Verwaltungsrecht

Erhebung eines IHK-Beitrages von einem Ein-Mann-Betrieb

Aktenzeichen  B 4 K 15.533

Datum:
12.10.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 122958
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1
IHKG § 2 Abs. 1
IHKG § 3 Abs. 2 Satz 1

 

Leitsatz

Bei der Zugehörigkeit zu einer Industrie- und Handelskammer handelt es sich um eine gesetzlich angeordnete Pflichtzugehörigkeit. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, tritt die Mitgliedschaft kraft Gesetzes ein; auf die Größe des Betriebes oder die Zahl der Mitarbeiter kommt es nicht an. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Das Gericht legt das Schreiben des Klägers in seinem wohlverstandenem Interesse als Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 31.07.2015 aus (§ 88 VwGO), zumal gemäß Art. 15 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 AGVwGO ein Widerspruch nicht statthaft wäre.
2. Über die Klage konnte auch in Abwesenheit des Klägers verhandelt und entschieden werden, weil in der Ladung vom 22.09.2016 darauf hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).
3. Die Klage ist zulässig. Zwar hat der Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung keinen förmlichen Antrag gestellt. Aus der Klagebegründung ist jedoch das Ziel der Klage, die Aufhebung des Beitragsbescheides vom 31.07.2015, hinreichend erkennbar, so dass dem Erfordernis eines bestimmten Antrages genügt ist (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 82 Rn. 10).
4. Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 31.07.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Rechtsgrundlage für die Veranlagung zu einem Beitrag für das Jahr 2012 ist
§ 3 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHKG). Danach werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Kammerzugehörige sind gemäß § 2 Abs. 1 IHKG u.a. natürliche Personen, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer eine Betriebsstätte unterhalten, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind.
Nach diesen Vorschriften ist der Kläger beitragspflichtig, denn er unterhält eine Betriebsstätte im Bezirk der Beklagten, der gemäß 1 Abs. 2 ihrer Satzung vom 25.06.2012 den Regierungsbezirk Oberfranken außer Stadt und Landkreis Coburg umfasst. Außerdem hat das Finanzamt …der Beklagten mit bindender Wirkung mitgeteilt, dass der Kläger für das Jahr 2012 zur Gewerbesteuer veranlagt wurde.
Der Kammerzugehörigkeit und der sich daraus ergebenden Beitragspflicht kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, sein Unternehmen sei nur ein Ein-Mann-Betrieb und müsse deshalb kein Kammermitglied sein. Bei der Zugehörigkeit zu einer Industrie- und Handelskammer handelt es sich nicht um eine freiwillige Mitgliedschaft wie z.B. bei einem Verein, sondern um eine gesetzlich angeordnete Pflichtzugehörigkeit. Liegen die Voraussetzungen, die das Gesetz verlangt, d.h. eine Betriebsstätte im Kammerbezirk und die vom Finanzamt bescheinigte Gewerbesteuerpflicht, vor, wie es beim Kläger der Fall ist, tritt die Mitgliedschaft kraft Gesetzes ein, ohne dass es auf die Größe des Betriebes oder die Zahl der Mitarbeiter ankäme. Auch eine ausdrücklichen Beitrittserklärung, wie z.B. bei einem Verein, ist dafür keine Voraussetzung (vgl. dazu Jahn in Jahn, IHKG, 7. Aufl. 2009, § 2 Rn. 2).
Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft bestehen keine Bedenken (BVerfG, Kammerbeschluss, v. 07.12.2001 – 1 BvR 1806/98 – NVwZ 2002,335/337).
Weiter kann der Kläger seiner Pflichtmitgliedschaft und der sich daraus ergebenden Beitragspflicht nicht mit Erfolg entgegenhalten, er werde anders behandelt als die Firma ….
Aufgrund des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) kann der Kläger von der Beklagten als der für ihn zuständigen Körperschaft nur verlangen, nicht anders behandelt zu werden als andere Mitglieder der Beklagten (vgl. dazu BVerwG, U. v. 29.05.2013 – 6 C 18/12 – NVwZ 2014, 86/87 Rn.16). Die Firma … unterhält ihre Betriebsstätte aber in … (Landkreis …) und damit nicht im Bezirk der Beklagten, sondern im Bezirk der IHK … (§ 1 Abs. 2 der Satzung der IHK … v. 01.01.2008 i. d. F. der 2. Änderung vom 01.01.2016).
Gegen die Höhe des Beitrages, die die Beklagte in der Klageerwiderung im Einzelnen nochmals erläutert hat, wurden keine Einwendungen erhoben und sind auch sonst nicht ersichtlich.
b) Rechtsgrundlage für die vorläufige Veranlagung für das Jahr 2015 ist § 15 Abs. 3 Satz 1 der Beitragsordnung der Beklagten, die auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG erlassen wurde. Nach dieser Vorschrift kann der IHK- Zugehörige aufgrund des letzten vorliegenden Gewerbeertrages vorläufig veranlagt werden, sofern der Gewerbeertrag für das Beitragsjahr noch nicht vorliegt.
Somit durfte die Beklagte auf der Grundlage des Gewerbeertrages des Klägers im Jahr 2012 den Kläger zu einem Beitrag für das Jahr 2015 vorläufig veranlagen. Der gegenüber dem Beitragsjahr 2012 reduzierte Beitrag ergibt sich daraus, dass die Beklagte für das Jahr 2015 nur noch einen Hebesatz von 0,17% statt wie im Jahr 2012 von 0,20% der Erhebung zu Grunde gelegt hat.
5. Als unterliegender Teil trägt der Kläger gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO,
§ 708 Nr. 11 VwGO. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis gemäß § 711 ZPO bedurfte es angesichts der, wenn überhaupt anfallenden, dann allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen der Beklagten nicht.

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