Aktenzeichen 22 CS 17.290
BayVwVfG BayVwVfG Art. 43 Abs. 2
Leitsatz
1. Durch die Anordnung der Stilllegung einer Feuerstätte erledigt sich die der Stilllegungsanordnung vorausgegangene Anordnung zur Duldung einer Feuerstättenschau. (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach Erledigung eines sofort vollziehbaren Verwaltungsakts im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO kann die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs grundsätzlich ebenso wenig beantragt werden wie die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 1 S 16.4122 2017-01-16 Bes VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich einer angeordneten Feuerstättenschau auf einem in seinem Eigentum stehenden Grundstück und der Androhung unmittelbaren Zwangs zur Durchsetzung dieser Anordnung.
Mit Bescheid vom 21. April 2016 ordnete das Landratsamt München gegenüber dem Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzugs und mit einer Zwangsgeldandrohung versehen eine Feuerstättenschau auf einem Grundstück des Antragstellers an (Nr. 1). Dieser wurde verpflichtet, den Zugang zum Anwesen in bestimmtem Umfang zu gestatten und die Durchführung der Feuerstättenschau zu dulden (Nr. 2 Satz 1). Für die Durchführung der Feuerstättenschau wurde ein Termin am 11. Mai 2016 bestimmt (Nr. 2 Satz 2).
Einen Antrag des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer gegen diesen Bescheid gerichteten Klage (M 1 K 16.2398) lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 5. Juli 2016 ab (M 1 S. 16.2144). Über diese Klage wurde bislang noch nicht entschieden.
Zur Durchführung der mit Bescheid vom 21. April 2016 angeordneten Feuerstättenschau wurde der Antragsteller mit Bescheid des Landratsamtes vom 11. August 2016 unter Anordnung des Sofortvollzugs und Androhung unmittelbaren Zwangs verpflichtet, sein Anwesen am 9. September 2016 von 10:00 Uhr bis 11:00 Uhr in bestimmtem Umfang für den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger zugänglich zu halten.
Mit Bescheid vom 15. November 2016 bestätigte das Landratsamt die Stilllegung der Gasfeuerstätte im Anwesen des Antragstellers durch den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger und verpflichtete ihn unter Anordnung des Sofortvollzugs, deren Betrieb bis zum Nachweis der Betriebssicherheit durch Vorlage eines Feuer-stättenbescheids beim Landratsamt zu unterlassen. Über eine gegen diesen Bescheid erhobene Klage des Antragstellers wurde noch nicht entschieden (M 1 K 16.5663). Das Verwaltungsgericht lehnte einen in Bezug auf diese Klage gestellten Antrag des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 5 VwGO mit Beschluss vom 17. Januar 2017 ab, wogegen der Antragsteller Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof einlegte (22 CS 17.341), die erfolglos blieb (vgl. Beschluss vom heutigen Tag).
Den Antrag des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen den Bescheid vom 11. August 2016 gerichteten Klage (M 1 K 16.4120) lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. Januar 2017 ab (M 1 S. 16.4122).
Mit seiner Beschwerde gegen den zuletzt genannten Beschluss vom 16. Januar 2017 verfolgt der Antragsteller sein Begehren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes weiter.
Der Antragsteller macht im Wesentlichen geltend, eine Feuerstättenschau habe nicht angeordnet werden dürfen. Auch nach Erledigung der Duldungsverfügung hinsichtlich einer Feuerstättenschau durch die Stilllegungsverfügung bestehe ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Seit November 2011 habe keine Feuerstättenschau mehr stattgefunden. Allerdings werde im angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht nachvollziehbar dargelegt, inwieweit deswegen eine Gefahr für das Eigentum des Antragstellers oder die Allgemeinheit bestehen sollte. Der Antragsteller habe die Durchführung einer Feuerstättenschau nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern lediglich dem Bezirksschornsteinfeger ein Haus- und Zutrittsverbot erteilt, vor dem Hintergrund einer unsachgemäßen Behandlung sowie mehrfacher Sachbeschädigungen in Bezug auf die Heizungsanlage des Antragstellers. Das sehr weit gefasste und ohne Nachweis einer konkreten Gefahrensituation eingeräumte Betretungsrecht nach dem Schornsteinfeger-Handwerksgesetz – SchfHwG begegne verfassungsrechtlichen Bedenken. Auch habe der Antragsteller die Feuerungsanlage auf seinem Grundstück bereits vor Jahren stillgelegt, sodass von dieser keine Gefahr ausgehen könne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten im vorliegenden Verfahren sowie im Verfahren 22 CS 17.341.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Beschwerde ist zulässig. Zwar hat der Antragsteller keinen förmlichen Antrag gestellt. Dem Antragserfordernis nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO wird jedoch bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass aus der Beschwerdebegründung vom 24. Februar 2017 unzweifelhaft hervorgeht, dass er mit der Beschwerde sein Rechtsschutzziel einer Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (M 1 K 16.4120) in vollem Umfang weiter verfolgt (vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 146 Rn. 21 m.w.N.).
2. Die Beschwerde ist unbegründet. Das Vorbringen des Antragstellers rechtfertigt es nicht, dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stattzugeben.
a) Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Beschluss (Beschlussabdruck S. 6) ausgeführt, dass sich die strittigen Anordnungen (Nr. 1 und Nr. 2 des Bescheids vom 11. August 2016) durch den Erlass der Stilllegungsverfügung vom 15. November 2016 erledigt hätten. Es geht also von der Unwirksamkeit dieser Anordnungen nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG aus. Der Antragsteller ist dem nicht entgegen getreten; er geht vielmehr selbst vom Eintritt einer solchen Erledigung aus. Eine Überprüfung dieser Rechtsauffassung findet im Beschwerdeverfahren somit nicht statt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Ein auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gerichteter Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist damit mangels eines sofort vollziehbaren Verwaltungsakts nicht mehr statthaft.
b) Soweit der Rechtsbehelf des Antragstellers als Fortsetzungsfeststellungsantrag auszulegen wäre, so wäre dieser gleichfalls unzulässig. Wie der Verwaltungsgerichtshof in einem Beschluss vom 18. April 2016 – 22 CS 16.256 – NVwZ-RR 2016, 887 ausgeführt und näher begründet hat, kann nach Erledigung eines sofort vollziehbaren Verwaltungsakts im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs grundsätzlich ebenso wenig beantragt werden wie die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat der Verwaltungsgerichtshof (a.a.O., NVwZ-RR 2016, 887/888 Rn. 24) für den Fall erwogen, dass mit dem erneuten Erlass gleicher oder ähnlicher, für sofort vollziehbar erklärter Verwaltungsakte zu rechnen ist, die sich bereits nach so kurzer Zeit wieder erledigen, dass ein Betroffener vor dem Eintritt dieser Situation keine Klärung der Rechtmäßigkeit dieses behördlichen Handelns zu erreichen vermag. Eine solche Ausnahmesituation liegt hier nicht vor. Mit der erneuten Androhung von Zwangsmitteln zur Durchsetzung der Duldungspflicht für eine Feuerstättenschau ist im Hinblick auf die erfolgte, durch Bescheid vom 15. November 2016 bis zur Vorlage eines Feuerstättenbescheids sofort vollziehbar angeordnete Stilllegung der auf dem Grundstück des Antragstellers befindlichen Feuerstätte in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Hierbei ist auch der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom heutigen Tag zu berücksichtigen, der die sofortige Vollziehbarkeit bestätigt hat.
c) Im Übrigen wäre es im Rahmen von Rechtsbehelfen gegen den Bescheid vom 11. August 2016 nicht entscheidungserheblich auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Anordnung der Feuerstättenschau und des Betretungsrechts des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers angekommen.
Hat ein Rechtsbehelf gegen die Grundverfügung wie hier keine aufschiebende Wirkung, so ist die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung im isolierten Verfahren gegen die Zwangsmittelandrohung keiner rechtlichen Kontrolle zu unterziehen; die Vollstreckung der Grundverfügung ist nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG u.a. dann zulässig, wenn die sofortige Vollziehung angeordnet ist (vgl. BayVGH, B.v. 4.7.2012 – 22 ZB 12.204 – juris Rn. 12; OVG Saarl, B.v. 30.1.2014 – 2 B 469/13 – juris Rn. 16 ff. und OVG LSA, B.v. 28.9.2016 – 3 M 170/16 jeweils unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 25.9.2008 – 7 C 5/08 – NVwZ 2009, 122; NdsOVG, B.v. 11.2.2000 – 1 L 4549/99 – juris Rn. 11).
Bereits durch den Bescheid vom 21. April 2016 wurden die Feuerstättenschau durch den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger angeordnet (Nr. 1) und der Antragsteller zur Gestattung des Zutritts sowie zur Duldung der Feuerstättenschau verpflichtet (Nr. 2 Satz 1); ergänzend erfolgte eine Terminfestlegung für die Feuerstättenschau (Nr. 2 Satz 2). Der in Bezug auf diese Verfügungen angeordnete Sofortvollzug wurde vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 5. Juli 2016 (M 1 S. 16.2144) bestätigt. Im Bescheid vom 11. August 2016 erfolgten lediglich ergänzend eine für die weitere Vollstreckung erforderliche (vgl. Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG) neue Terminfestlegung (Nr. 1), weil der im Bescheid vom 21. April 2016 bestimmte Termin mittlerweile verstrichen war, und eine Zwangsmittelandrohung (Nr. 2). Die Feuerstättenschau durch den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger, dessen Betretungsrecht und die Duldungsverfügung wurden dagegen im Bescheid vom 11. August 2016 nicht im Sinne eines Zweitbescheids erneut angeordnet und sind demnach nicht Prüfungsgegenstand eines Rechtsbehelfs gegen diesen Bescheid.
d) Eine Stattgabe kommt auch nicht in Betracht, soweit der Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 Halbs. 1 VwGO) bezüglich der Kostenentscheidung (Nr. 4) und der Gebühren- und Auslagenfestsetzung (Nr. 5) im Bescheid vom 11. August 2016 gerichtet ist.
Diese Nebenentscheidungen haben sich nicht erledigt. Es kann dahinstehen, inwieweit der Antragsteller gegen diese Einwendungen geltend machen kann, welche die im Bescheid getroffene Terminfestlegung und die Zwangsmittelandrohung betreffen (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 10.5.2016 – 10 BV 15.958 – juris Rn. 29 f.; B.v. 18.10.1993 – 24 B 93.92 – NVwZ-RR 1994, 548; jeweils m.w.N.). Jedenfalls hat der Antragsteller solche Einwendungen nicht in einer den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt.
Das Verwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung (Beschlussabdruck S. 6) festgestellt, dass keine rechtlichen Bedenken gegen die Androhung unmittelbaren Zwangs bestehen, da die Voraussetzungen hierfür nach Art. 34 Satz 1 VwZVG vorgelegen haben. Die Androhung von Zwangsmitteln zur Durchsetzung eines vollziehbaren Verwaltungsakts setzt nicht darüber hinaus den Nachweis einer konkreten Gefährdung von Rechtsgütern Einzelner oder der Allgemeinheit voraus, wie der Antragsteller meint. Die weiteren Darlegungen des Antragstellers, die Durchführung der Feuerstättenschau durch den zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger sei ihm unzumutbar und es bestünden verfassungsrechtliche Zweifel an dessen Betretungsrecht, betreffen nicht die Rechtmäßigkeit der Zwangsmittelandrohung, sondern, wie oben (zu 2. c)) näher ausgeführt, die des zu vollstreckenden Verwaltungsakts.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Streitwert bemisst sich nach § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.