Aktenzeichen M 1 S 18.1198
Leitsatz
Das öffentliche Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände im Wege des Sofortvollzugs überwiegt das Interesse des Antragstellers an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, wenn durch ein Urteil bereits die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts festgestellt worden ist. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Untersagung der gewerblichen Nutzung seines Carports sowie der diesen umgebenden Freifläche auf seinem Grundstück FlNr. 629 Gemarkung …
Das Grundstück des Klägers liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Butterfeld II“ der Gemeinde … vom 7. Februar 2002, der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Unter dem 28. Juli 2006 erhielt der Kläger eine Baugenehmigung zur Errichtung des Carports auf seinem Grundstück FlNr. 629, auf dem sich auch sein Wohnhaus befindet.
Mit Bescheid vom 19. Februar 2018 lehnte das Landratsamt den Bauantrag des Klägers auf Genehmigung der Nutzungsänderung in gewerbliche Nutzung ab (Nr. 1), untersagte die gewerbliche Nutzung des Carports auf dem Grundstück Flnr. 629 Gemarkung … als Lagerraum für Malergerüst und Zubehör einschließlich der gewerblich genutzten Freiflächen ab sofort und verfügte ferner, dass die entsprechenden Gerätschaften bis spätestens 29. März 2018 zu entfernen seien (Nr. 2) und ordnete die sofortige Vollziehung der Nutzungsuntersagung an (Nr. 4). Die Nutzung erfolge im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften und könne deshalb nach Art. 76 Satz 2 BayBO untersagt werden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit sei gerechtfertigt, weil ein dringendes öffentliches Interesse daran bestehe, die ungenehmigte und nicht genehmigungsfähige Nutzung ohne jahrelange Verzögerung zur Klärung in einem Klageverfahren zu unterbinden.
Die Klage gegen den Bescheid vom 19. Februar 2018 ging am 12. März 2018 bei Gericht ein (M 1 K 18.1185). Der Antragsteller macht insbesondere geltend, entgegen der Ansicht des Landratsamts handle es sich nicht um einen störenden Gewerbebetrieb, sondern um einen nicht störenden Handwerksbetrieb i.S.d. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, der im allgemeinen Wohngebiet zulässig sei. Die Nutzungsuntersagung sei rechtswidrig. Ferner hat der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO begehrt.
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beantragt der Antragsteller zuletzt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 2 des Bescheid vom 19. Februar 2018 wiederherzustellen.
Der Antragsgegner tritt dem Antrag entgegen und beantragt,
den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.
Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift vom 11. Dezember 2018, wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen auf die Gerichtsakten auch des Hauptsacheverfahrens M 1 K 18.1185, das Urteil vom 11. Dezember 2018 in diesem Verfahren sowie auf die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die Vollziehungsanordnung in Nr. 4 des Bescheids vom 19. Februar 2018 entspricht den Anforderungen von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO.
Im Rahmen einer Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Abwägungsentscheidung darüber, ob das öffentliche Interesse an einem sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder das Interesse des Betroffenen an einem Zuwarten bis zur Entscheidung über die in der Hauptsache erhobene Klage höher zu bewerten ist. Im Rahmen der dabei anzustellenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht als alleiniges Indiz zu berücksichtigen (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 25.3.1993 – 1 ER 301.92 – juris Rn. 3). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, weil er zulässig und begründet ist, so wird im Regelfall nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung, und der Antrag bleibt voraussichtlich erfolglos. Sind die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen zu beurteilen, findet eine eigene gerichtliche Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt. Zentraler Maßstab bleibt dabei unabhängig davon, ob die sofortige Vollziehbarkeit kraft Gesetzes besteht oder behördlich angeordnet wurde, dass der Rechtsschutzanspruch des Antragstellers umso stärker ist und umso weniger zurückstehen darf, je mehr die Maßnahmen Unabänderliches bewirken (vgl. BVerwG, B.v. 14.4.2005 – 4 VR 1005.04 – juris, Rn. 12; Hoppe, in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 93).
Durch das Urteil vom 11. Dezember 2018 in der Sache M 1 K 18.1185, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, ist geklärt, dass die Klage gegen die in Nr. 2 des Bescheids vom 19. Februar 2018 ausgesprochene Nutzungsuntersagung keine Erfolgsaussichten hat, weil diese gemäß Art. 76 Satz 2 BayBO rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechte verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das öffentliche Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände im Wege des Sofortvollzugs überwiegt somit das Interesse des Antragstellers an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko unterworfen, weshalb es der Billigkeit entspricht, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.