Aktenzeichen M 13 K 17.40807
AufenthG § 11 Abs. 1, § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
Tenor
I. Es wird festgestellt, dass die Regelungen in Ziffer 1 und 3 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. Mai 2017 unwirksam geworden sind.
II. Die Regelungen in Ziffer 2 und 4 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. Mai 2017 werden aufgehoben.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
IV. Das Urteil ist bezüglich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Das Gericht konnte im schriftlichen Verfahren entscheiden, da die Parteien einverstanden sind (§ 101 Absatz 2 VwGO).
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Feststellungsantrag ist zulässig. Er ist als Feststellungsantrag statthaft gemäß § 43 Abs. 1 VwGO. Ferner ist die Feststellungsklage nicht wegen des Vorrangs einer Anfechtungsklage unzulässig, § 43 Abs. 2 VwGO. Denn die mit einer Anfechtungsklage erreichbare Aufhebung der Regelungen, auf die sich der Feststellungsantrag bezieht, scheidet aus, nachdem diese – wie nachfolgend ausgeführt wird – bereits kraft Gesetzes unwirksam geworden sind.
Die Antrags-/Klagepartei hat schließlich auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung (so auch VG Düsseldorf, Urteil vom 8.6.17, Az: 22 K 2442/17.A).
Die Beklagte hat auf die Aufforderung, dem Gericht mitzuteilen, ob der streitgegenständliche Bescheid aufgehoben wird, nicht reagiert. Bei dieser Sachlage muss die Antrags-/Klagepartei davon ausgehen, dass die Beklagte an dem Bescheid in vollem Umfang festhält.
Die Klage ist mit dem Feststellungsantrag auch begründet. Die Regelungen in Ziffern 1 und 3 des Bescheides des Bundesamtes vom 15. Mai 2017 sind zu dem gemäß § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung unwirksam.
Dies folgt aus § 37 Abs. 1 S. 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift werden die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG und die Abschiebungsandrohung unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Mit Beschluss vom 23. August 2017 hat das erkennende Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet, da die auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gestützte Ablehnung des Asylantrages durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.
Die Klage ist auch mit dem Anfechtungsantrag zulässig und begründet.
Die Klage ist insoweit zulässig.
Der Antrag ist als Anfechtungsantrag gemäß § 42 Abs. 1, 1. Var. VwGO statthaft. Denn die Aufhebung der angefochtenen Regelungen führt zu dem erstrebten Rechtsschutzziel.
Das Bundesamt ist im Falle einer Aufhebung der Regelungen verpflichtet, unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 3 AsylG (erneut) zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen sowie unter den Voraussetzungen des § 75 Nr. 12 AufenthG (erneut) das mit einer Abschiebung verbundene Einreise- und Aufenthaltsverbot zu befristen. Eine Verpflichtungsklage scheidet insoweit derzeit aus, da es an den Voraussetzungen, unter denen die entsprechenden Sachentscheidungen zu treffen sind, aus den nachfolgend dargelegten Gründen gegenwärtig fehlt.
Die Klage ist begründet.
Die Regelungen in Ziffer 2 und 4 des Bescheides des Bundesamtes vom 15. Mai 2017 sind zu dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) rechtswidrig und verletzen die Antrags-/Klagepartei in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die in Ziffer 2 des Bescheides getroffene Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, findet keine Rechtsgrundlage in § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist in den Fällen des § 31 Abs. 2 AsylG und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen. Ein solcher Fall ist hier nicht (mehr) gegeben. Die allein in Betracht kommende Variante eines unzulässigen Asylantrages liegt nicht (mehr) vor, nachdem die entsprechende Entscheidung des Bundesamtes in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides unwirksam geworden ist.
Auch die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG in Ziffer 4 des angefochtenen Bescheides ist aufzuheben. Das Bundesamt ist für diese Entscheidung gemäß § 75 Nr. 12 AufenthG nur in Fällen einer Abschiebungsandrohung oder -anordnung nach dem AsylG zuständig. An einer solchen fehlt es jedoch, nachdem die in Ziffer 3 des Bescheides verfügte Abschiebungsandrohung unwirksam geworden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, §§ 83b, 83c AsylG.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.