Aktenzeichen M 16 S 16.33129
GG GG Art. 16a Abs. 3
AsylG AsylG § 3, § 3c, § 3e, § 4, § 29a
Leitsatz
1 Reist ein Asylbewerber, der im Senegal vom Militär desertiert ist, nach seiner Flucht mehrfach unbehelligt in den Senegal ein und erhält er in Spanien ohne Probleme neue Ausweispapiere, liegen keine Anhaltspunkte für eine ihm im Senegal drohende Verfolgung vor. (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Einem ehemaligen senegalesischen Soldaten droht von den im Landesteil Casamance agierenden Rebellen keine Verfolgungsgefahr. Weder handelt es sich bei den Rebellen um nichtstaatliche Akteure, von denen iSv § 3c AsylG Verfolgung ausgehen kann, noch erweist sich der senegalesische Staat als nicht schutzfähig bzw. -willig; darüber hinaus besteht in anderen Landesteilen die Möglichkeit internen Schutzes iSv § 3e AsylG. (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Eine im Senegal drohende Strafverfolgung wegen Desertion erfüllt die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes iSv § 4 Abs. 1 AsylG nicht. (red. LS Clemens Kurzidem)
4 Anhaltspunkte dafür, dass einem Asylbewerber im Senegal infolge einer Inhaftierung ein ernsthafter Schaden iSd § 4 AsylG drohen könnte, liegen nach den aktuellen Erkenntnismitteln nicht vor, zumal die Regierung eine Justizreform anstrebt, die u.a. die Untersuchungshaft neu regeln und die Haftbedingungen deutlich verbessern soll (vgl. VG München BeckRS 2016, 50623). (red. LS Clemens Kurzidem)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist senegalesischer Staatsangehöriger. Nach eigenen Angaben reiste er im September 2014 die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 30. September 2014 stellte er einen Asylantrag.
In dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 30. September 2014 gab der Antragsteller unter anderem an, dass er im Dezember 1991 sein Herkunftsland verlassen habe. Er sei mit dem Bus bis nach Mauretanien (ein Jahr Aufenthalt) und dann wieder in den Senegal (zwei Jahre Aufenthalt) und dann mit dem Bus wieder nach Mauretanien (ein Monat Aufenthalt) und dann mit dem PKW nach Marokko (zwei Jahre Aufenthalt) und anschließend mit dem PKW in den Senegal (ein Jahr Aufenthalt) und dann mit dem Bus nach Mauretanien (ca. eineinhalb Jahre Aufenthalt) und dann mit dem PKW nach Marokko (drei Jahre Aufenthalt) gereist. An die Zeit von 2002 bis Ende 2005 könne er sich nicht mehr erinnern. 2006 sei er mit dem Boot in Spanien angekommen (etwa acht Jahre Aufenthalt) dann sei er mit dem Bus und Zug nach Deutschland gereist. Auf der Reise von Spanien nach Deutschland sei er durch Frankreich, Italien und Österreich gereist. Er sei während dieser Zeit immer wieder in den Senegal zurückgekehrt. Weiterhin gab der Antragsteller an, dass er mehrere Kinder habe. Er gab die Namen von sieben Kindern an. Diese seien in den Jahren 1991,1994, 1996, 1998, 2002, 2004 und 2002 (!) geboren
Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 5. Januar 2016 gab der Antragsteller an, dass er im Jahr 1991 sein Heimatland verlassen habe und im Jahr 1994 noch einmal für einen Monat im Senegal gewesen sei. Als er in Spanien gewesen sei, habe er sich einen senegalesischen Reisepass anfertigen lassen. Der senegalesische Staat habe Mitarbeiter nach Spanien entsandt, die sich um Personen aus dem Senegal kümmern sollten, die keine Papiere mehr hätten. Auf Nachfrage gab der Antragsteller an, dass er noch Kontakt zu seiner Familie habe und sein jüngstes Kind zehn Jahre alt sei. Auf den Vorhalt, dass er nach seinen jüngsten Angaben seit 24 Jahren nicht mehr im Senegal gewesen sei, erwiderte der Antragsteller, dass er sich regelmäßig mit seiner Frau in Marokko getroffen hätte. Der Antragsteller sei aus dem Senegal ausgereist, weil er wegen seiner Desertion eine Verhandlung vor dem Militärgericht befürchten musste. Er sei drei Jahre als Soldat bei der Armee gewesen. Er sei zu einem Kampfeinsatz nach Casamance geschickt worden. Das sei im Jahr 1989 gewesen. Ende 1989 hätte er einen Unfall gehabt, wobei seine Behinderung entstanden sei. Viele seiner Kameraden seien gefallen. Das sei für ihn im Jahr 1991 der Grund gewesen, aufzugeben. Er habe nicht bei der Armee bleiben können, weil sein Vater dort gestorben sei und er verletzt worden sei. Die Armee habe gewollt, dass er weiter Soldat bleibe. Der Antragsteller und seine Mutter seien sich einig gewesen, dass der Antragsteller die Armee verlassen solle. Wäre es zu einer Militärverhandlung gekommen, hätte dem Antragsteller eine Gefängnisstrafe gedroht. Im Jahr 1994 sei er nochmals 25 Tage im Senegal gewesen, dort sei er eines Morgens aufgewacht und die Militärpolizei hätte ihn holen wollen. Er sei zur Fahndung ausgeschrieben gewesen. Seine Mutter habe ihn an diesem Tag gewarnt. Er sei dann geflüchtet, habe sich zwei Tage bei einem Freund versteckt und sei dann nach Mauretanien zurückgegangen. Neben einer Verurteilung als Deserteur und einer anschließenden Haftstrafe fürchte er die Rache der Rebellen. Auf die Frage, ob der Antragsteller nicht als Deserteur identifiziert worden sei, als er sich in Spanien einen Reisepass von Angehörigen der senegalesischen Regierung habe ausstellen lassen, weil er zur Fahndung ausgeschrieben sei, antwortete der Antragsteller, dass man das nicht gesehen habe. Auf Nachfrage, ob es Verjährungsfristen hinsichtlich des Straftatbestands der Desertion im Senegal gebe, gab der Antragsteller an, dass er davon nichts wisse. Es könne sein, dass der Staat die Strafe verringere.
Mit Bescheid vom 13. September 2016, versandt mit Zustellungsurkunde am 15. September 2016, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie den Antrag auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab (Nr. 1 und Nr. 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3) und verneinte das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz – AufenthG (Nr. 4). Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Senegal oder in einen anderen aufnahmebereiten oder zur Rückübernahme verpflichteten Staat angedroht (Nr. 5). Außerdem wurde ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Nr. 6) sowie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 7).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen offensichtlich nicht vor und auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines subsidiären Schutzstatus seien nicht gegeben. Der Antragsteller stamme aus einem sicheren Herkunftsstaat und habe auch keine schutzerhebliche Verfolgungsmaßnahme geschildert. Ihm drohe bei Rückkehr in sein Heimatland kein ernsthafter Schaden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werde die amtierende Regierung die Desertion nicht mehr verfolgen, sofern nicht ohnehin Verjährungsfristen entgegenstünden. Zudem sei der Antragsteller nach eigenen Angaben zwischenzeitlich immer wieder unbeschadet in den Senegal eingereist.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 21. September 2016 Klage (M 16 K 16 33128) erhoben und gleichzeitig beantragt:
die aufschiebende Wirkung der gleichzeitig erhobenen Klage gegen Ziffer 5 des Bescheids vom 13.9.2016 anzuordnen.
Der Antragsteller sei Berufssoldat gewesen und zum Zeitpunkt seiner Desertion noch für weitere zehn Jahre verpflichtet gewesen. Es sei nach seiner Flucht zur Fahndung ausgeschrieben worden und befürchte, dass immer noch nach ihm gefahndet werde. Die Frau des Antragstellers habe vor zwei Jahren einen Anruf von der Polizei erhalten. Dieser habe sich nach dem Aufenthalt des Antragstellers erkundigt und den Antragsteller dazu aufgefordert, vor Gericht zu erscheinen. Wegen dieses Anrufs habe der Antragsteller Angst, nach einer Rückkehr inhaftiert zu werden. Er befürchte eine unverhältnismäßig hohe Bestrafung und Folter. Folter werde durch die senegalesischen Behörden angewandt, die Haftbedingungen seien problematisch. Es treffe nicht zu und widerspreche den Ausführungen des Antragstellers, dass er zwischenzeitlich immer wieder in den Senegal zurückgekehrt sei und dass ihm nichts passiert sei. In seiner Anhörung beim Bundesamt hätte der Antragsteller angegeben, dass er nur einmal im Jahr 1994 in den Senegal zurückgekehrt sei. Nach 25 Tagen Aufenthalt im Senegal sei er von seiner Mutter vor einer Inhaftierung gewarnt worden. Daraufhin habe er den Senegal unverzüglich verlassen. Dem Antragsteller würden nach einer Rückkehr in den Senegal Folter, unmenschliche und erniedrigende Bestrafung drohen.
Das Bundesamt legte die Behördenakten vor; ein Antrag wurde nicht gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Klageverfahrens M 16 K 16.31128 sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der fristgerecht erhobene (§ 36 Abs. 3 Satz 1 Asylgesetz – AsylG) Antrag ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.
Gemäß § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris).
Dabei ist im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG gebotenen effektiven Rechtsschutz auch zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG offensichtlich nicht besteht – wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht – und ob diese Ablehnung weiterhin Bestand haben kann (vgl. BVerfG, B. v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – juris Rn. 40).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze bestehen vorliegend keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts und am Offensichtlichkeitsurteil der Behörde. Nach § 29a AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sog. sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn die von dem Ausländer angegeben Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Der Antragsteller stammt aus dem Senegal, einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (vgl. Anlage II zu § 29a AsylG). Der Vortrag des Antragstellers widerlegt die Regelvermutung des § 29a Abs. 1 AsylG, Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG nicht. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor. Auf die Gründe des streitgegenständlichen Bescheids wird Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend wird ausgeführt:
Das Vorbringen des Antragstellers, dass er im Fall der Rückkehr in den Senegal wegen seiner Desertion verhaftet werde, erscheint wenig glaubhaft.
In dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 30. September 2014 gab der Antragsteller an, mehrfach, auch als er bereits in Europa gewesen sei, in den Senegal zurückgekehrt zu sein. Auch habe er sich teilweise mehrere Jahre im Senegal aufgehalten. Der Antragsteller gab im Einzelnen an, dass im Dezember 1991 sein Herkunftsland verlassen habe. Er sei mit dem Bus bis nach Mauretanien (ein Jahr Aufenthalt) und dann wieder in den Senegal (zwei Jahre Aufenthalt) und dann mit dem Bus wieder nach Mauretanien (ein Monat Aufenthalt) und dann mit dem PKW nach Marokko (zwei Jahre Aufenthalt) und anschließend mit dem PKW in den Senegal (ein Jahr Aufenthalt) und dann mit dem Bus nach Mauretanien (ca. eineinhalb Jahre Aufenthalt) und dann mit dem PKW nach Marokko (drei Jahre Aufenthalt). An die Zeit von 2002 bis Ende 2005 könne er sich nicht mehr erinnern. 2006 sei er mit dem Boot in Spanien angekommen (etwa acht Jahre Aufenthalt) dann sei er mit dem Bus und Zug nach Deutschland gereist. Auf der Reise von Spanien nach Deutschland sei er durch Frankreich, Italien und Österreich gereist. Er sei während dieser Zeit immer wieder in den Senegal zurückgekehrt.
Für mehrere Aufenthalte des Antragstellers im Senegal nach dem Jahr 1991 spricht zudem, dass neben seinem erstgeborenen Kind weitere Kinder des Antragsteller nach dessen erstmaliger Ausreise im Jahr 1991 in den Jahren 1994, 1996, 1998, 2002, 2004 und 2002 (!) geboren wurden. Vermutlich wurde das jüngste Kind des Antragstellers entgegen der Äußerung am 30. September 2014 im Jahr 2006 geboren, da der Antragsteller in seiner Anhörung am 5. Januar 2016 angab, sein jüngstes Kind sei 10 Jahre alt. Es erscheint wenig glaubhaft, dass die Frau des Antragstellers regelmäßig ins Ausland reiste und bei diesen Besuchen dann jeweils immer weitere Kinder gezeugt wurden. Vielmehr war der Antragsteller wohl immer wieder für längere Zeit im Senegal bei seiner Frau. Dies deckt sich auch mit den Angaben des Antragstellers vom 30. September 2014.
Die hiervon abweichenden Angaben gegenüber dem Bundesamt am 5. Januar 2016 erscheinen vor diesem Hintergrund reine Schutzbehauptungen zu sein. Es ist kein Grund ersichtlich, wieso der der Antragsteller am 30. September 2014 wider besseres Wissen angegeben haben soll, in den Senegal zurückgekehrt zu sein, zumal wenn ihm dort eine Inhaftierung und Folter drohe. Vielmehr nimmt das Gericht an, dass die Angaben in der Anhörung vom 5. Januar 2016 nicht richtig sind.
Mithin ist der Antragsteller in den letzten Jahrzehnten nach eigener Angabe mehrfach unbeschadet ohne Festnahme oder sonstige nachteilige Behandlung wegen seiner Desertion in den Senegal ein- und ausgereist.
Die Schilderungen des Antragstellers, dass im Senegal wegen seiner Desertion nach ihm gefahndet werde, erscheinen vor diesem Hintergrund ebenfalls wenig überzeugend. Der Antragsteller konnte zunächst mehrfach in den Senegal ein- und ausreisen ohne festgenommen zu werden. Weiterhin erhielt er dann nach eigenen Angaben in Spanien problemlos neue Papiere von der senegalesischen Botschaft, ohne dort verhaftet oder verhört worden zu sein. Sollte der Antragsteller tatsächlich so dringend gesucht werden, wie er angibt, erscheint es wenig glaubhaft, dass er ohne Probleme bei der senegalesischen Botschaft neue Papiere beantragen kann. Auch die Steigerungen im Vortrag des Klägers zu seinen Gunsten machen sein vermeintliches Schicksal nicht glaubhafter. Am 30. September 2014 gab der Antragsteller an, mehrfach in den Senegal ein- und ausgereist zu sein. Am. 5. Januar 2016 will der Antragsteller nun nur noch einmal im Jahr 1994 im Senegal gewesen sein und dann dort einer drohenden Verhaftung nur knapp entkommen sein. Zur Begründung seines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung trägt der Antragsteller jetzt vor, dass er sich für mehrere Jahre bei der Armee verpflichtet habe und dass vor zwei Jahren die Polizei bei seiner Frau angerufen habe, damit er sich stelle. Sollte der Antragsteller tatsächlich so dringend gesucht werden, würde wohl kaum die Polizei seine Frau vorwarnen, vielmehr würde man abwarten, bis der Antragsteller in den Senegal einreist. Darüber hinaus ist es verwunderlich, dass der Antragsteller diesen angeblichen Anruf bei seiner Frau gegenüber dem Bundesamt nicht äußerte, da die übrigen Ausführungen des Antragstellers recht ausführlich und detailliert waren.
Aber auch wenn man den Vortrag des Antragstellers vom 5. Januar 2016 hinsichtlich seiner Aufenthalte im Senegal, der Bedrohung durch Rebellen und einer drohenden Verhaftung als wahr unterstellt wird, verhilft dies dem Begehren des Antragstellers nicht zum Erfolg.
Die Angaben des Antragstellers – in seiner Heimat sei sein Leben durch Rebellen aus Casamance bedroht, weil diese sich an ihm als ehemaligen Soldaten rächen wollten – als wahr unterstellt, kann dieser Vortrag unter keinem sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkt als politische Verfolgung im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG bzw. des § 3 AsylG gewertet werden und damit offensichtlich nicht die Anerkennung als Asylberechtigter rechtfertigen oder zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen. Denn die im Landesteil Casamance agierenden Rebellen sind keine Akteure, von denen (politische) Verfolgung ausgehen kann (vgl. § 3c AsylG). Weder beherrschen sie einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets (§ 3c Nr. 2 AsylG), noch ist der senegalesische Staat nicht in der Lage oder nicht willens, Schutz vor Verfolgung im Sinne des § 3d AsylG zu bieten, d. h. der Antragsteller könnte von dort grundsätzlich Hilfe erlangen. Zudem kann der Antragsteller innerhalb Senegals internen Schutz gemäß § 3e AsylG erlangen (sog. inländische Fluchtalternative). Teile der Zivilbevölkerung sind wegen der immer wieder aufflammenden, lokal begrenzten bewaffneten Auseinandersetzungen in der Casamance unbehindert u. a. in den nördlichen, vom Konflikt nicht betroffenen Teil Senegals geflohen. Fluchtbewegungen wurden nicht behindert, und die Casamance-Flüchtlinge wurden staatlicherseits nicht behelligt (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylVfG vom 14.10.2016, II.3. „Ausweichmöglichkeiten“ ).
Auch soweit der Antragsteller eine ihm drohende Strafverfolgung wegen Desertion geltend macht, sind auch diesbezüglich die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG nicht erfüllt. Zunächst ist es auch in der Bundesrepublik Deutschland strafbar, zu desertieren. Nach § 16 Wehrstrafgesetz (WStG) wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft, wer eigenmächtig seine Truppe oder Dienststelle verlässt oder ihr fernbleibt, um sich der Verpflichtung zum Wehrdienst dauernd oder für die Zeit eines bewaffneten Einsatzes zu entziehen, oder die Beendigung des Wehrdienstverhältnisses zu erreichen. Die bloße mögliche strafrechtliche Verurteilung des Antragstellers wegen Desertion begründet damit keinen subsidiären Schutz. Es liegen ferner keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Antragsteller die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe oder Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung wegen seiner Desertion drohen würde (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1und 2 AsylG). Die Todesstrafe wurde abgeschafft (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 14. Oktober 2016; III.3. „Todesstrafe“) Die Verhängung grausamer oder erniedrigender Strafen erfolgt nicht. Körperstrafen nach der Scharia sind ausgeschlossen, da islamisches Recht nur im Familien- und Erbrecht, nicht aber im Strafrecht Anwendung findet (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 14. Oktober 2016; III.4. „Sonstige menschenrechtswidrige Handlungen“).
Wäre der Antragsteller tatsächlich zur Fahndung ausgeschrieben, hätte er mithin ein Strafverfahren nach hinreichend rechtsstaatlichen Grundsätzen zu erwarten. Das senegalesische Rechtssystem basiert im Wesentlichen auf dem französischen Recht. Gerichtsverhandlungen sind öffentlich. Im Strafverfahren gilt die Unschuldsvermutung. Die Verhängung grausamer oder erniedrigender Strafen erfolgt nicht. Die Haftbedingungen mögen zwar u. a. aufgrund von überfüllten Zellen, fehlender gesundheitlicher Versorgung und Hygiene sowie Mangel an Nahrungsmitteln problematisch sein und bei weitem nicht den Standard deutscher Hafteinrichtungen erfüllen. Es liegen jedoch nach den aktuellen Erkenntnismitteln keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Antragsteller hierdurch ein ernsthafter Schaden i. S. d. § 4 AsylG drohen könnte, zumal die Regierung eine Justizreform anstrebt, die u. a. die Untersuchungshaft neu regeln und die Haftbedingungen deutlich verbessern soll (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylVfG vom 21.11.2015, Stand: August 2015; siehe auch die jüngste Entscheidung zu drohenden Haftstrafen im Senegal des VG München, B. v. 17.8.2016 – M 16 S 16.31378 – juris Rn. 14).
Dementsprechend gab der Antragsteller gegenüber dem Bundesamt am 5. Januar 2016 auch lediglich an, dass er Angst habe, wegen seiner Desertion inhaftiert zu werden. Er machte hingegen keinerlei Angaben, dass er eine unverhältnismäßig hohe Strafe zu erwarten habe oder gar gefoltert werde. Lediglich in der Begründung seines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gibt der Antragsteller nunmehr an, dass ihm Folter drohe, die Haftbedingungen problematisch seien und ihm eine unmenschliche, erniedrigende Strafe drohe. Nach den vorgenannten Erkenntnismitteln des Gerichts ist entgegen des Vortrags des Antragstellers jedoch nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller bei einer möglichen Verurteilung und Inhaftierung wegen seiner Desertion eine Behandlung erfahren wird, die auch nur subsidiären Schutz begründen kann.
Damit ist die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).