Aktenzeichen AN 17 S 19.02615
VwGO § 43 Abs. 1, § 80 Abs. 5, § 123
Leitsatz
1. Die Voraussetzungen für die Androhung eines Zwangsmittels zur Durchsetzung einer Handlungspflicht sind auch dann erfüllt, wenn der Bescheid zu der auferlegten Handlung zwar noch nicht bestandskräftig, der angeordnete Sofortvollzug aber bereits unanfechtbar geworden ist. (Rn. 11 – 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach Art. 36 Abs. 1 S. 1 BayVwZVG ist nach einer erneuten Androhung ein wiederholter Zwangsmitteleinsatz auf Grund der gleichen Verpflichtung nur möglich, wenn die vorausgegangene Androhung erfolglos geblieben ist. Nicht Voraussetzung ist, dass eine vorausgegangene Zwangsmittelandrohung auch bereits tatsächlich vollstreckt worden ist. (Rn. 13 – 14) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine erneute Zwangsgeldandrohung zur Durchsetzung einer mit Bescheid vom 25. Januar 2019 verfügten Verpflichtung zur Vorlage des Brandschutznachweises II für ein umgebautes großes Geschäftshaus im Zentrum der Stadt … Für den streitgegenständlichen Gebäudekomplex „…“ im Anwesen … und … und … und … in … erteilte die Antragsgegnerin am 21. September 2012 eine baurechtliche Tekturgenehmigung zur Nutzungsänderung mehrerer Gebäudeeinheiten. Die Antragstellerin zeigte die Nutzungsaufnahme zum 1. Juli 2013 an, ohne dass der Brandschutznachweis II vorgelegt wurde. Ein Ortstermin vom 1. August 2013 ergab eine Vielzahl von Mängeln im Hinblick auf den Brandschutz, sodass der Prüfsachverständige für Brandschutz Dipl.-Ing. (FH) … der Planungsgesellschaft … die Ausstellung des Brandschutznachweises II verweigerte. Nachdem der Brandschutznachweis II weiter ausstand, verpflichtete die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Bescheid vom 25. Januar 2019, diesen innerhalb von acht Wochen nach Zustellung des Bescheides vorzulegen, ordnete hierfür den Sofortvollzug an und drohte für den Fall der nicht fristgerechten Umsetzung ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000,00 EUR an.
Hiergegen erhob die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten Klage (AN 17 K 19.00375), über die noch nicht entschieden ist und stellte einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, den das Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschluss vom 21. Mai 2019 ablehnte (AN 17 S 19.00466). Der Bayerische Verwaltungsgerichthof wies die hiergegen gerichtete Beschwerde mit Beschluss vom 7. November 2019 ab (9 CS 19.1273). In den Gerichtsbeschlüssen ist ausgeführt, dass die Verantwortung zur Vorlage des Brandschutznachweises II bei der Antragstellerin liege und sie sich Verzögerungen seitens des Prüfsachverständigen gegebenenfalls zurechnen lassen müsse.
Mit Schreiben vom 3. Dezember 2019 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf, das fällig gewordene Zwangsgeld in Höhe von 20.000,00 EUR bis spätestens 3. Januar 2020 zu überweisen und setzte im gleichen Schreiben in Bescheidsform erneut eine Frist zur Erfüllung der Ziffer I des Bescheides vom 25. Januar 2019 bis spätestens acht Wochen nach Zustellung des jetzigen Bescheides (Ziffer I) und drohte für den Fall der nicht fristgerechten Folgeleistung ein Zwangsgeld in Höhe von 30.000,00 EUR an (Ziffer II) an. In der Begründung verwies die Antragsgegnerin auf die abgeschlossenen Gerichtsverfahren. Das erneut angedrohte Zwangsgeld stehe in angemessenem Verhältnis zu seinem Zweck. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes sei dem Zweck, die Durchsetzung des Verwaltungsaktes zu erreichen, angemessen, weil die vorausgehende Zwangsgeldandrohung erfolglos geblieben sei. Ein Zwangsgeld könne solange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt sei. In den Hinweisen zum Schreiben wird ausgeführt, dass die Zwangsgeldandrohung nur insoweit angefochten werden könne, als behauptet werde, dass eine Rechtsverletzung gerade in der Androhung liege und gegen die Mitteilung der Fälligkeit des Zwangsgeldes nicht die Anfechtungsklage, sondern die Feststellungsklage möglich sei. Das Schreiben wurde der Antragstellerin per Postzustellungsurkunde am 11. Dezember 2019 zugestellt.
Mit beim Verwaltungsgericht Ansbach am 30. Dezember 2019 eingegangenem Schriftsatz vom 27. Dezember 2019 erhob die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage mit dem Antrag, den Bescheid vom 3. Dezember 2019 aufzuheben (AN 17 K 19.02616) und beantragte gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,
die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids vom 3. Dezember 2019 anzuordnen.
Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass das Ingenieurbüro für Brandschutz …zwischenzeitlich alle zur abschließenden Prüfung erforderlichen Unterlagen und Prüfbescheinigungen erhalten habe und die Antragstellerin damit alles in ihrer Macht stehende getan habe. Sie sei selbst nicht berechtigt, die Brandschutzbescheinigung II auszustellen, weswegen der Bescheid rechtswidrig sei.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 20. Januar 2020,
den Antrag abzulehnen und wiederholte im Wesentlichen die Begründung des angefochtenen Bescheids einschließlich der dort gegebenen Hinweise.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Behördenakten und die Gerichtsakten AN 17 K 19.00375, AN 17 S 19.00466, AN 17 S 19.02615 und AN 17 K 19.02616 verwiesen.
II.
Gegenstand des gerichtlichen Eilverfahrens ist allein ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die im Bescheid vom 3. Dezember 2019 erneut ergangene Zwangsgeldandrohung in Höhe von 30.000,00 EUR, nicht aber die mit gleichem Schreiben ergangene Zahlungsaufforderung in Höhe von 20.000,00 EUR auf Grund der Fälligkeit des im Bescheid vom 25. Januar 2019 angedrohten Zwangsgeldes. Dies entspricht dem insoweit eindeutigen Antrag im Schriftsatz vom 27. Dezember 2019, nachdem lediglich die Aussetzung der Vollziehung des „Bescheides“ begehrt wird, die Fälligstellung des Zwangsgeldes jedoch im Schreiben der Antragsgegnerin vom 3. Dezember 2019 nicht im Bescheidsteil, sondern im vorausgehenden informellen Textteil abgehandelt wird. Die Fälligstellung eines Zwangsgeldes wäre im Eilrechtswege im Übrigen im Wege eines Antrags nach § 123 VwGO anzugreifen, da insoweit in der Hauptsache eine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO, nicht aber eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft wäre. Im Schriftsatz vom 27. Dezember 2019 wird jedoch lediglich ausdrücklich die Aufhebung des Bescheides vom 3. Dezember 2019 beantragt, aber keine diesbezügliche Feststellung begehrt. Auch aus der Begründung zum Klage- und Eilantrag ergibt sich nicht, dass die Fälligstellung in Höhe von 20.000,00 EUR gerichtlich überprüft werden soll. Eine entsprechende Auslegung bzw. Erweiterung des Begehrens hierauf verbietet sich zum einen wegen des klaren Wortlauts der Anträge, die vom Prozessbevollmächtigten als Rechtskundigen formuliert wurden, zum anderen auch deshalb, weil die Antragsgegnerin in den Hinweisen zum Schreiben vom 3. Dezember 2019 ausdrücklich auf die Statthaftigkeit der Feststellungsklage hinsichtlich der Fälligstellung des Zwangsgeldes hingewiesen hat.
Der so verstandene Eilantrag ist als Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zwar zulässig, aber unbegründet und deshalb abzulehnen. Die gemäß Art. 21a BayVwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbare Zwangsgeldandrohung begegnet bei summarischer Prüfung im Eilverfahren keinen Rechtsbedenken, sodass im Rahmen der gerichtlichen Abwägungsentscheidung zwischen dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin und dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin dem ersteren Vorrang gebührt.
Die Zwangsgeldandrohung erging nach summarischer Überprüfung durch das Gericht sowohl in formeller, als auch in materieller Hinsicht rechtmäßig. Die Zwangsgeldandrohung nach Art. 36 BayVwZVG bedarf als Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung keiner erneuten Anhörung des In-Anspruch-Genommenen, Art. 28 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG. Sie ist schriftlich ergangen und der Antragstellerin zugestellt worden, sodass Art. 36 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 7 Satz 1 BayVwZVG Genüge getan ist.
Die gesetzlichen Voraussetzungen der erneuten Zwangsgeldandrohung nach Art. 19, 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 31 und 36 BayVwZVG liegen vor. Ein Ermessensfehler im Hinblick auf die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist nicht erkennbar.
Voraussetzung für die Androhung eines Zwangsmittels zur Durchsetzung einer Handlungspflicht, die kraft Gesetzes oder durch behördliche Anordnung besteht (vgl. Art. 18 Abs. 1 BayVwZVG), ist nach Art. 19 Abs. 1 BayVwZVG die Bestandskraft oder die sofortige Vollziehbarkeit der auferlegten Handlungspflicht. Zwar ist vorliegend die Verpflichtung zur Vorlage des Bestandschutznachweises II im Bescheid vom 25. Januar 2019 auf Grund der noch anhängigen Klage noch nicht bestandskräftig, jedoch wurde von der Antragsgegnerin insoweit der Sofortvollzug angeordnet (Ziff. II des Bescheids vom 25.1.2019) und sind auch die Gerichtsverfahren gegen die Sofortvollzugsanordnung zwischenzeitlich, mit der Zustellung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. November 2019 unanfechtbar abgeschlossen. Mit dem inhaltlichen Einwand, dass eine Pflichtverletzung seitens der Antragstellerin nicht vorliegt, kann diese im vorliegenden Verfahren nicht mehr gehört werden.
Die Brandschutzbescheinigung II wurde nicht innerhalb der im Bescheid vom 25. Januar 2019 gesetzten Frist eingereicht, der Verpflichtung somit nicht fristgerecht nachgekommen, Art. 19 Abs. 2 BayVwZVG. Sie wurde auch nicht zwischenzeitlich nachgereicht, sodass auch eine Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Art. 37 Abs. 4 BayVwZVG zu keinem Zeitpunkt veranlasst war. Nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 BayVwZVG können Zwangsmittel solange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Allerdings ist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayVwZVG ein wiederholter Zwangsmitteleinsatz auf Grund der gleichen Verpflichtung nur möglich nach einer erneuten Androhung des Zwangsmittels, wenn die vorausgegangene Androhung – wie hier – erfolglos geblieben ist, Art. 36 Abs. 6 Satz 2 BayVwZVG; dieser Vollstreckungsvoraussetzung kommt die angefochtene Entscheidung nach. Nicht Voraussetzung ist, dass eine vorausgegangene Zwangsmittelandrohung auch bereits tatsächlich vollstreckt worden ist.
Das mit Bescheid vom 3. Dezember 2019 erneut angedrohte Zwangsgeld ist auch ausreichend bestimmt im Sinne von Art. 36 Abs. 3 BayVwZVG. Es ist hinsichtlich der Höhe und der Handlungspflicht, deren Durchsetzung es dient, klar und eindeutig. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes hält sich dabei im Rahmen des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG, wobei auch ein Ermessensfehler im Hinblick auf die Festlegung der Höhe nicht erkennbar ist. Zwar ist die Begründung sehr knapp, jedoch verweist die Antragsgegnerin auf das angemessene Verhältnis der Zwangsgeldhöhe zu ihrem Zweck und stellt die Erhöhung auf das 1 ½-fache des zuerst angedrohten Zwangsgelds ein übliches und keinesfalls unangemessenes Vorgehen dar.
Auch die erneute Zwangsgeldandrohung wurde mit einer ausreichend bemessenen Erfüllungsfrist im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayVwZVG verbunden.
Durchgreifende Bedenken bestehen somit nicht und wurden von der Antragstellerin auch nicht substantiiert dargetan. Das Abstreiten der eigenen Verantwortung und der Verweis auf das eigene Sachverständigenbüro sind dabei, wie oben dargelegt, unbehelflich. Hierzu wurde inhaltlich im Übrigen bereits in den Beschlüssen vom 21. Mai 2019 und 7. November 2019 ausführlich Stellung genommen.
Die Kostenentscheidung des erfolglosen Antrags folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wonach für eine isolierte Zwangsgeldandrohung in der Regel die Hälfte des angedrohten Zwangsgeldes anzusetzen ist und eine weitere Halbierung für das gerichtliche Eilverfahren veranlasst ist.