Verwaltungsrecht

Erledigungserklärung in Asylsachen

Aktenzeichen  10 CE 17.1491

Datum:
2.10.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 161 Abs. 2, § 73 S. 1
GKG GKG § 63 Abs. 3 S. 1
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 12 E 17.3341 2017-07-20 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 20. Juli 2017 ist wirkungslos geworden.
III. Der Antragsteller und der Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.
IV. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf je 1.250,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller und der Antragsgegner haben den Rechtsstreit mit ihren Erklärungen vom 21. September 2017 und 26. September 2017 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Daher war das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO durch Beschluss einzustellen und gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO auszusprechen, dass der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 20. Juli 2017 wirkungslos geworden ist.
Gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist ferner über die Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Der in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommende Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit befreit das Gericht davon, abschließend über den Streitstoff zu entscheiden; es erfolgt vielmehr eine lediglich summarische Prüfung.
Billigem Ermessen entspricht es hier, die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen dem Antragsteller und dem Antragsgegner je zur Hälfte aufzuerlegen. Zur Erledigung des Rechtstreits hat letztlich der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 8. September 2017 geführt, mit dem zugunsten des Antragstellers ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG festgestellt worden ist. Ob bereits zuvor – und insbesondere zum Zeitpunkt der vorgesehenen Abschiebung am 21. Juli 2017 – ein Duldungsgrund zugunsten des Antragstellers bestanden hat, hätte näherer Aufklärung bedurft, die nach der Erledigung der Hauptsache nicht mehr angezeigt ist. Die vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 20. Juli 2017 entspricht nicht den Anforderungen des § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG; sie stammt aber andererseits von einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Chefarzt an der Klinik, in der sich der Antragsteller damals in stationärer Behandlung befand, und wurde offensichtlich unter erheblichem Zeitdruck verfasst. Andererseits ist der Antragsteller bereits wenige Tage später, am 2. August 2017, aus der Klinik entlassen worden. Der Arztbrief vom 8. August 2017, der (offenbar) dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorgelegen hat, ist im vorliegenden Verfahren nicht beigebracht worden.
Ob eine Abschiebung des Antragstellers nach dem Ablauf der Gültigkeitsdauer seines Reisepasses am 23. Juli 2017 auf absehbare Zeit tatsächlich nicht mehr möglich war, was vom Antragsgegner vorgetragen, vom Antragsteller aber bezweifelt wird, braucht vorliegend ebenfalls nicht mehr aufgeklärt zu werden.
Ebenso kann die vom Antragsgegner aufgeworfene Frage offen bleiben, ob durch die einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juli 2017 (2 BvR 1621/17), mit der die Abschiebung bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde untersagt worden ist, der Beschwerde das Rechtsschutzbedürfnis fehlte bzw. der Anordnungsgrund entfallen war.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Da das Verwaltungsgericht für das Verfahren in erster Instanz keinen Streitwert festgesetzt hat, macht der Senat in analoger Anwendung von § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von seiner Befugnis Gebrauch, den Streitwert auch für die erste Instanz erstmalig festzusetzen. Denn wenn das Rechtsmittelgericht eine erstinstanzliche Festsetzung abändern kann, muss es auch befugt sein, eine solche Festsetzung zu ersetzen; hierfür sprechen auch prozessökonomische Gründe, denn das Erstgericht muss sich nicht erneut mit einem bereits abgeschlossenen Verfahren befassen (NdsOVG, B.v. 29.4.2015 – 1 ME 43/15 – juris Rn. 10; SächsOVG, B.v. 2.4.2009 – 6 A 178/09 – juris Rn. 15; BSG, U.v. 5.10.2006 – B 10 LW 5/05 R – juris Rn. 23, m.w.N.).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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