Aktenzeichen 8 ZB 17.31443
Leitsatz
1 Die Darlegung rechtsgrundsätzlicher Bedeutung verlangt, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, warum diese im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich ist. Ferner muss die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dargelegt werden. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Tatsachenfrage, ob die Betätigung für die EPPFG in Äthiopien zu politischer Verfolgung führt, ist dann nicht grundsätzlich bedeutsam, wenn die Kläger keinen dem Darlegungsgebot entsprechenden Klärungsbedarf darlegen, sondern lediglich behaupten, die Situation stelle sich für rückkehrende Mitglieder der EPPFG anders dar als vom Erstgericht angenommen, ohne Gerichtsentscheidungen oder Erkenntnisquellen zu nennen, die diese Aussage stützen könnten. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
AN 3 K 16.32081 2017-07-20 Urt VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist nicht in einer Weise dargetan, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.
Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtlich Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2017 – 11 ZB 17.31711 – juris Rn. 2; BVerwG, B.v. 21.11.2017 – 1 B 148.17 u.a. – juris Rn. 4 zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist. Ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2017 – 11 ZB 17.31711 – juris Rn. 2; BVerwG, B.v. 30.9.2015 – 1 B 42.15 – juris Rn. 3). Darzulegen sind mithin die konkrete Frage sowie ihre Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit und allgemeine Bedeutung (vgl. OVG NRW, B.v. 15.12.2017 – 13 A 2841/17.A – juris Rn. 3 ff.).
Stützt sich das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung auf bestimmte Erkenntnismittel oder gerichtliche Entscheidungen, genügt es den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG in Bezug auf die grundsätzliche Bedeutung einer Tatsachenfrage nicht, wenn lediglich die Behauptung aufgestellt wird, die für die Beurteilung maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse stellten sich anders dar als vom Verwaltungsgericht angenommen. Vielmehr bedarf es in diesen Fällen zumindest eines überprüfbaren Hinweises auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- und Erkenntnisquellen (z.B. Gutachten, Auskünfte, Presseberichte), die zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit aufzeigen, dass die aufgeworfene Tatsachenfrage anders als in der angefochtenen Entscheidung zu beantworten ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2007 – 1 ZB 07.30025 – juris Rn. 3; B.v. 13.6.2016 – 13a ZB 16.30062 – juris Rn. 5; OVG NRW, B.v. 12.12.2016 – 4 A 2939/15.A – juris Rn. 4 f.; SächsOVG, B.v. 30.11.2017 – 1 A 1046/17.A – juris Rn. 5; OVG LSA, B.v. 29.3.2017 – 3 L 249/16 – juris Rn. 14; HessVGH, B.v. 17.1.2017 – 3 A 2970/16.Z.A – juris Rn. 2).
Diesen Anforderungen wird das klägerische Vorbringen nicht gerecht. Die Kläger formulieren schon keine Frage, derentwegen der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Aber auch wenn man ihren Vortrag dahingehend auslegt, dass sie die Tatsachenfrage für grundsätzlich bedeutsam halten, ob eine Betätigung für die EPPFG in Äthiopien zu politischer Verfolgung führt, zeigen sie keinen Klärungsbedarf auf. Denn sie behaupten lediglich, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Aktivitäten des Klägers zu 1) zu keiner Rückkehrergefährdung führen würden, weil es übersehen habe, dass die Organisation EPPFG für den äthiopischen Staat von besonderer Gefährlichkeit sei. Daher seien Mitglieder in dieser Organisation auch in besonderer Weise bei einer Rückkehr gefährdet.
Damit legen die Kläger nicht in der dem Darlegungsgebot des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG entsprechenden Weise dar, warum die bei entsprechender Auslegung des Klägervortrags aufgeworfene Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig sein soll. Das Verwaltungsgericht stützt seine Einschätzung, es bestehe keine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger zu 1) im Falle der Rückkehr Verfolgung durch staatliche Stellen zu befürchten habe, weil sein politisches Engagement nicht über das „Normalmaß“ der in der Bundesrepublik Deutschland in exilpolitischen Organisationen engagierten äthiopischen Asylbewerber hinaus gehe, auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen. Dem stellen die Kläger lediglich die Behauptung gegenüber, die Situation der Rückkehrergefährdung stelle sich für Mitglieder der EPPFG anders dar, als vom Erstgericht angenommen; sie führen keinerlei Gerichtsentscheidungen oder sonstige Tatsachen- und Erkenntnisquellen an, die diese Aussage stützen und die verwaltungsgerichtlichen Feststellungen infrage stellen könnten. Der bloße Hinweis, diese Frage sei auch für andere EPPFG-Mitglieder in deren Asylverfahren von Bedeutung, reicht entsprechend obigen Ausführungen nicht aus, die Zulassung der Berufung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu begründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).