Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf Zulassung zum Studienfach Psychologie

Aktenzeichen  AN 2 E 16.10197

Datum:
29.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayHZV BayHZV § 45, § 49, § 50 Abs. 4, § 53, § 59

 

Leitsatz

1 An der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg sind im Studiengang Psychologie zum Wintersemester 2016/2017 die Kapazitäten im 1. und 3. Fachsemester voll ausgeschöpft. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die §§ 59, 50 Abs. 4 HZV bieten eine zureichende Rechtsgrundlage für die Kapazitätsberechnung. (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Schwundberechnung anhand des sog. Hamburger Modells ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerseite beantragt im Wege einer einstweiligen Anordnung sinngemäß die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Zulassung zum 3., hilfsweise zum 1. Fachsemester des Studiengangs Psychologie Vollzeit (BSc) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) gemäß der Sach- und Rechtslage des Wintersemesters 2016/2017.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass die FAU die Kapazität fehlerhaft berechnet bzw. rechtswidrigerweise nicht voll ausgeschöpft habe. Zu den Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Antragsbegründung Bezug genommen.
Die FAU beantragt unter Vorlage ihrer Kapazitätsberechnungsunterlagen für den Antragsgegner sinngemäß, den Antrag abzulehnen.
Sie verweist mit Schriftsatz vom 11. November 2016 darauf, dass die Kapazität in der Lehreinheit Psychologie voll ausgeschöpft sei, speziell im Studiengang Psychologie Vollzeit (BSc) stelle sich die Auslastung wie folgt dar:
Semester
1
NC
103
Studenten
110
2
0
2
3
101
101
4
0
1
5
98
99
6
0
5
insgesamt:
302
318
Beurlaubungen im 3. Fachsemester gibt es nach der Mitteilung der FAU vom 11. November 2016 nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten, insbesondere auf die Datenerhebungsformularsätze mit den Kapazitätsberechnungen der FAU für das Studienjahr 2016/2017 und die nachfolgenden Erläuterungen auf Nachfragen des Gerichts verwiesen.
II.
Der Antrag gemäß § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig, aber mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs nicht begründet und deshalb abzulehnen.
Das Gericht geht nach eingehender Prüfung im Eilverfahren davon aus, dass an der FAU im Studiengang Psychologie Vollzeit (BSc) im Wintersemester 2016/2017 die Kapazität sowohl im dritten als auch im ersten Fachsemester ausgeschöpft ist.
Für das 3. Fachsemester wurden von der FAU zu Recht 101 Studienplätze festgesetzt, die mit 101 Studierenden auch vollständig ausgeschöpft sind. Für das 1. Fachsemester liegt sogar eine – nicht zu beanstandende – Überbuchung vor, so dass das Eilverfahren auch in seinem Hilfsantrag keinen Erfolg hat.
Der Ermittlung der Aufnahmekapazität sind das Gesetz über die Hochschulzulassung in Bayern (BayHZG) und die Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern (HZV) zu Grunde zu legen. Die Ermittlung der Aufnahmekapazität für höhere Fachsemester kann dabei, wie von der FAU vorgenommen, auf der Basis der Berechnung der Studienanfängerplätze ermittelt werden.
Für die dabei zunächst erforderliche Ermittlung des Lehrangebots (vgl. §§ 45 ff HZV) sind insbesondere die Vorschriften der Lehrverpflichtungsverordnung (LUFV) maßgebend.
1. Das unbereinigte Lehrangebot in der Lehreinheit Psychologie wurde für das Studienjahr 2016/2017 wie folgt zu Recht angesetzt:
Anzahl der Stellen
Art der Stellen
Gesamtzahl der Semesterwochenstunden (SWS)
8,00
W3
72,00
10,50
A13 a. Z.
52,50
6,50
A13 – A16
83,50
1,98
E13 – E15
9,72
= 26,98
= 217,72
abzüglich Verminderungen
1,50
=
216,22
Das Lehrangebot an der FAU ist damit im Vergleich zum Vorjahr zwar um 0,84 Stellen gesunken (a), insgesamt die Lehrverpflichtung aber um 0,34 SWS gestiegen (b).
a) Die geringfügige Stellenverringerung ist nach den hierzu von der Antragsgegnerseite abgegeben Erläuterungen, an denen weder von Antragstellerseite Zweifel angemeldet worden sind, noch seitens des Gerichts Bedenken bestehen, und die insbesondere mit den für das Vorjahr vorgelegten Kapazitätsunterlagen übereinstimmen, nicht zu beanstanden.
Eine 0,5-Stelle stand der Lehreinheit Psychologie ab 1. Oktober 2016 nicht mehr zur Verfügung. Die entsprechende Befristung der Stelle (1.10.2014 bis 30.9.2016) mit der Stellennummer … (Stelle A13 a. Z.) war bereits in den Kapazitätsunterlagen für das Studienjahr 2015/2016 vermerkt und damals wie auch in den jetzigen Kapazitätsunterlagen mit der originären Zuordnung zur philosophischen Fakultät angegeben. Durch diesen Stellenwegfall ergibt sich eine Reduktion um 2,5 SWS (0,5 x 5 SWS).
Ebenso ohne Rechtsbedenken ist eine Verringerung um weitere 0,24 Stellen. Es handelt sich dabei um eine E13-Stelle mit dem Anteil 0,32, die der Lehreinheit Psychologie aus Ausbaulehrauftragsmitteln für den Masterbereich nur bis Ende 2016 zustand und die von der FAU deshalb nur mit 25%, was dem Anteil von 3 Monaten (Oktober bis Dezember 2016) entspricht, angesetzt wurde. Hieraus ergibt sich eine Reduktion um 2,16 SWS (0,24 x 9 SWS).
Eine Reduktion um einen 0,1-Stellenanteil entsteht nach der Erklärung der FAU durch eine Umwandlung einer 1,0- in eine 0,9-Stelle. Die Stellenreduzierung erfolgte zum finanziellen Ausgleich der Umwandlung einer W2- in eine W3-Stelle. Die moderate Stellenreduzierung zur Ermöglichung von Beförderungen des Lehrpersonals ist ebenfalls nicht zu beanstanden und wirkt sich in SWS auch nicht aus.
b) Die dennoch erfolgte Erhöhung der Lehrverpflichtung um 0,34 SWS beruht maßgeblich auf einer Stundenerhöhung um 5 SWS der Stelle mit der Stellennummer … (Erhöhung von 13 auf 18 SWS).
c) Verringert haben sich auch die Lehrauftragsstunden um 2,00 SWS von 7,50 auf 5,50 SWS. Sie sind durch die Aufstockung unter b) jedoch ebenfalls ausgeglichen.
d) Insgesamt ergibt sich damit ein um 1,66 SWS reduziertes unbereinigtes Lehrangebot:
Verringerung aus a) – 2,50 SWS
– 2,16 SWS Erhöhung aus b) + 5,00 SWS Verringerung aus c) – 2,00 SWS insgesamt – 1,66 SWS
Das Lehrangebot liegt bei 216,22 SWS
+ 5,50 SWS aus Lehrauftragsstunden und Titellehre insgesamt bei 221,72 SWS
2. Von diesem unbereinigten Lehrangebot der Lehreinheit Psychologie ist der Dienstleistungsbedarf für die dieser Lehreinheit nicht zugeordneten Studiengänge abzuziehen.
Der Dienstleistungsexport liegt nach den nachvollziehbaren Darlegungen der FAU bei 42,84 SWS und damit kapazitätsgünstig um 1,93 SWS niedriger als im vorausgegangenen Studienjahr. Die Überprüfung durch das Gericht ergibt keine fehlerhafte Berechnung bzw. fehlerhaften Ansätze.
a) Ein Dienstleistungsexport wurde für die vier Lehramtsstudiengänge, Informatik BSc und MSc, Zell- und Molekularbiologie MSc, Mechatronik BSc und MSc, Maschinenbau BSc und MSc, Wirtschaftsingenieurwesen BSc und MSc, International Production Engineering and Management BSc, Kunstvermittlung MSc und Soziologie BSc angesetzt, wobei sich nur für die Informatikstudiengänge – kapazitätsgünstige – Veränderungen ergeben haben, die darauf beruhen, dass in diesen Studiengängen sich die Anzahl der wählbaren Nebenfächer erhöht und damit der Bedarf an Lehrstunden in der Psychologie verringert hat. Konkrete und substantiierte Einwendungen hinsichtlich des Dienstleistungsexports wurden von der Antragstellerseite nicht erhoben. Bedenken bestehen auch seitens des Gerichts nicht. Insbesondere ist der Bedarf an Psychologie-Lehrstunden in den genannten Studienfächern nachvollziehbar und zum Vorjahr nicht nachteilig verändert, so dass eine nähere Aufklärung durch das Gericht nicht veranlasst ist (vgl. insoweit auch VGH München, B.v. 15.6.2016, 7 CE 16.10083).
Das insoweit bereinigte Lehrangebot beträgt damit 221,72 SWS abzüglich 42,84 SWS = 178,88 SWS.
b) Ohne nennenswerte Auswirkung auf den Bachelorstudiengang Psychologie bleibt auch, dass eine zusätzliche Sonderkohorte von 20 Master-Anfängerplätzen im Berechnungszeitraum 2014/2015 nunmehr aus der Berechnung herausfällt. Die bisher für den Master-Studiegang berücksichtigten Stellen mit einer Laufzeit bis 30. September 2018 werden für eine neue Sonder-Kohorte von 20 Master-Anfängerplätzen für das Studienjahr 2016/2017 eingesetzt. Auf das bereinigte Lehrangebot wirkt sich dies nicht negativ aus, da der Abzug mit 9,93 SWS angesetzt ist, das Lehrangebot jedoch zuvor um 10,00 SWS erhöht wurde. Die FAU war nicht gehalten, das zusätzliche Lehrangebot für den Bachelorstudiengang einzusetzen, sondern konnte dieses wie in den vergangenen Jahren wieder dem Masterstudiengang zuordnen.
Das insoweit weiter bereinigte Lehrangebot von 178,88 SWS + 10,00 SWS – 9,93 SWS = 178,95 SWS ist nach alledem nicht zu beanstanden und zum Vorjahr insgesamt um 0,34 SWS gestiegen.
3. Die dennoch erfolgte, aber sehr geringfügige Reduktion der Aufnahmekapazität im Bachelor-Studium Psychologie von 100,14 auf 100,02 Studierende beruht auf leicht veränderten Curricularwerten.
Nach der Formel in Anlage 5 Ziffer II zur HZV rechnet sich die Jahresaufnahmekapazität im Studiengang Psychologie BSc Vollzeit wie folgt:
„Bereinigtes Lehrangebot der Lehreinheit Psychologie x 2, dividiert durch die Summe der gewichteten Curriculareigenanteile aller einer Lehreinheit zugeordneten Studiengänge (Summe hier: 1,9445) und multipliziert mit der Anteilquote des konkreten Studiengangs, hier des Studiengangs Psychologie Vollzeit BSc (Anteilquote hier: 0,5434).“
Ausgangspunkt für die Ermittlung der gewichteten Curriculareigenanteile sind dabei die Curricularwerte (vgl. § 59 HZV mit Anlage 8 zur HVZ) der der Lehreinheit zugeordneten Studiengänge. Diese Curricularwerte (für Psychologie Vollzeit BSc hier: 2,1267) werden dann jeweils auf die am Lehrangebot beteiligten Lehreinheiten aufgeteilt (Bildung von Curricularanteilen, vgl. § 59 i.V.m. § 50 Abs. 4 HZV). Für die Kapazitätsberechnung maßgeblich ist nun der Curriculareigenanteil der Lehreinheit, also der Anteil, der auf die eigene Lehreinheit entfällt unter Herausrechnung der Importe aus anderen Lehreinheiten (Curriculareigenanteil Psychologie Vollzeit BSc hier: 1,9400).
Die Anteilquote ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen den drei Studiengängen Psychologie BSc Vollzeit BSc, Psychologie Teilzeit BSc und Psychologie Vollzeit MSc (vgl. § 49 HZV). Maßgebend für die Berechnung der Kapazität im Studiengang Psychologie Vollzeit BSc ist der Curriculareigenanteil dieses Studiengangs, der noch anhand der Anteilquote gewichtet wird (1,9400 x 0,5434 = 1,0542). Die Summe aller gewichteten Curriculareigenanteile beträgt:
Psychologie BSc (Vollzeit) 1,0542 + Psychologie BSc (Teilzeit) 0,0875 + Psychologie MSc 0,8029 = 1,9445 Es ergibt sich rechnerisch somit eine Kapazität von 100,02 Anfängerstudienplätzen wie folgt:
„Bereinigtes Lehrangebot 178,9547 x 2 = 357,9094
357,9094 : 1,9445 = 184,0624
184,0624 x Anteilquote 0,5434 = gerundet 100,02
Der im Vergleich zum Vorjahr leicht erhöhte Curricularwert von 2,1267 (Vorjahr 2,1148) für den Studiengang Psychologie Vollzeit BSc liegt zwar noch unter der in § 59 Satz 2 der Anlage 8 zur HZV verbindlich festgelegten Bandbreite von 3,35 bis 4,5. Der Wert ist im Vergleich zur Vorgabe aber kapazitätsgünstiger und führt damit jedenfalls zu keiner Rechtsverletzung für die Studierenden. Er ist auch mit Blick auf die Veränderungen zu den vergangenen Jahren, insbesondere der geringfügigen Änderung zum Vorjahr, unproblematisch und wurde von der FAU mit einer Änderung einer Lehreinheiten-Zuordnung erklärt.“
Nicht zu beanstanden ist auch die Aufteilung der Anteilquoten zwischen den Studiengängen Psychologie Vollzeit BSc, Psychologie Teilzeit BSc und Psychologie Master. Die Anteilquoten sind in etwa gleich geblieben, für den Bachelor-Studiengang Vollzeit hat sich die Quote kapazitätsgünstig von 0,5362 auf 0,5434 im Vergleich zum Vorjahr erhöht.
Nach der Rechtsprechung der Kammer (vgl. B. v. 10.2.2016, AN 2 E 15.10262) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (grundlegend B. v. 20.10.2009, 7 CE 09.10565 und fortgeführt u.a. im B. v. 26.7.2011, 7 CE 11.10288 – jeweils juris) bieten die §§ 59, 50 Abs. 4 HZV eine zureichende Rechtsgrundlage für die durchgeführte Kapazitätsbestimmung. Für die Studiengänge, die nicht in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen sind, bedarf es weder strikterer Vorgaben in der HZV, noch gilt ein Satzungsvorbehalt.
4. Nach § 53 HZV ist die Studienanfängerzahl im letzten Schritt zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen der Aufgabe des Studiums oder wegen Fachrichtungswechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge der Studierenden in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge. Die FAU hat die Schwundberechnung anhand des sogenannten Hamburger Modells durchgeführt. Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B. v. 20.4.2015, 7 CE 05.10019; B. v. 11.7.2003, 7 CE 03.10094, B. v. 12.6.2002, 7 CE 02.10090 – jeweils juris) grundsätzlich nicht zu beanstanden. Der hier angesetzte Schwundausgleichsfaktor von 0,9704 für den Studiengang Psychologie Vollzeit BSc ist vor diesem Hintergrund fehlerfrei ermittelt worden. Daraus errechnen sich für das Studienjahr 2016/2017 gerundet 103 Anfängerstudienplätze (100,02 : 0,9704 = 103,0709), die auf Grund des Starts des Studiengangs nur zum Wintersemester sämtlich dem Wintersemester 2016/2017 zuzuweisen sind.
5. Die Studienplätze für die höheren Fachsemester errechnen sich hieraus unter Multiplikation mit der konstanten Übertrittsquote, die den mittleren Schwundfaktor darstellt. Diese wurde von der FAU mit 0,9880 ermittelt, ohne das Rechtsfehler gerügt oder ersichtlich wären. Für das 3. Fachsemester ergibt sich somit eine Kapazität von 103 x 0,9880 x 0,9880 = 100,54, gerundet 101 Studienplätze Die Kapazität im 3. Fachsemester ist mit 101 zugelassenen Studierenden somit ausgeschöpft.
6. Mehr als ausgeschöpft ist mit 110 zugelassenen Studierenden auch die Kapazität des 1. Fachsemesters.
7. Der Antrag ist damit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
8. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. 52 Abs. 1 GKG.

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