Verwaltungsrecht

Erfolgloses Eilverfahren gegen Abschiebungsandrohung

Aktenzeichen  AN 3 S 16.30527

Datum:
24.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG §§ 30 III Nr. 1, 36 IV, 75
VwGO VwGO § 80 V

 

Leitsatz

Stützt sich die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, mit der ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, ausschließlich auf den in der Anhörung protokollierten objektiv nachvollziehbaren und inhaltlich einer Wertung zugänglichen Inhalt der Einlassungen und Schilderungen des Antragstellers, kann dieser sich nicht mit Erfolg darauf berufen, es habe eine Personenverschiedenheit zwischen „Anhörer“ und „Entscheider“ gegeben. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
4. Der Gegenstandswert beträgt 2.500,00 EUR.

Gründe

Auf die Begründung des Bescheides wird Bezug genommen.
Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten, der am 12. Mai 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließ die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid vom 2. Mai 2016 erheben (AN 3 K 16.30528) und gleichzeitig beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 5 ausgesprochene Abschiebungsandrohung anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat bislang keinen Antrag gestellt.
II.
Der Antrag, die gemäß § 75 AsylG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen, ist zulässig (§ 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG), bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes, Art. 16 a GG, § 36 Abs. 4 AsylG.
Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens ist gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG die unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) ausgesprochene Abschiebungsandrohung. Die mit dieser Verwaltungsentscheidung intendierte umgehende Beendigung des Aufenthalts des Asylbewerbers im Bundesgebiet stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet und ist deren Folge. Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes daher auch die Einschätzung des Bundesamtes, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht besteht, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.). Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an dem Offensichtlichkeitsurteil oder an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung im Übrigen bestehen (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Abschiebungsandrohung – insbesondere das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes – einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG a.a.O). Von einem Standhalten ist demnach auszugehen, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung sich die Abweisung geradezu aufdrängt (BverfG, B. v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – InfAuslR 1993, 196).
Gemessen an diesen Erwägungen bestehen an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel, auch nicht im Hinblick auf das ausgesprochene Offensichtlichkeitsurteil. Insoweit nimmt das Gericht vollumfänglich auf die Begründung des Bescheides mit den Hinweisen auf die zu den aufgeworfenen Fragen ergangene Rechtsprechung Bezug, § 77 Abs. 2 AsylG.
Ergänzend wird ausgeführt:
Die Antragstellerin erklärte in ihrer persönlichen Anhörung am 15. April 2014 selbst, sie sei einfaches Mitglied bei EPCOU und EPPF, sie nehme an den Veranstaltungen teil und höre dort zu, es „gefalle“ ihr, dass diese Organisationen gegen die Regierung kämpften. Dieses Vorbringen ist nicht im Ansatz geeignet, asylrelevante Nachfluchtaktivitäten begründen zu können. Vielmehr macht sie damit eine innere Distanz deutlich, die offensichtlich gegen eine von ernsthaftem Willen getragene politische Betätigung spricht.
Die Antragstellerin muss sich vorhalten lassen, zunächst über ihr Alter getäuscht zu haben, der Schleuser habe ihr das so empfohlen. Diese Täuschung spricht offensichtlich gegen ein behauptetes Verfolgungsschicksal im Herkunftsland, gleiches gilt für die unglaubhaften Angaben zum Reiseweg.
Die Antragstellerin kann sich in diesem Verfahren nicht mit Erfolg darauf berufen, es habe eine Personenverschiedenheit zwischen „Anhörer“ und „Entscheider“ gegeben, da sich die Offensichtlichkeitsentscheidung nicht auf subjektive Eindrücke (Körpersprache, Stimmlage, Blickkontakt zur Bewertung der Glaubhaftigkeit) stützt, sondern auf den in der Anhörung protokollierten Inhalt der Einlassungen und Schilderungen der Antragstellerin, die objektiv nachvollziehbar und inhaltlich einer Wertung zugänglich sind (VG München, B. v. 31.3.2003 – M 21 S 03.60104 -, juris Rn. 21).
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b AsylG abzulehnen.
Die Höhe des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war – ungeachtet der fehlenden hinreichenden Erfolgsaussichten des Antrages auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes – abzulehnen, da die Antragstellerin bislang nicht die nach § 166 VwGO i. V. m. 117 Abs. 2 ZPO erforderlichen Belege zur Darlegung ihrer finanziellen Verhältnisse bei Gericht eingereicht hat.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.
I.
Die Antragstellerin ist ohne Identitätsnachweis und nach eigenen Angaben äthiopische Staatsangehörige mit oromischer Volkszugehörigkeit.
Sie beantragte am 25. März 2013 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
Mit Bescheid vom 2. Mai 2016, der als Einschreiben am 9. Mai 2016 zur Post gegeben wurde, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1), lehnte den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 2), lehnte den Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes ab (Ziffer 3), stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen (Ziffer 4), forderte die Antragstellerin auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen und drohte ihr die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen zur Rücknahme bereiten oder verpflichteten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).

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