fachstudiums wäre dann frühestens zum Wintersemester 2017/2018 möglich, weshalb die Studienvorbereitungszeit dann mindestens 36 Monate betragen würde, obwohl hierfür maximal 2 Jahre zur Verfügung stünden.
Zur Niederschrift des Urkundsbeamten beim Bayerischen Verwaltungsgericht München beantragt die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, die bis 30. April 2016 gesetzte Ausreisefrist angemessen zu verlängern und von Abschiebemaßnahmen abzusehen.
Zur Begründung führte die Antragstellerin aus, sie habe sich an der … Hochschule … … … … … GmbH in … um einen Studienplatz beworben. Ende Mai solle sie eine Studienzusage erhalten.
Mit Schriftsatz vom 24. Mai 2016 beantragt die Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen.
Die Antragsgegnerin habe bei der von der Antragstellerin genannten Hochschule nachgefragt. Nach deren Angabe sei am 19. April 2016 ein Schreiben an die Antragstellerin geschickt worden. Über den Inhalt des Schreibens sei jedoch keine Auskunft gegeben worden. Ein Rückruf der Antragsgegnerin bei der Antragstellerin am 22. April 2016 und am 26. April 2016 habe jedoch keine Reaktion der Antragstellerin erbracht. Der Bescheid vom … März 2016 sei bestandskräftig und eine Vorsprache der Antragstellerin zur Verlängerung der Ausreisefrist sei nicht erfolgt.
Zum weiteren Vorbringen der Parteien und zu den übrigen Einzelheiten wird auf die beigezogene Behördenakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete strittige Recht (Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Die Antragstellerin strebt bei sachgerechter Auslegung ihres Antrags gem. §§ 86, 88 VwGO eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Unterlassung von Abschiebemaßnahmen an, macht also inhaltlich einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung geltend.
Einen Anordnungsanspruch, der eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erteilung einer Duldung begründen könnte, ist nicht glaubhaft gemacht worden.
Ein solcher Anspruch könnte aus § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG resultieren, wonach die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen ist, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist hier weder schlüssig vorgetragen noch aus den Umständen ersichtlich. Die Antragstellerin hat lediglich behauptet, sie könne möglicherweise bis Ende Mai 2016 einen Studienplatz erhalten. Sie hat indes trotz Ablaufs der von ihr angekündigten Frist bisher keinerlei Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergeben könnte, dass mit der Aufnahme eines Studiums zu rechnen ist, das in angemessener Frist beendet werden könnte. Familiäre oder gesundheitliche Gründe, die eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Ausreise begründen könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich.
Der Bescheid der Antragsgegnerin vom … März 2016 ist mittlerweile bestandskräftig, da die Antragstellerin hiergegen keine Rechtsbehelfe ergriffen hat.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG.

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