Verwaltungsrecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag mangels grundsätzlicher Bedeutung

Aktenzeichen  7 ZB 17.20000

Datum:
27.9.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 128103
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
HZV § 54
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Die Privatbetten einzelner Chefärzte sind nicht in die Berechnung der tagesbelegten Betten (§ 54 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HZV) einzubeziehen, wenn die Klinikleiter noch über einen Chefarztvertrag nach “Altrecht” verfügen. Anders verhält es sich nach dem “neuen Chefarztrecht”. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei der Berechnung der patientenbezogenen Ausbildungskapazität ist kein Schwundausgleichsfaktor anzurechnen. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 7 K 16.10037 2017-06-26 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt die Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten klinischen Fachsemester an der J-M.-Universität W. (Universität) nach den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen des Wintersemesters 2015/ 2016. Sie macht geltend, die Universität habe ihre Ausbildungskapazität nicht ausgeschöpft.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg hat die Klage mit Urteil vom 26. Juni 2017 abgewiesen, weil im Wintersemester 2015/2016 alle Studienplätze im ersten klinischen Fachsemester vergeben wurden und „freie“ (noch zu besetzende) Studienplätze an der Universität nicht vorhanden gewesen sind.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin geltend, an der Richtigkeit des Urteils bestünden ernstliche Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Außerdem weise die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf und habe grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO), weil die Nichtberücksichtigung der Privatbetten von Klinikleitern, welche noch über einen Chefarztvertrag nach „Altrecht“ verfügen, höchstrichterlich zu klären sei. Ebenso sei der fehlende Ansatz eines Schwundausgleichsfaktors zu überprüfen. Schließlich liege auch ein Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) vor, weil das Verwaltungsgericht rechnerisch nicht dargelegt habe, dass die vorhandene Ausbildungskapazität selbst dann ausgeschöpft sei, wenn dem Einwand der Klägerin zur Berücksichtigung der Privatbetten von Klinikleitern mit einem Chefarztvertrag nach „Altrecht“ zu folgen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten der Klägerin vom 19. September 2017 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. An der Richtigkeit des Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Universität ihre Ausbildungskapazität im klinischen Teil des Studiengangs Humanmedizin (erstes klinisches Fachsemester) erschöpft hat. Der Senat folgt den Gründen des erstinstanzlichen Urteils und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsverfahren ist ergänzend zu bemerken:
Die Berechnung der patientenbezogenen Aufnahmekapazität der Universität im klinischen Teil des Studiengangs Humanmedizin (§ 54 Abs. 1 der Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern [Hochschulzulassungsverordnung – HZV] vom 18.6.2007 [GVBl S. 401; BayRS 2210-8-2-1-1-K]) ist nicht zu beanstanden.
a) Die Universität hat entgegen der Ansicht der Klägerin die Privatbetten einzelner Chefärzte zu Recht deshalb noch nicht in die Berechnung der tagesbelegten Betten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZV) einbezogen, weil die Klinikleiter noch über einen Chefarztvertrag nach „Altrecht“ verfügen und deren Privatpatienten deshalb nicht als Patienten des Universitätsklinikums anzusehen sind. Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 3. April 1985 (Az. 7 CE 85 B.182) ausgeführt, dass die Privatpatienten der seinerzeit im Rahmen einer dienstrechtlichen Nebentätigkeit liquidationsberechtigten Klinikärzte nicht Patienten der Universität, sondern Patienten des jeweiligen Arztes sind und deshalb für die Ausbildung der Studierenden (Unterricht am Krankenbett) von vorneherein nicht zur Verfügung stehen mit der Folge, dass die betreffenden Patientenbetten insoweit nicht als tagesbelegte Betten im Sinne des Kapazitätsrechts anzusehen sind. An dieser Rechtsprechung hat der Senat trotz der hiergegen erhobenen Einwände seitdem unverändert festgehalten und bestätigt, dass die Privatpatienten der liquidationsberechtigten Klinikärzte, welche von jenen aufgrund eines gesonderten Behandlungsvertrages behandelt werden, seit jeher nicht der Ausbildung der Studierenden (Unterricht am Krankenbett) dienen und ihre Einbeziehung in die Berechnung der patientenbezogenen Kapazität vom Verordnungsgeber auch nicht gewollt war (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 10.4.1987 – 7 CE 86.12013). Erst mit dem „neuen Chefarztrecht“, wonach Privatpatienten nicht mehr Patienten des Chefarztes, sondern Patienten des Klinikums sind, werden die betreffenden Privatbetten folgerichtig von der Universität als tagesbelegte Betten des Klinikums angesehen und in die Kapazitätsberechnung einbezogen. Für die „Altfälle“ bleibt es jedoch bis zum Ausscheiden der Chefärzte, welche noch über einen Chefarztvertrag nach „Altrecht“ verfügen, unverändert dabei, dass deren Privatpatienten für den Unterricht am Krankenbett nicht zur Verfügung stehen und deshalb auch nicht in die Kapazitätsberechnung einzubeziehen sind (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 29.6.2017 – 7 CE 17.10076 u.a. – juris Rn. 9). Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es in diesem Zusammenhang auf die Entgelte für Krankenhausleistungen, die Abrechnung von Wahlleistungen oder die gebotene „Pauschalierung“ der Kapazitätsberechnung nicht an. Anlass für eine weitere „höchstrichterliche“ Klärung der bereits durch den Senat entschiedenen Frage zur Einbeziehung von Privatbetten in die Berechnung der patientenbezogenen Aufnahmekapazität besteht nach alledem nicht.
b) Zu Recht geht das Verwaltungsgericht in seiner angefochtenen Entscheidung im Übrigen davon aus, dass der Einwand der Klägerin zur Einbeziehung der genannten Privatbetten einzelner Chefärzte für die gerichtliche Entscheidung unerheblich ist. Der Senat hat bereits in seinen Entscheidungen anlässlich der zur streitgegenständlichen Kapazitätsberechnung durchgeführten gerichtlichen Eilverfahren (Wintersemester 2015/2016 und Sommersemester 2016) detailliert ausgeführt, dass – im Hinblick auf die damalige (vorübergehende) Erhöhung der patientenbezogenen („regulären“) Aufnahmekapazität der Universität infolge der zwischen dem damaligen Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst sowie der Universität und dem Universitätsklinikum im Jahr 2011 geschlossenen „Zielvereinbarung zur vorübergehenden Erhöhung der Studienanfängerzahlen“ – auch eine etwaige Erhöhung der patientenbezogenen („regulären“) Aufnahmekapazität nicht zu höheren als den seinerzeit festgesetzten und ausgeschöpften Zulassungszahlen führen würde (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 11.11.2016 – 7 CE 16.10314 u.a. – juris Rn. 10 ff.).
c) In der Rechtsprechung des Senats ist ferner geklärt, dass bei der Berechnung der patientenbezogenen Ausbildungskapazität ein Schwundausgleichsfaktor (niedriger als 1,0) nicht anzusetzen ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 26.7.2016 – 7 CE 16.10127 u.a. – juris Rn. 9 f. m.w.N.). Die Klägerin hat im Zulassungsverfahren nicht dargelegt, weshalb die hierauf beruhende Entscheidung des Verwaltungsgerichts insoweit ernstlich zweifelhaft sein sollte.
2. Die Rechtssache weist nach alledem weder besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf noch hat sie grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO). Die von der Klägerin angesprochenen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Senats bereits geklärt. Ebenso wenig liegt ein Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) des Verwaltungsgerichts darin, dass es auf die fehlende Entscheidungserheblichkeit der von der Klägerin aufgeworfenen Frage der Einbeziehung von Privatbetten hinweist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG und entspricht der Streitwertentscheidung im erstinstanzlichen Verfahren.
4. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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