Aktenzeichen Au 6 E 17.1557
Leitsatz
1. Nach bestandskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist Eilrechtsschutz gegen die Abschiebung im Wege der einstweiligen Anordnung statthaft. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Verpflichtung zur Ausreise wegen Fehlens eines gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 AufenthG erforderlichen Aufenthaltstitels. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, wenn das Kind der Lebensgefährtin nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen wird. (Rn. 22 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Titelerteilungssperre steht kein Rechtsanspruch auf Aufenthaltserlaubnis entgegen. (Rn. 24 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
5. Keine tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung wegen der Ausstellung eines nigarianischen Rückkehrausweises. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
6. Keine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung wegen Schutzes der Familie. (Rn. 37 – 45) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 1.250 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung des Antragsgegners, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu unterlassen.
Der Antragsteller ist nigerianischer Staatsangehöriger und reiste nach eigenen Angaben erstmals am 30. März 2011 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 7. April 2011 einen Asylantrag. Dabei gab er sich als, geboren am … 1976, aus (vgl. Bl. 6, 14, 30 der Behördenakte). Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab der Antragsteller an, keine Identitätspapiere zu besitzen; den Pass bei der Einreisekontrolle am Flughafen habe ein Begleiter vorgezeigt (Bl. 39, 42 der Behördenakte). Mit Bescheid des Bundesamts vom 19. Juli 2011 wurde sein Asylantrag abgelehnt (Bl. 30 der Behördenakte). Das hiergegen gerichtete Klageverfahren blieb erfolglos. Der Bescheid ist daher seit 6. März 2014 bestandskräftig und die Abschiebungsandrohung nach Nigeria seit 6. April 2014 vollziehbar (Bl. 108 der Behördenakte). Nachdem die ugandische Botschaft nach einer Prüfung zum Ergebnis gekommen war, dass der Antragsteller kein ugandischer Staatsangehöriger sei, bestätigte die nigerianische Botschaft am 24. Februar 2015, dass es sich bei dem Antragsteller um einen nigerianischen Staatsangehörigen handele (Bl. 128 ff., 143 ff. der Behördenakte). Im Rahmen seiner Vorsprache bei der nigerianischen Botschaft gab der Antragsteller an, derzeit eine deutsche Freundin in … zu haben, die er heiraten wolle (Bl. 146, 148, 177 der Behördenakte). Zu mehreren Terminen, bei denen er die behauptete deutsche Freundin mitbringen sollte, erschien der Antragsteller in der Folgezeit nicht (Bl. 365 der Behördenakte). Im Januar 2016 teilte der Antragsteller mit, dass er im November 2016 eine afrikanische Frau heiraten wolle (Bl. 174 der Behördenakte). Zu einer Heirat kam es jedoch soweit ersichtlich nicht.
Seit dem 2. August 2011 wohnte der Antragsteller in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in … (Landkreis …) und bezog fortlaufend Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (insgesamt 17.386,54 Euro, Bl. 319, 340 ff. der Behördenakte). Am 13. März 2017 tauchte er unter (Bl. 196 ff. der Behördenakte). Am 3. Mai 2017 wurde er wieder in der Unterkunft angemeldet (Bl. 219 der Behördenakte), hielt sich jedoch auch danach nur zeitweise in der Unterkunft auf (Bl. 249 der Behördenakte). Am 26. Juli 2017 stellte der Antragsteller über seinen damaligen Bevollmächtigten einen Antrag auf Umverteilung nach … zu seiner schwangeren nigerianischen Lebensgefährtin. Dabei gab der Bevollmächtigte erstmals als Aliasidentität des Antragstellers auch die Personalien „…, geboren am … 1974“ an und reichte jeweils in Kopie einen auf diesen Namen ausgestellten nigerianischen Reisepass, ein 2011 ausgestelltes Schengen-Visum sowie die auf den Namen … ausgestellte Duldung ein (Bl. 250 ff. der Behördenakte). Der Bevollmächtigte teilte der zuständigen Ausländerbehörde auf deren Anfragen mit, dass er den Reisepass im Original der Behörde nicht vorlegen könne (Bl. 316 f. der Behördenakte). Ermittlungen der Polizeiinspektion … ergaben, dass der Antragsteller vermutlich mit dem auf die Personalien „…, geboren am … 1974“ ausgestellten Reisepass zunächst ein Schengen-Visum beantragt und dann mit diesem Pass und dem Visum 2011 in die Bundesrepublik eingereist war. Anschließend beantragte er vermutlich unter dem Aliasnamen „…, geboren am … 1976“ Asyl (Bl. 319 der Behördenakte). Am 8. September 2017 stellte die nigerianische Botschaft einen Rückkehrausweis auf den Namen … aus (Bl. 343 der Behördenakte). Die Duldung des Antragstellers endete am 10. Oktober 2017 (Bl. 327 der Behördenakte).
Seine in … wohnhafte derzeitige nigerianische Lebensgefährtin reiste erstmalig am 25. Januar 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein (Bl. 389 der Behördenakte). Seit 31. August 2017 ist sie als sorgeberechtigter Elternteil eines Deutschen im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 AufenthG. Die Lebensgefährtin des Antragstellers ist schwanger, der Geburtstermin ist für den … 2017 geplant. Am 19. Juli 2017 wurden für das Kind eine notarielle Vaterschaftsanerkennung und gemeinsame Sorgerechtserklärung mit Zustimmung der Kindsmutter abgegeben, zu den persönlichen Angaben des Vaters wurde vermerkt: „Herr, geboren am … 1974, wohnhaft in, … Str. …“.
Die am 12. Oktober 2017 geplante Abschiebung des Antragstellers scheiterte an dessen erheblichen Widerstand und der damit verbundenen Gefährdung anderer Fluggäste (Bl. 352 der Behördenakte). Ein Reisepass konnte beim Antragsteller nicht aufgefunden werden. Der Antragsteller befindet sich seit dem 13. Oktober 2017 in Sicherungshaft (AG, B.v. 13.10.2017-, Bl. 372 ff. der Behördenakte).
Mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2017 ließ der Antragsteller beantragen,
dem Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Abschiebung des Antragstellers für zunächst drei Monate auszusetzen.
Der Antragsteller halte sich regelmäßig bei seiner Lebensgefährtin auf und unterstütze sie schon vor der Geburt des gemeinsamen Kindes im Rahmen seiner Möglichkeiten. Er habe einen Antrag auf Umverteilung nach … gestellt, über den bislang noch nicht entschieden worden sei. Die Lebensgefährtin müsse sich schon ab … 2017 im Krankenhaus einfinden. Das Kind werde nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 StAG mit der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, so dass der Antragseller Vater eines deutschen Kindes werde und Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG ohne Durchführung eines Visumsverfahrens habe. Zumindest müsse die Abschiebung gem. § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ausgesetzt werden. Andernfalls sei es dem Antragsteller unmöglich, sich bei und nach der Geburt des Kindes in der Bundesrepublik aufzuhalten. Ein Visumverfahren sei mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung verbunden, die in Hinblick auf Art. 6 GG nicht zumutbar sei. Beim Antragsteller handele es sich wirklich um Herrn, geboren am … 1974, wie sich aus dem aktuellen und dem abgelaufenen Reisepass, die der Bevollmächtigte des Antragstellers im Original gesehen habe, ergebe. Das Heimreisepapier, auf das sich der Antragsgegner berufe, sei hingegen nicht als Identitätsnachweis anzuerkennen. Da die Identität des Antragstellers damit jedoch unklar sei, könne er nicht abgeschoben werden.
Der Antragsgegner beantragt,
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Aussetzung der Abschiebung wird abgelehnt.
Der Antragsteller, Herr, sei nicht der Vater des Kindes, das seine Lebensgefährtin erwarte. Die Vaterschaftsanerkennung laute auf den Namen …. Dem Antragsgegner liege ein nigerianischer Heimreiseschein für den Antragsteller vor, aus dem sich dessen Identität ergebe. Der vom Antragssteller in Kopie vorgelegte Pass habe mangels Vorlage des Originals nie auf seine Echtheit hin überprüft werden können. Das zu erwartende Kind erhalte auch nicht die deutsche Staatsbürgerschaft, da kein Elternteil sich seit acht Jahren rechtmäßig in der Bundesrepublik aufhalte. Der Antragsteller könne auf das Visumverfahren zur Familienzusammenführung verwiesen werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet, weil der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nach § 123 VwGO nicht glaubhaft gemacht hat.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 VwGO ist zulässig, weil nach bestandskräftigem Abschluss des Asylverfahrens kein Verwaltungsakt mehr vorliegt, dessen aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO angeordnet werden könnte, § 123 Abs. 5 VwGO. Insbesondere die Abschiebungsandrohung nach Nigeria in Ziffer 4 des ablehnenden Bescheids des Bundesamts vom 19. Juli 2011 ist vollziehbar. Somit ist allein das Verfahren nach § 123 VwGO auf vorläufige Duldung (vorübergehende Aussetzung der Abschiebung) statthaft. Die Zulässigkeit des Antrags entfällt auch nicht deswegen, weil der Antragsteller soweit ersichtlich weder eine Aufenthaltserlaubnis noch eine weitere Duldung bei der zuständigen Behörde beantragt hat. Zwar liegt ein Rechtsschutzinteresse für den Erlass einer einstweiligen Anordnung regelmäßig nur dann vor, wenn der Antragsteller sein Anliegen der zuständigen Behörde vorgetragen hat. Ein Vorantrag ist jedoch dann entbehrlich, wenn die Sache sehr eilig und die Wahrscheinlichkeit, dass der Antrag bei der Behörde von dieser rechtzeitig positiv erledigt wird, gering ist (Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 123 Rn. 22). So liegt der Fall hier. Der Antragsteller befindet sich derzeit in Abschiebehaft, so dass eine Abschiebung voraussichtlich alsbald bevorsteht. Es ist auf Grund der Beantragung der Abschiebehaft durch die zuständige Behörde ferner nicht davon auszugehen, dass die Behörde dem Antragsteller nochmals eine Duldung erteilen wird. Der Antrag ist auch schon vor Klageerhebung zulässig, § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 Abs. 1 VwGO ist jedoch mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, wenn dies nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete strittige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, einen Anspruch zu besitzen, nicht abgeschoben zu werden. Es liegt derzeit kein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vor, noch sind sonstige Gründe ersichtlich, aus denen die Abschiebung des Antragstellers nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG tatsächlich oder rechtlich unmöglich ist.
a) Gemäß § 58 Abs. 1 AufenthG ist ein Ausländer abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar, eine gewährte Ausreisefrist abgelaufen und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist.
Der Antragsteller ist gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG zur Ausreise verpflichtet, weil er einen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG für den Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt. Die Ausreisepflicht ist gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG auch vollziehbar. Zwar hat der Antragsteller ausweislich des von seinem Bevollmächtigten in Kopie vorgelegten Schengen-Visums einen Aufenthaltstitel für das Jahr 2011 unter seinem derzeit geführten Namen beantragt, jedoch war dieses Visum nur vom 28. Februar 2011 bis 29. März 2011 gültig. Eine Verlängerung hat der Antragsteller soweit ersichtlich nie beantragt; er zog es vielmehr vor, unter Angabe anderer Personalien einen Asylantrag zu stellen. Im Übrigen würde ein etwaiger Verlängerungsantrag nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG nicht zu einem erlaubten Aufenthalt führen. Wenn der Antragsteller hingegen ohne das in Kopie vorgelegte Visum in die Bundesrepublik eingereist wäre, fehlt es schon an der erstmaligen Beantragung eines Aufenthaltstitels (§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG). Selbst bei einer etwaigen Beantragung würde der Aufenthalt des Antragstellers indes nicht nach § 81 Abs. 3 AufenthG als erlaubt gelten. Denn die Fiktionswirkung ist im vorliegenden Fall ausgeschlossen, da der Antragsteller sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 AufenthG sind erfüllt. Die mit Bescheid vom 19. Juli 2011 gewährte Ausreisefrist ist abgelaufen und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert, weil der Antragsteller nicht zur freiwilligen Ausreise bereit ist. Vielmehr hat er Falschangaben zu seiner Identität gemacht und zudem mit nicht verifizierten Behauptungen über eine bevorstehende Heirat mit einer deutschen Staatsangehörigen und mit wiederholtem Untertauchen ab März 2017 gezeigt, dass er nicht zur freiwilligen Ausreise gewillt ist. Der geplanten Abschiebung im Oktober 2017 hat er sich dementsprechend durch erheblichen Widerstand entzogen.
b) Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis glaubhaft gemacht, der durch eine Duldung im Wege einer einstweiligen Anordnung zu sichern wäre.
aa) Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG ist bereits deshalb ausgeschlossen, weil das Kind der Lebensgefährtin nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen wird. Die Lebensgefährtin des Antragstellers und der Antragsteller selbst sind keine deutschen Staatsangehörigen, sodass ein Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) nicht möglich ist. Ebenso wenig kommt ein Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 3 StAG in Betracht. Danach erwirbt ein Kind ausländischer Eltern durch die Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (BGBl. 2001 II S. 810) besitzt. Beide Elternteile halten sich nicht seit acht Jahren in der Bundesrepublik auf. Die Kindsmutter ist erst 2014 eingereist. Der Antragsteller lebt erst seit 2011 und damit ebenfalls keine acht Jahre im Bundesgebiet, zudem ist sein Aufenthalt nicht rechtmäßig. Das Kind wird daher durch Geburt nicht die deutsche Staatsangehörigkeit, sondern aufgrund der nigerianischen Staatsangehörigkeit der Mutter (und des Vaters) nach Art. 25 Abs. 1 c) der nigerianischen Verfassung wohl die nigerianische Staatsangehörigkeit erwerben.
bb) Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 29 AufenthG. Mit seiner Lebensgefährtin ist der Antragsteller nicht verheiratet, sodass mit ihr keine i.S.d. Art. 6 GG schutzwürdige Ehe vorliegt. In Hinblick auf das noch nicht geborene Kind – die Vaterschaft des Antragstellers trotz der bei der Vaterschaftsanerkennung falschen Angaben, namentlich der falschen Adressangabe, und trotz der nicht abschließend geklärten Identität des Antragstellers, unterstellt – besteht derzeit ein Anspruch schon deshalb nicht, da der Nasciturus keinen Aufenthaltstitel nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG besitzt, ein solcher Aufenthaltstitel ist erst ab der Geburt des Kindes überhaupt möglich (§ 1 BGB). Ferner wurde auch nicht glaubhaft gemacht, dass ausreichender Wohnraum zur Verfügung steht, § 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG.
cc) Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis steht weiterhin die Titelerteilungssperre des § 10 Abs. 3 S. 1 AufenthG entgegen. Denn der Asylantrag des Antragstellers wurde mit dem am 6. März 2016 bestandskräftigen und damit unanfechtbaren Bescheid des Bundesamts vom 19. Juli 2011 als unbegründet abgelehnt. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen (Abschnitt 6 des AufenthG) scheidet damit grundsätzlich aus.
Diese Titelerteilungssperre findet gemäß § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG nur im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung. Diese Ausnahmeregelung kommt dem Antragsteller jedoch nicht zugute. Ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Sinne von § 10 Abs. 3 Satz 3 Alt. 1 AufenthG setzt einen strikten Rechtsanspruch voraus, der sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben muss. Ein solcher Rechtsanspruch liegt nur dann vor, wenn alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind und die Behörde kein Ermessen mehr auszuüben hat (BVerwG, U.v. 10.12.2014 – 1 C 15.14 – juris; BVerwG, U.v. 17.12.2015 – 1 C 31.14 – juris). Ein Anspruch aufgrund einer Ermessensvorschrift genügt auch dann nicht, wenn das Ermessen im Einzelfall auf Null reduziert ist (BVerwG, B.v. 16.2.2012, 1 B 22.11 – juris). Ebenfalls reicht es nicht aus, wenn aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles ausnahmsweise von der Einhaltung einer Regelerteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 oder Abs. 2 AufenthG abzusehen wäre (BVerwG, B.v. 10.12.2014, a.a.O., Rn. 20; BVerwG, U.v. 17.12.2015 – 1 C 31.14 – juris).
Ein strikter Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 27, 29 AufenthG steht dem Antragsteller nicht zu, denn neben den besonderen Voraussetzung des § 29 AufenthG (s.o.) sind auch die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 AufenthG nicht erfüllt:
(1) Der Lebensunterhalt des Antragsteller ist nicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gesichert. Der Antragsteller lebt vielmehr seit 2011 durchgehend von Leistungen nach dem AsylblG, insgesamt erhielt er 17.386,54 Euro zuzüglich der Sachleistungen (beispielsweise kostenlosen Unterkunft).
(2) Des Weiteren liegt ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG vor. Der Antragsteller hat nach vorläufiger Einschätzung unter Zugrundelegung des Akteninhalts die Strafvorschrift des § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Der Antragsteller hat über seinen ehemaligen und jetzigen Bevollmächtigen Kopien des Schengen-Visums vorgelegt, mit dem er nach derzeitigem Sachstand höchstwahrscheinlich Anfang 2011 eingereist ist. Im Visum ist vermerkt: „Besuchs-/ Geschäftsvisum“. Acht Tage nach der Einreise stellte der Antragsteller einen Asylantrag. Nach Nr. 95.2.2.1.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 95 AufenthG macht derjenige unrichtige Angaben, der ein Visum (auch Ausnahme-Visum) für einen Touristen- oder Besuchsaufenthalt im Bundesgebiet beantragt, in Wirklichkeit jedoch einen Daueraufenthalt oder eine Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet anstrebt. So lag der Fall hier. Der Antragsteller hat unmittelbar nach Einreise mit Hilfe des Schengen-Visums Asyl beantragt und damit einen Daueraufenthalt angestrebt. Durch die Vorlage des Schengen-Visums bei der Einreise hat er dieses auch gebraucht (Nr. 95.2.2.1.6 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften).
(3) Weiterhin erfüllt der Antragsteller derzeit auch nicht die Passpflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG. Er hat der Ausländerbehörde bisher keinen Reisepass vorgelegt, sondern lediglich Kopien. Im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten gem. § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist der Antragsteller gehalten, einen Pass der Ausländerbehörde zur Prüfung der Echtheit vorzulegen. Es genügt nicht, wenn lediglich der Bevollmächtigte des Antragstellers den Pass im Original gesehen hat. Der Antragsteller ist dieser Vorlagepflicht bisher nicht nachgekommen, vielmehr hat der bisherige Bevollmächtigte des Antragstellers eine Herausgabe abgelehnt. Der Pass konnte auch nicht beim Antragsteller bei seiner Festnahme sichergestellt werden. Daher ist derzeit noch offen, ob der Antragsteller – wie von ihm behauptet – tatsächlich derzeit im Besitz eines Passes ist. Seine Angaben hierzu im Asylverfahren und im Rahmen des Umverteilungsantrags sowie hier im Antragsverfahren sind widersprüchlich; die Voraussetzungen für einen Anordnungsanspruch hat aber er glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
(4) Ferner ist der Antragsteller auch nicht mit dem erforderlichen Visum gem. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG eingereist. Der Antragsteller ist mit einem für einen Monat ausgestellten Schengen-Visum für Besuchs- und Geschäftszwecke eingereist, beabsichtigte aber, wie er in seiner Anhörung vor dem Bundesamt selbst angab, einen dauerhaften Aufenthalt in der Bundesrepublik durch Asylgewährung wegen einer behaupteten Verfolgung durch die Familie seiner angeblich bei einem Abtreibungsversuch gestorbenen Freundin. Damit ist der Antragsteller nicht mit dem erforderlichen Visum für einen Daueraufenthalt eingereist. Wie der Wortlaut „erforderliches Visum“ zeigt, genügt für eine erlaubte Einreise gem. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht irgendein Visum (Samel in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 5 AufenthG Rn. 82).
(5) Ein Absehen von der Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG steht gem. § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG im Ermessen der Ausländerbehörde; von den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG kann mangels Anwendbarkeit der § 5 Abs. 3, § 29 Abs. 2 AufenthG nicht abgesehen werden. Damit liegt kein gebundener Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vor, weswegen die Titelerteilungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG einer Aufenthaltserlaubnis entgegensteht.
c) Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Duldung gem. § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG glaubhaft gemacht, da seine Abschiebung nicht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist.
aa) Ein Anspruch auf Duldung gem. § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG folgt nicht daraus, dass die Abschiebung mangels geklärter Identität des Antragstellers aus tatsächlichen Gründen unmöglich wäre.
Nach Nr. 2.1.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 60a AufenthG ist eine Unmöglichkeit der Abschiebung aus tatsächlichen Gründen von Verzögerungen zu unterscheiden, die sich aus verwaltungsorganisatorischen Gründen bei Vorbereitung der Abschiebung ergeben. Eine Duldung aus tatsächlichen Gründen kommt z. B. in Betracht im Falle fortdauernder Passlosigkeit, wenn nach den Erfahrungen der Ausländerbehörde eine Abschiebung ohne Pass oder deutschen Passersatz nicht möglich ist oder ein Abschiebungsversuch gescheitert ist.
Danach ist die Abschiebung des Antragstellers nicht tatsächlich unmöglich. Zwar hat der Antragsteller bisher keinen Pass vorgelegt. Jedoch ist im vorliegenden Fall die Abschiebung auch ohne Pass möglich. Die nigerianische Botschaft bestätigte schon im Jahr 2015, dass es sich beim Antragsteller um einen nigerianischen Staatsangehörigen handelt und stellte im Jahr 2017 einen Rückkehrausweis auf den bisher vom Antragsteller geführten Namen aus. Der Herkunftsstaat des Antragstellers ist folglich zu dessen Aufnahme bereit und hat auch die sonstigen erforderlichen Papiere (Rückkehrausweis) beigebracht. Dass derzeit noch ungeklärt ist, ob der Antragsteller … oder … heißt, steht einer Abschiebung nicht entgegen. Unstreitig ist der Antragsteller nach seinen eigenen Angaben, nach den Angaben der nigerianischen und ugandischen Behörden, nach den in Kopien vorgelegten Reisepässen und auch nach dem Vorbringen des Antraggegners nigerianischer Staatsangehöriger. Er wird damit als Nigerianer – unabhängig von seinem Namen – unstreitig in seinen Herkunftsstaat (Nigeria) abgeschoben. Sein Asylantrag wurde zudem abgelehnt. Damit steht fest, dass dem Antragsteller in Nigeria keine Verfolgung oder sonstigen asylrelevanten Gefahren drohen. Des Weiteren wäre eine Abschiebung nach Nigeria selbst dann möglich, wenn der Antragsteller kein Nigerianer wäre, denn er darf nach Nigeria einreisen; Nigeria ist daher ein aufnahmebereiter Staat, in dem ihm keine Verfolgung droht. Damit ist die Abschiebung tatsächlich möglich. Seine Identität ist für eine Abschiebung hinreichend geklärt. Dass die fehlende definitive Identitätsklärung zumindest bei geklärter Staatsangehörigkeit für sich allein keinen Duldungsgrund darstellt, zeigen die Beispiele in den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften. So ist die Passlosigkeit nur dann ein Abschiebungshindernis, wenn deswegen eine Abschiebung unmöglich ist (namentlich wegen Weigerung des Zielstaates, Personen mit ungeklärter Identität aufzunehmen). Im Umkehrschluss steht die fehlende Identitätsklärung einer Abschiebung dann nicht entgegen, wenn der Zielstaat – beispielsweise weil er selbst die Staatsangehörigkeit des Betroffenen überprüft hat – aufnahmebereit ist. So ist es hier. Ein Duldungsanspruch wegen tatsächlicher Unmöglichkeit der Abschiebung ergibt sich daher aus dem Gebrauch zweier Identitäten im vorliegenden Fall nicht.
bb) Die Abschiebung ist auch nicht rechtlich unmöglich. Von einer rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung ist insbesondere auszugehen, wenn Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK der Entfernung des Ausländers aus der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen (BayVGH, B.v. 22.7.2008 – 19 CE 08.781 – juris Rn. 24).
Art. 6 GG gewährt jedoch keinen grundrechtlichen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren, die bestehenden familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Der Betroffene braucht es nicht hinzunehmen, unter unverhältnismäßiger Vernachlässigung dieser Gesichtspunkte daran gehindert zu werden, bei seinem im Bundesgebiet lebenden Ehepartner ständigen Aufenthalt zu nehmen. Eingriffe in seine diesbezügliche Freiheit sind nur dann und insoweit zulässig, als sie unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich sind (BVerfG, B.v. 17.5.2011 – 2 BvR 2625/10 – juris Rn. 13 m.w.N.). Mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG ist es grundsätzlich vereinbar, den Ausländer auf die Einholung eines erforderlichen Visums zu verweisen. Das Visumverfahren bietet Gelegenheit, die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen zu überprüfen. Das Aufenthaltsgesetz trägt dabei dem Gebot der Verhältnismäßigkeit Rechnung, indem es im Einzelfall erlaubt, von dem grundsätzlichen Erfordernis einer Einreise mit dem erforderlichen Visum (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG i.V.m. § 39 Nr. 5 AufenthV) abzusehen. Der mit der Durchführung des Visumverfahrens üblicherweise einhergehende Zeitablauf ist von demjenigen, der die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland begehrt, regelmäßig hinzunehmen (BVerfG, B.v. 17.5.2011 a.a.O. Rn. 14 m.w.N.). Erfüllt die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft, weil ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist, und kann dieser Beistand nur in Deutschland erbracht werden, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen Deutschlands nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Belange zurück (BVerfG, B.v. 17.5.2011 a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Andernfalls sind dem im Bundesgebiet lebenden Familienmitglied grundsätzlich Anstrengungen zumutbar, die familiäre Lebensgemeinschaft durch Besuche oder nötigenfalls zur Gänze im Ausland herzustellen (BayVGH, B.v. 21.2.2013 – 10 CS 12.2679 – juris Rn. 33). Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass die vorherige Durchführung eines Visumverfahrens wichtigen öffentlichen Interessen dient. In Fällen wie dem vorliegenden soll die vorherige Durchführung des Visumverfahrens gewährleisten, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug vor der Einreise geprüft werden können, um die Zuwanderung von Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, von vornherein zu verhindern (BayVGH, B.v. 21.2.2013 a.a.O. Rn. 35). Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller im Jahr 2011 nach Einschätzung der derzeitigen Aktenlage unter Vorspiegelung falscher Tatsachen (Gebrauch eines Schengen-Visums, obwohl langfristiger Aufenthalt beabsichtigt war) in das Bundesgebiet eingereist ist und in den folgenden sechs Jahren eine andere Identität genutzt hat als diejenige, mit der er einreiste. Eine Überprüfung der Einreisevoraussetzungen ist in einem derartigen Fall grundsätzlich geboten.
Nach diesen Maßstäben ist es für den Antragsteller nach derzeitiger Aktenlage nicht unzumutbar, das Visumverfahren nachzuholen. Denn Art. 6 GG gewährleistet keinen grenzenlosen Schutz der familiären Lebensgemeinschaft. Vielmehr ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob es dem Ausländer zumutbar ist, seine familiären Bindungen durch Ausreise kurzfristig zu unterbrechen. Dabei ist eine Interessenabwägung durchzuführen. Je intensiver der Schutzbereich der familiären Lebensgemeinschaft betroffen ist, desto stärker müssen die berechtigen öffentlichen Belange für eine Ausreise sein.
(1) Dementsprechend sieht Nr. 2.1.1.2.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 60a AufenthG vor, dass i.d.R. ein Duldungsanspruch gegeben ist, wenn ansonsten ein minderjähriges Kind von beiden personensorgeberechtigten Eltern getrennt wird. Diese Gefahr besteht im vorliegenden Fall nicht, da die Kindsmutter eine Niederlassungserlaubnis und damit ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik hat. Eine Trennung von der Kindsmutter ist daher nicht zu erwarten, so dass zumindest ein personensorgeberechtigter Elternteil für das Kind sorgen kann.
Ferner kann sich im Einzelfall ein Duldungsanspruch (und damit ein Absehen vom Visumverfahren) etwa auch aus einer unmittelbar bevorstehenden Ehe mit einem Deutschen oder aufenthaltsberechtigten ausländischen Staatsangehörigen ergeben oder aus dem Umstand, dass eine Ausländerin ein Kind erwartet, das qua Geburt deutscher Staatsangehöriger ist. Auch diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Weder hat der Antragsteller vorgetragen, dass eine Ehe mit seiner Lebensgefährtin konkret geplant ist, noch wird das Kind qua Geburt deutscher Staatsangehöriger sein (s.o.). Alle Beteiligten – auch das zu erwartende Kind – sind vielmehr nigerianische Staatsangehörige.
(2) Der vorliegende Fall unterscheidet sich – trotz der Vorwirkungen der Vaterschaft und der Pflicht des Staates, sich schützend und fördernd vor den Nasciturus zu stellen – von anderen Fällen auch dadurch, dass zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (noch) keine familiäre Lebensgemeinschaft nach Art. 6 GG besteht. Mit seiner nigerianischen Lebensgefährtin ist der Antragsteller weder verheiratet noch verlobt, so dass er keine – insbesondere auch keine deutsche – Ehefrau oder Verlobte hat, die ein gemeinsames Kind erwartet (anders bei BayVGH, B.v. 19.4.2017 – 10 C 16.2189 – juris Rn. 6; OVG Berlin-Bbg, B.v. 30.3.2009 – OVG 12 S. 28.09 – juris Rn. 6; B.v. 3.9.2012 – OVG 11 S. 40.12 – juris 24).
(3) Ferner lebt der Antragsteller mit seiner Lebensgefährtin auch nicht bereits in Verhältnissen, welche eine gemeinsame Übernahme der elterlichen Verantwortung hinreichend sicher erwarten lassen. Dabei kommt es entscheidend nicht allein auf die – hier gegebene – Vorlage einer notariellen Vaterschaftsanerkennung und Sorgerechtserklärung an bzw. auf die mitgeteilte Absicht, das Sorgerecht gemeinsam auszuüben. Erforderlich ist regelmäßig auch, dass bereits ein länger andauerndes Zusammenleben vorliegt (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 16.12.2014 – OVG 11 S. 52.14 –Rn. 8; B.v. 3.9.2012 – OVG 11 S. 40.12 – juris 24). Im vorliegenden Fall liegt kein dauerhaftes Zusammenleben der Eltern in häuslicher Gemeinschaft vor. Der Antragsteller lebt seit 2011 und auch zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt in Bayern, wo er zur Wohnsitznahme in einer Gemeinschaftsunterkunft verpflichtet ist. Seine Lebensgefährtin wohnt hingegen in …. Über seinen Umverteilungsantrag wurde bisher noch nicht entschieden, so dass offen ist, ob in Zukunft ein gemeinsames Zusammenleben überhaupt möglich sein wird. Selbst wenn – was völlig offen ist – der Antragsteller in den Tagen und teilweise Wochen, in denen er untergetaucht war, sich möglicherweise bei seiner Lebensgefährtin in … aufgehalten hat, so ist dies mangels Dauerhaftigkeit des Aufenthalts nicht als häusliche Gemeinschaft, sondern lediglich als kurzfristiger Besuchsaufenthalt zu werten. Die werdenden Eltern haben damit zu keinem Zeitpunkt bisher in Verhältnissen gelebt, die schon die gemeinsame Übernahme der elterlichen Verantwortung erwarten lassen. Hinzu kommt, dass die Beziehung des Antragstellers zu seiner Lebensgefährtin bisher nicht von besonders langer Dauer ist. Der Antragsteller hat noch 2015 vorgetragen, eine deutsche Lebensgefährtin in Berlin zu haben, die Kindsmutter hat soweit ersichtlich ein deutsches Kind mit einem anderen Mann. Die Beziehung hält damit noch nicht derart lange an, dass aus diesem Grund eine Übernahme elterlicher Verantwortung zu erwarten wäre.
(4) Der Antragsteller hat auch nicht substantiiert vorgetragen, dass die Mutter und das ungeborene Kind – beispielsweise bei einer Risikoschwangerschaft – auf die Hilfe des Vaters angewiesen wären (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 16.12.2014 – OVG 11 S. 52.14 –Rn. 8; B.v. 3.9.2012 – OVG 11 S. 40.12 – juris 24) und nur er diese Hilfe auch leisten könnte.
Er hat lediglich vorgetragen, dass er sich regelmäßig bei seiner Lebensgefährtin aufhalte und sie schon jetzt im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstütze. Ferner müsse sich die Lebensgefährtin schon am … 2011 in der Geburtsklinik einfinden. Aus diesen Ausführungen ergibt sich kein besonderer Hilfebedarf der Kindsmutter. Insbesondere eine Risikoschwangerschaft wurde nicht mit aussagekräftigen Attesten glaubhaft gemacht. Dass sich die Kindsmutter, wie sich auch aus dem Mutterpass ergibt, einen Monat vor dem Entbindungstermin zur „Vorstellung zur Geburt“ im Krankenhaus einfinden muss, ist nicht ungewöhnlich. Regelmäßig wird der bei einer Geburt anfallende Verwaltungsaufwand (beispielsweise die Aufnahme der Patientendaten, die Erfüllung und Dokumentation der Informationspflichten zu Behandlungsrisiken und nötige Voruntersuchungen) schon vor dem Entbindungstermin vom Krankenhaus erledigt, um bei der Geburt selbst die Kindsmutter und das Personal damit nicht zusätzlich zu belasten. Dass die Kindsmutter von diesem Zeitpunkt an im Krankenhaus verbleiben muss, beispielsweise wegen einer Risikoschwangerschaft, wurde weder vorgetragen, noch ist dies aus dem Mutterpass oder aus sonstigen Umständen ersichtlich. Von einer besonderen Hilfsbedürftigkeit der Kindsmutter kann daher nicht ausgegangen werden, geschweige denn von einer spezifischen Hilfefähigkeit des Antragstellers.
(5) Eine Durchführung des Visumverfahrens ist zudem auch deshalb zumutbar, weil es der Antragsteller selbst in der Hand gehabt hätte, das Visumverfahren rechtszeitig vor der ihm seit Monaten bekannten Niederkunft nachzuholen. Er hat sich weder nach Ablauf seines ersten Visums im Jahr 2011, noch während der Schwangerschaft seiner Lebensgefährtin, insbesondere nicht im Zuge seiner Vaterschaftsanerkennung und seines Umverteilungsantrags im Juli 2017, bemüht, das Visumverfahren nachzuholen. Ein Verfahren auf Erteilung eines Visums ist daher nicht aus von ihm nicht zu vertretenen Gründen erfolglos geblieben (anders bei BayVGH, B.v. 19.4.2017 – 10 C 16.2189 – juris Rn. 6). Vielmehr hat er sogar Widerstand gegen seine Abschiebung nach Nigeria geleistet und sich damit die Möglichkeit genommen, einen Visumantrag bei einer deutschen Vertretung in Nigeria zu stellen. Wenn ein Antragsteller sich jedoch nicht um die Nachholung des Visumverfahrens trotz zeitlicher Möglichkeit hierfür bemüht, ist er nicht schutzwürdig. Für das öffentliche Interesse an der Ausreise des Antragstellers zur Nachholung des Visumverfahrens spricht nämlich, dass der Einhaltung des Visumverfahrens als Steuerungsinstrument der Zuwanderung erhebliches Gewicht zukommt. Im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung besteht das Interesse, dass dieses gesetzlich vorgesehenen Verfahren eingehalten und die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindert wird. Hier ist der Antragsteller mit einem Schengen-Visum in die Bundesrepublik eingereist. Anschließend erfolgte ein Wechsel des Aufenthaltszwecks hin zu einem unbegründeten Asylbegehren. Nun wechselt der Antragsteller den Aufenthaltszweck ein weiteres Mal hin zum Familiennachzug. Das eigentlich für einen Familiennachzug gesetzlich vorgesehene Visumverfahren hat der Antragsteller dadurch unterlaufen. Es ist ein beachtlicher öffentlicher Belang, dem Eindruck entgegenzuwirken, man könne durch eine Einreise stets vollendete Tatsachen schaffen (BayVGH, B.v. 22.8.2007 – 24 CS 07.1495 – juris Rn. 19). Zudem besteht ein im Regelfall erhöhter Ermittlungs- und Bewertungsaufwand, der grundsätzlich durch das Visumverfahren zu klären ist. Somit ist der Verweis des Antragsgegners auf die Nachholung des Visumverfahrens vorliegend kein bloßer Formalismus.
(6) Im Ergebnis überwiegt hier das öffentliche Interesse an der Nachholung des Visumverfahrens. Die Schwangerschaft der Lebensgefährtin begründet hier noch keine Unzumutbarkeit der Nachholung des Visumverfahrens.
3. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tra-gen.
4. Die Höhe des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 8.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.