Aktenzeichen 1 ZB 14.1015
DSchG Art. 4 Abs. 1 S. 1
VwGO § 124, § 124a Abs. 5 S. 4
Leitsatz
1 Zu den Erhaltungsmaßnahmen eine Baudenkmals gehört auch die Gutachtenerstellung über die Standsicherheit unter Darlegung des Istzustands und geeigneter Maßnahmen zur Behebung etwaiger Mängel, da dies als Vorstufe zur Abwendung der Gefährdung des Baudenkmals anzusehen ist. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Aufklärungsrüge hat nur Erfolg, wenn trotz einer sich aufdrängenden Beweiserhebung oder eines von einem der Beteiligten gestellten Beweisantrags keine Beweiserhebung durchgeführt wurde. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
1 K 13.5550 2014-03-18 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Abgesehen davon, dass die Zulassungsgründe das Urteil des Verwaltungsgerichts im Stil einer Berufungsbegründung angreifen, ergeben sich aus dem in offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bei Gericht eingegangenen Vorbringen der Klägerin weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch liegt ein Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin als Eigentümerin des Baudenkmals zur Erhaltung bzw. Instandhaltung des Baudenkmals in Anspruch genommen werden kann. Nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 DSchG können u. a. die Eigentümer verpflichtet werden, bestimmte Erhaltungsmaßnahmen im Sinn des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 DSchG ganz oder zum Teil durchzuführen, soweit ihnen das insbesondere unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Aufgaben und Verpflichtungen zumutbar ist. Es ist nicht ernstlich fraglich, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Der Zulassungsantrag hält den zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts nichts Stichhaltiges entgegen, das Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung begründen könnte und weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedürfte. Der streitgegenständliche Bescheid ist insbesondere hinsichtlich der Adressierung und des Inhalts hinreichend bestimmt (1.1), die angeordneten Maßnahmen dienen sämtlich der Erhaltung des Denkmals (1.2) und sind erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar (1.3).
1.1 Der streitgegenständliche Bescheid ist hinreichend bestimmt (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Zweifel über den Adressaten sind durch die Adressierung an den Geschäftsführer der Klägerin nicht veranlasst. Insoweit gelten die allgemeinen Regeln zur Auslegung von Verwaltungsakten. Danach genügt für die hinreichende Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit, wenn aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus dem Zusammenhang, aus der von der Behörde gegebenen Begründung oder aus den Beteiligten bekannten näheren Umständen des Erlasses durch Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann. Hier ist davon auszugehen, dass dem Geschäftsführer bekannt war, dass die Anordnung an die Klägerin, diese vertreten durch ihn als Geschäftsführer, gerichtet war, zumal diese Frage bei den vorherigen Anhörungsschreiben kein Diskussionsthema war.
Auch lässt die Anordnung die Klägerin nicht im Unklaren, was die „erforderlichen“ Maßnahmen sind, nämlich die Klärung der Standsicherheit durch ein Gutachten, das auch den Istzustand und geeignete Maßnahmen zur Mängelbeseitigung darzulegen hat sowie den Einbau von mindestens zwei Lüftungsfenstern mit Lamellen in bereits vorhandene Fensteröffnungen und die Sanierung der Fassade, soweit sie beschädigt ist. Daran gemessen ist auch die in dem streitgegenständlichen Bescheid eröffnete Möglichkeit, den Gutachter nach Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege selbst zu bestimmen, nicht zu beanstanden.
Dass eine ordnungsgemäße Anhörung zur Frage der Standsicherheit erfolgt ist, hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die Anhörungsschreiben vom 5. Juni 2013 und 4. September 2013 zutreffend ausgeführt. Danach sowie aufgrund des Ortstermins am 27. März 2012 und der Einlassung der Klägerin im Schreiben vom 27. August 2013 erschließt sich dem Senat nicht, aus welchen Gründen die Klägerin ihre Behauptung einer nicht ordnungsgemäßen Anhörung im Zulassungsverfahren aufrechterhält.
1.2 Angesichts der Eintragung des Wasserturms in der Denkmalliste nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG unter der Aktennummer D-1-83-128-52 und der Äußerungen des Landesamts für Denkmalpflege mit Schreiben vom 23. April 2004 bestehen keine Zweifel daran, dass es sich bei dem Wasserturm um ein Baudenkmal handelt. Das bloße Bestreiten der Denkmaleigenschaft des Wasserturms vermag dies nicht zu entkräften.
1.3 Die angeordneten Maßnahmen dienen sämtlich der Erhaltung des Denkmals. Sie sind erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar, der Beklagte hat im Rahmen der Ermessensausübung zu Recht die Bewahrung des Baudenkmals für die Allgemeinheit höher bewertet als das Interesse der Klägerin am Nichterlass der belastenden Anordnung.
a) Die in Nummer 1.1 des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Anordnung zur Erstellung und Vorlage eines Gutachtens zur Standsicherheit unter Darlegung des Istzustands und geeigneter Maßnahmen zur Behebung der Mängel gehört als Vorstufe zur Abwendung der Gefährdung des Baudenkmals zu den Erhaltungsmaßnahmen (vgl. Spennemann in Eberl/Martin/Spennemann, Bayer. Denkmalschutzgesetz, 7. Aufl. 2015, Art. 4 Rn. 70). Sie ist angesichts der in den Akten enthaltenen Fotodokumentation sowie der Erkenntnisse aus den (teilweise in Anwesenheit des Geschäftsführers der Klägerin) durchgeführten Ortsterminen und der Anhörungen unter Einbeziehung des Landesamts für Denkmalschutz als geeignete und notwendige Maßnahme anzusehen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist für die Anordnung zur Einholung eines Gutachtens ausreichend, dass eine Gefährdung der Standsicherheit des Baudenkmals zu besorgen ist. Dies ist ausweislich der Äußerungen des Landesamts für Denkmalschutz, zuletzt mit Schreiben vom 2. Mai 2013, der Fall, da nach der letzten Restaurierung des Baudenkmals im Jahr 1983, bei der vorhandene Risse im Mauerschaft mit Epoxidharz verpresst worden sind, bereits im Jahr 2004 umfangreiche und gravierende Schäden festgestellt wurden, die sich seit dem noch verstärkt und zu einer erheblichen Gefährdung seines Bestands geführt haben. Der nachvollziehbaren Schlussfolgerung, durch die Risse und das offene Mauerwerk dringe zu viel Feuchtigkeit in das bestehende Mauerwerk ein, was eine nachhaltige Schädigung des Baudenkmals nach sich ziehe, setzt die Klägerin mit dem bloßen Hinweis auf eine frühere Einschätzung des Landratsamts vom 18. Dezember 1997, wonach in den zu diesem Zeitpunkt aufgetretenen Rissen und Putzabplatzungen keine Gefahr für die Standsicherheit des Baudenkmals gesehen werde, nichts Substantielles in Bezug auf den gegenwärtigen Zeitpunkt entgegen.
Auch die Vorlage der gutachterlichen Stellungnahme „Statistische Beurteilung und Bauschäden“ vom 16. Mai 2014 im Zulassungsverfahren macht die Anordnung nicht entbehrlich. Dabei ist zunächst von Bedeutung, dass sie erst nach Erlass der Anordnung vorgelegt wurde. In der vorgelegten Stellungnahme, die wesentliche Informationen zur erfolgten Begutachtung wie beispielsweise Darstellung der durchgeführten Untersuchungen, Herleitung der Maßangaben u. w. m. missen lässt und eine lediglich allgemein gehaltene Darstellung des Denkmals enthält, wird dem Baudenkmal ohne weitere nähere Ausführungen ein ausgezeichneter baulicher Zustand attestiert. Zum Zustand des Mauerwerks verhält die Stellungnahme sich nicht. Im Übrigen wird ohne nähere Erläuterungen ausgeführt, dass die an der Westseite teilweise befindlichen und als kleinflächig beschriebenen Putzabplatzungen unbedeutend seien und nichts mit der Standsicherheit zu tun hätten. Die vorgelegte Stellungnahme erfüllt damit nicht den Anspruch an einen hinreichenden Standsicherheitsnachweis, so dass dieser Punkt nach wie vor offen ist.
b) Soweit die Klägerin im Hinblick auf die in Nummer 1.2 des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Anordnung zur Vornahme einer ausreichenden Durchlüftung durch den Einbau von mindestens zwei Lüftungsanlagen in bereits vorhandene Fensteröffnungen nunmehr behauptet, aus dem streitgegenständlichen Bescheid ergebe sich schon nicht, welcher Art die Fenster sein sollten und wo diese anzubringen seien, wird ihr Vorbringen dadurch entkräftet, dass sie bereits bei dem Ortstermin am 27. März 2012 die Umsetzung dieser Maßnahme bis Ende April 2012 angekündigt hatte. Auch handelt es sich bei der geforderten Maßnahme ersichtlich nicht um eine nicht denkmalkonforme Maßnahme der Vergrößerung oder Veränderung der Fenster.
c) Da sich die Klägerin zur Zumutbarkeit der Maßnahmen nicht substantiell geäußert hat, war die Beklagte nicht daran gehindert, eine für die Klägerin belastende Entscheidung zu treffen.
2. Es liegt schließlich kein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Der von der Klägerin gerügte Verstoß gegen den Grundsatz auf rechtliches Gehör geht ins Leere. Das Verwaltungsgericht konnte sich aus den vom Beklagten vorgelegten Akten, die, wie sich aus dem Tatbestand der angegriffenen Entscheidung ergibt, zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gemacht worden sind, seine Überzeugung bilden (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dabei musste das Verwaltungsgericht zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung die Beteiligten nicht auf seine Rechtsauffassung hinweisen (vgl. BVerwG, U. v. 16.4.1997 – 6 C 9.95 – NJW 1998, 323). Gegenteiliges ergibt sich insoweit auch nicht aus der vorgetragenen angeblichen Äußerung einer vorläufigen Rechtsmeinung durch das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung.
Auch die von der Klägerin erhobene Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht war nicht gehalten, eine ergänzende fachliche Stellungnahme einzuholen. Eine Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht ist nur veranlasst, wenn sich die Beweiserhebung aufdrängt oder einer der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag stellt (vgl. BVerwG, B. v. 13.9.1988 – 1 B 22.88 – NVwZ 1989, 67). Beides ist vorliegend nicht der Fall. Zum einen hat die Klägerin ausweislich der Niederschrift in der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag gestellt. Zum anderen bestand für das Verwaltungsgericht keine Veranlassung zur weiteren Aufklärung, weil die vorgelegten Akten des Beklagten den Schluss nahe legten, dass eine mögliche Gefährdung der Standsicherheit des Baudenkmals zu besorgen sei. Ungeachtet dessen, dass das im Zulassungsverfahren vorgelegte Gutachten – wie vorstehend ausgeführt – die Anordnung im streitgegenständlichen Bescheid nicht entbehrlich gemacht hat, war die Klägerin nicht daran gehindert, einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen oder das Gutachten von sich aus zu einem früheren Zeitpunkt einzuholen und vorzulegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 12.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).